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»Sagen Sie ihm, ich hätte keine Zeit«, sagte Dattner unwillig zur Frings. »Und dann schalten wir das verdammte Ding wieder ab.«

»Aber, Herr Dattner! Das ist doch der Kriminalbeamte! Er ist so nett!«

Bandisch sah zur Monitorkamera hinauf. Sein Gesicht war auf dem Bildschirm klar zu erkennen.

»Er soll sich zum Teufel scheren!«

Die Frings rannte hinaus. Dattner hockte apathisch da. Er wusste, dass die Frings der Hartnäckigkeit Bandischs nicht gewachsen war. Bandisch kam einfach herein.

»Ich will Sie nicht lange aufhalten«, sagte er. Er setzte sich einfach neben Dattner auf Frau Frings Stuhl.

»Warum geben Sie nicht auf, Herr Bansch.«

»Ich heiße Bandisch. Ich lasse mich nicht gerne wie einen dummen Jungen behandeln. Aber das ist es nicht. Ich möchte Sie warnen.«

»Wovor?«

»Sie hecken irgendetwas aus.«

»Ich bin ein alter Mann ...«

»Das haben Sie schon mal gesagt. Herr Dattner, dieser Mann, dessen Stimme Sie kennen, ist ein gewissenloses Miststück, das sage ich Ihnen als Privatmann. Im Gefängnis hat er sich mit ein paar schlimmen Figuren angefreundet, mit italienischen Bandenverbrechern. Wenn die eine Gefahr in Ihnen wittern, schlagen sie zu. Da kennen die nichts.«

»Was wollen Sie damit sagen?«

»Ich will damit sagen, dass es sehr töricht von Ihnen war, den Mann davonkommen zu lassen.«

»Ich konnte nicht anders.«

»Ich war heute morgen bei Herrn Brehm. Er hatte vorige Woche Besuch. Dieser Besucher hat ihn zusammengeschlagen.«

Dattners Unterlippe begann zu zittern.

»In Ihrem Auftrag, Herr Dattner!«

»Unmöglich!«, ächzte Dattner.

»Herr Pollack handelt doch in Ihrem Auftrag?«

»Nicht mehr. Ich habe ihn ausgezahlt.«

»Wann?«

»Gestern.«

»Vorige Woche hatte er das Zusammentreffen mit Brehm. Da handelte er noch in Ihrem Auftrag.« Bandisch sah Dattner aufmerksam an. »Warum haben Sie Pollack so plötzlich ausgezahlt?«, erkundigte er sich dann.

»Ich brauche ihn nicht mehr. Oder sagen wir es so, ich habe eingesehen, dass es keinen Zweck mehr hat.«

»Ich traue Ihnen nicht, Herr Dattner.«

»Bin ich auch nicht drauf angewiesen.«

»Ich finde es eigenartig ... Ausgerechnet jetzt den Privatdetektiv zu entlassen, nachdem Sie ihn zwei Jahre lang bezahlt haben ...«

»Ich kann mit meinem Geld machen, was ich will.«

»Gut, dass Sie mir das Stichwort geben, Herr Dattner. Ich habe da etwas läuten gehört. Sie haben verschiedene Ihrer Freunde finanziert.«

»In der einen oder anderen Form, ja. Ist etwas dabei?«

»Dazu kann ich mich nicht äußern. Ich kann wohl auch nicht erwarten, dass Sie mir die Namen Ihrer Freunde nennen, die Ihnen Geld schulden?«

»Das sind alles lange und alte Geschichten, Herr ... Bandisch. Ich hatte den Vorteil, zu einer Zeit über Kapital zu verfügen, als andere noch Schwierigkeiten hatten, Kredite zu bekommen. Ich habe auf sehr unkonventionelle Weise sehr unkonventionelle Geschäfte finanziert. Meine Einlagen habe ich im Großen und Ganzen zurückbekommen.«

»Also nicht alle? Es gibt also Leute, die Ihnen Geld schulden?«

»Ich habe es abgeschrieben. Natürlich hat mich der eine oder andere betrogen. Freunde verlieren sich schnell, wenn sie plötzlich selbst Geld verdienen, das Geld aber teilen sollen.«

»Einigen Leuten sollen Sie richtiggehend aus der Patsche geholfen haben.«

»Zum Beispiel?«

»Herrn Ruda. Er wäre möglicherweise ins Gefängnis gekommen, wenn Sie nicht eingesprungen wären.«

»Das kann man so nicht sagen. Da kam einiges zusammen. Er hatte die falschen Partner. Er ist jedenfalls für den Schaden aufgekommen. Er hat dann sehr gut verdient, später, und er hat mir alles zurückgezahlt. Alles.«

Bandisch hatte das Gefühl, in Watte zu stoßen. Nach Landauer wagte er schon gar nicht mehr zu fragen. Die Berechtigung, überhaupt Fragen nach Dattners finanziellen Beteiligungen zu stellen, besaß er nicht.

»Weshalb interessieren Sie sich dafür?«

»Ich suche nach einem Motiv.«

»Zu dem Überfall auf mich?«

»Zu dem Mord an Max, Ihrem Sohn.«

Dattners Augen wurden groß. »Ich verstehe Sie nicht.«

»Ich frage mich, wer einen Vorteil von seinem Tod hatte oder hat oder haben wird.«

»Niemand, niemand.«

»Bestimmt nicht?«

»Nein ...«

»Wer erbt Ihr Vermögen? Was geschieht mit Ihren Beteiligungen? Gibt es jemanden, der den vollen Überblick hat?«

»Sie liegen falsch.«

»Haben Sie ein Testament gemacht?«

»Nein. Wofür? Ich habe nur noch meine Tochter. Und meine Enkelin.« Dattner schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich verbiete Ihnen, so etwas nur zu denken! Elisabeth ...«

»Ich denke gar nichts, Herr Dattner. Ich suche nur.«

»Sie überschreiten Ihre Kompetenzen!«

»Das mag sein. Sie können sich ja beschweren.« Bandisch stand auf. Er ärgerte sich über sich selbst. Da war etwas, was er nicht zu greifen vermochte.

»Ich habe Ihnen gesagt, dass es ein Nazi war, der Max getötet hat! Einer, der uns hasst!«

Bandisch sah auf den massigen Mann hinab, der wie eine fette Kröte vor seinem Schreibtisch hockte.

»Sie sind es, der hasst, Herr Dattner.«

Dattner presste die Lippen zusammen.

»Aber ich kann Sie verstehen«, sagte Bandisch. »Ich würde auch hassen ...«