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Trotz der Hiobsbotschaft, die Sam erhalten hatte, war das Abendessen im Opera Café großartig. Zu Anfang war es ihm schwergefallen, die Gedanken an den Fall zu verdrängen und nicht an die Resslers zu denken, denn die Vorstellung, dass man zwei alte Leute entführt hatte - ganz zu schweigen davon, dass man sie möglicherweise terrorisierte und ermordete -, war unerträglich. Andererseits verschwanden ständig Leute, oft nur für kurze Zeit, ohne dass es mit Entführung oder gar Mord zu tun hatte, sondern mit Krankheiten, Unfällen und - insbesondere bei älteren Menschen - Vergesslichkeit.
Nur traf Letzteres auf die Resslers nicht zu. Ihre Tochter beharrte darauf, dass beide geistig fit seien.
Trotzdem - das hier war Cathys Abend und wichtig für sie, also tat Sam, was er konnte, um diesen Abend zu genießen. Dooley hatte die Musik ausgewählt: eine Prise Schubert, ein paar Scheibchen Verdi und jede Menge Puccini - Hauptsache romantisch, sodass es zu den Kerzen und den zartrosa Rosen passte, die ihren Tisch schmückten und sich durch das gesamte Café rankten.
Das Essen konnte man nur als großartig bezeichnen. Nach einer leichten Vorspeise, Ravioli mit Krabbenfleisch, gab es Kalbsleber mit Rösti und zartem Blattsalat mit einem Dressing, bei dem es Grace einfach nicht gelingen wollte, die genaue Zusammensetzung herauszuschmecken.
»Tut mir leid«, meinte Cathy, als sie zwischendurch kurz zu ihnen nach draußen kam, »ich werde es dir nicht verraten.«
»Aber ich bin deine Mutter«, erwiderte Grace. »Ich habe dir meine Rezepte schließlich auch verraten.«
»Aber mein Rezept ist Berufsgeheimnis.« Cathy grinste. »Vielleicht verrate ich es dir eines Tages trotzdem.«
Nach dem Nachtisch - Tarte Tatin mit hausgemachtem Vanilleeis - waren Simone, Dooley und Cathy endlich bereit, sich zu den Gästen zu setzen.
»Das hier ist genau mein Ding«, sagte Cathy. »Dabei bleibe ich.«
»Du darfst nur nicht zu lange bleiben«, sagte Dooley zu ihr.
Cathy runzelte die Stirn. »Wollt ihr mich loswerden?«
»Im Gegenteil«, erklärte Simone. »Aber wenn das hier dein Leben werden soll, musst du lernen, so viel du lernen kannst, und mitnehmen, was du mitnehmen kannst - von so vielen verschiedenen Restaurants und Köchen wie nur möglich.«
»Und ich bin nur ein durchschnittlicher Koch«, meinte Dooley.
»Du bist ein großartiger Koch!«, widersprach Sam entschieden.
Dooley zuckte bescheiden mit den Achseln, doch in seinen braunen Augen spiegelte sich Freude. »Simone hat jedenfalls recht. Lern von uns, was immer du glaubst, von uns lernen zu können, Cathy, und wenn du so weit bist, suchst du dir das nächste Lokal, das richtig für dich ist. Wir werden dir helfen und dir die besten Referenzen geben.«
»Es hat aber keine Eile«, fügte Simone hinzu. »Gott weiß, wie gern wir dich um uns haben.«