Früher Erfolg
Diesen Monat ist es siebzehn Jahre her, dass ich meine Arbeit an den Nagel gehängt oder mich, wenn Sie so wollen, aus dem Geschäftsleben zurückgezogen habe. Ich hatte es satt – sollte doch die Street Railway Advertising Company aus eigener Kraft weitermachen. Ich kündigte nicht aufgrund von Gewinnen, sondern meiner Verluste wegen, wozu Schulden, Verzweiflung und eine gescheiterte Verlobung gehörten, und so kam ich nach St. Paul zurückgekrochen, um »einen Roman zu Ende zu schreiben«.
Dieser Roman, den ich gegen Ende des Krieges in einem Ausbildungslager begonnen hatte, war mein letzter Trumpf. Ich hatte ihn zur Seite gelegt, als ich eine Anstellung in New York fand, doch war er mir immer im Bewusstsein geblieben, so wie einen ganzen trostlosen Frühling lang jener Schuh mit Pappe in der Sohle. Es war wie die Sache mit dem Wolf, dem Schaf und dem Kohlkopf: Hörte ich zu arbeiten auf, um den Roman zu Ende zu schreiben, verlor ich das Mädchen.
Also plagte ich mich in einem mir verhassten Geschäft weiter, und alles Selbstvertrauen, das ich in Princeton und im Lauf einer stolzen Karriere als schlechtester Flügeladjutant der Armee gewonnen hatte, schwand dahin. Verloren und vergessen entfernte ich mich von so manchem Ort sehr schnell – vom Pfandleihhaus, wo ich den Feldstecher gelassen hatte, von den wohlhabenden Freunden, denen ich in einem Vorkriegsanzug über den Weg lief, aus dem Restaurant, wo ich meinen letzten Heller fürs Trinkgeld ausgegeben hatte, aus den heiter-betriebsamen Büros, die ihre Stellen für die eigenen Kriegsheimkehrer freihielten. Nichts als Kleingeld in der Tasche. Ergab es einen ganzen Dollar? Beinahe – wären die zwei Briefmarken nicht gewesen. Und wenn man weniger als einen Dollar hat, wird alles anders, die Menschen sehen anders aus, das Essen sieht anders aus.
Selbst als zum ersten Mal eine meiner Geschichten angenommen wurde, versetzte mich das nicht in Begeisterung. Dutch Mount und ich saßen uns in unserem Straßenbahnreklame-Büro gegenüber und erhielten beide mit derselben Post eine Zusage von derselben Zeitschrift – der alten Smart Set.
»Ich habe einen Scheck über dreißig – und du?«
»Fünfunddreißig.«
Das Bedrückende war, dass ich meine Geschichte bereits zwei Jahre zuvor auf dem College geschrieben hatte und ein Dutzend andere nicht einmal eines persönlichen Briefs für wert befunden worden waren. Das sollte mir wohl sagen, dass ich mich mit zweiundzwanzig Jahren auf dem absteigenden Ast befand. Für die dreißig Dollar kaufte ich einen purpurroten Federfächer für ein Mädchen in Alabama.
Diejenigen unter meinen Freunden, die nicht verliebt waren oder »vernünftige« Mädchen hatten, die auf sie warteten, wappneten sich mit Geduld für eine lange Durststrecke. Ich nicht – ich war in einen Wirbelwind verliebt und musste ein Netz spinnen, das groß genug war, um ihn mit dem Kopf allein zu fangen, einem Kopf voll klimpernder Nickel und kleckernder Dimes, jener ewigen Spieldose der Armen. So konnte es natürlich nicht funktionieren, also kehrte ich, als mir das Mädchen den Laufpass gab, nach Hause zurück und schrieb meinen Roman zu Ende. Dann plötzlich änderte sich alles, und dieser Text handelt vom ersten stürmischen Tosen des Erfolgs und dem herrlichen Nebel, den er mit sich bringt. Es ist eine kurze und kostbare Zeit, denn wenn sich der Nebel nach ein paar Wochen oder Monaten lichtet, muss man feststellen, dass das Beste bereits vorbei ist.
Es begann im Herbst 1919, als ich vollkommen pleite und dazu von der Schreiberei des Sommers so stumpfsinnig geworden war, dass ich mir einen Job bei Northern Pacific gesucht hatte, wo ich Wagendächer reparierte. Dann klingelte der Briefträger an meiner Tür, und ich kündigte noch am selben Tag, lief durch die Straßen und hielt Autos an, um es meinen Freunden und Bekannten zu erzählen: Mein Roman Diesseits vom Paradies war zur Veröffentlichung angenommen worden. In jener Woche klingelte der Briefträger wieder und wieder an meiner Tür, und ich zahlte meine entsetzlichen kleinen Schulden ab, kaufte mir einen Anzug und erwachte jeden Morgen mit einem Gefühl unbeschreiblicher Erhabenheit und Verheißung. Diese Phase endete mit einem Besucher.
Der Besucher hinterließ zunächst nur seinen Namen, doch irgendjemand sagte mir, es sei der Name eines großen Zeitungsverlegers aus einer Nachbarstadt. Was lag näher, als dass dieser Mann bereits von meinen glänzenden Zukunftsaussichten gehört hatte und mich ersuchen wollte, ihm eine Kolumne aus meinen Gedankenresten zu gewähren. Eines Tages kam mein Vater zu mir herauf, jenen Ausdruck auf dem Gesicht, den er den notorisch Gesetzesuntreuen vorbehielt.
»Ein Herr A. ist unten«, sagte er.
»Schön – das ist der Zeitungsverleger.«
»Hm!«, sagte mein Vater, womit es ihm gelang, unbestimmt zu bleiben.
Binnen zwei Minuten war ich mir selbst unsicher, was es mit Herrn A. auf sich hatte. Da stand mein erster anonymer Bewunderer, einer, der nicht mal mein Buch gelesen hatte, und weit davon entfernt, ein Zeitungsverleger zu sein, war er vor allem ein hauptamtliches Scheusal, jemand, der sich mit Zielstrebigkeit und Hingabe darauf konzentrierte, ein Scheusal zu sein. Alles an ihm war aalglatt und in ständiger Bewegung – Auge, Zunge, glitschige Hand und tänzelnder Fuß. Er schnatterte in koketter, abscheulicher Erregung vor sich hin, sagte, er habe Gedichte geschrieben, und machte das Schreiben an sich zu etwas Beschämendem und Anstößigem. Jahrelang war er es, auf den ich mich mehr oder weniger gefasst machte, wenn ein Bewunderer bei mir zu Hause aufkreuzte. Mein uneingeschränktes Glück wankte unter diesem Schlag.
Die Wandlung vom Amateur zum Profi nahm ihren Lauf – eine Art Zusammenflicken des eigenen Lebens zu einem Muster, in dem das Ende eines Jobs automatisch der Anfang des nächsten ist. Vielversprechende Männer, deren Stern binnen eines Jahres wieder verblasst, sind nicht imstande gewesen, all ihr Denken und Fühlen der Aufgabe unterzuordnen, dramatisch zu denken und zu fühlen – Genussmensch und Politiker, Verleger und Idealist, Schmeichler und Hedonist, kluger Kopf und Faulenzer, sie alle finden einen Weg, diese Notwendigkeit zu umgehen, und wenn sie sich an ihre Arbeit setzen, bleiben die Bänder ihrer Schreibmaschinen trocken. Im Juni jenes Jahres noch Amateur, war ich im Oktober, als ich mit einem Mädchen im Süden des Landes zwischen den Grabsteinen eines Friedhofs einherschlenderte, bereits zum Profi geworden und mein Entzücken über manches, was sie fühlte und sagte, von der Ungeduld begleitet, es in einer Geschichte festzuhalten – sie hieß ›Der Eispalast‹. So war ich auch eines Abends während der Weihnachtstage in St. Paul zwei Bällen ferngeblieben, um an einer Geschichte zu arbeiten. Im Laufe des Abends riefen mich drei Freunde an und erzählten mir, welche ungewöhnlichen Ereignisse ich verpasst hätte: Ein stadtbekannter Müßiggänger habe sich als Kamel verkleidet und sei in dieser Aufmachung – mit einem Taxifahrer als Hinterteil – auf der falschen Party erschienen. Voller Wut auf mich selbst, weil ich nicht dabei gewesen war, brachte ich den folgenden Tag damit zu, Bruchstücke der Geschichte zusammenzusammeln:
»Also, es war unglaublich komisch, aber mehr weiß ich auch nicht.«
»Nein, keine Ahnung, wo er den Taxifahrer herhatte.«
»Man muss ihn schon gut kennen, um sich vorstellen zu können, wie komisch es war.«
Verzweifelt sagte ich: »Na schön, offenbar kann ich nicht herausfinden, was genau geschehen ist, aber ich werde darüber schreiben, als wäre es noch zehnmal komischer gewesen als alles, was ihr mir erzählt habt.« Und so schrieb ich es innerhalb von zwanzig Stunden auf, und zwar als »komische« Geschichte, einfach weil alle mit solchem Nachdruck behauptet hatten, es sei komisch gewesen. ›Eher geht ein Kamel…‹ erschien in der Post und taucht bis heute immer wieder in humoristischen Anthologien auf.
Gegen Ende des Winters begann eine angenehme Phase, in der ich mich ganz leergepumpt fühlte, und während ich mir eine kleine Pause gönnte, formte sich vor meinen Augen ein neues Bild vom Leben in Amerika. Die Ungewissheiten des Jahres 1919 waren vorüber – es schien kaum Zweifel darüber zu geben, was geschehen würde: Amerika bewegte sich auf den großartigsten, prachtvollsten Rausch seiner Geschichte zu, und es würde jede Menge darüber zu erzählen geben. Der ganze goldene Aufschwung lag in der Luft – mit all seinen herrlichen Freizügigkeiten und empörenden Verderbtheiten und dem qualvollen Todeskampf des alten Amerika der Prohibition. Alle Geschichten, die mir in den Sinn kamen, hatten einen Stich ins Katastrophale – die entzückenden jungen Geschöpfe in meinen Romanen gingen zugrunde, die Diamantberge meiner Kurzgeschichten explodierten, meine Millionäre waren so schön und verdammt wie Thomas Hardys Bauern. Im Leben waren diese Dinge noch nicht passiert, aber ich war mir ziemlich sicher, dass das Leben kein so ungefährliches, sorgloses Unterfangen war, wie die Leute meinten – die Leute jener Generation, die nur wenig jünger war als ich.
Denn mein Ausgangspunkt war die Trennlinie zwischen den beiden Generationen, und dort stand ich nun, meiner selbst nicht ganz gewiss. Als ich zum ersten Mal stapelweise Post bekam – Hunderte und Aberhunderte von Leserbriefen zu einer Geschichte über ein Mädchen, das sich einen Bubikopf schneiden ließ –, schien es mir einigermaßen absurd, dass man sich damit an mich wandte. Andererseits war es für einen schüchternen Mann ganz angenehm, mal wieder jemand anders als nur er selbst zu sein: »der Autor« zu sein, wie er einst »der Leutnant« gewesen war. Natürlich war man genauso wenig Autor, wie man je Armeeoffizier gewesen war, aber niemand schien hinter die falsche Fassade zu blicken. Dann heiratete ich, und die Druckerpressen hämmerten Diesseits vom Paradies heraus wie Extrablätter im Kino – alles innerhalb von drei Tagen.
Nach der Veröffentlichung erreichte ich ein Stadium manisch-depressiven Wahns. Zorn und Glückseligkeit wechselten im Stundentakt. Viele Leute meinten, es sei ein Schwindel, und vielleicht war es das, und viele andere meinten, es sei eine Lüge, was es nicht war. Völlig benebelt gab ich ein Interview – ich erzählte, was für ein großartiger Schriftsteller ich sei und wie ich diese Höhen erklommen hätte. Heywood Broun, der mir auf der Spur war, zitierte dies mit dem Kommentar, ich sei offenbar ein sehr selbstgefälliger junger Mann, und ein paar Tage lang war mit mir ausgesprochen schlecht Kirschen essen. Ich lud ihn zum Mittagessen ein und sagte ihm in freundlichem Ton, wie schade es doch sei, dass er sein Leben habe vorüberziehen lassen, ohne etwas zustande zu bringen. Er war gerade dreißig geworden. Ungefähr zur gleichen Zeit schrieb ich auch jenen Satz, den mich manche Leute seitdem nicht mehr vergessen lassen: »Sie war eine welke, aber immer noch schöne Frau von siebenundzwanzig Jahren.«
Benebelt erklärte ich dem Scribner Verlag, ich ginge nicht davon aus, dass von meinem Roman mehr als zwanzigtausend Exemplare verkauft würden, und als das Gelächter verebbt war, sagte man mir, fünftausend verkaufte Exemplare seien für einen Erstlingsroman hervorragend. Ich glaube, es dauerte eine Woche, bis die Zwanzigtausendmarke überschritten war, aber ich nahm mich selbst dermaßen ernst, dass ich das nicht einmal komisch fand. Benebelt schlug ich jeden Morgen die Tribune auf, um nachzusehen, ob F.P.A. noch mehr Rechtschreibfehler in meinem Buch gefunden hatte. Er begann mit einer Liste von dreißig, und Leser seiner Kolumne, die eifrig daran mitwirkten, fügten noch einhundert weitere hinzu. Du meine Güte – erwarteten sie denn von mir, dass ich die Rechtschreibung beherrschte? Wenn ich so ein Teufelskerl war, konnten das dann nicht die Korrektoren besorgen?
Diese Wochen in den Wolken fanden etwa eine Woche später ein jähes Ende, als Princeton sich gegen das Buch wandte – nicht die jüngere Studentenschaft, sondern die schwarze Messe der Lehrer und Ehemaligen. Es gab einen freundlichen, aber vorwurfsvollen Brief von Präsident Hibben, und ein ganzer Raum voller Kommilitonen strafte mich plötzlich mit Verachtung. Wir hatten eine ziemlich ausgelassene Party gefeiert – ausgerechnet in Harvey Firestones taubeneiblauem Wagen –, in deren Verlauf ich mir bei dem Versuch, einen Zweikampf zu beenden, ein Veilchen eingehandelt hatte. Der Vorfall wurde zu einer Orgie aufgebauscht, und obwohl eine Delegation von Studenten beim Direktorium vorsprach, wurde ich für ein paar Monate von meinem Club suspendiert. Das wöchentlich erscheinende Ehemaligenblatt fiel über mein Buch her, und allein Dekan Gauss legte ein gutes Wort für mich ein. Die allgemeine salbungsvolle und scheinheilige Haltung war zum Davonlaufen, und in der Folge hielt ich mich sieben Jahre lang von Princeton fern. Dann bat mich eine Zeitschrift um einen Artikel über die Universität, und als ich zu schreiben begann, merkte ich, dass ich sie eigentlich liebte und die Erlebnisse dieser einen Woche im Gesamtbudget nur einen kleinen Posten ausmachten. An jenem Tag im Jahr 1920 verflüchtigte sich jedoch ein großer Teil der Freude über meinen Erfolg.
Aber ich war jetzt ein Profi – und die neue Welt konnte unmöglich dargestellt werden, ohne die alte aus dem Weg zu schaffen. Man entwickelt mit der Zeit eine schützende Härte gegen Lob wie Tadel. Zu häufig gefielen meine Sachen den Menschen aus den falschen Gründen, oder sie gefielen solchen, deren Missfallen ein Kompliment gewesen wäre. Keine anständige Karriere gründete sich je allein auf öffentliche Anerkennung, also lernte man, ohne Vorbilder und ohne Angst voranzuschreiten. Als ich Kassensturz machte, stellte ich fest, dass ich 1919 mit dem Schreiben 800 Dollar, 1920 hingegen 18000 Dollar verdient hatte – Kurzgeschichten, Bildrechte und Buch zusammengenommen. Der Preis für meine Erzählungen war von 30 auf 1000 Dollar gestiegen. Im Vergleich zu dem, was später in der Blütezeit gezahlt wurde, war das zwar eine kleine Summe, doch wie es in meinen Ohren klang, lässt sich kaum beschreiben.
Mein Traum hatte sich früh verwirklicht, und diese Verwirklichung barg einen gewissen Vorteil und eine gewisse Last. Frühzeitiger Erfolg gibt einem einen fast mystischen Begriff von der Vorsehung versus die eigene Willenskraft – schlimmstenfalls in Form des napoleonischen Wahns. Wer schon als junger Mensch ans Ziel kommt, glaubt, er übe seinen Willen aus, weil die Sterne günstig für ihn stünden. Wer sich erst mit dreißig behauptet, nimmt an, dass Willenskraft und Schicksal in einem ausgewogenen Verhältnis daran beteiligt seien; und wer mit vierzig oben ankommt, wird geneigt sein, allein den Willen zu betonen. All das tritt zutage, wenn man in stürmischeres Fahrwasser gerät. Was mein Vater an Erfolg verzeichnen konnte, kam relativ spät in seinem Leben und war von kurzer Dauer, und nie habe ich ihn sein Versagen auf irgendetwas anderes als das eigene Unvermögen zurückführen hören – was er durchaus hätte tun können, schließlich war er einmal einer Panik und ein anderes Mal jener ersten Welle zum Opfer gefallen, in der ältere Männer aus der Geschäftswelt aussortiert wurden. Bei mir hingegen genügte, nachdem ich etliche Jahre privaten Missgeschicks überstanden hatte, ein vergleichsweise kleiner Schlag, um meine Moral vorübergehend völlig außer Gefecht zu setzen. Verbittert und entmutigt schmollte ich zwei Jahre lang und war mir meiner Sache derart sicher, dass ich allen davon erzählte und sogar darüber schrieb, mit so wenig Zurückhaltung als hätte ich bei einem Eisenbahnunfall ein Bein verloren.
Der Mann, der mit dreißig seine Blüte erreicht, blüht im Sommer. Doch der Ausgleich für den sehr frühen Erfolg ist die Überzeugung, dass das Leben ein romantisches Abenteuer sei. So bleibt man im besten Sinne jung. Als ich mich um die wichtigsten Ziele, Liebe und Geld, nicht mehr zu kümmern brauchte und ein wankelmütiger Ruhm seinen Reiz verloren hatte, konnte ich gute Jahre, Jahre, die ich nicht aufrichtig zu bereuen vermag, darauf verschwenden, den ewigen Jahrmarkt am Meer aufzusuchen. Einmal, Mitte der zwanziger Jahre, fuhr ich in der Dämmerung die Grande Corniche entlang, und die ganze französische Riviera glitzerte unter mir auf dem Meer. In der Ferne lag, gerade noch zu erkennen, Monte Carlo, und obwohl die Saison vorbei und kein einziger Großherzog, mit dem man sich im Glücksspiel hätte versuchen können, mehr anwesend war und E. Phillips Oppenheim sich als ein dicker, emsiger Mann entpuppt hatte, der im Bademantel in meinem Hotel lebte – war doch der Name allein so unverbesserlich bezaubernd, dass ich meinen Wagen anhalten musste und wie die Chinesen flüsterte: »Oja! Oja!« Nicht Monte Carlo war es, was ich sah. Vielmehr blickte ich zurück in das Herz jenes jungen Mannes mit den Pappkartonsohlen, der einst durch die Straßen New Yorks gelaufen war. Ich war wieder er – für einen Augenblick hatte ich das Glück, seine Träume zu teilen, ich, der ich keine eigenen Träume mehr hatte. Und noch immer gibt es Zeiten, da ich mich an ihn heranschleiche, ihn an einem Herbstmorgen in New York oder einem Frühlingsabend in Carolina überrasche, wenn es so still ist, dass man einen Hund in der Nachbarstadt bellen hört. Aber nie wieder so wie in jener allzu kurzen Phase, als er und ich dieselbe Person waren, als sich die verheißungsvolle Zukunft und die wehmutsvolle Vergangenheit in einem köstlichen Moment vermischten – als das Leben im wahrsten Sinne des Wortes ein Traum war.