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Nachdem ich mit Nick gesprochen hatte, rief ich meine Freundin Jackie Reynolds an, die Psychologin, die ebenfalls versucht hatte, mich zu erreichen, und die ich bisher nicht zurückgerufen hatte. Natürlich hatte Jackie die Zeitungen gelesen, aber seit unserem gemeinsamen Abendessen, als alles anfing, hatten wir kaum miteinander gesprochen. Da ich jetzt damit rechnete, dass mein Telefon abgehört wurde, antwortete ich nur sehr allgemein auf ihre Fragen.

Sie begriff sofort. »Carolyn, bei mir sind einige Termine abgesagt worden«, sagte sie. »Bist du schon zum Mittagessen verabredet?«

»Nein.«

»Dann komm doch zu mir, und wir bestellen uns Sandwichs und Kaffee.«

Mit diesem Vorschlag war ich sofort einverstanden. Jackies Praxis befand sich gleich neben ihrer Wohnung an der East Seventy-fourth Street, Ecke Second Avenue. Als ich aufgelegt hatte, merkte ich, wie sehr ich mir wünschte, mit ihr über meinen bevorstehenden Besuch bei Mom zu reden. Und dabei fiel mir ein, dass ich Elliott noch nicht angerufen hatte.

Ich wählte die Nummer seines Büros und wurde sofort zu ihm durchgestellt. »Carolyn, ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, als ich dich nicht erreichen konnte.«

Ich hörte einen leisen Vorwurf heraus und bat ihn um Verzeihung. Ich berichtete ihm von meiner Fahrt nach Martha’s Vineyard und erklärte ihm den Grund dafür. Dann sagte ich, nach wie vor im Bewusstsein, vermutlich abgehört zu werden, dass die Reise umsonst gewesen sei und dass ich am späteren Nachmittag zu Mom fahren wolle. »Wenn sie sich weigert, mich zu sehen, dann hab ich es wenigstens versucht. Ich werde zwischen vier und fünf dort sein.«

»Ich denke, das könnte von der Zeit her ganz gut passen«, sagte er zögernd. »Ich könnte versuchen, auch gegen fünf Uhr dort zu sein. Ich habe etwas mit euch beiden zu bereden.«

Damit beendeten wir das Telefonat. Worüber wollte er mit uns beiden sprechen? Bei dem labilen Zustand, in dem sich Mom befand, würde er doch hoffentlich nicht im Sinn haben, ihr seine Unterstützung zu entziehen. Du lieber Gott, bitte nur das nicht! Sie brauchte ihn. Ich dachte an den Abend vor zwei Wochen, als Mack den Zettel in die Kollekte geschmuggelt und sie beim Abendessen verkündet hatte, sie werde ihn von nun an sein eigenes Leben führen lassen. Ich dachte daran, wie sie und Elliott einander angeblickt hatten und dass er die Absicht äußerte, ihr nach Griechenland nachzureisen. Ich dachte daran, wie ihre Schultern sich berührt hatten, als sie die Straße hinuntergegangen waren, nachdem wir uns vor dem Le Cirque verabschiedet hatten. Elliott könnte Mom glücklich machen. Mom war zweiundsechzig. Sie konnte gut und gerne noch zwanzig oder dreißig gute Jahre erleben – es sei denn, natürlich, ich hätte ihr alles vermasselt, indem ich dummerweise zur Polizei gegangen war, Detective Barrott kennengelernt und ihn auf Mack aufmerksam gemacht hatte.

Ich zog mich um, wählte ein Jackett mit passender Hose, versuchte, wie bereits gestern auf Martha’s Vineyard, die Schatten unter meinen Augen mit Grundierung abzudecken, und brachte mit Wimperntusche und Lippenstift ein bisschen Farbe in meine allgemein blasse Erscheinung.

Ich fuhr aus der Tiefgarage, diesmal mit dem eigenen Wagen, und siehe da! – die Medienleute waren vorerst verschwunden. Wahrscheinlich hatten sie eingesehen, dass sie am heutigen Tag nicht mehr aus mir herausbekommen würden und gaben sich einstweilen damit zufrieden.

Als ich in der Seventy-fourth Street anlangte, ließ ich den Wagen in Jackies Garage stehen und fuhr nach oben. Sie öffnete die Tür, und wir umarmten uns. »Eine Menge Stress ist immer noch die beste Abmagerungskur«, bemerkte sie. »Ich habe dich seit zwei Wochen nicht gesehen, und ich bin sicher, dass du mindestens fünf oder sechs Pfund verloren hast.«

»Mindestens«, stimmte ich zu und folgte ihr in ihre Praxis: ein mittelgroßer, angenehmer Raum mit einigen Polstersesseln, die vor ihrem Schreibtisch gruppiert standen. Ich erinnerte mich, dass sie englische Druckgrafiken von Hunden und Pferden aus dem neunzehnten Jahrhundert sammelte, und äußerte mich bewundernd über einige wirklich wunderschöne Werke, die an der Wand hingen. Ich konnte mir vorstellen, dass neue Patienten darüber Bemerkungen machten, bevor sie das Problem ansprachen, das sie dazu getrieben hatte, Jackies Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wir einigten uns auf Schinken und Schweizer Käse auf Roggenbrot mit Salat und Senf, dazu schwarzen Kaffee. Sie gab telefonisch die Bestellung durch, und dann setzten wir uns. Ich erzählte ihr von meinem Treffen mit Barbara und verschwieg lediglich die Tatsache, dass sie Macks Sohn zur Welt gebracht hatte. Stattdessen tischte ich ihr, auch wenn ich mich ziemlich unwohl dabei fühlte, Barbaras Version auf, wonach sie das Kind abgetrieben hatte.

»Als Grund für Mack, sich der Situation durch Flucht zu entziehen, ist das nachvollziehbar«, meinte sie. »Aber angenommen, er wäre damit zu deinem Vater oder deiner Mutter gegangen. Was hätten sie deiner Meinung nach getan?«

»Sie hätten sie darin bestärkt, zu heiraten und das Kind zu bekommen. Und hätten Macks Jurastudium finanziert.«

»Hätten sie auch Barbaras Medizinstudium finanziert?«

»Das weiß ich nicht.«

»So wie ich deinen Vater kannte, hätte er sich sicherlich nicht damit abgefunden, wenn Mack sich für die Schauspielerei entschieden hätte.«

»Nein, das sicherlich nicht, da stimme ich dir zu.« Dann erzählte ich Jackie, dass mich die große Sorge umtreibe, Elliott könnte es sich anders überlegen und Mom doch nicht heiraten, solange der gegenwärtige Verdacht auf Mack laste oder falls er gar verhaftet werden sollte und vor Gericht gestellt würde.

»Davor hätte ich auch Angst«, sagte Jackie aufrichtig. »Der äußere Schein bedeutet Leuten wie Elliott unendlich viel. Ich kenne auch so jemanden. Er ist ungefähr in Elliotts Alter, ein Witwer, einer der liebenswürdigsten Leute, die man sich vorstellen kann, aber ein ausgesprochener Snob. Ich habe einmal im Scherz zu ihm gesagt, er würde sich sicher lieber erschießen lassen, als dass er jemals eine Verbindung mit einer Frau einginge, die ihm sozial gesehen nicht ebenbürtig sei, auch wenn sie noch so vollendet schön und begehrenswert sein mochte.«

»Und was hat er darauf geantwortet?«, fragte ich.

»Er hat gelacht, aber er hat es nicht abgestritten.«

Der Empfang gab Bescheid, dass der Lieferdienst unterwegs nach oben sei. Als wir uns zum Essen setzten, wechselte Jackie das Thema und fragte mich, wann ich mich denn nun für eine Stelle im Büro der Bezirksstaatsanwaltschaft bewerben wolle. Doch gleich darauf blickte sie mich erschrocken an, und ich merkte, dass sie sich am liebsten die Zunge abgebissen hätte. Konnte man sich vorstellen, dass der Bezirksstaatsanwalt die Schwester eines Mordverdächtigen einstellen würde?

Warte, bis du schlaefst
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