25. KAPITEL

 

An jenem Abend, kurz nach Sonnenuntergang, saß Toni mit Ian, Carlos, Howard und den anderen Vampiren im Wohnzimmer und sah Digital Vampire Network. Stone Cauffyn von den Nightly News leierte ohne Ende. Phineas und Jack brachten alle zum Lachen mit ihren Nachahmungen des langweiligen Nachrichtensprechers.

Stone drehte den Kopf. »Was hat das zu bedeuten?«

Die Kamera schwenkte, und Toni blieb für einen Moment das Herz stehen. Jedrek Janow kam auf den Tisch des Nachrichtensprechers zu, eine Pistole in seiner Hand. »Packt ihn", befahl er, und ein russischer Malcontent rannte an ihm vorbei, der ein Silberseil um Stone Cauffyn wand.

»Was haben Sie vor?«, fragte Stone schockiert. »Das ist doch völlig gegen den Ablauf.«

»Auf mich!«, verlangte Jedrek, und die Kamera schwenkte auf ihn. »Du, Kameramann, du tust, was ich sage, wenn du am Leben bleiben willst.«

Die Kamera rührte sich nicht.

Jedrek nickte. »Gut, jetzt zeig unserem Publikum, was sich hinter Tor Nummer eins versteckt.« Er deutete nach rechts.

Die Kamera schwenkte zur Tür. Yuri und Stanislav betraten das Aufnahmestudio. Jeder zog eine Geisel hinter sich her.

Toni keuchte. »Die haben Corky Courrant.«

»Und noch eine Frau", murmelte Ian.

»Ich finde, Corky können sie haben", meinte Phineas gelangweilt.

»Sch...« Ian drehte den Ton lauter, als Jedrek wieder zu sprechen begann.

»Wie ihr seht, haben wir DVN in unsere Gewalt gebracht. Euer normales Programm wurde für eine sehr viel spannendere Show unterbrochen. Ian MacPhie, du hast zwanzig Minuten, mir die Wachdroge zu bringen, sonst fange ich an, live im Fernsehen Leute hinzurichten.«

Toni war völlig erstarrt, während die Männer alle zur gleichen Zeit anfingen zu reden. Wie viele Männer hatte Jedrek? Wer kannte den Grundriss von DVN?

Plötzlich sprangen die Vampire gleichzeitig auf.

»Sorry!«, rief eine Stimme aus dem Foyer. Gregori betrat das Wohnzimmer. »Ich wollte den Alarm nicht auslösen.«

Dougal raste ins Foyer, schaffte Ruhe.

Gregori sah zum Fernseher. »Ich habe mitbekommen, was passiert ist. Ich dachte, ich warne euch, falls ihr es noch nicht wisst.«

»Kennst du den Grundriss von DVN?«, fragte Ian.

»Klar. Ich habe ein paar Werbespots da gedreht. Hast du ein Stück Papier?«

Wieder zum Leben erwacht rannte Toni zum Schreibtisch. Sie sammelte Papier und Stifte zusammen und ließ sie auf den großen quadratischen Couchtisch fallen.

Gregori setzte sich auf eines der Sofas und begann zu zeichnen.

»Phineas, Dougal, geht nach unten", befahl Ian. »Bringt Waffen rauf. Howard, weißt du, wo DVN ist?«

»In Brooklyn.« Howard stand auf. »Soll ich hinfahren?«

Ian fuhr mit der Hand durch seine Haare, während er nachdachte. »Wir wollen nicht in eine Falle teleportieren, also meine ich, wir sollten von außen angreifen.«

»Dem stimme ich zu", unterstützte Zoltan den Plan.

Ihre Aufmerksamkeit wurde von einem Schrei, der aus dem Fernseher kam, abgelenkt.

»Du verbrennst meine Haut, du Bastard!« Corky Courrant kreischte, als Yuri ihr Silberseile um die Handgelenke wickelte.

Die andere Frau wimmerte nur, als man sie fesselte.

Stone Cauffyn sah seine Fesseln neugierig an. »Ich frage mich, was ihr euch hiervon erwartet?«

Jedrek verzog das Gesicht. »Die Welt. Mit der Wachdroge kann ich die ganze Vampirwelt regieren.«

Mit ausdruckslosem Gesicht blickte Stone ihn an. »So eine Droge existiert nicht.«

»Natürlich tut sie das. Ian MacPhie hat sie genommen. Deshalb ist er älter geworden.« Jedrek stellte sich hinter Corky und legte seine Hände um ihren Hals. »Ich muss Ihnen danken, Ms. Courrant. Sie haben mich erst auf ihn aufmerksam gemacht.«

Corky riss die Augen auf, als seine Hände sich fester schlössen. »Wenn ich geholfen habe, warum lasst ihr mich dann nicht gehen?«

Jedrek beugte ihren Kopf nach hinten und zwang sie, ihn anzusehen. »Ich sehe Blondinen einfach gern beim Sterben zu. Nicht wahr, Nadia?«

Die Kamera schwenkte auf eine kleine Brünette, die neben Stone stand. »Dem Meister macht es Freude, wenn ich eine Blondine umbringe", flüsterte sie.

»Ihr könnt mich nicht umbringen!«, schrie Corky. »Ich habe Fans.« Sie sah zu der anderen Gefangenen neben ihr. »Bringt Tiffany um. Sie ist blond. Und sie hat mit meinem Freund geschlafen.«

»Nein!«, wimmerte Tiffany. »Ich bin zu jung, um zu sterben. Und zu hübsch.«

»Hübsch?«, schnaubte Corky. »Das sagen dir die Männer nur, damit du mit ihnen ins Bett gehst.«

»Das stimmt nicht. Mir haben schon Hunderte Männer gesagt, dass ich hübsch bin.«

»Und mit wie vielen von diesen Männern hast du geschlafen?«, fuhr Corky sie an.

»Genug!« Genervt verdrehte Jedrek die Augen. »Knebel sie, Yuri, ehe ich sie sofort umbringe.«

Mit einem Stück Isolierband brachte Yuri die blonde Tiffany zum Schweigen.

Corky wehrte sich gegen ihre Fesseln. »Ihr könnt mich nicht umbringen! Ich bin wichtig für die Menschen. Bringt Stone um! Der ist zum Verrücktwerden langweilig.«

»Also, ich muss schon sagen", stammelte Stone, »das scheint mir unangebracht. Ich finde mich selbst doch ein wenig interessant.«

Jedrek hielt Corkys Kopf fest, während Yuri ihr Isolierband über den Mund klebte. Dann drehte er sich um, um Stone zu betrachten, der ausdruckslos zu ihm zurückstarrte. »Was machst du?«

Stone blinzelte. »Ich verlese die Nachrichten.«

Jedrek ging auf ihn zu. »Und?«

»Ich habe... schöne Haare.«

»Dieser Mann ist wirklich langweilig. Ich spüre noch nicht einmal Angst von ihm. Lasst ihn laufen.«

Überrascht sah Stone ihn an. »Ich muss schon sagen, das sind recht gute Neuigkeiten.«

Als Nadia das Silberseil gelöst hatte, führte sie ihn zur Tür. Corky versuchte tatsächlich, ihm beim Vorbeigehen ein Bein zu stellen.

Jedrek ging vor seinen zwei blonden Geiseln auf und ab. »Jetzt ist die Frage nur noch, wen von euch beiden ich zuerst umbringe? Oder vielleicht kommt Ian MacPhie ja, um euch zu retten.«

Die beiden Frauen wehrten sich gegen ihre Fesseln.

Lächelnd begutachtete Jedrek seinen Fang. »Gut so. Zeigt mir eure Angst. Lasst sie aus euren Poren quellen, damit ich mich an ihrem Duft laben kann.« Sein Blick senkte sich auf Corkys riesige Brüste. »Für die hier brauchen wir einen besonders langen Pflock.«

Yuri lachte leise. »Ja, Meister.«

Corkys Schrei war gedämpft und verzweifelt.

Jedrek atmete tief ein. »Ah, der Duft der Angst.« Er drehte sich zur Kamera. »Hast du Angst, MacPhie? Wirst du diese Frauen sterben lassen, damit die ganze Vampirwelt sich an dich als Feigling erinnert?«

»Fahr zur Hölle", murmelte Ian.

»Fertig", verkündete Gregori. Er hatte in Vampirgeschwindigkeit einen detaillierten Grundriss von DVN gezeichnet.

Phineas und Dougal rauschten in den Raum, die Arme voll mit Waffen. Sie legten sie auf dem Boden ab.

»Howard und Carlos, bewaffnet euch, und los", befahl Ian.

Während die zwei sterblichen Männer sich Schwerter, Pflöcke und Dolche griffen, sah Toni Ian an. Hatte er andere Pläne für sie, oder wollte er sie vollkommen ausschließen? »Ian?«

Er sah ihr in die Augen. »Kannst du hierbleiben?«

Kopfschüttelnd verneinte Toni. »Im Guten wie im Bösen. Ich bleibe bei dir.«

Ein schmerzerfüllter Ausdruck huschte über sein Gesicht. »In Ordnung. Geh mit Howard.«

Völlig siegessicher griff sie sich einige Waffen.

»Findet einen dunklen abgeschiedenen Ort in der Nähe", sagte Ian, »und dann ruft uns an, und wir teleportieren uns zu euch. Bis dahin haben wir einen Plan.«

»Okay.« Howard winkte Carlos und Toni. »Los geht's.«

Auf dem Weg zu DVN fuhr Howard wie ein Wahnsinniger. »Lass dich auf keinen Kampf mit einem Vampir ein, Toni. Sie sind zu schnell und stark. Sie benutzen Gedankenkontrolle, um dich erstarren zu lassen.«

»Verstanden.« Sie konnte nicht mit denen mithalten. Die Vampire würden immer überlegen sein. Selbst Howard und Carlos hatten Fähigkeiten, die sie selbst nie besitzen würde.

Howard fuhr auf die Brooklyn Bridge. »Carlos, wenn sie versuchen, deine Gedanken zu übernehmen, dann verwandele dich. Sie können uns nicht kontrollieren, wenn wir unsere Tierform angenommen haben.«

»Ich bin bereit für sie", sagte Carlos.

Toni drehte sich zu Carlos auf dem Rücksitz um. »Sei vorsichtig.«

»Du auch, Menina. " Carlos zwinkerte.

Toni betastete nervös die Holzpflöcke auf ihrem Schoß. »Ich frage mich, wie viele Männer Jedrek hat.«

»Na, im Studio bei ihm sind zwei Männer und eine Frau", überlegte Howard. »Und beim letzten Zählen bestand der russische Zirkel nur noch aus etwa einem Dutzend.«

»Dann könnten also noch zehn weitere von ihnen im Gebäude verteilt sein", schlussfolgerte Carlos.

Toni zählte sie im Kopf durch. Drei Sterbliche und sechs Vampire. Ian, Phineas, Dougal, Zoltan, Jack und Gregori.

Howard parkte in einer dunklen Gasse neben dem Parkplatz von DVN. Sie riefen sofort im Stadthaus an, und innerhalb von Sekunden standen, voll bewaffnet, die sechs Vampire neben ihnen. In ihren Schwertern und Dolchen spiegelte sich das Mondlicht. Ian erklärte ihnen den Plan. Alle Männer nickten, nur Toni schüttelte den Kopf.

»Nein, Ian. Das ist zu gefährlich für dich.«

»Ich bin es, den er will. Es ist so am besten.«

»Sch...« Phineas hob eine Hand. »Jemand kommt.«

Die Männer verteilten sich in der Gasse, und schon bald hörte Toni einen erschreckten Aufschrei.

»Ich muss schon sagen, Gewalt ist nun wirklich nicht nötig.«

Toni blinzelte. Das war Stone Cauffyn.

»Was machst du hier?«, wollte Ian wissen, als Phineas den Nachrichtensprecher hervorzerrte.

»Seid ihr die Guten?«, fragte Stone. »Ich hatte gehofft, dass ihr kommt. Ich will helfen.« Er strich sich durch sein perfektes Haar. »Ich will mitmachen, weil ich nicht langweilig bin!«

»Sch...« Ian brachte ihn zum Schweigen. »Kannst du mit einem Schwert umgehen?«

»Nein, aber ich bin wirklich gut mit der Haarbürste. Oh, und ich weiß, wo es einen geheimen Eingang gibt. Hilft das?«

»Ja. Du bringst die Sterblichen durch den geheimen Eingang rein", befahl Ian. »Gregori, geh mit ihnen. Der Rest von euch, ihr wisst, was zu tun ist. Gehen wir.« Er schritt voran in die dunkle Gasse.

Toni rannte zu ihm. »Ian, bitte tu das nicht. Es muss eine bessere Möglichkeit geben.«

»Ich habe alle Alternativen erwogen, Toni. Wenn wir angreifen, bringt Jedrek die Geiseln um. Auf diese Art denkt er, er hat gewonnen, und ist leichter zu besiegen.« Er sah sie besorgt an. »Wenn ich dich anflehte, in der Gasse zu bleiben, würdest du?«

»Du weißt, ich kann nicht. Ich muss für dich da sein.«

Ian seufzte. »Versuch nicht, es mit den Malcontents aufzunehmen.«

»Ja, ja, die Vampire sind überlegen. Habe ich schon gehört. Ich bin nicht gut genug.«

Ian blieb stehen und nahm ihre Hand. »Mir ist niemand mehr wert als du. Mach mir keine Vorwürfe, weil ich Angst um deine Sicherheit habe.«

»Ich fühle das Gleiche für dich.«

»Ich komme klar. Vertrau mir.« Er küsste sie auf die Stirn und schlich sich dann an der Wand der Gasse entlang auf den Parkplatz von DVN.

Toni sprach ein stummes Gebet für ihn. Heiße Tränen brannten in ihren Augen, aber sie blinzelte sie davon. Dafür war jetzt keine Zeit.

Phineas, Dougal, Zoltan und Jack bewegten sich ebenfalls schleichend auf den Parkplatz zu. Sie hielten sich im Verborgenen, während Ian direkt auf die Eingangstür zuging.

»Auf geht's.« Howard winkte ihr. Carlos, Gregori und Stone folgten ihm. Sie schlichen sich über den hinteren Teil des Parkplatzes, immer in den Schatten verborgen. Sie blieben hinter zwei großen Autos stehen, um zu beobachten.

Ian ging auf den Eingang zu, wo zwei Wachen der Malcontents ihre Waffen auf ihn richteten. Er hob seine Hände. »Ich bin Ian MacPhie. Ich habe die Droge für Jedrek dabei.«

Eine der Wachen hielt seine Waffe auf Ian gerichtet, während die andere ihn abtastete. »Keine Waffen.«

»Was ist mit seiner Handtasche?« Der Malcontent richtete seine Waffe auf den Lederbeutel, der auf Ians Kilt auflag.

»Das ist ein Sporran.« Ian öffnete ihn und zeigte ihnen die Flasche mit der grünlichen Flüssigkeit. »Ich soll das hier persönlich überbringen.«

Toni stockte der Atem. Hatte er wirklich etwas von der Droge bei sich?

Der Wachposten durchsuchte Ians Sporran. »Sonst ist nichts drin. Gehen wir.« Er öffnete die Tür und bedeutete Ian einzutreten.

Die Wachen suchten mit den Augen den Parkplatz ab, sahen nichts, und folgten beide ins Gebäude, um Ian zu Jedrek zu bringen.

Etwa fünf Minuten später sah Toni eine verschwommene Bewegung, als Phineas und Dougal sich in Vampirgeschwindigkeit auf den jetzt unbewachten Eingang zu bewegten. Sie schlüpften hinein. Zwei weitere Gestalten krochen aus den Schatten. Zoltan und Jack stellten sich auf beiden Seiten neben die Tür und drückten sich flach gegen die Wand.

Gregori fluchte tonlos. »Deren Alarm ist gerade angegangen. Es muss ein Malcontent im Sicherheitsbüro sitzen, und der hat unsere Leute gesehen.«

»Wir wussten, dass das passieren kann", flüsterte Howard.

»Wenigstens sind die Aufnahmestudios schalldicht", sagte Gregori. »Jedrek kann es nicht hören.«

Toni erinnerte sich an den Plan, den Ian in der Gasse erklärt hatte. Phineas und Dougal sollten das Sicherheitsbüro so schnell wie möglich übernehmen.

Die zwei Wachen, die Ian begleitet hatten, kehrten zurück. Sie rannten mit gezogenen Schwertern aus der Vordertür, aber sie kamen nicht weit. Zoltan und Jack sprangen sie an und verwandelten die beiden in Blitzgeschwindigkeit in zwei Haufen Staub auf dem Asphalt.

Zoltan und Jack steckten ihre Dolche ein und zogen ihre Schwerter. Dann rannten sie ins Innere des Gebäudes. Ihre Mission war es, durch das ganze Gebäude zu sausen und alle Malcontents umzubringen, die ihnen begegneten. Für Toni sah es ganz so aus, als würden sie mit der Aufgabe fertig werden.

»In Ordnung, Stone, gehen wir.« Howard gab dem Nachrichtensprecher einen Stoß.

Sie rannten zur Seite des Gebäudes. Stone bewegte eine schwere Topfpflanze, um darunter eine Falltür im Gehweg neben dem Gebäude freizulegen. Er zog an einem Metallring, um die Tür zu heben, und gab den Blick auf eine Treppe frei, die in den Keller führte.

Howard zog eine kleine LED-Taschenlampe aus seinem Allzweckgürtel und schaltete sie an. »Gehen wir.«

»Das sind alles Lagerräume", flüsterte Stone, sobald sie am Ende der Treppe angekommen waren. »Hier unten kommt niemand her außer Tiffany und der Boss, wenn sie...«

»Schon verstanden", murmelte Gregori. »Bring uns zu einer Treppe, die möglichst nah am Regierraum liegt.«

»Hier entlang.« Stone führte sie durch den riesigen Lagerraum und eine schmale Treppe hinauf.

»Ich zuerst.« Gregori zog sein Schwert.

»Natürlich.« Stone ließ ihn vorbei.

Gregori öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus. »Alles klar.« Er führte sie einen leeren Korridor hinab. Das Geräusch von scheppernden Klingen drang aus der Ferne zu ihnen. Als Toni unter einer Überwachungskamera vorbeiging, konnte sie nur hoffen, dass Phineas und Dougal sie beobachteten, und nicht die Malcontents.

»Hier ist es.« Gregori blieb vor einer Tür stehen, auf der Regie stand. Aus dem Raum drang das Geräusch scheppernder Klingen. Gregori stieß die Tür auf. Toni folgte ihm gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Zoltan sein Schwert über die Kehle eines Malcontent schwang und sie ihm dann ins Herz stieß. Der tote Vampir verwandelte sich zu Staub.

Zoltan wirbelte zu ihnen herum und verbeugte sich. »Der Raum gehört euch.« Er sauste hinaus.

»Wow.« Toni sah, wie Zoltan um die Ecke verschwand.

»Ich bin froh, dass der Kerl auf unserer Seite ist", murmelte Carlos.

»Seht euch das an.« Er deutete auf eine Wand, die mit zehn Bildschirmen bedeckt war.

Toni stockte der Atem. Alle zwölf Bildschirme zeigten die gleiche Szene, das Studio, in denen die Nightly News aufgezeichnet wurden. Ian war bis auf den Kilt ausgezogen, und Nadia legte ihm gelassen ein Silberseil um die nackte Brust. Rote Striemen erschienen auf Ians Haut, und das zischende Geräusch zog Tonis Magen zusammen.

»Wir müssen ihn da rausholen.« Toni zog einen Dolch aus ihrem Gürtel.

»Werden wir bald", versicherte Gregori ihr, »Ian wollte sicherstellen, dass wir den Rest des Gebäudes in unserer Gewalt und so viele Malcontents wie möglich umgebracht haben, ehe wir zum letzten Schlag gegen Jedrek ausholen.«

Howard stand an der Tür Wache, während sie alle die Monitore anstarrten, unfähig, Ian zu helfen.

»Du hast die Droge", sprach Ian durch zusammengebissene Zähne, »jetzt lass die Geiseln frei.«

Jedrek hob die Flasche mit grünlicher Flüssigkeit. »Wie kann ich mir sicher sein, dass es wirklich die Wachdroge ist? Du könntest Gift in die Flasche gefüllt haben. Ist es Gift, MacPhie?«

Ian starrte ihn unverwandt an.

»Ist es Gift?«, brüllte Jedrek.

Nadia schlang eine Schlaufe des Silberseils um Ians Hals und zog sie fest zu. Die Haut zischte.

Es war Toni, als müsste sie sich jeden Moment übergeben.

Ian starrte Jedrek wütend an. »Es ist kein Gift. Probier es doch selbst.«

Jedrek nickte langsam. »Du willst, dass ich es trinke.« Er stakste zu Corky und riss ihr das Isolierband vom Mund.

Sie kreischte. »Das hat wehgetan, du Bastard.«

»Das hier wird vielleicht noch schlimmer. Halt sie fest!«, befahl Jedrek, und Yuri hielt Corkys Kopf.

Corky presste ihre Lippen fest zusammen, aber Jedrek hielt ihr so lange die Nase zu, bis sie den Mund öffnen musste, um nach Luft zu schnappen. Jedrek goss ihr etwas von der grünlichen Flüssigkeit in die Kehle.

Zurück im Regieraum, öffnete sich die Tür langsam und Phineas spähte hinein. »Nicht schießen", warnte er Howard.

»Habt ihr das Sicherheitsbüro?«

»Ja. Ich habe Dougal dort gelassen. Zoltan und Jack machen noch eine letzte Runde. Wir sind fast bereit, uns Jedrek vorzunehmen.«

»Gott sei Dank.« Toni deutete auf die Monitore. »Habt ihr gesehen, was die mit Ian machen?«

»Ja.« Phineas verzog das Gesicht. »Im Sicherheitsbüro gibt es einen Monitor, der uns zeigt, was gerade gesendet wird. Wichtiger noch, die gesamte Vampirwelt sieht, was die Ian gerade antun. Und er hat da draußen einen Haufen Bewunderer.«

»Und?« Toni wollte nichts von den ganzen Vampirfrauen hören, die immer noch mit Ian ausgehen wollten.

»Und, die tauchen gerade alle draußen auf", erklärte Phineas. »Wir können den Parkplatz auf einem Monitor überwachen, und es müssen mindestens fünfzig wütende Vampire da draußen sein. Sie brüllen alle, dass Ian MacPhie freigelassen werden muss.«

»Du liebe Güte.« Toni war völlig perplex.

»Es ist ziemlich wild da draußen", fuhr Phineas fort. »Die Frauen haben Peitschen und Baseballschläger.«

»Ich habe eine Idee.« Gregori trat an eine Wand voller Regale und nahm sich eine Kamera. Er stellte sie an und betrachtete die Bildschirme. »Wie schaffe ich es, das hier dort erscheinen zu lassen?«

»Hier.« Stone trat an das Bedienpult und legte einige Schalter um. Ein Monitor am Ende zeigte den Regieraum, wie man ihn durch Gregoris Kamera sehen würde.

»Und wie bringen wir das auf Sendung?«, fragte Gregori.

Stone zeigte ihnen, welche Schalter sie benutzen sollten. Er reichte Carlos die Kopfhörer und nahm sich selbst ein Paar kleinere.

»Ich lasse euch wissen, wenn wir so weit sind.« Gregori hastete aus der Tür. »Gehen wir, Stone.«

Phineas und Howard standen Wache, während Carlos das Bedienpult betrachtete. Toni beobachtete die Monitore und fragte sich, wie es Ian ging. Sie konnte ihn im Augenblick nicht sehen, weil die Kamera immer noch auf Corky gerichtet war. Die Vampirwelt wartete darauf, zu erfahren, ob es Gift war, das Corky trinken musste.

»Wie fühlst du dich?«, fragte Jedrek sie.

»Es - es geht mir gut.«

»Du fühlst überhaupt nichts?«

Corky starrte ihn wütend an. »Tatsächlich fühle ich mich großartig. Voller Energie, als könnte ich dich mit einem Tritt in den Hintern bis nach China befördern.«

»Kneble sie", befahl Jedrek, und Yuri klebte Isolierband über Corkys Mund.

Jedrek ging durch den Raum und blieb vor Ian stehen. »Voller Energie? Das klingt passend.« Er hob die Flasche an seine Lippen und trank den Rest des Inhalts.

Er grinste Ian boshaft ins Gesicht. »Ist dir klar, was geschehen wird, MacPhie? Die Sonne wird aufgehen, und du wirst in den Todesschlaf fallen, während ich am Leben bleibe. Dich bringe ich als Ersten um.«

Ian blieb stumm.

»Meister?«, fragte Yuri mit Verspätung. »Was, wenn er auch die Droge genommen hat?«

Jedrek drehte sich auf dem Absatz zu Ian um, der einfach zurückstarrte. »Das wird egal sein. Wir lassen ihn einfach gefesselt. Er wird sich nicht verteidigen können.«

»Meister!«, rief eine andere männliche Stimme, und die Kamera schwenkte zur Tür, durch die Stanislav eintrat. »Meister, die Vampire sind in das Gebäude eingedrungen.«

Zähneknirschend starrte Jedrek ihn an. »Muss ich euch immer sagen, was zu tun ist? Bringt sie einfach um.«

Stanislav wurde blass. »Sie waren zu schnell. Ich - ich kann keinen unserer Männer finden.«

»Was?«, brüllte Jedrek.

»Seht!« Toni zeigte auf den untersten Bildschirm. Gregori und Stone waren auf dem Parkplatz. »Sie sind so weit.«

Carlos legte die Schalter um und sprach in den Kopfhörer. »Du bist drauf.«

Stones Gesicht war jetzt auf fast allen Monitoren zu sehen, während Jedrek auf einen Bildschirm am Boden zurückgewiesen worden war.

»Hier spricht Stone Cauffyn, ich berichte live vom Parkplatz des DVN", brüllte der Nachrichtensprecher. »Wie Sie sehen können, ist es hier auf keinen Fall langweilig! Uber fünfzig Vampirfrauen und einige Männer haben sich hier versammelt, um Ian MacPhie zu unterstützen, der im Inneren des Gebäudes gefangen gehalten wird. Tatsächlich teleportieren sich während ich spreche noch mehr Vampire zu uns.«

Gregori schwenkte mit der Kamera auf die wütende Meute. Sie reckten ihre Fäuste und hielten ihre Baseballschläger in die Luft. »Lasst Ian frei! Lasst Ian frei!«

»Ich habe ihre Anführerin hier bei mir", fuhr Stone fort, und Gregori richtete die Kamera wieder auf ihn. »Vanda Barkowski, haben Sie irgendetwas zu sagen?«

Vanda hob ihre Faust, in der sie ihre Peitsche hielt. »Du gehst unter, Jedrek! Niemand tut unserem Ian MacPhie weh! Wir lieben Ian!«

Die Menge nahm ihren Ruf auf. »Wir lieben Ian! Wir lieben Ian!«

»Oh, bitte", murmelte Toni im Regieraum.

»Sieh dir das an.« Carlos stellte die Lautstärke des Monitors, der das Studio zeigte, in dem Jedrek mit den Händen in der Luft fuchtelte, höher.

»Was zur Hölle geht hier vor?« Jedrek starrte den Monitor im Studio wütend an. »Was macht Vanda Barkowski im nationalen Fernsehen? Wie ist es ihr gelungen, meinen Platz zu stehlen?«

»Die Vampire müssen den Regieraum übernommen haben", vermutete Stanislav.

Jedrek wirbelte herum, um den Malcontent böse anzustarren. »Die haben mich abgewürgt? Das ist meine Show!« Er zog seine Pistole aus seinem Gürtel, sauste zu Ian und presste den Lauf seiner Waffe gegen dessen Stirn. »Bringt mich wieder auf Sendung, sofort!«

Panisch schrie Toni Carlos an. »Carlos, schnell.«

»Schon dabei.« Er schaltete Jedrek wieder auf Sendung.

Jedrek warf einen Blick zum Monitor und entdeckte sich selbst. »Das ist besser. Stanislav, Yuri, ihr erobert sofort die Regie zurück!«

»Ja, Meister!« Sie rannten aus dem Aufnahmestudio.

Toni schluckte und schloss ihre Hand fester um ihren Dolch. »Sie kommen.«

Carlos sprang auf und zog ebenfalls seinen Dolch. Howard ging neben der Tür in Stellung. Auch er hatte einen Dolch in der Hand.

Phineas hob sein Schwert. »Ich nehme einen. Ihr drei den anderen.«

Die Tür sprang auf. Stanislav raste sofort auf Phineas zu, und ihre Schwerter prallten gegeneinander.

Yuri hielt inne, als er Carlos und Toni entdeckte. »Sterbliche", spottete er. Er deutete mit dem Schwert auf sie. »Das wird zu einfach.«

Mit dem Brüllen eines Bären warf sich Howard auf Yuris Rücken und vergrub den Dolch in seiner Seite. Yuri schrie auf und warf Howard mit so viel Kraft ab, dass er durch den Raum flog und gegen die Wand voller Regale prallte. Der Inhalt der Regale prasselte auf Howard nieder. Er bewegte sich nicht mehr.

Mit einem tiefen Atemzug blickte Yuri auf seine blutende Wunde. »Dafür werdet ihr bezahlen.« Er hob sein Schwert und griff an.

Carlos duckte sich, und Toni sprang zur Seite. Plötzlich hörte sie, wie Phineas aufschrie und blickte in seine Richtung. Oh nein! Stanislav war es gelungen, Phineas an der Schulter zu verletzen.

Ein Schatten rauschte an ihr vorbei, und sie wirbelte herum, den Dolch zum Kampf bereit.

»Nein!«, schrie Carlos.

Yuri fasste sie von hinten. Er drückte die Kante seines Schwertes gegen ihren Hals. »Lass deine Waffe fallen.« Das Schwert grub sich in ihre Haut. »Fallen lassen!«

Sie ließ den Dolch zu Boden fallen.

»Zurück!«, rief Yuri.

Hilflos trat Carlos zurück. Das Klirren der Schwerter hallte ihr in den Ohren, als Phineas weiter gegen Stanislav kämpfte. Ein leises Knurren drang aus Carlos' Kehle, als er sein Hemd aufriss. Ihr wurde klar, dass er sich verwandeln wollte.

Im selben Moment wurde um Toni herum alles schwarz.