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Das vorübergehende Vor-Ort-Kommandozentrum der russischen Spezialtruppen für den Einsatz im Kosmodrom wurde im Hotel Sputnik in der Stadt Baikonur eingerichtet, die am südlichen Ende des Weltraumbahnhofs lag. In dessen Zimmern, Konferenzräumen und Restaurant hatten jetzt russische Militärs und Geheimdienstler, Beamte der russischen Raumfahrtbehörde, die Verwalter des Kosmodroms und Vertreter anderer staatlicher Organisationen Stellung bezogen.
Da der Platz im Gebäude nicht ausreichte, hatte man davor geheizte Wohnwagen und Zelte aufgestellt. Selbst die Luna-Diskothek neben der Hauptlobby hatte ein Team von Nuklearexperten der Strategischen Raketentruppen aufgenommen.
Um sechzehn Uhr Ortszeit betrat General Lars Gummesson in Begleitung zweier jüngerer Männer den Konferenzraum. Die Kampfanzüge der drei trugen keinerlei Hoheits-oder Rangabzeichen. Sie setzten sich an einen langen Tisch, auf dessen anderer Seite bereits russische Politiker, Diplomaten und hohe Militärs saßen.
Gummesson war der Kommandeur von Rainbow, einer internationalen paramilitärischen Antiterror-Truppe, deren Mitglieder aus den besten militärischen Spezialeinheiten der Erde ausgewählt wurden. Er und seine Männer waren von der russischen und kasachischen Regierung eine Stunde nach dem Scheitern der Alpha-Kommandos angefordert worden. Jetzt kehrte er zum Kommandozentrum zurück, um seine Einschätzung der Lage abzugeben und mitzuteilen, inwieweit die Rainbow-Truppe dabei zum Einsatz kommen könnte.
»Meine Herren. Meine Teamführer und ich haben in den vergangenen vier Stunden über einen Einsatzplan zur Rückeroberung des Dnjepr-Kontrollzentrums und der beiden Startsilos nachgedacht. Wir haben dabei versucht, die Lehren aus dem Scheitern der gestrigen Mission der russischen Armee zu ziehen und unsere eigenen gegenwärtigen Möglichkeiten einzuschätzen. Leider sind wir dabei zu einer ernüchternden Erkenntnis gekommen. Obwohl wir annehmen, dass wir bei einer Konzentration unserer Kräfte auf das Startkontrollzentrum eine achtzigprozentige Chance haben, das Gebäude zurückzuerobern und einen Großteil der Geiseln zu retten, haben wir es dort doch mit einem stark befestigten Bunker zu tun, und Mr. Safronow scheint höchst fähig und äußerst motiviert zu sein. Wir glauben deshalb, dass eine fünfzigprozentige Chance besteht, dass er und seine Männer genug Zeit haben werden, um eine Rakete starten zu können, und eine zwanzigprozentige Chance, dass sie sogar beide in die Luft bringen können.«
Der russische Botschafter in Kasachstan schaute General Gummesson eine ganze Weile an. Dann sagte er in seinem schweren Akzent auf englisch: »Also. Das ist alles? Sie kommandieren all diese schwer bewaffneten Männer und behaupten, dass es eine fünfzigprozentige Chance gibt, dass Moskau zerstört wird?«
»Das ist leider so. Unsere Ausbildung musste im vergangenen Jahr wegen fehlender Gelder zurückgefahren werden, und den Männern, die in der letzten Zeit zu unserer Truppe kamen, fehlt die Koordinationserfahrung, über die Rainbow verfügte, als wir noch öfter angefordert wurden. Leider hat unsere Einsatzbereitschaft darunter gelitten.«
»Ist es nicht eher so, dass Sie dabei das Risiko scheuen, General Gummesson?«
Der schwedische Offizier zeigte sich über diese Anspielung nicht beleidigt. »Wir haben uns die Lage genau angeschaut, und sie ist äußerst düster. Wir haben keine Ahnung, über wie viele Männer Safronow noch verfügt. Befragungen der Angestellten des Montagekomplexes, die er gestern freigelassen hat, deuten darauf hin, dass es ursprünglich über fünfzig waren. Wahrscheinlich wurden gestern bei dem Speznaz-Angriff einige getötet, aber wir können nicht wissen, wie viele noch übrig sind. Ich werde meine Männer keinesfalls einer solchen unbekannten Gefahr aussetzen, was auch immer hier auf dem Spiel steht. Meine Truppe und ich werden sofort nach Großbritannien zurückkehren. Meine Herren, guten Tag und viel Glück.«
Gummesson erhob sich und wandte sich zum Gehen, aber ganz hinten am Tisch sprang jetzt ein Speznaz-Oberst auf. »Entschuldigen Sie, General Gummesson.« Er hatte noch einen weit stärkeren Akzent als der Botschafter. »Könnte ich Sie bitten, noch etwas länger in Baikonur zu bleiben? Wenigstens ein paar Stunden?«
»Wozu, Oberst?«
»Ich möchte mit Ihnen unter vier Augen darüber sprechen.«
»In Ordnung.«
Man hatte Clark etwas Zeit zum »Nachdenken« gegeben. Seine zerschmetterte Hand lag immer noch unter einem schmutzigen Handtuch, aber die entsetzlichen Schmerzen, die die Schwellung und die Weichteilschädigung verursachten, wurden noch von denen verstärkt, die die zersplitterten Knochen in seiner Hand, vor allem jedoch die gebrochenen Rippen auslösten, wann immer er sich auf der Suche nach einer bequemeren Sitzposition bewegte.
Trotz der Eiseskälte in diesem Lagerhaus liefen ihm Ströme von Schweiß über Stirn und Nacken. Auch sein Hemd war schweißdurchtränkt und verursachte ihm Kälteschauer.
Sein Geist war inzwischen abgestumpft, ganz im Gegensatz zu seinem Körper. Er wollte, dass dieser grauenvolle Schmerz endlich nachließ. Noch mehr sehnte er sich jedoch nach einem Ende der Angst, dass es diesem dummen Jungen doch noch gelingen könnte, ihn zu brechen, wenn diese Barbarei so weiterging.
Clark wusste, dass er hätte lügen und irgendwelche falschen Verbindungen erfinden können. Er hätte eine komplizierte Geschichte erzählen können, deren Nachprüfung Tage dauern würde. Er befürchtete jedoch, dass ein solches Täuschungsmanöver durch eine Überprüfung der Fakten und ein wenig Recherchearbeit von Kowalenkos Leuten schnell auffliegen könnte. Vielleicht würde Walentin dann doch mit etwas SP-117 zurückkehren, diesem Wahrheitsserum, das nach vielen Berichten dem unzuverlässigen Natriumpentothal der Vergangenheit um Lichtjahre voraus war.
Clark traf eine Entscheidung. Sosehr er im Augenblick litt, er würde die Qualen weiterhin auf sich nehmen, in der Hoffnung, dass seine Folterknechte einmal etwas zu weit gingen und ihn umbrachten.
Das war immer noch besser, als seinen Geist zu knacken und ihn zu einem Einmann-Abbruchunternehmen für den Campus und Präsident Ryan zu machen.
»Die Zeit drängt, zurück an die Arbeit!«, rief Kowalenko, als er wieder im Lichtschein der Lampe auftauchte, die über Clarks Kopf hing. Walentin beugte sich zu ihm hinunter und lächelte. Dem Geruch seines Atems war zu entnehmen, dass er sich durch einen starken Kaffee und eine russische Zigarette gestärkt hatte. »Wie fühlen Sie sich?«
»Mir geht es gut. Und wie halten Sie durch?«, fragte Clark trocken.
»Möchten Sie jetzt reden, damit dieser Schmerz endlich aufhört? Wir haben hier ein paar wunderbare Medikamente, die wir Ihnen geben könnten. Dann würde es Ihnen sofort besser gehen. Wir setzen Sie vor einem Krankenhaus hier in der Gegend ab. Wäre das nicht schön?«
»Walentin, was immer Sie mir antun werden, meine Leute werden es herausfinden, und dann werden sie Ihnen dasselbe antun«, entgegnete Clark. »Das sollten Sie nie vergessen.«
Kowalenko starrte den Amerikaner an. »Erzählen Sie mir, wer sie sind, und das Ganze hier hat ein Ende.«
Clark schaute weg.
Kowalenko nickte. »Ich wünschte wirklich, dass mein Vater hier wäre. Die alten Methoden waren offensichtlich doch die besten. Wie auch immer, John, Sie haben bereits eine Hand verloren, aber ich fange gerade erst an. Sie werden diesen Ort hier als alter Krüppel verlassen. Ich werde Sie zerstören.«
Er wartete darauf, dass John fragen würde, wie er das tun würde, aber Clark saß einfach nur da.
»Meine Freunde hier werden Ihnen jetzt ein Skalpell in die Augen stechen, erst in das eine, dann in das andere.«
Clark fixierte Kowalenko, bis dieser den Blick senkte. »Meine Leute werden Ihnen genau das Gleiche antun. Sind Sie darauf vorbereitet?«
»Wer sind Ihre Leute? Wer?«
John blieb still.
Ein bulliger Hüne nahm John von hinten in den Schwitzkasten und hielt seinen Kopf eisern fest. Clarks Augen füllten sich mit Wasser, Tränenströme liefen seine Wange hinunter, und er zwinkerte rasend schnell. »Fuck you!«, presste er zwischen seinen Kiefern hervor, die von einer fleischigen Hand wie in einem Schraubstock zusammengepresst wurden. Der Schwitzkasten verstärkte sich noch.
Der andere Speznaz-Schläger stellte sich vor John. In seiner Hand funkelte im hellen Lichtschein der Lampe ein Edelstahl-Skalpell.
Walentin trat ein paar Schritte zurück und drehte sich um, um dem Ganzen nicht zusehen zu müssen. »Mr. Clark. Das … hier … ist jetzt Ihre letzte Chance!«
In der Stimme des Mannes spürte Clark Resignation. Er würde keinen Rückzieher machen.
»Fuck you!«, war alles, was von dem Amerikaner zu hören war. Er atmete tief ein und hielt dann den Atem an.
Kowalenko zuckte auf dramatische Weise die Achseln. Während er weiterhin die Wand anschaute, sagte er: »Wotknuj jemu w glas.«
Clark verstand. Stich ihm ins Auge.
Durch den Fischaugeneffekt des Wassers in seinen Augen sah Clark, wie das Skalpell seinem Gesicht immer näher kam, während sich der Mann vor ihn hinkniete. Dahinter sah er, wie Kowalenko sich immer weiter zurückzog. Zuerst glaubte er, der Russe könne die Sache hier nicht länger ertragen. Einen Augenblick später begriff John jedoch, dass Walentin auf laute Geräusche von draußen reagierte.
Durch das Lagerhaus schallte ganz klar Hubschrauberlärm. Das Pochen der Rotoren wurde schlagartig lauter, als ob der Helikopter vom Himmel herunterfallen würde. Er landete vor dem Haus. Clark sah den Schein seiner Lichter durch das Fenster. Sie verursachten tanzende Schatten, die über alle im Raum hin und her huschten. Der Mann mit dem Skalpell richtete sich blitzschnell auf und drehte sich um. Inzwischen war auch noch ein zweiter Hubschrauber zu hören, der offensichtlich nur ein paar Meter über dem Lagerhaus schwebte. Walentin Kowalenko versuchte den Höllenlärm zu überschreien und seinen Wachleuten draußen Befehle zu erteilen. Ganz kurz sah Clark den stellvertretenden SWR-Residenten durch den Raum huschen. Er sah aus wie ein panisches, in die Ecke getriebenes Tier.
Der Hubschrauber über dem Haus begann ganz langsam zu kreisen.
Jetzt war lautes Rufen zu hören. Jemand bellte Befehle und schrie den Wachleuten Drohungen zu. John legte den Kopf in den Nacken. An diesen Stuhl gefesselt, konnte er nichts anderes tun, aber selbst eine solch kleine Bewegung tat ihm gut. Seine Hand schmerzte immer noch entsetzlich, deshalb versuchte er sich abzulenken, indem er über die neuesten Entwicklungen nachdachte.
Plötzlich huschten rote Laserstrahlen wie die Signale von Leuchtkäfern über den Boden, den Tisch, die herumstehenden Männer und schließlich über John Clark selbst. Einige Sekunden später wurde er in helles Licht getaucht und schloss seine geblendeten Augen.
Als er sie wieder öffnete, wurde ihm klar, dass jemand die Oberlichter des Lagerhauses eingeschaltet hatte.
Walentin Kowalenko war jetzt der kleinste Mann im ganzen Gebäude. Vor ihm standen schwarz gekleidete Kämpfer mit HK-MP5-Maschinenpistolen.
Es waren Speznaz-Truppen, die von einem Mann in Zivilkleidung angeführt wurden. Kowalenko und seine Männer – es waren insgesamt acht, wie John jetzt sah – hoben alle die Hände hoch.
Wer zum Teufel war dieser neue Clown?, fragte sich Clark. Vom Regen in die Traufe, aber was jetzt? Konnte es überhaupt noch schlimmer werden?
Walentin und seine Leute wurden abgeführt. Der Mann in Straßenkleidung hatte sie zuvor noch barsch abgefertigt. Jetzt verließ er selbst mit einigen, aber nicht allen Paramilitärs das Lagerhaus. Eine Minute später startete der Hubschrauber.
Auch der Helikopter über dem Haus flog davon.
Hinter den Speznaz-Soldaten, die im Raum geblieben waren, betrat ein schmächtiger Mann Ende fünfzig die kalte Lagerhalle. Er hatte kurz geschorene Haare und in einem Gesicht voller Falten helle, intelligente Augen. Er trug eine Drahtgestell-Brille. Im Übrigen sah er aus, als ob er jeden Morgen vor dem Frühstück mindestens zehn Kilometer joggen würde.
John Clark hatte das Gefühl, ein Spiegelbild seiner selbst zu sehen, nur dass dieses einen russischen Anzug trug.
Aber hier gab es keinen Spiegel. Clark kannte den Mann, der vor ihm stand.
Dieser beugte sich über den Amerikaner und befahl einem seiner Männer, Clarks Fesseln zu entfernen. Danach stellte er sich vor. »Mr. Clark, mein Name ist Stanislaw Birjukow. Ich bin …«
»Sie sind der Direktor des FSB.«
»Das bin ich in der Tat.«
»Ist das hier also ein Wachwechsel?«, fragte Clark.
Der FSB-Chef schüttelte energisch den Kopf. »Njet. Nein, natürlich nicht. Ich bin nicht hier, um diesen Irrsinn fortzusetzen.«
Clark schaute ihn nur an.
»Mein Land hat ein ernstes Problem, und wir benötigen dabei Ihren Sachverstand. Gleichzeitig haben wir erfahren, dass Sie hier in Russland sind und offensichtlich selbst ein kleines Problem haben. Es ist das Schicksal, das uns heute zusammenführt, John Clark. Ich hoffe, dass wir zwei schnell zu einer Verständigung gelangen, die uns beiden nützen wird.«
Clark wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Reden Sie weiter.«
»In Kasachstan hat es einen schweren Terroranschlag gegeben, dessen Ziel unser Raumfahrtbahnhof in Baikonur war.«
Clark hatte keine Ahnung, was sich in der letzten Zeit außerhalb seines Gesichtsfeldes ereignet hatte. »Ein Terroranschlag?«
»Ja. Eine schreckliche Sache. Zwei Raketen mit Nuklearsprengköpfen befinden sich jetzt in der Hand von Terroristen aus dem Kaukasus, und sie verfügen über das Personal und das Wissen, diese Raketen zu starten. Wir haben Ihre frühere Organisation um Unterstützung gebeten. Ich spreche nicht von der CIA, ich spreche von Rainbow. Unglücklicherweise sieht sich deren gegenwärtiger Kommandeur nicht in der Lage, uns zu helfen.«
»Rufen Sie das Weiße Haus an.«
Birjukow zuckte die Achseln. »Das haben wir. Edward Kealty hat uns vier Männer mit Laptops geschickt, um uns zu retten. Sie sitzen im Kreml. Sie sind nicht einmal nach Kasachstan gereist.«
»Und warum sind Sie jetzt hier?«
»Die Rainbow-Truppe hält sich immer noch in der Nähe des Kosmodroms auf. Vierzig Mann.«
Clark stellte die gleiche Frage noch einmal: »Und warum sind Sie jetzt hier?«
»Ich habe den russischen Präsidenten gebeten, Rainbow dazu zu bewegen, Sie für diese eine Operation in Baikonur wieder das Kommando über die Truppe übernehmen zu lassen. Die Speznaz-Kräfte würden Sie auf jede erdenkliche Weise unterstützen, ebenso wie die Luftwaffe. Tatsächlich wird Ihnen das gesamte russische Militär zur Verfügung stehen.« Er machte eine Pause, dann sagte er: »Wir müssen die Operation bereits morgen Abend durchführen.«
»Sie bitten ausgerechnet mich, Ihnen zu helfen?«
Stanislaw Birjukow schüttelte langsam den Kopf. »Ich flehe Sie sogar an, Mr. Clark.«
Clark runzelte die Stirn, als er zum FSB-Chef hinaufschaute. »Wenn Sie an meine Liebe für alles Russische appellieren, damit ich diesen Angriff auf Moskau stoppe, nun, Genosse, dann haben Sie leider einen ganz schlechten Tag erwischt. Mein erster Gedanke wäre eher, diesem Typ alles Gute zu wünschen, der drunten in Kasachstan gerade seinen Finger am Startknopf hat.«
»In Anbetracht der gegenwärtigen Umstände kann ich das gut verstehen. Aber ich weiß auch, dass Sie uns helfen werden. Sie werden Millionen von Leben retten wollen. Mehr brauchen Sie nicht als Motivation, da bin ich mir sicher. Ich wurde jedoch von Präsident Rytschkow autorisiert, Ihnen anzubieten, was immer Sie wollen. Alles!«
John Clark blickte den Russen an. »Im Moment könnte ich einen verdammten Eisbeutel gebrauchen.«
Birjukow tat so, als hätte er eben erst die geschwollene, gebrochene Hand bemerkt. Er rief den Männern hinter ihm etwas zu, und kurze Zeit später erschien ein Speznaz-Sanitätsunteroffizier mit einem Verbandskasten und begann, das Handtuch abzuwickeln. Er legte Kühlkissen auf die schrecklichen Verletzungen und richtete ganz langsam die verdrehten Finger neu aus und brachte sie wieder an ihren richtigen Platz. Dann legte er um die Hand und die Kältebeutel einen Druckverband an.
Währenddessen hielt Clark dem Geheimdienstchef eine kleine Ansprache, bei der er immer wieder vor Schmerz zusammenzuckte. »Hier sind meine Forderungen. Ihre Leute erzählen der Presse ganz genau, wie Kowalenko mit Paul Laska konspiriert hat, um die Ryan-Präsidentschaft durch falsche Anschuldigungen gegen mich zu Fall zu bringen. Die russische Regierung wird sich ausdrücklich von den Lügen, die über mich erzählt wurden, distanzieren und sämtliche Beweisstücke herausgeben, die sie über Laska und seine Kumpane besitzt.«
»Selbstverständlich. Kowalenko hat über uns alle Schande gebracht.«
Die beiden Männer schauten einander einen Augenblick schweigend an, bevor Clark sagte: »Ihre Versicherungen genügen mir nicht. Da gibt es einen Journalisten bei der Washington Post. Bob Holtzman. Er ist hart, aber fair. Ihr Botschafter soll sich mit ihm treffen. Sie können ihn auch selbst anrufen. Erst wenn das passiert ist, werde ich Ihnen bei Ihrem kleinen Problem im Kosmodrom helfen.«
Stanislaw Birjukow nickte. »Ich werde Präsident Rytschkows Büro anrufen und dafür sorgen, dass das noch heute passiert.« Er schaute zu den Folterwerkzeugen auf dem Tisch hinüber: »Ganz im Vertrauen zwischen Ihnen und mir, zwei alten Männern, die in ihrem Leben mehr gesehen haben als die jungen Leute, die heute in Führungspositionen aufsteigen … Ich möchte mich dafür entschuldigen, was der SWR hier durchgezogen hat. Der FSB war an dieser Operation in keiner Weise beteiligt. Ich hoffe, dass Sie dies Ihrem neuen Präsidenten persönlich versichern.«
Clark beantwortete diese Bitte mit einer Frage: »Was wird jetzt mit Walentin Kowalenko passieren?«
Birjukow zuckte die Achseln. »Moskau ist ein gefährlicher Ort, selbst für einen leitenden SWR-Beamten. Seine völlig ungesetzliche Operation war eine Schande für unser Land. Wichtige Leute werden ziemlich wütend werden, wenn sie davon erfahren. Es wäre durchaus möglich, dass er einen kleinen Unfall erleidet.«
»Ich fordere auf keinen Fall, dass Sie Kowalenko auf meine Veranlassung hin töten. Ich glaube nur, dass er Probleme bekommen wird, wenn er herausfindet, dass der FSB mich freigelassen hat.«
Birjukow lächelte, und Clark wurde klar, dass ihm Kowalenkos Schicksal völlig egal war. »Mr. Clark. Jemand muss für Russland die Verantwortung in dieser unglückseligen Sache übernehmen.«
Jetzt zuckte Clark die Achseln. Kowalenkos Arsch zu retten stand im Moment nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste. Dort draußen gab es viele unschuldige Menschen, die tatsächlich seine Hilfe verdienten.
John Clark und Stanislaw Birjukow kletterten fünf Minuten später in einen Hubschrauber. Schwer bewaffnete Kommandosoldaten stützten Clark beim Gehen. Der Sanitäter legte ihm jetzt auch um seine gebrochenen Rippen einen Druckverband samt Eisbeuteln an. Als sich der Helikopter in den Nachthimmel erhob, beugte sich der Amerikaner zum Chef des FSB hinüber. »Ich brauche das schnellste Flugzeug nach Baikonur und ein Satellitentelefon. Ich muss einen früheren Kollegen aus meiner Rainbow-Zeit erreichen und hierherholen. Wenn Sie seine Visum-und Passformalitäten beschleunigen könnten, wäre das ausgesprochen hilfreich.«
»Sagen Sie Ihrem Mann, er soll sich einfach ins nächste Flugzeug Richtung Baikonur setzen. Ich werde den Leiter der kasachischen Zollbehörde persönlich benachrichtigen. Es wird bei seiner Einreise keine Verzögerungen geben, das kann ich Ihnen versichern. Sie und ich werden ihn dort treffen. Wenn wir dort landen, wird Rytschkow bereits dafür gesorgt haben, dass Sie den Befehl über die Rainbow-Truppe für dieses eine Mal wieder übernehmen.«