SCHWACHES GIFT
Ich spüre wie es in mir ist
wie‘s sich in meine Adern
mischt
ich fühl die Wärme in den
Venen
in den Muskeln, in den
Sehnen
wie die Wellen durch mich
gehen
ich spür‘s in jeder meiner
Zellen
Ein schwaches Gift, das langsam wirkt
„Taliv! Wir brauchen ein Gegengift! Sofort!“
Taliv rannte ins Haus.
Gabe warf sich Malena kurzerhand über die Schulter und eilte ihr hinterher. Im Wohnzimmer legte er Malena auf die Couch.
„Können wir sie hier behandeln, oder müssen wir sie ins Krankenhaus bringen?“
Taliv kramte bereits in einem kleinen Kühlschrank, der im Flur stand, bis sie triumphierend eine kleine Ampulle mit einer durchsichtigen Flüssigkeit hochhielt.
„Das könnte es sein!“
„Könnte?! Taliv, wir brauchen mehr als könnte!“ Taliv zuckte bloß mit den Schultern.
„Es muss reichen, ich hab nämlich noch nie von so einem Skorpion gehört, aber das hier ist ein universelles Gegengift, das verhindert, dass sich das Gift im Körper zu schnell verteilt. Hoffentlich wirkt es…“
Gabe warf einen kritischen Blick auf Malena, der der Schweiß auf der Stirn stand. Taliv zog mit einer geübten Bewegung das Gegengift in eine Spritze. „Gabe, du kannst ihr Bein abbinden, das könnte es ebenfalls kurz aufhalten.“
Dann nahm Taliv Malenas Arm und stach oberhalb der Armbeuge ein. Die Haut dehnte sich zuerst nur, bis die Nadel durch die Haut drang. Malena murmelte leise:
„Keine … Spritzen!“
Gabe hatte in der Zwischenzeit seinen Gürtel ausgezogen und ihr Bein abgeschnürt.
„Tal, es passiert nichts, sie hat immer noch Fieber!“ Taliv hatte ebenfalls einen zweifelnden Blick aufgesetzt, hielt Malenas Handgelenk und maß ihren Puls.
Immer wieder sah sie nervös auf ihre Uhr.
„Das sehe ich!“
Gabe hatte schon sein Handy gezückt und wählte 911. Er beschrieb kurz die Lage und keine 2 Minuten später stürmte ein Notarzt ins Haus.
Wow, das ging schnell, wie gut das Taliv ziemlich nah am Krankenhaus wohnt…
Der Arzt kniete sich neben die Couch und maß ebenfalls ihren Puls. Dann leuchtete er ihr mit einer Lampe in die Augen.
„Pupillen stark geweitet, Pupillenreflex normal, hoher Puls…“, er murmelte alle Symptome vor sich hin. Dann wandte er sich an Gabe.
„Was genau war das für ein Skorpion?“
Gabe überlegte wie das Wort vor Cavicola gewesen war.
„Ähm, ich weiß nicht mehr den ganzen Namen, nur das das erste Wort irgendwas lateinisches war, und das zweite Wort war Cavicola.“
Der Arzt schüttelte den Kopf.
„Noch nie gehört…“
Das fiel Gabe etwas ein, und er rannte ohne eine Erklärung in Talivs Schlafzimmer, dort lag auf dem Boden immer noch der Skorpion, den er zertreten hatte. Schon war er wieder im Erdgeschoss und überreichte dem Arzt das Tier.
Malena war inzwischen auf eine Trage gehoben worden.
„Kann man daraus schnell ein Antiserum machen?“ Taliv runzelte die Stirn.
„So viel Zeit hat sie vermutlich nicht mehr…
Aber wenn wir uns beeilen schafft sie es vielleicht doch“, fügte sie hinzu nachdem Gabe sie flehend angesehen hatte.
„Also, wir können es probieren…
Allerdings glaube ich nicht, dass das Krankenhaus das so gut hinbekäme wie ich…
Darum bin ich dafür, dass wir uns einen Teil des Giftes abzwacken, den Rest denen geben, und in meinem Labor ein eigenes Antidot herstellen, einverstanden?“
Gabe lachte.
„Taliv, du bist die Beste!“
Der Notarzt fuhr mit Malena ins nächste Krankenhaus. Gabe war hin und her gerissen, denn er wollte sie einerseits begleiten und andererseits bei Taliv bleiben um ihr zu helfen.
Verdammt, sollte er nicht irgendwelche Freunde von Malena anrufen, oder so?
Aber er hatte keine Nummer…
So stand er hilflos in der Tür, während Taliv in der Küche auf Hochtouren arbeitete.
Auf einmal standen die drei Engel vor Gabe. „Gabriel, du hast vorhin einfach aufgelegt. Was ist hier passiert!“
Gabe schilderte ihnen kurz die Lage und dann ging alles drunter und drüber. Michael und Jophiel verschwanden um im Krankenhaus dafür zu sorgen, dass Malena keine Informationen zu ihrer Kidnapperin oder ähnlichem ausplauderte, auch wenn Gabe zweifelte, dass ihr irgendjemand glauben würde, wenn sie im Fieber von Dämonen erzählte. Gabriel blieb bei ihnen um Taliv bei dem Gegengift zu helfen.
Gabe lief unterdessen unruhig im Wohnzimmer auf und ab. Viel zu lange. Sie brauchten viel zu lange.
Schließlich kamen Gabriel und Taliv aus der Küche und Taliv hielt triumphierend eine kleine Ampulle in der Hand.
„Hier ist es. Da Gegengift!“ Gabe war auf Taliv zugerannt, hatte sie am Handgelenk gepackt und zur Tür gezerrt.
„Worauf warten wir noch. Los, los, los!“
Die Zeit, die sie damit verschwendeten in Talivs Jeep zu fahren machte Gabe beinahe verrückt.
Als sie schließlich vor dem Krankenhaus parkten war er schon aus dem Auto gesprungen, als der Motor noch lief.
Zielsicher rannte er in die Notaufnahme.
Mehrere Krankenschwestern wollten ihn aufhalten, doch er rannte sie einfach um.
Gabriel und Taliv waren ihm dicht auf den Fersen.
Bei jeder Krankenschwester an der sie vorbei kamen hob Gabriel eine Hand und ließ sie die letzte Minute vergessen.
Er wollte grade in das Behandlungszimmer stürmen in dem Malena liegen musste, als eine Krankenschwester sich ihm in den Weg stellte.
„Halt, halt, halt. Wo wollen Sie denn so schnell hin? Sie haben hier nichts zu suchen.“
Gabe war kurz davor sie niederzuschlagen besann sich dann aber, da sie ja nur ihren Job machte. Hinter kam Taliv angerannt und blieb keuchend und nach Luft ringend stehen.
Völlig erschöpft hielt sie nur die Ampulle hoch. „Wir haben… ein Gegengift…schnell!“
Gabe nahm ihr die Ampulle ab und versuchte sich an der Krankenschwester vorbei zu drücken.
„Wie heißt der behandelnde Arzt da drin. Holen sie ihn und wir bringen das hier hinter uns, bevor Malena zu Schaden kommt!“
Gabe sah sich hilfesuchend um.
Aber die Krankenschwester schien ihn gar nicht gehört zu haben. Ihr Blick schien von Gabriels beinahe magisch angezogen zu werden.
„Lassen sie uns dort rein. Es ist wichtig“, murmelte Gabriel. Die Krankenschwester drehte sich um. „Wichtig“, war alles was sie sagte.
„Doktor Prescott. Hier sind die Freunde der Patientin. Sie haben ein Gegengift. Es ist wichtig.“ Dann blinzelte sie und verschwand aus dem Zimmer. Auf der Trage lag Malena.
Ihre Augen waren geschlossen und ein Tubus steckte in ihrem Mund.
Dr. Prescott sah der Krankenschwester kurz verwirrt hinterher und ließ sie dann ohne ein Widerwort weiter eintreten. Wortlos hielt Gabe ihm die Ampulle entgegen. Dr. Prescott nahm sie und hielt sie sich vors Auge.
„Ich kann nur hoffen, dass dieses Zeug es nicht noch schlimmer macht. Andererseits gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten es noch schlimmer zu machen, wenn ich ehrlich bin. Es steht schlecht um sie.“ Dann mit einem Achselzucken nahm der Arzt eine Spritze und zog den Inhalt der Ampulle hinein. Dann setzte er sie knapp oberhalb des Handgelenks an und leerte sie.
Sollte er als Arzt nicht zögerlicher damit sein, einer Patientin irgendetwas zu spritzen, dass ihm wildfremde als „das Gegengift“ verkauften?
Muss ich mir Sorgen machen?
Dann sah Gabe zu Gabriel und wusste was passiert war. Der Erzengel hatte den Arzt
höchstwahrscheinlich verzaubert, denn er hatte noch immer eine Hand erhoben und sah ihm konzentriert ihn die Augen.
Voller Anspannung sah Gabe zu Malena.
Das unregelmäßige Piepsen ihres EKG machte ihn noch ganz wahnsinnig. Aber solang es nicht zum Kammerflimmern und dieser dramatisch piepsenden Nulllinie kam war er zumindest noch nicht ganz aus der Ruhe gebracht. Auf einmal piepsten die Geräte wie verrückt und Dr. Prescott musste Malena auf ihr Bett drücken, damit sie nicht herunterfiel.
„Was ist? Was hat sie denn?!“
Dr. Prescott schien Gabe gar nicht gehört zu haben, er erteilte Anweisungen.
„Sie hat einen Anaphylaktischen Schock! Ich brauche hier ein Antihistaminikum, ein
Kortisonpräperat und eine Adrenalinspritze. Jetzt! Sofort-Maßnahme einleiten.“
Eine Krankenschwester kam mit drei Spritzen an Malenas Bett geeilt und beeilte sich, die Nadeln allesamt in ihren Schlauch zu spritzen. Es dauerte nicht lange und Malenas Blutdruck stieg wieder an. Das war knapp!
„Wer hat dieses Antiserum angefertigt“, fragte Dr. Prescott in die Runde.
Taliv trat vor, und Gabe merkte, dass er sie vollkommen vergessen hatte.
Der Arzt sah sie von oben bis unten an und es begann ein Schlagabtausch bei dem Gabe nur die Hälfte verstand.
„Welches Wirtstier?“
„Kaninchen.“
„Stadium der Antikörper Kulturen?“
„Früh Stadium. Mangels Zeit.“
„Polyvalent?“
„Monovalent.“
„Gereinigte Antikörper?“
„Nein.“
„Fermentiert?“
„Soweit möglich natürlich!“
Gabe hatte vom einen zum anderen geguckt wie bei einem Tennisturnier.
Sie schienen fertig zu sein mit ihrer merkwürdigen Befragung, denn der Arzt nickte und drehte sich wieder zu Malena um.
„Vermutlich haben die tierischen Antikörper den Schock ausgelöst. Jetzt braucht sie Ruhe, wenn sie wieder aufwacht werde ich mich mit ihr unterhalten und ich werde sie noch für einen Tag zur Beobachtung hier behalten. Und nun verlassen sie meine Notaufnahme.“
Die Engel, Taliv und Gabe gingen zurück in die Cafeteria des Krankhauses und setzten sich dort an einen Tisch, der so weit abseits stand wie möglich. Dann stand Taliv auf um ihnen allen einen Kaffee zu besorgen. Kaum war sie außer Hörweite begann Michael ihn auszufragen.
„Was ist passiert?“
Mehr sagte er nicht. Es war keine Frage es war ein Befehl ihm sofort alles zu berichten, was es zu berichten gab.
Und Gabe begann zu erzählen, in Kurzform, er fasste die Begegnung mit Malena auf der Eisbahn so kurz wie möglich, und war fertig noch bevor Taliv zurück gekommen war.
„Das arme Mädchen“, das war Jophiel.
Gabriel warf Gabe einen bedeutsamen Blick zu. Sicherlich nahm er es Gabe übel, dass er so kurz nach der Trennung von seiner Tochter schon wieder ein anderes Mädchen am Start hatte.
Er sagte jedoch nichts. Jophiel bemerkte das Blickduell zwischen Gabriel und Gabriel.
Sie wechselte das Thema, allerdings nicht zum besseren, wie auch sie bald merkte.
„Und, wie geht es mit dir und Taliv voran Gabe? Fängt sie schon an, dir zu vertrauen?“
Gabriel grunzte. Ein Laut, den Gabe niemals von ihm erwartet hätte. Er war einfach so un-engelhaft.
Gabe runzelte die Stirn.
„Ich denke wir kommen uns näher“, er warf seinem Ex-Schwiegervater einen verächtlichen Blick zu „aber es wäre natürlich noch viel zu früh sie nach dem Amulett zu fragen bevor ich mit ihr geschlafen und sie geschwängert habe. Das versteht sich von selbst…“ Jophiel und Michael ließen sich davon nicht aus der Ruhe bringen, aber Gabriel warf Gabe einen vernichtenden Blick zu.
„Schwängern? Redet ihr schon wieder über mich?“ Taliv war zurück.
Gabe grinste sie an.
„Warum fühlst du dich immer angesprochen, wenn ich davon rede, ein Mädchen zu schwängern? Das zeugt nicht gerade von deiner Unschuld…“
Taliv schnaubte abwertend.
„Pff! Ist es denn meine Schuld, dass alle Männer in meiner Gegenwart verrücktspielen? Ich hab mir dieses fantastische Aussehen nicht ausgesucht.
Es ist mein Segen und mein Fluch…“
Gabe rollte die Augen.
„Jetzt hör doch auf Nackt in Tokyo Vol. 1 zu zitieren… War doch von da, oder?“
Jetzt war es an Taliv mit den Augen zu rollen. „Nackt in Tokyo? Ernsthaft? Was weiß ich, kann sein, dass es auch da vorkommt, aber eigentlich ist das eine ganz normale Redewendung, nicht wahr?“ Sie sah die Engel fragend an. Als sie nicht reagierten seufzte Taliv.
„Whatever…“
Als Malena aufwachte war das erste was sie sah ein Engel. Nur wusste sie das nicht.
Hätte sie es gewusst, hätte sie wohl gefürchtet, dass der Biss sie getötet hatte und sie nun im Himmel war, an den sie nicht glaubte, so nebenbei bemerkt. So war es nur ein blonder Mann, der am Fußende ihres Bettes stand und sie anlächelte.
„Du bist wach, das ist sehr schön. Dann hole ich mal Gabe, er holt sich gerade einen neuen Kaffe, und hat mir aufgetragen, die zwei Minuten, die er nicht da ist, dass ich auf dich aufpasse. Oh, das sollte ich dir gar nicht sagen, wenn du aufwachst hat er gesagt. Na ja, tu einfach so, als wüsstest du von nichts…“ Damit verschwand er aus ihrem Blickfeld.
Erst jetzt sah Malena sich genauer um.
Sie lag in einem Krankenzimmer, klar erkennbar an den piepsenden Geräten, die neben ihr standen.
Das Zimmer war so steril, wie es Krankenhäuser nun mal immer sind. Sie wollte das Bein heben, aber sie fühlte sich so schwach, dass sie es doch sein ließ. Da hörte sie, wie die Tür aufging und sie drehte den Kopf. Es war Gabe. Er lächelte.
„Ist dein Leben nicht furchtbar langweilig ohne mich?“
Malena grinste und sah ihn an.
Er sah müde und zerzaust aus, aber seine Augen waren hellwach. Er trat näher an ihr Bett und musterte sie mit einem Hauch von Besorgnis.
„Hm, ich lese gerade deine Gedanken, und du hast Recht: Ich sehe sogar mit Dreitagebart, vollkommen zerzaust und müde noch besser aus als alle deine Ex-Freunde. Was soll ich machen… Wie geht’s dir, fühlst du dich besser?“
Sie nickte.
„Hat schon irgendjemand meine Freundin angerufen? Sie ist bestimmt verrückt vor Sorge. Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit…“, sie kratzte sich am Kopf und schien zu überlegen.
„Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur noch … da ist ein Gesicht, eine Frau, ich sehe immer wieder ihr Gesicht….“, sie schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen, als wollte sie die Bilder aus ihren Gedanken vertreiben.
„Du musst dir keine Sorgen machen. Du bist erst einen Tag weg, und die Ärzte werden dich nur bis morgen zur Untersuchung hier lassen. Dann kannst du wieder zu deinen Freunden… Hast du eine Nummer, dann kann ich sie anrufen?“
Er sah sie fragend an. Ohne zu zögern nannte sie ihm eine Telefonnummer.
„Warum kann ich sie nicht anrufen?“
Gabe grinste während er die Nummer in sein Handy tippte. Er hob es an sein Ohr und wartete, dass jemand abhob.
„Weil du dich an nichts erinnern kannst. Und wenn du deiner Freundin erzählt, dass du einen Blackout hattest, halb nackt in einem Bett aufgewacht bist und ein Kerl, den du nur kurz kennengelernt hast, dich nicht gehen lässt, um dich weiter zu beobachten, was glaubst du, wird sie mit mir machen? Ich denke… Oh, hallo…“, er warf Malena einen fragenden Blick zu.
„Brittney“, flüsterte sie.
„…Brittney, mein Name ist Gabe, ich stehe gerade neben Malena, ja, sie ist hier, keine Sorge es geht ihr den Umständen entsprechend. Was für Umstände? Sie wurde von einem Skorpion gestochen, direkt vor meinem Haus, ich habe sie dann hierher gebracht, ins Krankenhaus, und wollte dir nur Bescheid sagen, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst, es geht ihr gut, nur ein harmloser Skorpion…“, Malena sah ihn fragend an und Gabe legte einen Finger auf seinen Mund um sie zu bitten, zu schweigen.
„Ja, du kannst sie sehen. Wir sind im, äh, Longreach Hospital. Bis heute Abend muss sie noch zur Beobachtung hier bleiben. Du kommst heute noch? Gut, vielleicht sehen wir uns dann…
Ja, ich bin wirklich ein unglaublich
verantwortungsvoller Mann, da hast du Recht.
Ach bitte, ein einfaches Danke reicht doch aus…“ Malena lachte.
„Sie hat doch schon aufgelegt, oder?“
Gabe schüttelte den Kopf und legte den Finger wieder auf seinen Mund.
„Ich soll dich von heute an Britt nennen, na gut…“ Malena verdrehte die Augen und streckte die Hand nach dem Handy aus.
Gabe hielt es aus ihrer Reichweite und verabschiedete sich. Gabe nickte anerkennend. „Deine Freundin klingt wirklich hübsch…“
„Du meintest sicher, sie klingt unglaublich nett, oder?“
„Natürlich“, sagte Gabe gedehnt.
„Was hab ich denn gesagt?“
Malena richtete sich in ihrem Bett auf und faltete die Hände vor ihrem Bauch.
„Wieso hast du Britt nicht von der Frau erzählt, die Frau aus meinen Träumen, ich bin sicher, sie war da…“
Gabe warf ihr einen mitleidigen Blick zu.
Er hatte viel Zeit gehabt sich zu überlegen, wie er Malena die ganze Sache erklären sollte.
Da es allerdings unmöglich war, ohne, dass er zum Verrückten wurde, machte er lieber sie zur Verrückten. Ein ganz einfacher Trick.
„Malena, es tut mir Leid, dir das sagen zu müssen, aber es gab keine Frau. Ich weiß nicht, wovon du redest. Du hast sie vorhin auch schon erwähnt.
Aber es gibt keine Frau, die dir das angetan hat.
Du wurdest von einem Skorpion gestochen.
Wie ich gesagt habe. Du hast mir deine Nummer aufgeschrieben, auf der Eisbahn, also habe ich dich angerufen und du wolltest vorbei kommen.
Als du nicht kamst habe ich mir Sorgen gemacht, und dich dann draußen gefunden.
Du hattest Glück, dass wir so nah am Krankenhaus wohnen. Diese Frau, die du immer wieder siehst, die gibt es nicht. Du hast fantasiert, das ist eine Nebenwirkung der Medikamente…
Erinnerst du dich?“ Er setzte sich auf die Bettkante und nahm ihre Hand in seine.
Sie schaute in seine Augen und suchte nach der Wahrheit. Aber Gabe hatte schon zu oft gelogen, als dass man noch erkennen konnte wann er log, und wann er die Wahrheit sprach.
Traurig aber höchst praktisch. Sie wollte glauben was er sagte, das sah er.
Lieber glaubte sie diese einfache Lüge, als es mit der verwirrenden Wahrheit aufzunehmen.
Gut so.
Schließlich nickte sie.
„Sag mal, Gabe, wie kommt es, dass ich nur noch diesen Tag hier bleiben muss. Zuhause in Kanada würden sie ich nicht so schnell wieder gehen lassen…“
Gabe zuckte die Schultern, froh, dass seine Lüge funktioniert hatte.
„Du kannst froh sein, dass wir nicht bei mir zuhause sind, denn dann hätte ich, bevor ich dich hierher gebracht hätte, erst mal Kosten und Nutzen der Behandlung abwägen müssen. Und wahrscheinlich wäre diese Entscheidung nicht zu deinen Gunsten gewesen…“
Sie mussten beide lachen.
Gabe schloss Malenas Krankenzimmertür hinter sich und trat in den Flur hinaus.
Da stürmte auch schon ein kleines, brünettes Mädchen an ihm vorbei.
Das muss Brittney sein…
Sie sieht schon nicht übel aus…
Er hob eine Augenbraue und drehte sich wieder um, als ein Junge mit rötlich-blonden Locken ebenfalls in Richtung des Krankenzimmers joggte. „Sorry, Kumpel, aber Britt ist wirklich aufgeregt.“
Damit öffnete er die Tür und verschwand im Krankenzimmer.
Gabe zuckte mit den Achseln und ließ die drei in Ruhe. In aller Seelenruhe kehrte zu den Engeln und Taliv zurück, die in der Eingangshalle warteten.
„Komm, wir gehen nach Hause, es war ein langer Tag…“, Taliv legte Gabe eine Hand auf die Schulter und er atmete aus.
Es war als fiele die ganze Anspannung der letzten Tage endlich von ihm ab.
„Ja, schlafen klingt gut… Ob ich wohl heute bei dir oben im Bett schlafen darf?“
Sie schlug ihn auf den Hinterkopf und lachte. „Sicher nicht.“