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In Zeiten wie diesen waren Gerry Hendleys Reichtum und Verbindungen wirklich praktisch. Etwa vierhundert Meter von Rehans Geheimbüro in Palm Jumeirah entfernt lag das Kempinski Hotel & Residences, auf dessen Gelände ein im Öl-und Gasgeschäft tätiger englischer Freund Gerrys einen Uferbungalow besaß. Hendley fragte den Mann, ob er ihm das Anwesen nicht kurz leihen könne, und bot ihm dafür eine ausgesprochen hohe Monatsmiete an. Leider war das Haus jedoch gerade nicht leer. Tatsächlich hielt sich sogar dieser »Freund von Gerry« mit Frau und Tochter dort auf. Die drei waren jedoch gerne bereit, für eine Zeit in das prächtige Burj Al Arab umzuziehen, eines der teuersten und luxuriösesten Hotels der Welt, dessen segelförmiges Gebäude direkt vor der Küste auf einer künstlichen Insel im Persischen Golf lag.

Natürlich übernahm Hendley sämtliche Kosten.

Der Öl-und Gas-Typ verließ sein Haus gerade rechtzeitig. Die Gulfstream G550 landete auf dem Internationalen Flughafen von Dubai, erledigte die Zollformalitäten und parkte dann in einem wahren Meer von Firmenflugzeugen.

Während Ryan, Caruso und Chavez ihre Ausrüstung aus dem Gepäckraum holten, standen Reid und ihr Erster Offizier Hicks mit großen Augen auf dem heißen Vorfeld. Die Maschinen, die hier standen, waren vorsichtig geschätzt mindestens fünf Milliarden Dollar wert. Luxus-Jets und Hightech-Hubschrauber standen in einer langen Reihe nebeneinander. Hicks und Reid würden sie sich später genauer anschauen.

Die drei Außenagenten interessierten sich nur für eine dieser Maschinen: Ein Bell-Jet-Ranger-Hubschrauber, der dem Kempinski-Hotel gehörte, sollte sie und ihr Gepäck direkt zu ihrer Unterkunft bringen. Zwanzig Minuten nachdem sie die Gulfstream verlassen hatten, hoben Dom, Ding und Jack in den herrlichen Morgensonnenschein ab. Sie flogen zuerst am Dubai Creek entlang, der breiten Wasserstraße, die die Dubaier Altstadt mit ihren verstopften Straßen und niedrigen lang gestreckten Steingebäuden von den Wolkenkratzern entlang der Küste in New Dubai trennte.

Schon bald schwebten sie über dem Wasser und überquerten die fünf Kilometer breite Palm Island, eine künstliche Insel in Form eines »Stamms« und sechzehn schmaler »Palmwedel«. Umgeben war sie von einer Insel in Form eines beinahe zwölf Kilometer langen »Sichelmondes«, die auch als Schutz gegen Sturmfluten diente.

Auf diesem breiten »Wellenbrecher« lag das Kempinski Hotel & Residences, wo ihr Hubschrauber jetzt landete.

Die drei Campus-Agenten wurden zu ihrem luxuriösen Bungalow geführt, der direkt an der stillen Innenlagune lag. Vierhundert Meter entfernt lag jenseits der Lagune am Ende eines Palmwedels Rehans Anwesen. Sie konnten es mit ihrem Leupold-Fernglas sehen. Sie hatten jedoch vor, nach Anbruch der Dunkelheit einen noch näheren Blick darauf zu werfen.

Um 2.30 Uhr ruderten Ryan, Chavez und Caruso ein Gummiboot über die Lagune. Sie hatten bereits die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Jetzt beobachteten sie das dunkle Anwesen durch ihre Nachtgläser. Erfreut stellten sie fest, dass außer der kleinen ständigen Sicherheitsmannschaft – ein Mann am Eingang und einige Fußpatrouillen – das Grundstück außerhalb des Haupthauses menschenleer zu sein schien. Zwar würde es dort bestimmt Kameras, Bewegungsmelder und vielleicht sogar akustische Überwachungssysteme geben, aber Chavez, Caruso und Ryan waren darauf vorbereitet. Heute Nacht würden sie den gefährlichsten Teil ihrer Operation durchführen.

Sie hatten Boot und Tauchausrüstung bei einer Tauchschule unweit ihres Bungalows gemietet. Alle drei verfügten über beträchtliche Taucherfahrung, wenngleich Domingo sie alle daran erinnerte, dass John Clark in sechs Monaten als SEAL öfter getaucht war als Chavez, Ryan und Caruso in ihrem ganzen Leben zusammen. Allerdings war das Wasser hier ruhig und strömungsfrei, und sie planten auch nicht, sehr tief zu tauchen oder lange unter Wasser zu bleiben.

Das kleine Gummiboot und die Tauchausrüstung waren für ihre Operation nicht gerade optimal. Aber etwas Besseres stand ihnen nicht zur Verfügung. Als sich Ryan darüber beklagte, erinnerte ihn Chavez daran, dass sie sich alle »anpassen und alle Hindernisse überwinden« müssten, wie es im offiziellen »Glaubensbekenntnis« der Recon Marines hieß.

Wenn sie tatsächlich verdeckt unter Wasser auf das Anwesen hätten vordringen wollen, hätten sie geschlossene Kreislauftauchgeräte vorgezogen. Diese gaben keine Luftblasen ab, sondern reicherten das ausgeatmete Gas erneut mit Sauerstoff an. Obwohl nun eine Menge Luftblasen aufstiegen, würden sie so weit von dem Anwesen entfernt an Land gehen, dass sie keine Aufmerksamkeit erregen würden.

Sie ankerten und ließen sich lautlos ins Wasser gleiten. Ryan reichte den beiden anderen wasserdichte Kästen über den Rand des Bootes hinunter, bevor er selbst ins Wasser stieg und seine Schwimmflossen anlegte. Alle drei nahmen je eine Kiste in die Hand und tauchten auf eine Tiefe von drei Metern hinunter. Dort überprüften sie ihren Tauchcomputer, bestimmten die Richtung zu ihrem Zielpunkt und richteten ihre Körperachse nach dem Steuerstrich ihrer Kompasse aus. Chavez übernahm die Führung, und sie schwammen los.

Ryan bildete die Nachhut. Sein heftig pochendes Herz erzeugte zusammen mit dem zischenden Geräusch, das das Ventil seines Tauchgeräts bei jedem Atemzug von sich gab, einen richtigen Techno-Rhythmus. Das warme, schwarze Wasser schmiegte sich beim Vorwärtsschwimmen regelrecht an ihn und vermittelte ihm das Gefühl, völlig allein zu sein. Nur die schwachen rhythmischen Strömungen, die die Schwimmflossen seines drei Meter vor ihm schwimmenden Cousins Dominic verursachten, erinnerten ihn daran, dass er nicht allein war. Es war ein tröstliches Gefühl.

Nach zehn Minuten waren sie an dem schmalen Uferstreifen an der Al Khisab Road angekommen. Direkt vor dem Strand lag eine Unterwassersandbank mit einer Wassertiefe von etwas mehr als zwei Metern. Chavez bedeutete den beiden anderen mit einer kleinen roten Lampe, dass sie hier ihre Tauchausrüstung deponieren sollten. Die Männer nahmen sie ab, banden sie zusammen und befestigten sie an einem großen Stein. Danach stiegen sie aus dem Wasser. In ihren schwarzen Neoprenanzügen waren sie in der Dunkelheit auch auf dem Festland kaum zu erkennen. Jeder von ihnen trug eine wasserdichte Kiste.

Zehn Minuten später standen die drei vor einem völlig abgedunkelten Anwesen. Zwischen ihm und Rehans Geheimbüro lagen nur noch drei Grundstücke. Es gab hier weder eine Umfassungsmauer noch Patrouillen, deshalb nahmen sie an, dass auch keine Bewegungsmelder installiert waren. Hinter einem großen Poolhaus begannen die Amerikaner, ihre Gerätschaften aus den wasserdichten Boxen zu holen und betriebsbereit zu machen. Die Vorbereitungen dauerten gute fünfzehn Minuten. Jeder wusste genau, was er zu tun hatte. Kurz nach drei Uhr morgens hielt Chavez den Daumen nach oben, und Ryan setzte sich mit dem Rücken an die Poolhauswand. Er setzte eine Videobrille auf und holte ein schuhschachtelgroßes Fernbedienungsmodul aus einem Kasten. Von jetzt an würde Jack Ryan jr. diese Operation leiten, bis alle Überwachungsgeräte an ihrem richtigen Platz waren.

Ryan schaltete das Kontrollgerät ein. Sofort sah er auf seiner Brille die Aufnahmen einer Infrarotkamera, die an einer Drehkanzel am Boden eines ferngesteuerten Minihubschraubers hing, der jetzt ein paar Meter entfernt auf einem ausklappbaren Plastik-Landeplatz stand. Die gegeneinander laufenden Koaxialrotoren des winzigen Fluggeräts hatten nur einen Durchmesser von fünfunddreißig Zentimetern. Das Gerät sah eher wie ein teures Spielzeug aus.

Aber es war kein Spielzeug. Dies zeigte sich bereits, als Jack den Motor anließ. Er erzeugte nur dreißig Prozent des Geräuschs eines normalen Mikro-Helis dieser Größe. Außerdem konnte das Gerät an einem fernauslösbaren Verriegelungsmechanismus an seinem Boden Nutzlasten befördern.

Die deutsche Herstellerfirma des Mikro-Helis verkaufte ihn hauptsächlich als ferngesteuertes Beobachtungs-und Transportgerät an Atom-und Bio-Müll-Unternehmen. Er verschaffte deren Betreibern die Möglichkeit, unsichere und gefährliche Areale zu überwachen und Testgeräte und ferngesteuerte Kameras mit geringem Aufwand dorthin zu befördern, wo sie gerade gebraucht wurden. Seit sich der Campus im vergangenen Jahr mehr und mehr von einem Tötungsunternehmen zu einem privaten Nachrichtendienst gewandelt hatte, waren sie immer auf der Suche nach neuen Technologien, die sie bei dieser Aufgabe unterstützen konnten. Da sie nur über fünf Feldagenten verfügten, mussten sie alles tun, um deren Einsatzfähigkeit zu optimieren.

Jack musste heute mit seinem Mikrohubschrauber fünf Nutzlasten befördern. Deshalb wollte er auch keinen Augenblick vergeuden und ließ sein winziges Fluggerät sofort in den Nachthimmel aufsteigen.

Als es dann fünfzehn Meter über seinem Plastik-Landeplatz schwebte, griff Ryan mit flinken Fingern an einen Kipphebelschalter auf der rechten Seite des Steuerungsgeräts. Mit dessen Hilfe kippte er die Kamera an der Kanzel unter der Heli-Nase neunzig Grad nach unten, sodass sie jetzt auf ihn und seine Kameraden hinunterzeigte, die sich hinter das Poolhaus zur dunkelsten Stelle des gesamten Grundstücks zurückgezogen hatten. Ryan rief Dom leise zu: »Setze Wegpunkt Alpha.«

Caruso saß mit seinem Laptop neben ihm und beobachtete auf dessen Monitor die Bildübertragung der Hubschrauberkamera. Mit einem Tastendruck erstellte Dom im elektronischen Speicher des Mikrohubschraubers einen Wegpunkt. Wenn man ihn ab jetzt per Fernbedienung zum Punkt »Alpha« zurückbeorderte, würde ihn der Autopilot mithilfe des GPS zu einer Position direkt über dem Abflugpunkt steuern.

Nach der Eingabe meldete Dom: »Alpha gesetzt.«

Jack ließ den Mikro-Heli bis zu einer Höhe von sechzig Metern aufsteigen und danach über die drei Grundstücke zwischen ihrem gegenwärtigen Standpunkt und Rehans Anwesen fliegen. Die Kanzelkamera hatte er dabei ganz leicht nach unten gekippt, damit er den Luftraum direkt vor dem Fluggerät ebenfalls überwachen konnte.

Als sein Hubschrauber samt Ladung über dem Flachdach des Hauptgebäudes schwebte, rief er Dom zu: »Setze Wegpunkt Bravo.«

Einen Augenblick später kam die Antwort: »Bravo gesetzt.«

Jacks Zielpunkt war der große Ventilationsschacht der Klimaanlage, aber er ging nicht sofort dort nieder. Stattdessen schaltete er die Heli-Kamera auf thermales Infrarot um und begann, nach Rehans Wächtertruppe zu suchen. Er hatte keine Angst, dass das Fluggerät in der Dunkelheit über dem Dach gesehen werden könnte, aber er machte sich wegen der Geräusche Sorgen, die es verursachte. So leise der Motor auch war, er war doch nicht völlig lautlos.

Außerdem musste Jack noch ein paar andere technische Beschränkungen berücksichtigen. Das geringe Gewicht des Mikro-Helis machte ihn gegen die Seebrisen anfällig, die vom Persischen Golf herüberwehten. Trotz des eingebauten internen Lagekontroll-Gyroskops musste Jack ständig aufpassen, dass eine Brise das Fluggerät nicht aus der Bahn warf und auf eine Wand oder eine Palme schleuderte. Er konnte es in diesem Fall ein Stück höhersteigen lassen und Dom auffordern, dem Heli den elektronischen Befehl zu geben, zum Wegpunkt Bravo zurückzukehren. Er wusste jedoch, dass dies immer schwieriger wurde, je tiefer der Mikrohubschrauber flog.

Er schaute sich sorgfältig um. Alles, was seine Augen in der Videobrille sahen, stammte von der kleinen Kamera, die in hundertfünfzig Meter Entfernung sechzig Meter über dem Boden schwebte. Da er und Dom mit der Beobachtungsmission vollauf beschäftigt waren, war Chavez allein für ihre Sicherheit zuständig. Er kniete neben dem Poolhaus und beobachtete die Umgebung durch das Nachtsichtgerät seiner schallgedämpften HK-MP7-Maschinenpistole.

In seiner Videobrille erkannte Jack jetzt die Wärmeumrisse des Mannes am Eingangstor. Ein zweiter Mann stand außerhalb des Wächterhäuschens und unterhielt sich mit ihm. Als Jack den Kamerablick hinter das Haus wandern ließ, fand er eine dritte Wärmesignatur, einen Sicherheitsmann, der langsam an dem auch als Hubschrauberlandeplatz dienenden Tennisplatz vorbeischlenderte. Ryan war sich jetzt sicher, dass sein Mikro-Heli außerhalb der Hörweite dieser drei Männer war.

Jetzt erst gönnte er sich eine Sekunde, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, bevor er ihm in die Augen lief. Ihr gesamter Einsatz und ihre größte Chance, aussagekräftige Informationen über General Riaz Rehan zu bekommen, hing von seiner Fingerfertigkeit und Geistesgegenwart in den nächsten paar Minuten ab.

»Ich gehe jetzt rein«, sagte er leise. Mit einer leichten Berührung des Y-Achse-Joysticks auf seinem Fernbedienungsmodul brachte er das summende Fluggerät zuerst auf fünfundvierzig, dann auf dreißig Meter und schließlich auf fünfzehn Meter herunter. »Setze Wegpunkt Charlie«, flüsterte er.

»Charlie gesetzt.«

In aller Eile richtete er die Kamera noch einmal auf das Wachhäuschen am Eingang und danach auf den Tennisplatz. Die drei Wachleute waren immer noch an ihrem alten Platz, genau dort, wo er sie haben musste, wenn er seine Mission fortsetzen wollte.

Eine plötzliche Ozeanbrise wehte seinen Mikro-Heli ein Stück nach links. Er versuchte, diese Seitwärtsbewegung mit dem X-Achse-Joystick auszugleichen. Dabei spürte Jack diese Brise nicht einmal am eigenen Körper, aber in fünfzehn Meter Höhe hätte sie seinen Mikrohubschrauber beinahe vom Kurs abgebracht, wobei immer die Gefahr bestand, dass er abstürzte. Jack hatte zwar in einem der wasserdichten Kästen einen Ersatzheli dabei, diesen jedoch einsatzfähig zu machen würde wertvolle Zeit vergeuden. Sie hatten sich entschieden, in diesem Fall zuerst einmal den abgestürzten Heli mit dem Ersatzhubschrauber zu bergen. Sie wollten auf keinen Fall einen ferngesteuerten Hubschrauber mit einer Hightech-Kamera und einem Sender auf dem Grundstück ihrer Zielperson zurücklassen. In diesem Fall wäre ihre Überwachungsaktion sofort aufgeflogen.

Caruso beugte sich zum Ohr seines Cousins hinüber: »Ist schon okay, Jack. Versuch es halt einfach noch einmal. Nimm dir Zeit.«

Jetzt lief Ryan der Schweiß erst recht in die Augen. Hier waren sie eben nicht auf dem Dach oder Parkplatz von Hendley Associates. Jetzt waren sie im Einsatz in der wirklichen Welt, die keine Ähnlichkeit mit seinen Trainingsbedingungen hatte.

Jack ignorierte den Schweiß und konzentrierte sich auf das Landemanöver. Er ließ das Fluggerät ganz sanft direkt neben dem Ventilationsschacht der Klimaanlage niedergehen. Nach der Landung schaltete er den Mikrohubschrauber aus, legte das Fernbedienungsmodul auf den Boden und tastete mit den Fingern nach einem weiteren Gerät, das neben ihm im Gras lag. Es handelte sich um eine kleinere Fernbedienung, die nur etwa ein Drittel so groß war wie die andere und die man deshalb mit einer Hand bedienen konnte. Er drückte auf einen Knopf, und sofort projizierte seine Videobrille ein anderes Bild auf seine Augen. Das von einer Restlicht-Kamera aufgenommene Bild zeigte eine Verstrebung der Hubschrauberkufe und dahinter die schmalen Lamellen des Belüftungsschachts.

Diese zweite Kamera war an einem zehn Zentimeter langen, fünf Zentimeter breiten und zweieinhalb Zentimeter hohen Roboter angebracht, den ein Magnet am Boden des Mikro-Helis festhielt. Ryan schaltete per Fernbedienung den Magneten aus, und der Roboter kam frei. Sofort kamen aus dessen Innern zwei Reihen winziger Beinchen heraus, die ihn wie einen Hundertfüßer aussehen ließen und ihn jetzt vom Boden abhoben.

Die Beinchen waren das Fortbewegungssystem dieses bodenläufigen Insektenroboters. Ryan ließ ihn zum Test ein Stück vor und zurück laufen, dann drehte er dessen 1080p-Videokamera in alle Richtungen. Als er sicher war, dass der Roboter korrekt funktionierte, schaltete er ihn ab und nahm wieder die Heli-Fernbedienung in die Hand. Er befahl dem Hubschrauber, über die drei Wegpunkte zu seinem Plastik-Landeplatz zurückzukehren.

Fünf Minuten später flog er einen zweiten Insektenroboter auf Rehans Dach und setzte ihn direkt neben dem ersten ab. Zwischen den beiden Flügen hatte der Wind etwas aufgefrischt, sodass der zweite Transportflug sehr viel länger dauerte als der erste.

»Fertig für Nummer drei«, flüsterte Jack, als der Hubschrauber wieder auf seinem Landeplatz stand.

Chavez befestigte noch einen Insektenroboter an dem Fluggerät. »Mikro-Heli fertig zum Start von Nutzlast drei.«

»Wie stehen wir in der Zeit, Ding?«, fragte Ryan.

Nach einem kurzen Zögern antwortete Chavez: »Ganz gut. Mach nicht zu schnell, aber halt dich ran.«

»Verstanden«, sagte Jack und schaltete seine Videobrille auf die Kamera in der Drehkanzel unter der Nase des Mikro-Helis um.

Nachdem auch noch der dritte und vierte Insektenroboter zum Lüftungsschacht auf dem Zielgebäude gebracht worden war, ließ Jack den Heli zum sechzig Meter über ihm liegenden Wegpunkt Alpha fliegen, um seine Landung vorzubereiten. Chavez hielt die fünfte Nutzlast und eine Ersatzbatterie für den Hubschrauber bereit, der mit einer Batterieladung nicht länger als eine Stunde fliegen konnte.

»Okay«, sagte Jack. »Ich bringe ihn jetzt runter.«

Genau in diesem Moment erfasste den Mikro-Heli ein Windstoß und trieb ihn landeinwärts. Jack hatte in den letzten fünfundvierzig Minuten eine solche Situation ein halbes Dutzend Mal erfolgreich bewältigt, deshalb geriet er auch jetzt nicht in Panik. Stattdessen lenkte er den Hubschrauber wieder über das Wasser hinaus, um ihn in eine stabile Fluglage zu bringen. Als er gerade dachte, ihn wieder unter Kontrolle zu haben und mit dem Landemanöver beginnen zu können, driftete der Heli erneut ab.

»Verdammt«, flüsterte Ryan. »Ich glaube, ich verliere ihn.«

Caruso verfolgte das Kamerabild auf seinem Monitor. »Du musst ihn etwas schneller runterbringen.«

»Okay«, sagte Jack. In fünfundvierzig Meter Höhe kippte der Mikrohubschrauber jedoch nach vorne ab. Ryan versuchte verzweifelt, ihn zu stabilisieren. »Ich glaube, das GPS funktioniert nicht mehr. Vielleicht ist die Batterie leer.«

»Ding, kannst du ihn sehen?«, rief Caruso.

Chavez schaute in den Nachthimmel hinauf. »Negativ.«

»Gib weiter Obacht, vielleicht musst du ihn auffangen

Aber es war zu spät. Jack sah, wie sich das Videobild auf seiner Brille vom Wasser und dem Kempinski-Hotel wegdrehte, als der Heli zu trudeln begann und immer schneller nach unten sank.

»Scheiße!«, rief er etwas zu laut, wenn man bedachte, dass sie gerade eine verdeckte Operation durchführten. »Er funktioniert nicht mehr. Er stürzt ab.«

»Ich sehe überhaupt nichts«, sagte Chavez. Er lief umher und schaute dabei ständig nach oben. »Wie schnell kommt er denn runter?«

Genau in diesem Moment schlug der Hubschrauber drei Meter von seinem Plastik-Landeplatz entfernt auf dem Grasboden auf und zerlegte sich in ein Dutzend Einzelteile.

Jack nahm seine Videobrille ab. »Verfluchte Scheiße. Wir müssen den Ersatz-Heli bereit machen.«

Aber Chavez eilte schon auf die Wrackteile zu. »Negativ. Die vier Roboter, die wir platziert haben, werden ausreichen müssen. Wir haben nicht die Zeit, um einen zweiten Vogel dorthin zu schicken.«

»Verstanden«, sagte Jack mit einer gewissen Erleichterung. Der Stress, dieses winzige Fluggerät ein paar Mal zu seiner Zielposition bringen zu müssen, hatte ihn wirklich erschöpft. Er freute sich darauf, auf der anderen Seite der Lagune Caruso dabei zusehen zu können, wie der die Insektenroboter durch die Entlüftungsleitungen lenkte.