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Ganz persönliche Freunde
HERZOG HAROLD VON PARDLOE, Oberst des 46sten Infanterieregiments, suchte in Begleitung seiner Regimentsobersten und seines Bruders, des Oberstleutnants Lord John Grey, die Amtsräume des Disziplinaradvokaten der Armee auf, um die zur Einberufung eines posthumen allgemeinen Kriegsgerichtes gegen einen gewissen Major Gerald Siverly notwendigen Dokumente einzureichen – ausgehend von einer Vielzahl von Vorwürfen, angefangen bei Diebstahl und Korruption über das Versagen bei der Verhinderung einer Meuterei bis hin zu vorsätzlichem Mord, ja, und Hochverrat.
Nach stundenlangen Diskussionen hatten sie sich entschlossen, diesen Schritt sofort zu tun und den Vorwurf des Hochverrats hinzuzufügen. Dies würde für Gerede sorgen – immenses Gerede – und vielleicht noch mehr von Siverlys Kontakten ans Tageslicht bringen. Unterdessen würde man die Männer, die man mit Hilfe von Siverlys Liste als Mitglieder der Wilden Jagd hatte identifizieren können, genauestens beobachten, um zu sehen, ob die Nachricht von der bevorstehenden Verhandlung sie in die Flucht treiben würde, sie zum Handeln veranlassen würde oder sie dazu bewegen würde, sich mit ihren Mitverschwörern zu beraten.
Nach dem Einreichen der Dokumente würde es fast einen Monat dauern, bis das Kriegsgericht zusammentrat. Da Grey die Untätigkeit des Wartens nicht ertragen konnte, lud er Fraser ein, ihn zum Pferderennen nach Newmarket zu begleiten. Zwei Tage später kehrten sie bei ihrer Rückkehr im Beefsteak ein und nahmen sich dort Zimmer, weil sie beabsichtigten, im Club zu speisen und sich umzuziehen, bevor sie am Abend ins Theater gingen.
In unausgesprochenem Einverständnis hatten sie mit keinem Wort über Irland, Siverly, Twelvetrees, Kriegsgerichte oder Versdichtung jeglicher Art gesprochen. Fraser war still, und hin und wieder verlor er sich in seinen Gedanken – doch in der Nähe von Pferden wurde er gelöster, und Grey spürte, wie bei diesem Anblick auch seine eigene Anspannung nachließ. Der Pferde wegen und weil sich Jamie dort relativ frei bewegen konnte, hatte er dafür gesorgt, dass Jamie seine umgewandelte Strafe in Helwater verbrachte. Er konnte sich zwar nicht einreden, dass der Mann mit seinem Sträflingsschicksal zufrieden war, doch zumindest hoffte er, dass er nicht ganz und gar unglücklich war.
Ist es recht von mir, ihn so zu behandeln?, fragte er, den Blick auf Frasers breiten Rücken gerichtet, als der Schotte vor ihm her aus dem Speisezimmer ging. Wird ihm das etwas geben, woran er sich erinnern kann, woran er gern zurückdenkt, wenn er zurückgeht – oder wird es die Bitterkeit seiner Lage nur verstärken? Gott, ich wünschte, ich wüsste es.
Doch dann … leuchtete in der Ferne die Fackel der Freiheit. Er spürte, wie sich ihm bei diesem Gedanken der Magen verknotete, doch er war sich nicht sicher, ob es aus Angst war, dass Fraser die Freiheit erlangen würde – oder dass es nicht so sein würde. Hal hatte es natürlich als Möglichkeit erwähnt, doch wenn sich tatsächlich herausstellte, dass es eine erneute jakobitische Verschwörung gab, würde das Land einmal mehr in Angst und Hysterie versinken; unter solchen Umständen würde es nahezu unmöglich sein, Frasers vollständige Begnadigung zu erreichen.
Er war so in diesen Gedanken gefangen, dass es einige Momente dauerte, bis er begriff, dass er die Stimme kannte, die zu seiner Rechten aus dem Billardzimmer kam.
Edward Twelvetrees stand am Billardtisch. Er blickte von einem erfolgreichen Stoß auf, und sein Gesicht leuchtete vor Vergnügen, doch dann erblickte er Grey im Flur, und sein Lächeln erstarrte zur zähnefletschenden Fratze. Der Freund, mit dem er gespielt hatte, starrte ihn erstaunt an, dann richtete er das Gesicht verdattert auf Grey.
»Oberst Grey?«, sagte er zögernd. Es war Major Berkeley Tarleton, der Vater von Richard Tarleton, der in Crefeld Greys Fähnrich gewesen war. Natürlich kannte er Grey, doch auf die Feindseligkeit, die plötzlich wie eine Dornenhecke zwischen den beiden Männern emporgeschossen war, konnte er sich eindeutig keinen Reim machen.
»Major Tarleton«, sagte Grey kopfnickend, ohne den Blick von Twelvetrees abzuwenden. Twelvetrees’ Nasenspitze war weiß geworden. Er hatte also seine Vorladung zum Kriegsgericht erhalten.
»Ihr unsäglicher Grünschnabel«, sagte Twelvetrees beinahe im Umgangston.
Grey verneigte sich.
»Stets zu Diensten, Sir«, sagte er. Er spürte, wie Jamie hinter hin trat, und sah, wie Twelvetrees beim Anblick des Schotten die Augen zusammenkniff.
»Und Ihr.« Twelvetrees schüttelte den Kopf, als sei er so angewidert, dass ihm die passenden Worte fehlten. Er richtete den Blick wieder auf Grey. »Ich kann mich nur wundern, Sir. Ich kann mich wirklich nur wundern. Wer würde einen Kerl wie diesen, diesen verkommenen Schotten, einen verurteilten Hochverräter …«, bei diesem Wort wurde seine Stimme ein wenig lauter, »in die heiligen Hallen dieses Clubs lassen?« Er umklammerte seinen Billardschläger, den er so fest wie eine Waffe in der Hand hatte.
»Hauptmann Fraser ist mein persönlicher Freund, Sir«, sagte Grey kalt.
Twelvetrees stieß ein unangenehmes Lachen aus.
»Das kann ich mir vorstellen. Ein sehr enger Freund, wie ich höre.« Er verzog verächtlich den Mund.
»Was wollt Ihr damit unterstellen, Sir?«, erklang Frasers Stimme in seinem Rücken, ruhig und so förmlich, dass ihr der übliche Akzent fast völlig fehlte. Twelvetrees brennender Blick hob sich von Grey in Frasers Gesicht.
»Nun, Sir, da Ihr so höflich seid nachzufragen, ich unterstelle, dass dieser Arschlecker Euer …«, er zögerte einen Moment, dann sagte er im Tonfall ausgesuchter Ironie, »dass er nicht einfach nur Euer ganz persönlicher Freund ist. Denn gewiss kann ihn nur die Loyalität eines Bettgenossen bewogen haben, Euch zu Willen zu sein.«
In Greys Ohren klingelte es wie nach einem Kanonenschuss. Vage war er sich der Gedanken bewusst, die an der Innenseite seines Schädels abprallten wie die Splitter einer explodierenden Granate, während er von einem Fuß auf den anderen trat: Er versucht, dich zu provozieren, legt er es auf eine Prügelei an – die kann er haben! – oder auf ein Duell, wenn ja, warum lassen wir ihm nicht seinen Willen? Weil er es so aussehen lassen will, als sei er der Beleidigte? Er hat mich gerade öffentlich einen Sodomiten genannt, er will mich in Misskredit bringen, ich werde ihn umbringen müssen. Dieser letzte Gedanke kam ihm im selben Moment, als sich seine Knie zum Sprung beugten – und er Tarletons Finger auf seinem Arm spürte.
»Meine Herren!« Tarleton klang erschrocken, aber bestimmt. »Ihr könnt doch nicht ernst meinen, was Ihr hier andeutet. Ich sage, Ihr solltet Euch erst einmal in den Griff bekommen, Euch mit einem Gläschen abkühlen, nüchtern darüber nachdenken, vielleicht darüber schlafen. Gewiss wird morgen früh …«
Grey riss sich los.
»Verfluchter Mörder!«, sagte er. »Ich werde …«
»Was werdet Ihr? Widerlicher Sodomit!« Twelvetrees’ Hände klammerten sich so krampfhaft an den Billardstock, dass seine Knöchel weiß wurden.
Eine sehr viel größere Hand senkte sich auf Greys Schulter und zog ihn beiseite; Fraser stellte sich vor ihn, griff über die Tischkante hinweg und nahm Twelvetrees das Queue aus der Hand, als sei es ein Weizenhalm. Er nahm es in beide Hände, brach es unter sichtlicher Anstrengung mitten entzwei und legte die Stücke auf den Tisch.
»Nennt Ihr mich einen Verräter, Sir?«, sagte er höflich zu Twelvetrees. »Das beleidigt mich nicht, denn ich wurde dieses Verbrechens für schuldig befunden. Aber ich sage Euch, dass Ihr ein noch größerer Verräter seid.«
»Ihr – was?« Twelvetrees sah verblüfft aus.
»Ihr sprecht von persönlichen Freunden, Sir. Euer ganz persönlicher Freund Major Siverly sieht sich einem posthumen Kriegsgericht gegenüber, weil man ihn der Korruption und des besonders schweren Hochverrats bezichtigt. Und ich sage, dass man Euch mit ihm zusammen anklagen sollte, denn Ihr seid sein Mitverschwörer gewesen – und wenn der Gerechtigkeit Genüge getan wird, wird das zweifellos auch geschehen. Und wenn der Gerechtigkeit des Allmächtigen Genüge getan wird, so werdet Ihr ihn in der Hölle wiedersehen. Ich bete, dass es rasch geschieht.«
Tarleton stieß ein leises Kollern aus, das Grey unter anderen Umständen komisch gefunden hätte.
Twelvetrees, dem die Augen aus dem Kopf quollen, stand stocksteif da. Dann verzerrte sich sein Gesicht, und er sprang auf den Tisch, um sich von dort auf Jamie Fraser zu stürzen. Fraser wich zur Seite aus, und Twelvetrees streifte ihn nur, bevor er vor Grey zu Boden stürzte.
Heftig keuchend verharrte er einen Moment als Häufchen Elend, dann erhob er sich langsam. Niemand regte eine Hand, um ihm zu helfen.
Er stand auf, zog sich langsam die Kleider zurecht und schritt dann auf Fraser zu, der sich in den Flur zurückgezogen hatte. Er erreichte den Schotten, blickte auf, als schätzte er die Entfernung ein, holte aus und schlug Fraser mit der bloßen Hand ins Gesicht. Es klang wie ein Pistolenschuss.
»Schickt Euren Sekundanten zu mir, Sir«, sagte er, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Der Flur war voller Männer, die beim Klang der lauten Stimmen aus dem Raucherzimmer, aus der Bibliothek und aus dem Speisezimmer gekommen waren. Sie teilten sich wie das Rote Meer, um Twelvetrees durchzulassen, der aufrechten Schrittes langsam davonging, ohne nach rechts oder links zu blicken.
Major Tarleton hatte mit letzter Geistesgegenwart ein Taschentuch aus seinem Ärmel gefischt und es Fraser gereicht, der sich jetzt das Gesicht damit abwischte, da ihn Twelvetrees so fest geohrfeigt hatte, dass ihm die Augen tränten und seine Nase schwach blutete.
»Tut mir leid«, sagte Grey zu Tarleton. Inzwischen konnte er wieder atmen, obwohl seine Muskeln zuckten, so sehr drängte es ihn, sich in Bewegung zu setzen. Er legte die Hand auf den Billardtisch, nicht um sich abzustützen, sondern einfach nur, um zu verhindern, dass er auf unziemliche Weise davonflog. Er sah, dass Twelvetrees’ Absatz einen Riss im grünen Filz des Tisches hinterlassen hatte.
»Ich kann mir gar nicht vorstellen …«, Tarleton schluckte und sah zutiefst unglücklich aus. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, was den Hauptmann bewogen haben kann, solche Worte – solche Worte zu …«
Fraser hatte die Beherrschung zurückerlangt – nun, eigentlich, dachte Grey, hatte er sie nie verloren – und reichte Tarleton sein Taschentuch ordentlich zusammengefaltet zurück.
»Seine Worte waren dazu gedacht, Oberst Grey als Zeugen in Misskredit zu bringen«, sagte er leise – jedoch so laut, dass ihn jeder im Flur hören konnte. »Denn was ich zu ihm gesagt habe, ist die Wahrheit. Er ist ein jakobitischer Verräter, der nicht nur in Siverlys Verrat verwickelt ist, sondern auch in seinen Tod.«
»Oh«, sagte Tarleton. Er hustete und wandte sich mit hilfloser Miene zu Grey um, der entschuldigend mit den Achseln zuckte. Die Zeugen im Flur – denn er begriff, dass sie das waren, dass genau das Frasers Absicht gewesen war – hatten begonnen, sich flüsternd und tuschelnd miteinander zu unterhalten.
»Euer Diener, Sir«, sagte Fraser zu Tarleton und machte mit einer höflichen Verneigung kehrt und ging. Er ging nicht zur Eingangstür, wie es Twelvetrees getan hatte, sondern zur Treppe, die er hinaufstieg, ohne sich anscheinend der zahlreichen Blicke bewusst zu sein, die auf seinen breiten Rücken geheftet waren.
Tarleton hustete erneut. »Trinkt Ihr in der Bibliothek ein Glas Brandy mit mir, Oberst?«
Grey schloss kurz die Augen, weil ihn Dankbarkeit für Tarletons Rückhalt durchströmte. »Danke, Major«, sagte er. »Ich könnte ein Glas gebrauchen. Möglicherweise auch zwei.«
AM ENDE WURDE EINE GANZE FLASCHE DARAUS, deren Löwenanteil Grey zu sich nahm. Eine Reihe von Greys Freunden gesellte sich zu ihnen, zunächst zögernd, dann mutiger, bis sich schließlich über ein Dutzend Männer um drei kleine, eng zusammengeschobene Tische scharten, die mit Gläsern, Kaffeegeschirr, Flaschen, Karaffen, Kuchentellern, Brotkrümeln und verknitterten Servietten übersät waren. Das zunächst bewusst beiläufige Gespräch schlug rasch in lautstarke Schreckensbekundungen über Twelvetrees’ Unverfrorenheit um, und man war sich allgemein einig, dass der Mann verrückt sein musste. Frasers Bemerkungen wurden mit keinem Wort erwähnt.
Grey wusste, dass sie Twelvetrees nicht für verrückt hielten, doch da er nicht vorhatte, sich selbst zu diesem Thema zu äußern, schüttelte er einfach nur verdattert den Kopf und stimmte dieser Einschätzung murmelnd zu.
Auch Twelvetrees hatte natürlich seine Anhänger, doch es waren weitaus weniger, und sie hatten ihre Hochburg im Raucherzimmer, aus dem beklommenes, aber unleugbar feindseliges Gemurmel strömte wie der Tabakrauch, der sie wie ein Schutzschild einhüllte. Mr Bodleys Miene war verkniffen, als der Steward ein frisches Tablett mit Häppchen in der Bibliothek abstellte. Dem Beefsteak waren Kontroversen nicht fremd – wie jedem anderen Club in London auch –, doch das Personal hatte eine Abneigung gegenüber Streitigkeiten, die in beschädigten Möbelstücken resultierten.
Was zum Teufel hat ihn nur dazu getrieben?, war der Refrain, der Grey gemeinsam mit dem Brandy durch die Schläfen pulste. Damit meinte er nicht Twelvetrees, obwohl er sich auch das zusätzlich fragte; er meinte James Fraser. Er wäre zu gern zu ihm gegangen, um es herauszufinden. Doch er zwang sich, sitzen zu bleiben, bis die Flasche leer war und sich das Gespräch anderen Dingen zugewandt hatte.
Nur bis sie ins Freie kommen, dachte er. Die Neuigkeit würde sich verbreiten wie Tinte auf weißem Leinen – und sie würde auch genauso unmöglich auszumerzen sein. Er stand auf, fragte sich vage, was er Hal erzählen würde, verabschiedete sich von Tarleton und seinen noch verbliebenen Begleitern und schritt – bewusst konzentriert und kerzengerade – die Treppe zu den Schlafzimmern hinauf.
Die Tür zu Frasers Zimmer stand offen, und ein Bediensteter – im Beefsteak gab es keine Zimmermädchen – kniete vor dem Kamin und fegte die Asche heraus. Ansonsten war das Zimmer leer.
»Wo ist Mr Fraser?«, fragte er, mit einer Hand auf den Türrahmen gestützt, und blickte von einer Zimmerecke zur anderen, ob er nicht doch irgendwo unter den Möbelstücken einen großen Schotten übersehen hatte.
»Ausgegangen, Sir«, sagte der Dienstbote, der sich jetzt umständlich erhob und sich respektvoll verneigte. »Hat nicht gesagt, wohin.«
»Danke«, sagte Grey nach einer Pause und ging – schon etwas weniger kerzengerade – in sein eigenes Zimmer, wo er sorgfältig die Tür schloss, sich auf sein Bett legte und einschlief.
ICH HABE IHN einen Mörder genannt.
Das war der Gedanke, mit dem er eine Stunde später erwachte. Ich habe ihn Mörder genannt, er mich Sodomit … und doch ist es Fraser, den er herausgefordert hat. Warum?
Weil ihn Fraser direkt und vor aller Welt des Hochverrats bezichtigt hatte. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Des Mordes bezichtigt zu werden, mochte noch als bloße Beleidigung durchgehen, nicht aber, des Hochverrats bezichtigt zu werden. Vor allem dann nicht, wenn etwas Wahres daran war.
Natürlich. Eigentlich hatte er das gewusst. Was er nicht wusste, war, was in Fraser gefahren war, diese Bezichtigung ausgerechnet jetzt und derart unverhohlen auszusprechen.
Er stand auf, benutzte den Topf, spritzte sich Wasser aus dem Krug ins Gesicht und trank ihn dann weitgehend leer. Es war schon fast Abend; in seinem Zimmer wurde es dunkel, und er konnte die köstlichen Düfte des Essens riechen, das unten zubereitet wurde: gebratene Sardinen, frisches Buttergebäck, Zitronenkuchen, Gurkensandwiches, gekochten Schinken. Er schluckte, denn plötzlich bekam er Heißhunger.
Zwar war er versucht, hinunterzugehen und sofort etwas zu sich zu nehmen, doch es gab Dinge, die er noch dringender brauchte als Essen. Klarheit zum Beispiel.
Er kann es nicht für mich getan haben. Diesem Gedanken haftete ein Hauch von Bedauern an; er wünschte, es wäre so. Doch er war Realist genug, um zu wissen, dass Fraser nicht so weit gegangen wäre, nur um die allgemeine Aufmerksamkeit von Twelvetrees’ Sodomievorwurf abzulenken, ganz gleich, was er selbst im Moment von Grey hielt – und Grey wusste nicht einmal das.
Er begriff, dass er Frasers Motive wohl kaum würde erraten können, ohne den Mann zu fragen. Und er war sich einigermaßen sicher, wohin Fraser gegangen war; es gab ja nicht allzu viele Orte, an die er sich begeben haben konnte.
Gerechtigkeit. Es gab viele verschiedene, gesellschaftlich mehr oder weniger akzeptable, Möglichkeiten, diesen rätselhaften Zustand herzustellen. Gesetz. Kriegsgericht. Duell. Mord.
Er setzte sich auf das Bett und dachte einige Momente lang nach. Dann klingelte er nach Papier und Tinte, schrieb eine kurze Note, faltete sie zusammen und reichte sie – ohne sie zu versiegeln – dem Dienstboten, den er gleichzeitig anwies, wohin sie auszuliefern sei.
Nachdem er seiner Untätigkeit auf diese Weise ein Ende gesetzt hatte, fühlte er sich augenblicklich besser und strich sich das zerknitterte Halstuch glatt, um sich auf die Suche nach gebratenen Sardinen zu begeben.