AUF DER SUCHE
Du kannst tun was du
willst, es ist ein Teufelskreis.
Gut oder schlecht –
Irgendwann sucht dich
der Teufel heim.
Niemand kann mir was erzählen, außer das
Böse in mir!
Weil jeder der in meiner Welt kommt, an
Größe verliert!
Gabe hatte sich immer noch nicht wirklich daran gewöhnt, fliegen zu können.
Während er an vorne an der Spitze ihrer Truppe flog, blickte er wie gebannt auf das Meer, das er unter sich rauschen hören konnte.
Es war bereits Nacht und Gabe konnte kaum noch etwas sehen. Der Wind auf hoher See verhinderte auch, dass er etwas hören konnte, und so konzentrierte sich Gabe einfach nur aufs fliegen. Plötzlich erkannte er etwas Dunkles am Horizont.
Er wollte schon wie ein Seemann „Land in Sicht!“ rufen, hielt sich aber dann doch zurück, da ihn die anderen vermutlich eh nicht hören konnten und Großbritannien vielleicht auch schon selbst entdeckt hatten.
Wer wusste schon, wie gut die Nachtsicht eines vollen Erzengels war…
Sie landeten irgendwo mitten in der Pampa, so kam es Gabe vor, und gingen zu Fuß weiter.
Er hatte keine Ahnung, wer entschieden hatte wohin sie gingen, und nach welchem System sie die ganze Insel absuchen wollten.
Für ihn hatte das große Ähnlichkeit mit der Nadel im Heuhaufen. Nur das der Heuhaufen eine Fläche von 219.300 km² hatte und die Nadel etwas kleiner war als seine Hand…
Plötzlich wurde ihm die Aussichtslosigkeit ihrer Suche bewusst und er fragte sich, wozu sie ihn überhaupt benötigten.
Oder auch sonst die ganzen Soldaten.
Wollten sie vielleicht ausschwärmen, oder was?
In dem Moment begriff er, wozu die Soldaten gut waren, denn eine Horde Feuerdämonen rannte auf sie zu. Die Helligkeit, die vom Feuer der Dämonen ausging blendete ihn und raubte ihm das bisschen Nachtsicht, das er hatte.
Also verließ er sich auf sein Gehör und rannte ihnen entgegen. Er stach mit seinem Dolch in eine Richtung, aus der ein Geräusch vernommen hatte. Inständig hoffte er, dass es sich bei dem Geräusch um einen Dämon und nicht um einen Engel handelte, als die Klinge auf Widerstand traf.
Ein markerschütterndes Kreischen ertönte und eine Feuersäule neben ihm verriet ihm, dass er einen Dämon erwischt hatte.
Er lachte innerlich. Gabe 1, Dämonen 0.
Aber ihm blieb nicht viel Zeit um sich über den kleinen Sieg zu freuen, denn schon stürzte sich etwas auf ihn. Er hatte es weder kommen sehen noch hören können. Dort wo der Dämon seine Haut berührte breitete sich ein höllischer Schmerz aus.
Er roch verbranntes Fleisch und versuchte den Dämon durch dessen eigenen Schwung von sich zu werfen, doch dieser krallte sich an ihm fest, wodurch Gabe selbst ins Stolpern geriet.
Also zog er ein Engelsschwert und hieb es in die Richtung in der er den Kopf des Dämons vermutete. Stattdessen aber traf er nur seinen Hals, was den Dämon aber trotzdem veranlasste von ihm runter zu springen. Fauchend landete der Dämon auf dem Gras. Langsam hatten sich Gabes Augen an das Licht gewöhnt und er konnte wieder sehen. Eigentlich war das Feuer, das von den Dämonen ausging im Kampf gegen sie sehr hilfreich.
Plötzlich hörte Gabe einen unglaublich hohen Pfiff. Der Dämon vor ihm hob den Kopf und lauschte, dann rannte er weg.
„Oh, nein, du kommst nicht davon“, mit diesen Worten schleuderte Gabe ihm einen Dolch hinterher, der ihn zwischen den Schulterblättern erwischte.
Mit einem dumpfen Geräusch stürzte der Dämon und blieb liegen.
Sie suchten lange nach einem Hinweis, auf sonderbare Ereignisse. Sie wussten, dass das Amulett besondere Fähigkeiten besaß, aber niemand schien ihnen helfen zu können.
Immer wieder begegneten sie Dämon, die sie aufzuhalten versuchten. Sie waren von Luzifer geschickt, und sollten dafür sorgen, dass die Engel das Amulett nicht vor ihm fanden.
Aber Luzifer begegneten sie nie.
Als sie auch nach beinahe 2 Monaten nichts gefunden hatten, fragte Gabe sich, ob sie vielleicht einer falschen Spur hinterher jagten, und Luzifer gerade irgendwo in Afrika war, und nach dem gleichen Amulett suchte.
Eines Abends besuchte Gabe Michael in seinem Zelt und eröffnete ihm diesen Gedanken.
„Könnte es sein, dass Luzifer uns auf eine falsche Fährte gelockt hat, und diese Dämonen, die uns immer wieder begegnen nur die Aufgabe haben, uns da Gefühl zu geben, der Sache näher zu kommen?“ Michael sah ihn nachdenklich an, dann rief er nach einem Boten.
„Bringe Gabriel und Jophiel zu mir!“ wies er den Boten an. Nach wenigen Minuten standen sie im Zelt.
„Meine Schwester, mein Bruder, Gabriel hat einen Gedanken ausgesprochen, der auch mich schon seit einiger Zeit beschäftigt: Was, wenn Luzifer uns hier einer Spur folgen lässt, während er selbst ganz woanders nach dem Amulett sucht?
Mein Bruder, du hast uns diese Spur beschert, bist du sicher, dass deine Quellen zuverlässig sind?“
Alle Augen wandten sich Gabriel zu.
„Nun, in vergangen Zeiten war sie immer zuverlässig. Das heißt, vorsätzlich würde sie mich nicht hinters Licht führen, aber vielleicht wurde auch sie getäuscht…“
Nachdenklich runzelte Michael die Stirn.
„Das bedeutet eine Planänderung.
Generalfeldmarschall Nakisa“, Gabe zuckte vor Schreck zusammen, als Michael plötzlich schrie. Nakisa hatte vor Michaels Zelt Wache gehalten und betrat nun das Zelt und salutierte.
„Mylord?“
Sie wirkte vollkommen unbeteiligt, nicht so, wie Gabe es von ihr gewohnt war.
„Nakisa, es liegt eine Planänderung vor.
Wir haben Grund zur Annahme, dass Luzifer weiß, wo das Amulett ist, aber uns durch eine falsche Fährte davon abhält das Amulett zu finden.
Ich möchte, dass du mit deinen Soldaten hier bleibst und weiter auf dieser Insel nach dem Amulett suchst, währenddessen werden wir Erzengel und Gabriel nach Luzifer suchen. Wenn du das Amulett dennoch finden solltest erwarte ich Bericht.“
Er neigte leicht den Kopf, Nakisa salutierte und verließ das Zelt.
„Nun“, erhob Jophiel das Wort „dann würde ich vorschlagen, wir fliegen so bald wie möglich los…“ Gabe sah sie stirnrunzelnd an.
„Und wohin sollen wir deine Meinung nach fliegen? Das war unsre einzige Spur…“
Jophiel knabberte auf ihrer Unterlippe.
„Du hast Recht! Was könnte uns denn einen Hinweis auf Luzifers Aufenthaltsort geben? Vielleicht könnten wir zu Chilali gehen, und fragen, ob es eine Prophezeiung gibt, die uns weiterhilft…“ Gabe wurde plötzlich eiskalt.
„Nein!“
Alle sahen ihn verwundert an.
„Wir sollten nicht zu Chilali gehen, ich meine es muss doch einen anderen Weg geben… Ich will nicht nach Esmeras…“, er merkte, dass er niemanden überzeugte, also fügte er kleinlaut hinzu „Josephine ist dort…“
Er hörte wie Jophiel neben ihm mitleidig seufzte. Während er mit den Engeln gereist war, hatte er ihnen irgendwann von ihrer Trennung erzählt.
Die Engel hatten es mit gemischten Gefühlen aufgefasst. Jophiel hatte sich auf Gabes Seite gestellt, da Gabriel, wie ein normaler Vater das nun mal tat, Gabe die ganze Schuld an der Trennung von seiner Tochter gab und ihm schließlich sogar verbot sich jemals wieder mit seiner Tochter zu treffen. Michael, der Josephine noch nie vorher getroffen hatte hielt sich raus.
„Es tut mir Leid, Gabriel, aber ich muss Chilali sowieso aus einem dringenden Grund besuchen, warum also, sollten wir das hier nicht verbinden?“ Gabe traute sich nicht Michael zu widersprechen, also willigte er ein.
Sie würden nach Esmeras fliegen und mit Chilali fliegen, nur was er machen sollte, wenn er Josephine begegnete wusste er noch nicht.
Er hatte ihr so schlimme Sachen gesagt, wahrscheinlich hasste sie ihn bereits.
Was war, wenn sie sein Kind abgetrieben hatte?
Er hatte keine Ahnung, wie er das verkraften würde…
Schon am nächsten Morgen schwangen sie sich in die Luft um Chilali zu besuchen.
Mit jedem Meter, dem sie sich Esmeras näherten, fühlte er sich einerseits besser, es war dieses Gefühl, das er schon immer in Josies Nähe gespürt hatte, und andererseits hätte er sich am liebsten übergeben. Dann sah er Esmeras mit seinen sieben Bezirken. Sie landeten auf einem Platz und legten das letzte Stück zu Fuß zurück.
Und obwohl die Erzengel ihre Flügel eingefahren hatten blickten sie alle mit ehrfürchtigen Augen an. Wie oft sie wohl schon einen Erzengel erblickt hatten? Und dann gleich drei auf einen Streich…
Als Gabe den Marktplatz sah, auf dem er auch schon mit Josie gewesen war, merkte er, dass er nicht mit zu Chilali kommen wollte.
Er wollte Josie ausweichen.
„Gabriel, kann ich vielleicht hier auf euch warten?“ Gabriel sah ihn kurz abschätzig an und nickte dann.
Erleichtert schlenderte Gabe durch die Reihen der Stände. Sie würden ihn schon finden.
In der Mitte des Platzes war ein Brunnen, auf dessen Rand Gabe sich schließlich setzte.
Gedankenverloren sah er dem Treiben der Menge zu. Immer wenn er eine Frau mit langen braunen Haaren sah zog sich sein Bauch zusammen, aber er entspannte sich, wenn er ihre Gesichter sah.
Und dann sah er sie.
Ihre Haare waren noch länger geworden, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm an einem Buchstand, aber er musste ihr Gesicht nicht sehen um sich sicher zu sein.
Sie trug ein blaues Kleid, das ihr bis zu den Knien reichte. Ein farblich passendes Band hielt ihre Haare locker zusammen. Dann drehte sie sich seitlich und Gabe sah, dass sie immer noch schwanger war.
Das erleichterte ihn irgendwie, auch wenn er kein Recht dazu hatte. Sie verhandelte gerade um ein alt aussehendes Buch und steckte es schließlich in den Korb der an ihrem Ellbogen hing.
Sie kramte kurz darin und zog ein wenig Geld heraus. Gabe wusste nicht, was er tun sollte. Aufstehen und versuchen ihr alles zu erklären, oder lieber unerkannt sitzen bleiben…
Unschlüssig stand er auf und ging ein paar Schritte auf sie zu. Er sah, wie jemand sie ansprach.
Es war schwarzhaariger junger Mann, der sie breit anlächelte. Plötzlich lachte sie und Gabe wurde es eng ums Herz, als er ihr Lachen hörte.
Josie hob den Arm und fuhr ihm zärtlich mit den Fingern über eine kleine Narbe an der Schläfe, dann legte der Mann eine Hand auf ihren Bauch und Josie begann zu strahlen.
Aufgeregt plapperte sie irgendetwas von dem Gabe nur „getreten“ und „bald“ verstand.
Dann reichte der Mann ihr etwas, das in Seidenpapier eingewickelt war und blickte auf die Uhr. Er umarmte Josie und verschwand in der Menge. Schnell packte sie das Geschenk in den Korb und ging weiter.
Gabe folget ihr mit einigem Abstand.
Josie hielt zielstrebig auf die Stadtmauern zu und kam schließlich am Tor an, das nach draußen führte. Er fragte sich, was sie wohl dort draußen wollte.
Sie schlenderte einfach weiter und kam schließlich an ein Waldstück. Sie zog einen Zettel aus ihrem Korb und studierte ihn kurz.
Dann ging sie weiter, und blickte dabei immer wieder auf den Boden. Vielleicht sammelt sie Pilze oder Kräuter… Während Gabe ihr so zu sah hörte er ein Rascheln hinter sich.
Er blickte sich um und versuchte herauszufinden, ob es sich um einen Freund oder einen Feind handelte. Sie kam an eine Lichtung, auf der unglaublich schöne Blumen wuchsen.
Gabes Nerven waren zum zerreißen gespannt, als er sah, wie sie vollkommen unvorsichtig auf die Wiese hinauslief und sich ins Gras fallen ließ.
Dann hörte er ein Krachen hinter sich. Auch Josie schreckte auf. Sie zog einen Dolch und rief
„Wer ist da?“
Gabe ließ sie kurz allein und suchte nach der Geräuschquelle. Wie er vermutet hatte, es war ein Lederdämon. Er saß auf einem Baum und winkte ihm zu. Dann nickte er in Richtung der Lichtung und grinste anzüglich. Gabe fluchte und rannte auf den Baum zu.
Noch im Laufen bildeten sich seine Flügel und er war auf einer Höhe mit dem Dämon.
Sie schraubten sich immer höher in die Luft, während der Dämon wild um sich kratzte und Gabe mit einem Engelsschwert auf ihn eindrosch.
Gabe merkte, wie sie sich immer mehr der Lichtung näherten. Als er kurz nach unten blickte, sah er weit unter sich ein Meer aus Blumen mit einem größeren blauen Fleck in der Mitte.
Der Dämon nutzte seine Unaufmerksamkeit und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
Benommen stürzte Gabe ein paar Meter ab, zog den Dämon aber an dessen Bein mit sich.
Der Kreischte und versuchte ihn zu beißen.
Obwohl Gabe die Zähne des Dämons abwehrte riss ihm der Dämon mit seinen Krallen ein Loch in seine Flügel, woraufhin er noch weiter abstürzte.
Angelockt vom Geruch des Blutes stürzte sich der Dämon erneut auf ihn und er spürte, wie sie beide zu Boden fielen.
Josie starrte ungläubig nach oben und beobachtete, wie ein Engel und ein Dämon in der Luft kämpften. Keiner schien wirklich die Oberhand zu haben, aber nach und nach stürzten sie beide immer weiter herab. Schließlich sah Josie, wie sie auf das Gras prallten. Der Engel hatte ihr den Rücken zugewandt, und seine Flügel versperrten ihr die Sicht, aber sie sah, dass sein linker Flügel arg mitgenommen war. „Hey, lass ihn in Ruhe!“, sie hüpfte auf und ab um den Dämon abzulenken.
Der hob nun tatsächlich seinen Kopf und stürmte an dem Engel vorbei auf sie zu.
Erst jetzt sah sie, dass es ein Lederdämon war.
Sie hießen nicht umsonst so, denn sie waren so zäh wie Leder.
„Scheiße“, murmelte sie und suchte nach einer größeren Waffe als ihren Dolch, denn der würde nicht ausreichen…
Aber plötzlich fuhr ein gleißend helles Licht durch den Körper des Dämons.
Ein Engelsschwert!
Sie hob die Hand um ihre Augen abzuschirmen, während das Licht immer schwächer wurde.
Als sie ihren Arm wieder senkte erkannte sie den Engel.
„Ich passe auf dich auf…“
Damit verschwand er in das Blau des Himmels. „Gabe, warte!“
Aber er war schon weg.
Gabe landete kurz vor den Toren Esmeras.
Was sollte er jetzt machen, sein Flügel begann zwar schon zu heilen, aber wie sollte er den Erzengeln erklären, dass er Josie begegnet war.
Besonders vor Gabriel sollte er es geheim halten… Gabe beschloss, dass er keinem von dem Treffen erzählte und seine Verletzung damit erklärte, das er ein bisschen draußen spaziert war und dann angegriffen wurde.
Das entsprach zumindest teilweise der Wahrheit. Mit einem Seufzer schwang er sich wieder in die Luft und versuchte von oben Chilalis Haus zu erkennen. Schließlich sah er den riesigen Baum, der in ihrem Wohnzimmer stand und machte einen Sturzflug direkt vor ihre Haustür.
Die öffnete sich leider gerade in dem Moment, in dem Gabe den ersten Fuß aufsetzte und so hatte er keine Möglichkeit mehr auszuweichen.
Die Tür schlug ihm heftig gegen den Arm und er fiel zu Boden.
„Verdammt, könnt ihr nicht besser aufpassen!?“
Im Haus schlug Jophiel erschreckt die Hand vor den Mund.
„Oh, Gabriel es tut mir leid!“
Gabe grunzte und stellte sich wieder hin.
Er ließ auch seine Flügel verschwinden und wartete. Nacheinander verabschiedeten sich die Engel von Chi und traten heraus. Als nur noch Chilali im Türrahmen stand warf sie Gabe einen vielsagenden Blick zu und schloss die Tür.
„Und, konnte Chi euch helfen?“
Entschlossen nickten sie.
„Australien!“