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Howard Altman dachte angestrengt darüber nach, wie er es anstellen sollte, dass die Kramers ihre Meinung änderten und als Hausmeisterehepaar blieben. Olsen hat recht, gestand er sich ein. Der Mann, den ich letztes Jahr in dem Wohngebäude in der Ninety-eighth Street gefeuert habe, hat uns tatsächlich eine Menge Geld erspart. Ich hab das damals nur nicht kapiert. Olsen möchte nicht, dass dort noch größere Renovierungsarbeiten vorgenommen werden. Das Gebäude nebenan steht zum Verkauf an, und wenn das erst mal weg ist, kann er sicher sein, dass sie ihm auch bald ein großzügiges Angebot für sein Haus machen werden. Der alte Hausmeister hat die Sachen noch mit Kaugummi und Drachenschnur repariert. Der neue kommt ihm mit einer Liste aller Reparaturarbeiten, die er für notwendig hält, und liegt ihm in den Ohren, es wäre kriminelle Fahrlässigkeit, sie nicht sofort durchführen zu lassen.
Ich hätte meinen Mund halten sollen, dachte er, aber ich habe einfach noch nie einsehen können, wozu die Kramers eine Wohnung mit drei Schlafzimmern benötigten – zwei davon werden nie benutzt.
Fast immer, wenn Howard bei den Kramers vorbeischaute, bat er, die Toilette aufsuchen zu dürfen. Das verschaffte ihm Gelegenheit, die beiden überflüssigen Schlafzimmer zu inspizieren. Noch nie hatte er in den zehn Jahren, die er nun schon für Derek Olsen arbeitete, auch nur die geringste Veränderung in der Lage der beiden Teddybären registrieren können, die auf beiden Betten auf den Kissen thronten. Er wusste genau, dass sie diese beiden Zimmer einfach nie benutzten, doch er sagte sich auch, dass ihm hätte klar sein müssen, dass Lil Kramer einen gewissen kleinkarierten Stolz daraus zog, über eine so große Wohnung zu verfügen.
Und mit Kleinkariertheit kenne ich mich aus, dachte er zerknirscht. Als ich ein Kind war und Paps sein erstes brandneues Auto gekauft hat, das billigste, das weit und breit zu haben war, hat er sich aufgeführt, als habe er gerade den großen Jackpot geknackt. Wir mussten es allen Verwandten vorführen, nur weil Paps sich einbildete, sie würden alle vor Neid erblassen.
Ich sollte ein Blog einrichten und über meine verkorkste Familie schreiben, sagte sich Howard. Ich muss verhindern, dass die Kramers in Rente gehen. Vielleicht würde sich Olsen damit abfinden, wenn ich recht bald einen guten Ersatz finde. Andererseits würde es ihm ähnlich sehen, mich einfach zu feuern und meinen Job diesem Nichtsnutz von einem Neffen zu geben. Nach einem Monat würde Olsen mich wahrscheinlich auf den Knien bitten zurückzukommen, aber das Risiko kann ich nicht eingehen. Wie könnte ich also die Kramers umstimmen?
Howard Altman ging über das Wochenende verschiedene Möglichkeiten durch. Und am Montagmorgen, zufrieden mit dem Plan, den er sich zurechtgelegt hatte, betrat er um Viertel vor zehn das Gebäude, in dem das Ehepaar Kramer wohnte.
Seine Überlegungen hatten ihn zu der Überzeugung geführt, dass es genau der falsche Weg wäre, wenn er sie einfach nur bitten würde zu bleiben, ihnen eine Gehaltserhöhung anböte und ihnen zusicherte, weiter in der großen Wohnung bleiben zu dürfen. Wenn Gus Kramer den Eindruck hat, er könnte mit seiner Kündigung bewirken, dass ich entlassen werde, dann würde er es tun, selbst wenn er eigentlich noch gar nicht die Absicht hatte, in Rente zu gehen.
Als er die Haustür öffnete und den Vorraum betrat, stieß er auf Gus Kramer, der gerade die bereits tadellos glänzenden Messingbriefkästen nachpolierte.
Gus blickte auf. »Sehr lange werde ich das wohl nicht mehr machen«, sagte er. »Ich kann nur hoffen, dass Sie einen Nachfolger finden, der den Job wenigstens halb so gut macht wie ich in den fast zwanzig Jahren.«
»Gus, ist Lil da?«, fragte Howard, fast im Flüsterton. »Ich muss Sie beide sprechen. Ich mache mir Sorgen um Sie.«
Er beobachtete die angstvolle Miene, die sich auf Kramers Gesicht abzeichnete, und wusste, dass er auf der richtigen Spur war.
»Sie ist in der Wohnung und sortiert alte Sachen aus«, antwortete Gus. Ohne noch den letzten Rest von Politur von den Briefkästen zu wischen, drehte er sich um und ging durch den Eingangsflur zu seiner Wohnung. Er sperrte die Tür auf, trat ein und überließ es Howard, sie aufzuhalten, bevor sie ihm vor der Nase zugefallen wäre.
»Ich sag Lil Bescheid«, sagte Gus knapp.
Howard war klar, dass Kramer eine Gelegenheit suchte, um mit seiner Frau zu sprechen und sie womöglich zu warnen, bevor sie ihm gegenübertrat. Sie ist in einem der beiden Schlafzimmer am Ende des Flurs, dachte er. Bestimmt sortiert sie dort die Sachen aus. Endlich hat sie doch noch eine Möglichkeit gefunden, wie sie diesen überschüssigen Raum nutzen kann.
Es dauerte fast fünf Minuten, bis die Kramers im Wohnzimmer auftauchten. Lil Kramer war sichtlich aufgeregt. Sie kniff immer wieder die Lippen zusammen, und als ihr Howard die Hand entgegenstreckte, wischte sie sich schnell die Hand an ihrem Rock ab, bevor sie seine Begrüßung erwiderte.
Wie er erwartet hatte, fühlte sich ihre Handfläche feucht an.
Geh gleich in die Vollen, dachte Howard. Lass sie zittern. »Ich möchte ganz offen mit Ihnen reden«, sagte er. »Ich war nicht dabei, als dieser Bursche, dieser MacKenzie verschwunden ist, aber ich war neulich dabei, als seine Schwester hier auftauchte. Und Lil, Sie waren da genauso nervös, wie Sie es jetzt wieder sind. Es war deutlich zu beobachten, dass Sie Angst davor hatten, mir ihr zu sprechen. Für mich kann das nur bedeuten, dass Sie etwas darüber wissen, warum oder wie dieser Junge verschwunden ist, oder dass Sie vielleicht sogar etwas damit zu tun hatten.«
Er bemerkte, wie Lil Kramer entsetzt zu ihrem Mann blickte und dass Gus Kramers Wangen sich violett-rötlich färbten. Ich hatte recht, dachte er. Sie sind zu Tode erschrocken. Von dieser Reaktion ermutigt, fuhr er fort: »Die Schwester ist noch nicht fertig mit Ihnen. Beim nächsten Mal bringt sie vielleicht einen Privatdetektiv oder die Polizei mit. Wenn Sie glauben, dass Sie ihnen entkommen können, indem Sie sich Hals über Kopf nach Pennsylvania absetzen, dann sind Sie auf dem Holzweg. Wenn sie wiederkommt und Sie sind nicht mehr da, wird sie Fragen stellen. Sie wird herausfinden, dass Sie urplötzlich gekündigt haben. Lil, wie vielen Leuten haben Sie in all den Jahren erzählt, dass Sie nicht die geringste Absicht haben, New York zu verlassen, bevor Sie nicht mindestens neunzig sind?«
Lil Kramer versuchte jetzt krampfhaft, die Tränen zurückzuhalten.
Howard fuhr in milderem Ton fort. »Lil, Gus, denken Sie doch mal nach. Wenn Sie so plötzlich von hier weggehen, werden Carolyn MacKenzie und die Polizei überzeugt sein, dass Sie irgendetwas zu verbergen haben. Ich weiß nicht, was es ist, aber Sie sind meine Freunde, und ich möchte Ihnen helfen. Ich würde gerne Mr. Olsen mitteilen können, dass Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdacht haben und noch länger bleiben wollen. Und wenn Carolyn MacKenzie wieder anruft, dann sagen Sie mir Bescheid, und ich werde da sein. Ich werde ihr unmissverständlich klarmachen, dass die Hausverwaltung etwas dagegen hat, wenn sie die Angestellten weiterhin belästigt. Und außerdem werde ich sie darauf hinweisen, dass es inzwischen empfindliche Strafen für Stalking gibt.«
Er sah die Erleichterung in ihren Mienen und wusste, dass er sie überzeugt hatte. Sie würden bleiben. Und ich musste ihnen nicht mal eine Gehaltserhöhung bieten oder ihnen versprechen, in dieser Wohnung bleiben zu dürfen, dachte er triumphierend.
Doch als er Lils unterwürfige und Gus’ knappe Dankbezeugungen entgegennahm, brannte er in Gedanken nur noch darauf, herauszufinden, wovor sie solche Angst hatten und was sie über Mack MacKenzies Verschwinden vor zehn Jahren wussten.