DESTINY

Let your spirit free
Through Window of your Mind
Unchain your Soul from hate
All you need is Faith

„… nun, du weißt ja, dass es manches Mal vorkam dass ein Engel und ein Mensch zusammen ein Kind bekamen. So sind ja schließlich auch die ersten Nephilim entstanden.

Jedoch ist es nie vorgekommen, dass einer von uns Erzengeln“, er zeigte auf Jophiel und sich,

„auf die Erde ging und ein Kind zeugte. Bis vor auf den Tag genau 20 Jahren und neun Monaten. Ein dummer Erzengel verliebte sich in eine Nephilim und schließlich gebar sie ein Mädchen.

Doch leider war es Gottes Wille, dass sie diesen Tag nicht überleben sollte.

Aber genauso wenig war es ihrem Vater vergönnt mit seiner Tochter zu leben, also gab er das kleine Kind in ein Heim, in dem es auf sein Leben vorbereitet werden sollte.

Denn sie war keineswegs ein normales Mädchen.

Ihr Schicksal hatte großes für sie vorgesehen.

Nun, da ich weiß, dass du eine gescheite junge Frau bist glaube ich, dass du verstanden hast, was ich dir sagen will. Josephine…

Ich bin dein Vater.“

Ich keuchte.

Auch wenn Gabriel, mein …Vater, angenommen hatte, dass ich von selbst darauf gekommen war, so hätte ich es gar nicht glauben können, wenn er es nicht gerade eben gesagt hätte.

Ich, die Tochter von Gabriel und einer Menschenfrau?

Das konnte er doch nicht ernst meinen. Ich meine, wo waren denn dann meine Flügel.

Wieso hatte ich keine übersinnlichen Fähigkeiten? Ich war eine Nephilim ja, aber eine ganz normale. „Ich weiß, es ist unglaublich Josie, aber es ist die Wahrheit. Ich beweise es dir.“

Ich unterdrückte den Drang zurückzuweichen, als Gabriel auf mich zu kam.

Gabe, der sich bei Gabriels Erzählung neben mich gestellt hatte legte mir jetzt beruhigend die Hand auf den Arm. Gabriel blieb zwei Schritte vor mir stehen und streckte die Hand nach mir aus.

Zaghaft ergriff ich sie. Er führte mich von meinem Freund weg und stellte mich vor sich.

Jophiel kam jetzt auch auf mich zu.

In der Hand hielt sie eine dünne Goldkette, an der eine weiße Perle hing.

Sie stand hinter mir und legte mir die Kette um. Dabei flüsterte sie in mein Ohr.

„Damit ist es leichter. Die jungen Engel benutzen sie, um ihre Reflexe zu schärfen.“

Gabriel sah mir zuversichtlich in die Augen.

„Keine Angst. Du bist meine Tochter, und ein Erzengel hat die besten Reflexe. Auch ein halber.“ Zweifelnd sah ich zu Gabe, der immer noch an der gleichen Stelle stand.

Er nickte mir aufmunternd zu und lächelte.

Nun sprach Gabriel leise vor sich hin.

Erst verstand ich nicht. Aber dann stellte ich fest, dass es Latein war.

Meine letzte Lateinstunde lag schon etwas zurück, und so hörte ich nur einzelne Worte heraus.

Angelus, Alatus, Exsolvere, Protestas…

Ich wusste nicht, ob es ein Zauberspruch oder ein Ritus war. Ich hatte um ehrlich zu sein überhaupt keine Ahnung.

Und dann spürte ich, wie mein Rücken immer schwerer wurde, so als hätte ich einen schweren Rucksack dabei.

Verunsichert blickte ich über meine Schulter, aber da war nichts.

Gabriel redete immer noch, Jophiel hingegen hatte die Augen geschlossen und stand vollkommen still. Gabriel hörte plötzlich auf zu reden, und ich war froh darüber, denn ich war kurz davor von meinem imaginären Gewicht nach hinten gezogen zu werden und unsanft auf dem Rücken zu landen.

„Jetzt musst du dir vorstellen, wie es ist sie zu spüren, wie sie sich ausbreiten, wie sie das Licht mehr oder weniger reflektieren. Du musst sie dir vorstellen können und du musst es wollen. Du musst dich jetzt bitte etwas anstrengen. Aber…“

Ich hatte schon bei wie es ist sie zu spüren abgeschaltet und dann erfasste mich ein heftiger Energie Stoß und ich spürte wie mir förmlich die Federn aus den Schultern schossen.

Ohne es zu wollen breitete ich sie aus, und Jophiel wurde von der puren Kraft meiner Flügel gegen die Wand geschleudert. Auch Gabriel musste sich ducken, als ich das Gleichgewicht verlor.

Gabe kam zu mir gerannt, einen großen Abstand zu meinen neuen Freunden haltend.

Er kniete sich vor mich und erst da merkte ich, dass ich auf dem Boden lag.

Ich rappelte mich mit seiner Hilfe auf und sah geschockt hinter mich.

Friedlich zusammengefaltet lagen sie da und schienen nichts böses zu wollen.

Mein Atem ging schnell und unregelmäßig, so aufgeregt war ich. Jophiel lag immer noch an die Wand gelehnt und guckte überrascht.

Gabriel stand auf und lachte.

Sein Gelächter hallte von den Wänden wieder. Merkwürdig, ich fand das gar nicht komisch.

Ich wandte mich von ihnen ab und versuchte noch einmal mit den Flügeln zu schlagen.

Ich hatte es mir schwerer vorgestellt, aber es war nicht viel schwerer, als einen Finger an jeder Hand zu bewegen.

Nach ein paar Minuten hatte ich meinen Spaß daran gefunden nach oben zum Loch in der Decke zu fliegen und wieder zurück.

Ich war gar nicht mehr aus der Luft zu kriegen, so vergnügt war ich.

Dann probierte ich Gabe mitzunehmen und schaffte es sogar, auch wenn er sich ganz schön an mir festklammern musste, da ich mich irgendwie nicht darauf konzentrieren konnte sowohl Gabe mit den Armen zu halten, als auch mit den Flügeln zu schlagen und dann auch noch zu atmen.

Gabriel und Jophiel sahen uns so eine Weile von unten zu, bis auch die beiden ihre Flügel hervorholten und sich zu uns gesellten.

Ich lachte und warf den Kopf zurück.

Ich genoss das Gefühl des Windes in meinen Haaren und natürlich Gabe an meiner Seite.

Immer wieder flog ich bis zum höchsten Punkt und ließ mich fallen. Aber unsere Idylle sollte nicht lange währen.

Ich hatte vollkommen vergessen, wieso wir hier unten waren, als ich gezwungen wurde mich zu erinnern.

Unter uns flog die Tür auf und mehrere Dämonen stürmten auf allen vieren herein.

Hinter ihnen kam eine Frau herein. Sie war in einen langen schwarzen Mantel gehüllt und ihr langes blondes Haar war zu einem Zopf geflochten, der unter ihrer Kapuze hervor auf ihrer Brust ruhte.

Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen.

Aber diese Gestalten waren nicht alles. Als die Dämonen und die Frau eingetreten waren folgte ihnen ein Mann, dessen weiße Flügel einen extremen Kontrast zu seinen schwarzen Haaren und seiner dunkelgrünen Robe bildeten.

Mir stockte der Atem.

Das konnte nur einer sein!

Gabriel und Jophiel reagierten blitzschnell.

Ich hatte kaum geblinzelt, da standen die beiden schon vor den Dämonen und schirmten so das Podest, auf dem immer noch mein goldenes Dreieck lag, von ihren Blicken ab.

Gabe und ich landeten ebenfalls und ich zog einen Dolch aus meinem Stiefel.

Ich wusste nicht, ob ich mit meinen neuen Flügel schon kämpfen konnte, aber die Frage erübrigte sich dadurch, dass ich nicht wusste, wie man sie verschwinden ließ. Ich ging in eine stabile Position und wartete auf das unvermeidliche.

Ich konnte sehen, wie Jophiel vor mir angespannt eine Hand zur Faust ballte.

„Was hast du hier zu suchen Bruder“, sie spuckte ihm das Wort förmlich entgegen.

Der Engel lächelte nur und verneigte sich.

„Ich glaube, wir haben noch keine Bekanntschaft gemacht Josephine van Pevencie, nicht wahr“, seine Stimme war glatt und klang vollkommen freundlich. Ich fragte erst gar nicht, woher er meinen Namen kannte. Ich wollte es gar nicht wissen.

„Ach mein Bruder, meine Schwester, ihr wisst genauso gut wie ich, wieso ich hier bin. Aber können wir nicht wenigstens so tun, als würdet ihr euch freuen, dass ich euch nach so vielen Jahren einmal besuchen komme? Wir können natürlich auch sofort zur Sache kommen. Tja, eigentlich wollte ich noch ein wenig plaudern. Ihr wart mir immer die liebsten Geschwister. Umso mehr wiegt euer Verrat an mir!“

Wie auf ein geheimes Zeichen stürzten die Dämonen sich auf uns. Statt wie die anderen drei zu kämpfen lief ich zuerst zum Podest und streckte meine Hand nach dem Dreieck aus.

Aber die Frau im Umhang kam mir zuvor.

Sie ließ die Kette vor mir pendeln, als wollte sie mich hypnotisieren.

Ich bleckte die Zähne und griff nach der Kette.

Im letzten Moment zog sie sie zurück und ich war mir sicher, dass sie grinste.

Sie schüttelte die Kapuze ab und ich sah ihr sofort in die stahlblauen Augen.

Jetzt hätte es eigentlich in meinem Kopf klick machen sollen, aber das tat es nicht.

„Du willst es haben? Dann hol‘s dir doch!“

Damit drehte sie sich um und rannte weg.

Ich begriff, dass sie vorhatte auf einen der Balkone zu springen und in dem dahinter gelegenen Torbogen zu verschwinden.

Verzweifelt rief ich um Hilfe.

„Bitte, wir müssen sie aufhalten!“

Gabes Kopf flog herum und er scannte die Lage. Mit einer flüssigen Bewegung zückte er einen Dolch und warf ihn auf die Frau zu. Vielleicht hörte sie die Klinge, jedenfalls drehte sie sich überrascht um, als der Dolch auch schon in ihrer Brust steckte.

Wir rannten beide zu ihr, ohne zu bemerken, dass alle aufgehört hatten zu kämpfen.

Gabriel, der mit Luzifer gekämpft hatte hielt mitten in der Bewegung inne.

Auch Jophiel hatte die eine Hand zum Schlag erhoben. Aber das war kein Vergleich zu Luzifers verzerrtem Gesicht.

Mit beherrschten Schritten kam er auf uns zu.

Ich hatte der Frau die Kette aus den blutverschmierten Händen genommen, während Gabe sie intensiv anstarrte.

Sie hob die Hand und legte sie Gabe auf die Wange, der nicht wie ich erwartet hätte zurück wich, sondern einfach nur steif dasaß.

Eine einzelne Träne rollte der Frau aus dem Augenwinkel. Dann ließ sie die Hand sinken und schloss die Augen.

„Hast du es gespürt?“, fragte Luzifer hinter uns mit schneidender Stimme.

„Natürlich hast du es gespürt, nicht wahr. Nun, ich kann dich aufklären. Machen wir es kurz und schmerzlos. Du hast soeben deiner Mutter einen Dolch ins Herz gestoßen.“

Geschockt sah ich zu der Toten zu meiner linken. Jetzt erkannte ich es.

Die blonden Haare, die stahlblauen Augen.

Und ich wusste, dass Luzifer die Wahrheit sprach. Gabe war inzwischen von der Leiche weggerutscht und hatte die Arme um die Knie geschlungen.

Ich wusste, dass es einzig und allein seine enorme Selbstbeherrschung war, die verhinderte, dass er sich in eine Embryo Haltung zurückzog und vor und zurück wippte.

Jede Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.

Es war Gabe immer leichter gefallen zu morden, als mir. Und ich hatte wirklich auch keine Probleme damit. Aber das erschütterte seinen sorgfältig aufgerichteten Schutzwall.

Ich kroch auf ihn zu, meine Flügel hinter mir her schleifend. Als ich die Hand nach ihm ausstreckte sah er mich mit aufgerissenen Augen an und wich aus. Da bemerkte ich das Blut, das immer noch an meinen Händen klebte.

Auch Gabe hatte noch fremdes Blut im Gesicht.

Um mich herum wurde alles unwichtig. Luzifer und Jophiel hätten über einen Dreier mit Gabriel reden können, und ich hätte es nicht bemerkt.

Natürlich taten sie das nicht, zumindest haben sie das gesagt, als ich sie gefragt habe…

Ich rieb meine Handflächen an meinen

Oberschenkeln ab.

So gut es eben ging entfernte ich die roten Flecken. Als ich mich ein zweites Mal auf Gabe zu bewegte blieb er ruhig.

Ermutigt nahm ich ihn in den Arm.

Da er jedoch nicht seine Knie losließ war es eine etwas verrenkte Umarmung. Mit meiner rechten Hand wischte ich ihm das Blut von der Wange. Plötzlich fuhr ein Ruck durch seinen Körper.

Mit einer sanften Geste schob er mich zur Seite. „Ichliebedich“, murmelte er mir ins Ohr.

Als er aufstand warf er einen kurzen Blick auf die Leiche und seinen Dolch.

Dann sah er die drei Erzengel erwartungsvoll an.