35. Kapitel

Voort behielt die Sensortafel im Auge. Die Skifter-Station befand sich direkt voraus und war mit bloßem Auge erkennbar. Ihre unabhängig voneinander rotierenden, konzentrischen Ringe hoben sich in traditionellem, strahlendem Weiß vor dem Hintergrund des Alls ab. Außerdem in der Nähe waren zwei E-Flügler, die sich ihnen rasch von hinten näherten. Über die Kom-Frequenzen drang ein anhaltendes Geschnatter, als Zivil- und Militärbehörden gleichermaßen verlangten, dass Phanan Eins und Phanan Zwei ein gutes Stück von allen anderen Schiffen entfernt im Orbit warten sollten, bis die Behörden einträfen.

»Der zweite Akt, Zwei. Bist du bereit?«

»Ich mache mir gerade die Haare.«

»Ich deute das als ein Ja.« Die erste Lasersalve von ihren Verfolgern zischte an Voort vorbei, dann an der Skifter-Station weiter vorn. »Schwachköpfe!«

»Wir müssen die schleunigst erledigen, Eins.«

Voort gab sich mit seinen Ausweichmanövern ein bisschen mehr Mühe. »Bereithalten zum Aufteilen.«

Ihre Verfolger kamen dicht heran und beharkten die beiden Gespenster mit kurzen, disziplinierten Laserfeuersalven. Doch als sie sich der Skifter-Station näherten und die geringere Entfernung das Risiko erhöhte, dass ein Fehlschuss stattdessen das Habitat traf, stellten sie das Feuer ein.

Voort und Myri schossen durch die gewaltigen Lücken zwischen den Ringen und Speichen. Voort drehte nach Steuerbord ab, Myri nach Backbord. Ein E-Flügler nahm jeweils die Verfolgung auf. Jetzt rückten sie ihnen sogar noch dichter auf die Pelle.

Als Voort eine gute Gelegenheit erkannte, gab er sämtliche verfügbare Energie auf den Umkehrschub und verlor ungefähr fünfzig Meter relative Höhe. Sein überraschter Gegner raste an ihm vorbei. Ohne die Raumstation im Hintergrund feuerte Voort eine Salve ab, doch der E-Flügler-Pilot war umsichtig genug, augenblicklich auf Ausweichkurs zu gehen, als er an dem Gespenst vorbei war. Das Laserfeuer verfehlte ihn um Längen.

Voort zog den Jäger nun in einer engen Schleife zurück zur Station. Auf den Sensoren sah er, dass Myri es ihm gleichtat und auf die Rückseite des Habitats zusteuerte. Ihr E-Flügler-Widersacher blieb ihr auf den Fersen.

Voort näherte sich dem äußersten Ring der Station und richtete den Jäger so aus, dass sich der Außenrand der Station unter ihm befand, als würde er dem Terrain auf der Oberfläche eines sehr kleinen Mondes folgen. Ohne Schwerkraft, die an ihm zog, war das ein ausgesprochen kniffliges Manöver, das sämtlichen Piloteninstinkten widersprach, als würde man kontinuierlich einer Planetenoberfläche folgen, die weiter vorn abfiel. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rings tat Myri dasselbe – und hielt geradewegs auf Voort zu.

Voorts Gegner setzte sich direkt hinter ihn, in größerer relativer Höhe.

Voort hätte beinahe gelächelt. Da zeigten sie sich, die Ausbildung und die Instinkte eines Piloten – und die Gespenster spielten damit wie auf einem Musikinstrument. Ein Kampfpilot, der in einen Nahkampf verwickelt war, zog es für gewöhnlich vor, sich hinter und über seinem Ziel zu befinden, um sich den visuellen und psychologischen Vorteil zunutze zu machen, den diese Position bot. Schließlich waren die meisten Sternenjäger so konstruiert, dass sie nicht nach hinten feuern konnten. Jetzt jedoch, nur für einen einzigen verwirrenden Moment, war es dem Schnapphund unmöglich, auf Voort zu feuern. Jeder Fehlschuss würde die zivile Raumstation treffen. Jeder Treffer konnte den X-Flügler in das Habitat stürzen lassen.

Die Sensortafel stellte die Energie von Myris Schubdüsen und von denen ihres Verfolgers in einem heransausenden Bogen dar. Jetzt kam es auf Trey an – oder besser: auf die Arbeit, die Trey einige Tage zuvor erledigt hatte, als er hier oben auf der Oberfläche der Station einen Sensorstörer platziert hatte. »Schneegestöber aktivieren!«

Seine R5-Einheit – Mülltonne – piepste bestätigend.

Der Hauptsensorschirm flimmerte und zeigte nur noch statisches Rauschen. Jetzt flogen alle vier Sternenjägerpiloten blind – zumindest blind, abgesehen von ihren eigenen Augen.

In Voorts Kopf wirbelten Zahlen durcheinander, Sekundenbruchteile. »Zwei – jetzt

Weiter vorn stieg der im Anflug befindliche E-Flügler über dem falschen Horizont des Stationsrings auf, aufgrund seiner größeren relativen Höhe bereits vor Myris X-Flügler sichtbar. Voort feuerte und riss den Steuerknüppel nach Backbord.

Im selben Moment feuerte Myri – unsichtbar hinter der Kurve des Rings, jedoch ihrerseits imstande, Voorts Verfolger auszumachen – und zog ihren Sternenjäger nach Steuerbord.

Die beiden nach oben gezielten X-Flügler-Lasersalven erwischten den Stationsring nicht, trafen jedoch ihre anvisierten Ziele. Voort erhaschte einen flüchtigen Blick auf den grellen Blitz von Schiffsmetallteilen, die von Vierlingslasern förmlich eingeäschert wurden. »Nummer eins außer Gefecht.«

»Nummer zwei außer Gefecht, Anführer.«

»Gut gemacht.« Voort drehte bei, um auf Kuratooines Oberfläche zuzuhalten, und Myri glitt neben ihm in Position.

Als sie den Wirkungsbereich von Treys Störsignal verließen, klärten sich Voorts Sensorschirme und zeigten wieder scharfe Bilder. Die Skifter-Station drehte sich gleichmütig, unbeschädigt. Zwei kleine Wracks trieben in gerader Linie davon fort. Eins davon zog eine Trümmerwolke hinter sich her, während das andere zwar in einem Stück, aber offenkundig außer Kontrolle war. Dieser E-Flügler, den Voort sich vorgeknöpft hatte, verwandelte sich mit einem Mal in zwei Objekte, als der Pilot mit dem Schleudersitz ausstieg. Bei Myris Ziel gab es keine Überlebenden.

»Bist du in Ordnung, Zwei?«

»Ich halte die Mühle schon mit Raumklebeband und Spucke zusammen, Eins. Keine Sorge.«

Die Frau im Fahrerabteil des Speeders des Generals war vermutlich eine Sternenjägerpilotin mit allenfalls begrenzter Erfahrung als Chauffeurin. Ihre ruckartigen, winzigen Kurskorrekturen sorgten dafür, dass Thaal und der Captain auf dem Rücksitz hin und her geworfen wurden. Thaal beschloss, sie nicht jetzt dafür zurechtzuweisen. Immerhin würde die Frau für ihn töten, wenn er ihr den Befehl dazu gab.

Der Captain hingegen sah aus, als habe er nicht den Mumm, auch nur ein lahmes Federvieh zu töten, damit seine Soldaten etwas zu beißen bekamen. Beim Überbringen der schlechten Nachrichten war er ein ums andere Mal zusammengezuckt. Jetzt hatte er Thaal wieder etwas mitzuteilen. »Sie haben unverzüglich mit der Suche nach diesem Fremdweltler begonnen. Wie war noch gleich sein Name?«

»Botschaft-die-emporsteigt. Er stammt von diesem Planeten und wir nicht, was bedeutet, dass genau genommen wir die Fremdweltler sind. Haben sie ihn gefunden?«

»Ja, Sir … Tot

»Tot? Wie?« Thaals Gedanken kreisten um gewaltige Mengen von Edelsteinen, die jetzt womöglich niemals das Sonnenlicht erblicken würden.

Die Stimme des Captains verkam zu einem Flüstern – der Tonfall eines Kindes, das Gespenstergeschichten erzählt. »Sie sagen, er wäre von innen heraus zerfetzt worden. Seine inneren Organe, Gehirn, Augen – alles weg. Und was immer ihm das angetan hat, läuft weiterhin irgendwo frei herum. Vielleicht sogar auf dem Stützpunkt, auf eine neue Chance zum Angriff wartend.«

Thaal starrte den Captain grimmig an. »Sie waren noch nie in einer Kampfeinheit, oder, mein Junge?«

»Nein, Sir. Erst Kommunikation, dann Öffentlichkeitsarbeit.«

»Dachte ich mir. Nun, finden Sie den Parasiten und töten Sie ihn. Also, um zu dieser X-Flügler-Attacke zurückzukommen: Sind Sie sicher, dass Sie Phanan gelesen haben?«

»Ja, Sir.«

»Unsere Verluste?«

»Colonel Gidders Shuttle. Sechs E-Flügler auf dem Boden und zwei im All. Ein Pilot tot, ein anderer konnte rechtzeitig aussteigen. Und der Zugangsschacht zur Mine auf dem Stützpunkt wurde zerstört. Diesem Ziel haben sie besondere Aufmerksamkeit gewidmet.«

Thaal spürte, wie Zorn in ihm aufloderte. »Die Gespenster-staffel.«

»Sir?« Die Pilotin warf dem General einen Blick zu. »Ich wurde soeben darüber informiert, dass die zivilen Behörden beim Mineneingang in Kura-Stadt sind – mit einem Großaufgebot. Allerdings sind die Informationen nur bruchstückhaft.«

»Bringen Sie uns zu diesem Zugang, Lieutenant. Ich werde mich persönlich um die Sache kümmern, bevor sich das Ganze zu einem Problem entwickelt.«

»Ja, Sir.«

Voort und Myri erreichten die Oberfläche des Planeten, bevor die Sternenjägergruppe von der Rimsaw-Station, die jetzt auf den Sensoren zu erkennen war, in Sichtweite kam. Die X-Flügler-Piloten schalteten ihre Transponder ab und wechselten in den Geländemodus, um sich unter den gewöhnlichen Luftgleiterverkehr zur Gerichtsplaza zu mischen.

Weiter vorn kam das unverwechselbare, dreigeschossige, aus Rotstein errichtete Justizgebäude in Sicht. Vor dem nahe gelegenen Armeebedarfsgeschäft blinkten Lichter – Luftgleiter der Stadtgarde, mindestens ein Dutzend, und mehrere Medigleiter. Der Freiluftmarkt auf dem Platz selbst war größtenteils verwaist. In der Nähe der Fahrzeuge indes hatte sich eine große Passantenmenge versammelt.

Voort schlug sich seitlich gegen den Helm. »Dämlich, dämlich, dämlich

»Was ist los, Eins?«

»Ich habe eine Variable außer Acht gelassen! Natürlich bestand das Risiko, dass Ledina Chotts Rettung aus dem Armeebedarfsladen die Runde macht. Und natürlich würden sich die Leute dann dort einfinden, aus reiner Neugierde. Unsere ganzen Zeugen. Dämlich! Feuer mich, Zwei, und übernimm du.«

»Das kann ich nicht. Du hast mich zuerst gefeuert.«

Sie setzten fast unbemerkt zur Landung auf dem Rasen vor dem Gericht an. Voort schaltete seinen Transponder wieder ein, ehe er Mülltonne einen Befehl gab, der eine komplette Speicherlöschung bei der R5-Einheit initiieren würde. In ihrem Sternenjäger machte Myri dasselbe mit ihrem Transponder und ihrem R2. Das Speicherlöschen war eine bedauerliche, aber notwendige Vorsichtsmaßnahme – jetzt konnte kein Ermittler von ihren Astromechs irgendwelche Informationen über Voort oder Myri erhalten.

Ihr schwarzer Luftgleiter rauschte über den Rasen und setzte unmittelbar vor ihnen auf. Voort schwang sich aus seinem Cockpit, sah, dass Myri bereits unten war, und sprintete zu dem Speeder. Er und Myri kletterten von links und von rechts auf den Rücksitz.

Trey gab Gas, um Abstand zu den Sternenjägern zu gewinnen. Er warf einen Blick nach hinten zu Voort. »Wohin soll’s gehen, Anführer?«

»Sehr witzig.« Voort war zu angespannt, um amüsiert zu sein. »Lass zuerst die schlechten Nachrichten hören.«

Trey schüttelte den Kopf. »Ich habe keine schlechten Nachrichten.«

»Es gibt immer schlechte Nachrichten.«

Drikall drehte sich im Sitz zur Seite, um darauf zu antworten. »Trotz intensiven Notfallabschrubbens und einiger ausgesprochen wirkungsvoller Industriedeodorants riecht Bühnenboy wirklich übel.«

»Wenn das das Schlimmste ist, womit wir uns herumschlagen müssen, dann läuft ja alles bestens. Fürs Erste.«

Sie hielten neben einem Zelt am äußersten Rand des Freiluftmarktes. An der Vorderseite des mit breiten, senkrechten grünen und weißen Streifen verzierten Zelts hing ein Schild, auf dem stand: IHRE ZUKUNFTWIR VERRATEN SIE IHNEN. Ein kleines handgeschriebenes, darunter festgetackertes Schild verkündete: MITTAGSPAUSE. WIR SAGEN VORAUS, DASS SIE IN EINER STUNDE WIEDERKOMMEN.

Voort vergewisserte sich, dass sein Schleier noch an Ort und Stelle war, ehe er aus dem Gleiter stieg. Er schaute sich um und konnte Stände und Bodenfahrzeuganhänger mit Händlern dahinter sehen, aber keine Kunden. Dann duckte er sich, wie um der Aufmerksamkeit der Verkäufer zu entgehen, und folgte Myri in das Zelt. »Zumindest gibt es ein paar Zeugen für unsere Ankunft.«

Sie schloss die Zeltklappe hinter ihnen. »Natürlich würden die Händler ihre Waren niemals unbeaufsichtigt lassen.«

Im Innern des Zelts befanden sich Tische mit Kostümteilen darauf, Stühle, zwei reglose Droiden – die X-Flügler-Pilotenuniformen und verschleierte Helme trugen – und Mulus. Er stand auf und strahlte sie an. »Willkommen in der Umkleidekabine! Sind jetzt meine Lockvögel an der Reihe?«

»Ja, es ist so weit.« Voort ließ seinen Helm auf einen der Stühle fallen, setzte sich auf den anderen und öffnete die Stiefel.

Mulus hielt ein Komlink in die Höhe und ging zur Zeltklappe. Er öffnete die Klappe und drückte einen Knopf an dem Gerät.

Die beiden Droiden erwachten ruckartig zum Leben und gingen auf die Klappe zu. Sofort begann der schmächtigere, im unverkennbaren Tonfall eines Protokolldroiden zu sprechen. »Wie ich gerade sagte, können wir uns lediglich vorstellen, wie Dinge schmecken, aber – oh, vielen Dank, Sir –, aber ich finde, das sorgsam gereinigter Sand vom Meeresufer lecker aussieht. Goldener, schimmernder Sand.« Die beiden traten durch die Klappe. »Meinst du nicht? Ach, du liebe Güte, wir sind ja bekleidet! Ich frage mich, wie das wohl passiert ist?«

Mulus schloss die Zeltklappe hinter ihnen.

Voort warf seine Stiefel beiseite und erhob sich. Er fing an, seine Pilotenausrüstung abzulegen. »Wo steckt Laborboy?«

»Er kümmert sich um die letzten Vorbereitungen am neuen Unterhändlerdroiden. Er hat einen mobilen Abfallentsorgungsdroiden, den er auf eben diesem Markt erworben hat, mit einem übertragungsfähigen Projektor ausgestattet, der oben auf der Einheit sitzt. Ich habe ihm dabei geholfen, den Droiden umzuprogrammieren. Wenn es um Technik geht, ist der arme Junge wirklich rettungslos verloren.« Er nahm den großzügig geschnittenen Gepäckträgeroverall vom Tisch neben sich auf. »Ihre Verkleidung.«

»Vergessen Sie’s! Wir müssen sämtliche Zeugen noch mal anlocken, und die einzige Möglichkeit, wie ein Gepäckträger das hinbekommt, besteht darin zu explodieren. Ledina Chott hat uns unsere Zeugen gestohlen. Undankbares Gör!« Voort zog den Reißverschluss seines orangefarbenen Overalls auf und kletterte heraus, sodass er bloß noch einen schwarzen Nachtanzug trug.

»Nun, immerhin haben wir sie gekidnappt.« Mulus ließ den Gepäckträgeroverall wieder auf den Tisch fallen. »Und wie wollen Sie die Zeugen zurückholen?«

»Das weiß ich nicht.«

»Übrigens, wo wir gerade von Laborboy sprechen: Ich denke, ich sollte bei dieser Operation ebenfalls einen Decknamen haben.«

Myri, die sich jetzt ebenfalls bis auf ihren Nachtanzug entkleidet hatte, blieb bei einer großen Kiste voller Droidenteile stehen. »Juwelenboy.«

»Das gefällt mir.«

»Helfen Sie ihr dabei, sich fertig zu machen, Juwelenboy.« Statt zur Vorderklappe hinauszugehen, begab Voort sich zur rückwärtigen Zeltwand und tastete dort herum, bis er den Hinterausgang fand, den Trey für sie vorbereitet hatte, und den Schlitz teilte. Dann trat er durch die Öffnung auf den Markt hinaus, und der Schlitz versiegelte sich wieder hinter ihm.

Er entdeckte Scut sofort. Der Yuuzhan Vong, der sein Menschengesicht mit dem Bürstenschnitt trug, befand sich im Zentrum des Markts und bastelte an seinem provisorischen Unterhändlerdroiden herum. Der brusthohe Droide wirkte, als könne er eine ganze Menge Abfall aufnehmen. Mit neuen Klemmen waren ein ziemlich großer Holoprojektor und ein Energiepack auf dem »Deckel« der Einheit montiert.

Voort trottete hinüber. »Ist das Ding startklar?« Er schaute sich gereizt um. Am Himmel im Osten zeichneten sich zahlreiche näher kommende Punkte ab – Sternenjäger.

Scut schüttelte den Kopf. »Ich habe den Holoprojektor neu gekauft. Die interne Energieeinheit wurde noch nie aufgeladen. Das mache ich gerade. Allerdings wird es noch ein paar Minuten dauern, bis die Einheit Energie an den Projektor durchleitet …«

»Spar dir die Erklärung.« Voort wies auf die entfernte Menge rings um den Armeebedarfsladen. »Wir müssen diese Leute sofort wieder hierher zurücklocken.« Ihm fiel etwas ins Auge, ein langer, schwarzer Luftgleiter mit flatternden Fahnen der Galaktischen Allianz und der Armee am Kühler. Der Speeder glitt in Bodenhöhe auf die Menge zu. »Thaal ist hier. Uns läuft die Zeit davon. Er hat die X-Flügler nicht einmal gesehen!«

Scut richtete sich auf und schaute Voort an. »Hat Vater dein Gepäckträgerkostüm verloren?«

»Vater geht es bestens. Lass dir was einfallen!«

»Lass du dir gefälligst was einfallen. Ich arbeite immer sorgfältig und präzise. Ich habe noch nie improvisiert.«

Voort knurrte. Er schaute sich um und erwog ihre Möglichkeiten.

Da waren Stände und Händler, die Waren verkauften – Fleischröllchen, Schmuck, Musikaufnahmen, auf denen teilweise auch Ledina Chotts Antlitz prangte. Ein großer Stand bot Andenken feil – genau an der Stelle, die die Gespenster eigentlich angemietet hatten. Voort dachte daran, den Stand in Brand zu stecken. Auf einer fünf Meter im Durchmesser messenden, achteckigen Naturholzbühne standen drei Straßenmusikanten, alles Menschen und von professionell netter Erscheinung, die gewöhnlich für Credmünzen spielten, sich jetzt jedoch bloß miteinander unterhielten, weil niemand da war, um ihnen zuzuhören. Neben einem roten Düsenschlitten neueren Modells stand ein Händler, hilfsbereit und hoffnungsvoll. Außerdem war da noch ein gold glänzender, offenbar weiblich programmierter Protokolldroide, dem eine schwarze Kuriertasche an einem Trageriemen über die Schulter hing und der ziellos umherwanderte und scheinbar das Wetter genoss.

An einem solchen Ort hatte Face Loran offenkundig zwei hochgefährliche Männer erledigt, und das nur dank seines Improvisationstalents. Voort suchte krampfhaft nach dem Geistesblitz, nach der Inspiration, mit der Face stets so großzügig gesegnet war. Innerlich verkümmerte er. Dann kamen ihm plötzlich Zahlen in den Sinn. Dezibelwerte. Die für Ledina Chotts anstehendes Konzert gemeldeten Eintrittskartenverkäufe. Voort wandte sich um und sah zu den Musikern hinüber. Er streckte Scut eine Hand hin. »Gib mir eine Credkarte – eine mit mindestens tausend Credits drauf.«

Ohne von seiner Arbeit an dem Droiden aufzublicken, reichte Scut ihm eine Credkarte.

Voort ging zu den Musikern hinüber. Es waren Menschen – zwei Männer, eine Frau. Allesamt trugen sie eine wilde Mischung bunter Kleidung wie Weltraumvagabunden. Alle drei waren dunkelhaarig und hatten sehr blasse Haut. Möglicherweise handelte es sich bei ihnen tatsächlich um Reisende, die nur selten ihren Fuß auf einen Planeten setzten. Die Frau hatte einen Gurt um den Hals, der eine Palette kleiner Trommeln vor ihr hielt. Ein Mann trug ein Saiteninstrument, dem anderen hing an einem Riemen ein Keyboard um den Hals.

Voort blieb vor ihnen stehen. »Entschuldigt bitte.«

Sie unterbrachen ihre Unterhaltung und sahen ihn überrascht an. Der Keyboarder antwortete: »Du bist ein sprechender Gamorreaner.«

»Das weiß ich. Eigentlich können alle Gamorreaner reden. Ich bin bloß der Einzige, der verständlich Basic spricht. Ich beherrsche mehr Sprachen, als ihr drei Arme und Beine habt. Aber das ist im Moment nicht von Belang. Kriegt ihr aus diesen Instrumenten eine ordentliche Lautstärke raus?«

Der mit dem Saiteninstrument grinste. »Damit könnten wir dich glatt aus deiner Strumpfhose pusten.«

»Um ehrlich zu sein, hatte ich genau das im Sinn. Schaut euch das mal an.« Er hielt ihnen die Credkarte hin.

Der Keyboarder nahm sie entgegen, schob sie in einen Steckplatz seines Keyboards und studierte die Zahl, die auf dem kleinen Bildschirm des Instruments angezeigt wurde. Er öffnete den Mund, um Voort die Summe zu nennen.

Voort unterbrach ihn. »Ich weiß, wie viel da drauf ist, und ihr wisst es jetzt auch. Ihr könnt das ganze Geld haben – wenn ihr die nächsten fünfzehn Minuten lang alles tut, was ich euch sage.«

Der Saiteninstrumentspieler zuckte einwilligend mit den Schultern. »Sollen wir dich Meister nennen oder so was?«

»Sicher, warum nicht? Runter von der Bühne. Baut euch hier auf.«

Sie beeilten sich, der Aufforderung nachzukommen. Voort kletterte auf die Bühne und stellte sich in die Mitte. »Stellt eure Instrumente auf maximale Lautstärke und werdet ja nicht leiser. Ich bezweifle zwar, dass euch das eine Anzeige wegen Ruhestörung einbringt, aber falls doch, könnt ihr das Bußgeld mit dieser Karte begleichen, ohne dass es weiter auffällt. Ich will Musik. Tanzmusik. Ich will, dass die Musik klingt wie ein Dschungel der Leidenschaft. Holzbläser und Schlagzeug.«

»Ja, Meister.« Der Keyboarder sah die anderen an und stellte einen Schieberegler auf maximale Lautstärke. »›Yavin, meine Sonne‹. Eins, zwei, drei …«

Bei »vier« spielten sie zu einer dilettantischen, aber schwungvollen Interpretation der backbeatlastigen Tanznummer auf, die ein Jahrzehnt zuvor auf Coruscant ausgesprochen beliebt gewesen war, eine Hymne zum Wiederaufbau dieser Welt.

Voort – überrascht von der schieren Lautstärke, die ihre tragbaren Instrumente hervorbrachten – trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Dann fing er an zu tanzen. Er begann mit humanoiden Formen nachempfundenen Hieroglyphen von Ziost. An die Bilder erinnerte er sich gut aus den Wissenschaftsjournalen. Alle vier Takte nahm er eine andere Pose ein, die eine dieser unheimlichen Ideogramme nachahmte. Er wusste, dass der schwarze Nachtanzug seine Bewegungen noch stärker betonen würde, sodass er umso mehr auffiel.

Überall auf dem Platz drehten sich Köpfe zu ihm herum. Dann setzten Sternenjäger auf dem Rasen vor dem Justizgebäude zur Landung an.