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Montags holten sich Evelyn und Frank Ressler ihr Abendessen meist in einem Restaurant, denn nachmittags gingen sie gern zum Tanztee in ihre Synagoge in Surfside, und das Essen dort taugte nicht viel, gelinde gesagt.

Evelyn war einundsiebzig, Frank drei Jahre älter, aber beide waren noch verliebt wie am ersten Tag. Evelyns Haar war silbergrau, Frank hatte kaum noch welches. Beide brauchten eine Lesebrille, und Frank hatte ein Gebiss. Aber beide waren gesund und bei wachem Verstand.

Es gab Leute, die maulten, die Resslers hätten nur Augen füreinander, doch sie selbst waren nicht dieser Meinung; sie hatten durchaus noch Interesse an anderen Menschen - besonders an Barbara, ihrer geliebten Tochter, an Ariel und Debbie, ihren Enkelkindern, und nicht zu vergessen an Simon, ihrem Schwiegersohn. Und nur weil sie sich gern bei den Händen hielten, wenn sie draußen spazieren gingen ...

»Manche Leute werden da nun mal neidisch«, hatte Evelyn erst vorgestern zu Frank gesagt.

»Ich kenne viele Männer, die nur deshalb neidisch auf mich sind, weil ich dich habe«, erwiderte Frank.

»Mit Schmeicheleien erreichst du alles bei mir«, hatte Evelyn geantwortet.

»Glaubst du, das wüsste ich nicht?«, meinte Frank.

Es war ein erprobtes und bewährtes Rezept, aber sie genossen es beide, folglich schadete es niemandem, und so hatte Evelyn ihn daraufhin geküsst, und Frank hatte ihren Kuss erwidert.

Bei den Resslers wurde immer noch viel geküsst.

Und sie waren dankbar, dass sie einander noch hatten.