PASS AUF DICH AUF

All die Stunden warst Du für mich da,
ich hab Dir Vieles zu verdanken,
viel zu selten, dass man so was sagt,
von Dir fühl ich mich verstanden.

Ja, wenn wir uns bald wieder sehn,
ich freue mich darauf,
bis wir uns in die Arme nehmen,
pass bitte auf Dich auf.

Ich schleppte meinen Koffer hinter mir her und kam gerade in der Eingangshalle an, als ich sah, dass Gabe mit Nakisa sprach.

Als sie mich hereinkommen hörten winkte Nakisa mich hinzu. Ich ignorierte Gabes Blicke und sah Nakisa an. Sie warf einen verwirrten Blick zwischen uns hin und her, und schien dann zu begreifen. „Josephine, ich habe Gabriel gerade erzählt, dass wir endlich eine Spur haben, wo Jophiels Teil des Amuletts sein könnte. Also werde ich Gabriel mit auf diese geheime Mission nehmen und es tut mir leid, aber du kannst nicht mitkommen, das wäre zu gefährlich. Darum“, ich unterbrach sie.

„Warum zu gefährlich?“

Trotzig schob ich das Kinn vor.

„Nun, erstens, du bist schwanger Josephine, da musst du nun mal ein wenig zurückschalten. Und zweitens hat auch Luzifer eine ungefähre Ahnung wo es ist, es geht also darum das Amulett vor ihm zu finden! Gabriel ich erwarte dich in einer Stunde einsatzbereit in dieser Halle. Mach’s gut, Josephine!“

Sie salutierte und verschwand durch die Tür.

Ich blickte ihr hinterher und unterdrückte die Böse Vorahnung, die sich in meinem Magen breit machte. „Josie“, Gabe flüsterte und klang so unendlich traurig, dass ich ihn ansehen musste.

„Ja?“

Er schloss die Augen und atmete hörbar aus.

„Ich weiß nicht wann wir uns wiedersehen werden… Ich möchte nur, dass du auf dich aufpasst…“, mit diesen Worten drehte er sich um und ging in Richtung seines Zimmers.

Auf einmal fühlte ich mich verlassen.

Ich sah ihm hinterher und spürte eine Beklommenheit, die mir klar machte, dass ich Gabriel immer noch liebte.

Was ich nicht wusste war, ob es ihm genauso ging. Es gab nur einen Weg das heraus zu finden!

„Gabe, warte!“

Ich rannte ihm hinterher.

Er drehte sich um und sah mich an.

Er hielt jegliche Emotion aus seinem Gesicht fern. Ich nahm seine Hand und holte tief Luft.

„Ich muss es wissen… Bin ich dir wichtig?“

Er sah mich ernst an und sagte mit fester Stimme: „Nein.“

Ich unterdrückte ein Keuchen.

Meine Stimme war etwas weniger fest, als ich es gerne gehabt hätte, aber in Ordnung.

„Wirst du um mich trauern, wenn ich sterbe?“

Der Ernst in seinen Augen, begann mir Angst zu machen.

„Nein.“

Meine Augen brannten aber ich musste ganz sicher gehen.

„Magst du mich überhaupt?“

Er holte leise Luft und murmelte

„Nein.“

Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und rannte zurück.

Ich nahm meinen Koffer und trug ihn die Treppen hinunter. Wie ich das geschafft habe, weiß ich bis heute nicht. Auf dem Bürgersteig rief ich mir ein Taxi und fuhr zum Flughafen.

Im Terminal angekommen buchte ich last Minute einen Flug nach Lille in Frankreich.

Nachdem ich meinen Koffer abgegeben hatte kramte ich in meiner Handtasche nach meinem Portmonee um das Ticket hineinzustecken als ich plötzlich meinen alten Hausschlüssel in der Hand hatte.

Ohne zu zögern warf ich ihn in den nächsten Mülleimer und lief zum Gate.

Nach mehreren Stunden stand ich vor Chilalis Haustür.

Ich klopfte zaghaft an und wartete.

Schon komisch, als ich das letzte Mal hier war, war ich noch eine völlig andere Josie, dachte Ich. Damals waren Gabe und ich noch zusammen…

Ach Mann, das hilft doch auch nichts!

Die Tür wurde geöffnet und Ich sah Chilalis strahlendes Lächeln.

„Schön, dass du so schnell kommen konntest!

Ach, du siehst müde aus, komm doch rein.

Stell deinen Koffer einfach hier ab, darum kümmere ich mich später. Wie geht es denn dem Kind?

Ich hoffe doch gut! Ich hab schon gehört, dass dein Gabriel mit den Erzengeln auf eine Reise gegangen ist, um Jophiels Amulett zu suchen. Setz dich!“

Ich setzte mich auf eine Bank direkt neben ihren Baum. Chilali wuselte davon und kam mit einem Glas für mich in der Hand zurück.

Ich nahm ihr das Glas dankend ab und probierte.

Die Flüssigkeit hatte die Farbe von Bronze und schmeckte sehr süß. Ich hatte so etwas noch nie geschmeckt. Fragend hob ich die Augenbrauen. „Was ist das?“ Sie lachte und deutete auf den Baum neben mir.

„Dieser Baum ist eine Darganie. Den Menschen ist seine Existenz nicht einmal bekannt, was tragisch ist, da sein Sirup köstlich ist, wie du gerade merkst, aber Darganien wuchsen früher nur im Garten Eden, und als der Allmächtige diesen dann verschloss geriet er in Vergessenheit, aber glücklicherweise ist Jophiel mit dem Auftrag betraut für die Pflanzen dieser Welt zu sorgen. Sie hat deshalb einen riesigen Garten in dem auch eine Darganie wächst.

Als ich sie dann besuchen kam hat sie mir einen kleinen Setzling geschenkt, und daraus ist dieser Baum geworden. Seinem Sirup werden heilerische Fähigkeiten zugesprochen, aber so ganz sicher ist das nicht…“

Sie legte eine Hand auf die Rinde und schien in Erinnerungen versunken.

„Es gibt doch oben im Himmel dieses Bild, auf dem sie alle abgebildet sind. Jeder von ihnen trägt ein Merkmal, das für ihren Aufgabenbereich steht. Erinnerst du dich? Das ist auch ein Anspielung darauf, dass Jophiel für die Pflanzen zuständig ist. Ja, ja, dieses Bild wurde in sieben Tagen geschaffen… Aber ich schweife ab.“

Tatsächlich erinnerte ich mich!

Ich hatte mich schon ein wenig gewundert, was zum Beispiel die Mao Katze auf dem Bild zu suchen hatte…

„Weißt du, wo sich Jophiels Amulett befinden soll, Chilali?“

Sie sah mich mitfühlend an und hielt meine Hand. „Du musst dir keine Sorgen machen, es wird ihm nichts passieren, schließlich sind Jophiel, Gabriel, Michael und Nakisa mit ihren Soldaten dabei… Sie werden alle auf ihn aufpassen!“

Ich merkte, dass sie mich falsch verstanden hatte. „Nein, Chilali, darum ging es mir gar nicht, ich habe mich von Gabe getrennt, ich wollte nur auch informiert werden, falls es wirklich übel wird…“ Chilali keuchte.

„Du hast dich von Gabe getrennt?! Aber wieso denn, Kindchen! Ihr wart doch wie für einander bestimmt!“

Ich sah sie unglücklich an.

„Das dachte ich auch, aber Gabe scheint nicht mehr so zu fühlen, das hat er mir gezeigt indem er sich wieder mit seiner alten Jugendliebe getroffen hat, und er hat gesagt, als ich ihn fragte ob er mich liebt…“, ich merkte selbst, dass meine Stimme verbittert klang.

„Und was wird nun aus dem Kind? Du behältst es doch, oder?“

Ich riss die Augen auf.

„Natürlich! Ich habe noch nie viel von Abtreibung gehalten. Es besteht dabei doch kaum ein Unterschied zu Mord. Auch wenn ich zugeben muss, dass es meiner Meinung nach Ausnahmen gibt.

Ich fände es schließlich auch schrecklich wenn zum Beispiel ein 14 Jähriges Mädchen von ihrem Vater missbraucht wurde und plötzlich schwanger ist, oder ein Vergewaltigungsopfer oder solche Sachen…“ Ich spürte, wie Chilali neben mir sich entspannte. Ich wusste nur nicht wieso.

„Also Chilali, warum sollte ich so schnell kommen?“

Bei diesen Worten lächelte sie.

„Ich möchte dich die Kunst der Prophezeiungen lehren. Du sollst lernen Prophezeiungen zu deuten, Prophezeiungen zu sammeln und vielleicht eines Tages sogar deine eigenen verfassen.

Sprich, ich möchte, dass du meine Nachfolgerin wirst. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird dich auszubilden, aber wenn du fertig bist, dann werde ich diese Welt verlassen, und meinem Schöpfer gegenüber treten…“