Prolog
Wenn Ihr seine Aufmerksamkeit nicht von vornherein geweckt habt – wie könnt Ihr sie dann überhaupt bewahren?
Das komplette Vorwort von Lady Rothburgs Ratschläge, erstmals veröffentlicht 1802.
 
Das Vestibül war voller gut gekleideter Menschen, die wie juwelengeschmückte Paradiesvögel in ihrem Putz herumschlenderten. Genauso hatte sie es sich erhofft. Brianna Northfield ließ sich von ihrem Ehemann den Samtumhang von den Schultern nehmen und wandte ihm dabei absichtlich den Rücken zu. Sie nickte und lächelte einigen Bekannten im Gedränge zu. Ihr Mann reichte das Kleidungsstück einem in der Nähe stehenden Diener und begrüßte seinen alten Freund Lord Bassford, während Brianna auf ihn wartete und sich immer noch diskret von ihm abgewandt hielt.
Dies war der erste Schritt ihres Plans, und sie hoffte inständig, dass dieser funktionierte, denn sie fühlte sich entblößt.
Sogar sehr.
Colton beendete seine Unterhaltung und nahm ihren Arm. Sein Blick schweifte zum Glück aufmerksam über die Menge, auf der Suche nach einem Weg zu ihrer Privatloge. »Hier entlang, meine Liebe. Ich glaube, da vorn ist es etwas leerer, wo der Earl of Farrington steht.«
»Die junge Frau an seiner Seite ist mir nicht bekannt«, murmelte sie, während ihr das wunderschöne, feurige Haar und die verführerische Figur der jungen Dame auffielen. »Um Himmels willen, er könnte ihr Vater sein.«
»Es handelt sich um seine neueste Mätresse, vermute ich«, sagte ihr Ehemann kühl, während sie sich durch die Menge schoben. »Ich bin sicher, sie sind heute allein aus dem Grund gemeinsam in der Oper, um seine Frau zu quälen. Diskretion war noch nie Farringtons Stärke.«
Der missbilligende Tonfall ihres Mannes entging ihr nicht, aber wenigstens waren seine Worte nicht direkt gegen sie gerichtet. Zumindest noch nicht. Colton Northfield war der fünfte Duke of Rolthven, und er hielt nichts davon, seine privaten Angelegenheiten in der Öffentlichkeit auszutragen. So viel hatte sie in den ersten drei Monaten ihrer Ehe begriffen.
Wenn er sich eine Mätresse hielt, würde er sie bestimmt nicht offen zeigen und mit ihr vor der gesamten besseren Gesellschaft Londons protzen. Brianna betete darum, dass er keine Mätresse hatte. Auch sollte er nie das Gefühl haben, er bräuchte eine.
Er hielt leicht ihren Arm umfasst und geleitete sie zu den mit Teppich ausgelegten Stufen, die hinauf in die elegante Loge in der Mitte führten. Köpfe drehten sich zu ihnen um, als sie vorbeigingen, Bekannte begrüßten sie. Brianna bemerkte, dass die Blicke von mehr als einem Gentleman über ihren Körper glitten.
Wunderbar. Schließlich wollte sie heute Abend Eindruck machen. Wenn die Dauer der männlichen Blicke ein guter Maßstab war, hatte sie auf jeden Fall den erwünschten Erfolg.
Sie spürte es augenblicklich, als Colton zum ersten Mal ihr Kleid bemerkte. Sie waren die Treppe halb hinaufgestiegen. Er zögerte, seine Finger schlossen sich fester um ihren Arm. Mitten in der Bewegung verharrte er, ein Fuß ruhte bereits auf der nächsten Stufe. Plötzlich wurde sein Blick von ihrem Dekolleté gefesselt. »Um Himmels willen, was trägst du da?«
»Willst du wirklich mitten auf der Treppe stehen bleiben und so auf meinen Busen starren?«, fragte sie mit einer Ruhe, die sie so nicht verspürte. Entschlossen machte sie einen weiteren Schritt. »Es handelt sich um Madame Ellens neueste Kreation, und der Ausschnitt ist vielleicht etwas gewagt, ja. Aber mir wurde versichert, ich habe die richtige Figur, um es tragen zu können.«
Ihr Mann stand vollkommen bewegungslos da, sein funkelnder Blick ruhte immer noch auf dem elfenbeinhellen Fleisch, das über dem Stoff ihres Mieders schwoll. Die obere Hälfte ihrer Brüste war fast vollständig entblößt. Leise stieß er hervor: »Sicher kannst du derlei tragen, aber vielleicht hättest du dich vorher fragen sollen, ob du es überhaupt tragen solltest. Besser wäre es gewesen, du hättest mich gefragt.«
Ihn in Modedingen um Rat fragen? Als kümmerte ihn das sonst! Er war stets tadellos gekleidet, verlor aber nie ein Wort über ihr Aussehen.
Vielleicht würde sich das ab jetzt ändern. Es wäre ein hübscher Anfang, wenn sie wüsste, dass er sie tatsächlich eines Blickes würdigte.
Brianna flüsterte: »Die Leute starren uns an, Colton. Sie fragen sich, ob wir wohl in der Öffentlichkeit streiten.«
»Das sollten wir vielleicht tun«, brummte er. »Hast du den Verstand verloren?«
Der Duke of Rolthven, der mit seiner Frau auf den Stufen zur Opernloge in eine Auseinandersetzung verstrickt war? Niemals. Sie hatte diesen Ort mit Bedacht gewählt, weil sie von seiner ihm angeborenen Höflichkeit überzeugt war. Der Gedanke, ihr eine Szene zu machen, wäre ihm zuwider. Brianna zwang sich zu einem gelassenen Lächeln, das überhaupt nicht zu ihrem Gemütszustand passte. Sie spürte die Wärme in ihren Wangen aufsteigen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Keineswegs. Wollen wir unsere Plätze einnehmen?«
Er fluchte leise, ehe er sie den Rest der Stufen geradezu hinaufzerrte. Seine langen Finger waren fest um ihr Handgelenk geschlossen, als er sie die Galerie entlang und auf den Balkon ihrer privaten Loge führte. Sein Gesichtsausdruck war schwer lesbar, sein Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Er schob sie auf einen Stuhl und ließ sich neben ihr nieder.
Das Theater war wie immer vollbesetzt. Die riesigen Kronleuchter funkelten, und die vergoldeten Logen bargen das Stimmengewirr von Hunderten Unterhaltungen. Die Leute kamen nicht her, um die Vorführung zu sehen, sondern vielmehr, um selbst gesehen zu werden und andere zu beobachten. Ein Umstand, dessen sich ihr Mann durchaus bewusst war.
»Ich vermute, da wir nun mal hier sind, würden wir zu viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen, wenn ich dich in deinen Mantel wickle und nach draußen trage«, bemerkte er bitter und streckte seine langen Beine aus. »Ich weiß, unsere Ankunft wird stets bemerkt, aber ich habe mich schon gefragt, warum wir heute auf unserem Weg durchs Foyer mit so viel mehr Blicken bedacht wurden. Jetzt verstehe ich das natürlich. Ich könnte mir vorstellen, dass heute Abend mehr Operngläser auf die freizügige Aussicht deiner Brüste gerichtet sind als auf die Bühne. Wovon nur seid Ihr besessen, Madam, dass Ihr so ein unverschämtes Kleid gewählt habt?«
Weil ich dich verführen will, dachte sie und blickte zu ihm auf. Er sah an diesem Abend so umwerfend attraktiv aus wie immer, auch wenn ein Stirnrunzeln auf seinem hübschen Gesicht lag und die sinnliche Linie seines Mundes tadelnd zusammengepresst war. Er war groß, schlank und athletisch gebaut, sein Haar dicht und kastanienbraun. Bei den seltenen Gelegenheiten wenn Colton lächelte, stieg jeder Frau im Raum die Röte in die Wangen. Hohe Wangenknochen verliehen seinem Gesicht etwas Arrogantes. Seine Nase war gerade, sein Kiefer fein gemeißelt. Als Brianna ihm das erste Mal begegnet war, hatte sein offenkundig gutes Aussehen sie eingeschüchtert. Und als er tatsächlich begann, ein gewisses Interesse an ihr zu zeigen, hatte sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt, wie ein Mädchen in einem romantischen Märchen.
Aber es gab einiges in ihrer Ehe, das sie so nicht erwartet hatte. Für einen mythischen Prinzen hatte Colton doch einige Fehler. Er war einer der reichsten Männer Englands und verfügte über enorme politische Macht. Hinzu kam seine klangvolle Herkunft. All das konnte eine naive Debütantin blenden. Brianna hatte aber nicht bedacht, wie wenig seiner kostbaren Zeit er ihr widmen würde, sobald sie erst seine Frau geworden war.
Er hatte jedoch nicht die demütige, kleine Unschuld zur Frau genommen, für die er sie vermutlich hielt.
Mit so viel Selbstbeherrschung, wie sie aufbringen konnte, erwiderte Brianna: »Heute Abend sind viele Damen anwesend, deren Kleider ebenso modisch tief ausgeschnitten sind wie meines. Ich habe gedacht, es würde dir gefallen.«
»Du meinst, ich mag es, wenn jeder Mann in London auf den nackten Busen meiner Frau starrt?« Seine Augenbrauen hoben sich, aber sein Blick glitt erneut hinab. »Denk doch mal nach, meine Liebe.«
»Eigentlich habe ich gedacht, du könntest vielleicht Gefallen daran finden, wie ich in diesem Kleid aussehe«, antwortete sie. Hoffnung keimte in ihr auf, denn obwohl er abweisend klang, konnte er offenbar nicht aufhören, sie anzustarren.
Für einen Moment schien er überrascht. Seine azurblauen Augen verengten sich leicht. »Du bist atemberaubend schön, Brianna. Ich bewundere immer, wie du aussiehst. Was glaubst du denn, warum ich dich sonst geheiratet habe?«
Das war nicht das, was sie hören wollte. Im Gegenteil, genau das wollte sie nicht hören. Brianna schlug ihren Fächer auf und erwiderte wütend: »Ich hoffe, Ihr habt mich nicht geheiratet, Euer Gnaden, damit Ihr bei Anlässen wie diesem ein hübsches Schmuckstück am Arm habt. Ich bin ein Mensch und eine Frau. Und Eure Ehefrau.«
Ihre Erwiderung ließ einen für ihn untypischen verwirrten Ausdruck über sein Gesicht gleiten. »Vielleicht habe ich mich unglücklich ausgedrückt. Ich wollte damit sagen, dass du für mich immer attraktiv bist. Du brauchst für mich nicht halb nackt zu sein, damit ich das denke.«
»Dann beweise es mir.«
»Wie bitte?« Seine geschwungenen Augenbrauen schossen in die Höhe. Er starrte sie offensichtlich verblüfft an.
Gut. Jetzt hatte sie wirklich seine Aufmerksamkeit. Allzu oft schien er sich nur am Rande ihrer Anwesenheit bewusst zu sein. Er war ein beschäftigter Mann, und sie verstand und akzeptierte, dass die Verantwortung seines Titels und seines Vermögens von ihm einen Großteil seiner Zeit erforderte. Aber wenn sie zusammen waren, wollte sie zumindest wissen, ob ihr Mann ihre Gesellschaft wenigstens genoss. Sie gewöhnten sich beide noch immer an die Umstände der Ehe – zumindest ging es ihr so. Bei ihm bemerkte sie keinerlei Veränderung seiner Gewohnheiten, seitdem er sie zur Frau genommen hatte. Er arbeitete noch immer einen Großteil des Tages, ging noch immer in den Club und verbrachte noch immer bei den Bällen und Soireen mehr Zeit in den Spielsalons als an ihrer Seite.Viele Paare der besseren Gesellschaft lebten ihr Leben unabhängig voneinander. Doch sie wollte das nicht. Um seine Einstellung zu diesem Thema zu ändern, musste es ihr zunächst gelingen, dass er sie tatsächlich bemerkte.
Das Orchester setzte ein, und sie hob ihre Stimme, um die Musik zu übertönen. Es kümmerte sie nicht, ob die Besucher in den angrenzenden Logen ihre Worte hörten. Laut und deutlich sagte Brianna: »Heute Nacht will ich, dass du mir beweist, wie attraktiv du mich findest.«
»Wovon sprichst du, zum Teufel?«
Brianna blickte ihren Mann an und seufzte leise. »Ich habe befürchtet, dass du vielleicht genau so etwas sagen könntest.«
 
Frauen waren so unberechenbare, irrationale und emotionale Geschöpfe, grübelte Colton Northfield finster, als er nur mit halbem Ohr Mozarts Komposition zuhörte. Sein Blick ruhte müßig auf der Bühne, wo eine farbenfrohe Theatertruppe zu denselben lebhaften Melodien tanzte, die er schon so oft gehört hatte. Neben ihm saß seine hübsche Frau und war von dem Anblick hingerissen. Ihr Fächer bewegte sich in langsamen Bögen in der Schwüle des großen Raums. Strähnen ihres seidigen, hellblonden Haars strichen über ihren schlanken Nacken, und ihr zartes Gesicht war von der Hitze leicht gerötet.
Er hatte sie nicht angelogen: Sie war eine der schönsten Frauen, denen er je begegnet war. Seit dem ersten Augenblick, als sie einander vor knapp einem Jahr vorgestellt worden waren, hatte er sie innig begehrt. Sein Liebeswerben, die notwendige Verlobungszeit und das Eheleben hatten das nicht im Geringsten geändert. Sogar jetzt spürte er, wie seine Erektion sich unangenehm gegen das enge Gefängnis seiner maßgeschneiderten Hose drückte. Daran war das Beben ihrer üppigen Rundungen, die sich über den Ausschnitt des Mieders ihres elfenbeinfarbenen Kleids schoben, das – egal was sie sagte – beinahe skandalös war, nicht unbeteiligt.
Was genau ging ihr bloß durch den hübschen Kopf? Wenn man ihn vor diesem Abend gefragt hätte, dann wäre Colton überzeugt gewesen, dass Brianna die letzte junge Dame seines Bekanntenkreises wäre, die etwas so Offenherziges tragen würde. Gewöhnlich war sie sehr anständig. Manchmal sogar zu anständig für seinen Geschmack, aber andererseits war sie auch noch unerfahren und unschuldig. Er hatte seine Leidenschaft so weit wie möglich gebremst, und so geriet ihr Liebesspiel zu einer gezügelten Angelegenheit. Er versuchte, sie mit der Intimität des Akts vertraut zu machen und ihre nachvollziehbaren Hemmungen abzubauen.
Heute Abend war jedoch eindeutig nichts Gehemmtes an ihr, und das machte auf ihn einen nachhaltigen Eindruck. Es überraschte ihn. Er sollte über ihre Kleiderwahl verärgert sein, zumal sie sich so in der Öffentlichkeit zeigte. Oh ja, er war tatsächlich verärgert. Aber da war noch mehr.
Er war fasziniert.
Sie lehnte sich vor und hob das goldene Opernglas in ihrer Hand an die Augen, um das Geschehen auf der Bühne besser verfolgen zu können. Ihre Rundungen prüften wahrlich das bisschen Stoff, das sie kaum bedeckte. Er hätte schwören können, dass er den Rand eines rosigen, perfekten Nippels aufblitzen sah.
Vielleicht war er die Sache auch völlig falsch angegangen, überlegte er. Es war ihm unmöglich, seine Gedanken von ihrer unerwarteten Herausforderung abzulenken. Es war nicht so, dass er es im Entferntesten billigte, wenn sie halb nackt in der Öffentlichkeit erschien, aber er bewunderte ihren Anblick. Sie hatte auf jeden Fall wunderschöne Brüste, voll und anschmiegsam. Der helle Farbton ihres Kleids wirkte unschuldig und wurde durch den sündig tiefen Ausschnitt ausgeglichen. Eine Kombination, die interessante Dinge mit seinem Körper unterhalb der Gürtellinie anstellte.
Sehr interessante Dinge.
»Der Sopran ist außergewöhnlich, findest du nicht?« Seine Ehefrau senkte das Fernglas und lächelte. Ihre dunkelblauen Augen, die von langen Wimpern umrahmt wurden, waren noch immer auf die Vorstellung gerichtet.
Da er ohnehin nicht aufpasste, war es für ihn schwer, etwas auf diese Bemerkung zu erwidern.
Du bist außergewöhnlich.
Zurückhaltend murmelte er: »Ja. Sehr talentiert.« Eine alles andere als geistreiche Antwort.
»Die letzte Arie hat mir den Atem geraubt.«
Atemberaubend waren eher die anmutige Linie von Briannas nackten Schultern und die makellose Perfektion ihrer Haut. Nicht zu vergessen die rosige, weiche Verführungskraft ihres Mundes und der Kontrast ihrer dunkleren Augenbrauen, die sich von der goldenen Pracht ihrer Haare abhoben …
Du lieber Himmel, dachte Colton amüsiert ob seiner empörenden Gedanken. Was tat er hier? Lyrische Vergleiche und wollüstige Gedanken zu hegen, während er in seiner Opernloge saß, war überhaupt nicht typisch für ihn.
Er zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen auf der Bühne zu richten. Oder wenigstens versuchte er es.
Es schien ewig zu dauern, ehe die Musik endete und der Applaus aufbrandete. Danach begann der chaotische Auszug aus dem Theater. Er nutzte den Vorteil seiner Größe, um eine passende Lücke auszumachen, und geleitete seine Frau so schnell wie möglich nach draußen. Einerseits wollte er damit vermeiden, dass man über ihr Auftreten tuschelte, und außerdem – wenn er ehrlich war – sollte kein anderer Mann Gelegenheit haben, ihrem unbestreitbaren Zauber zu erliegen. Er wechselte die üblichen Höflichkeitsfloskeln mit Bekannten, fasste sich dabei jedoch so kurz wie möglich und wartete ungeduldig, dass man ihm ihren Mantel brachte. Er legte ihn ihr rasch um die Schultern und verspürte endlich eine tiefe Erleichterung.
»Meine Kutsche, wenn ich bitten darf«, sagte er knapp zu einem Diener, der sich verbeugte und an dem Klang seiner Stimme offenbar die Dringlichkeit der Lage erfasste. Der junge Mann rannte fast, um seinem Befehl Folge zu leisten.
»Hast du es eilig?«, fragte Brianna.
Ihre Frage klang recht unschuldig, aber er war nicht sicher, ob sie das auch wirklich war. Heute Abend hatte sie ihn wirklich überrascht. »Ich möchte nicht länger als nötig hier stehen«, log er.
»Ja, das kann ermüdend werden«, pflichtete sie ihm bei und schob den Umhang gerade so weit von ihren Schultern, dass sie den Anblick entblößte, den zu bedecken er so bemüht war. »Meine Güte, das ist ein ziemlich warmer Abend, nicht wahr?«
Er schwitzte jedenfalls, und er war nicht vollkommen sicher, ob die hohen Temperaturen für sein Unwohlsein verantwortlich waren.
Sobald die Kutsche vorfuhr, half Colton Brianna hinein und folgte ihr. Er setzte sich ihr gegenüber und hämmerte an die Decke, um dem Kutscher das Zeichen zur Abfahrt zu geben.
Im dämmrigen Innern des Gefährts war Brianna noch verführerischer. Ihr Mantel stand offen, und er blickte direkt auf ihre prächtigen Rundungen, die über dem Ausschnitt ihres Kleides blass schimmerten. Er räusperte sich und fragte: »Hat dir die Vorstellung gefallen, meine Liebe?«
»Ja.« Ihre Stimme war nur ein Hauch, und sie blickte unter ihren langen Wimpern so provokativ zu ihm auf, wie er sie noch nie erlebt hatte. Mit jedem Atemzug drohten ihre Brüste aus der unzureichenden Enge ihres Kleids auszubrechen. »Hat es dir gefallen?«
Er war gefesselt.Vielleicht fesselte sie ihn auch jetzt noch.Verdammt, hatte sie ihm nicht gerade eine Frage gestellt?
Es wäre nur höflich, ihr darauf zu antworten.
»Der Anblick war großartig«, bemerkte er ironisch und gab zugleich sein Bemühen auf, das wollüstige Interesse an ihr zu verbergen. »Und ja, ich glaube, auch die Oper fand ich vergnüglich.«
Sie lächelte. Sie sah nicht länger wie die junge Unschuld aus, die er geheiratet hatte. Jeder Zentimeter von ihr war ganz die verführerische, sinnliche Frau. »Wenn ich auf irgendeine Weise zu deinem Vergnügen beitragen kann, steht es dir frei, diesem Drang nachzugeben. Jetzt wäre es ja durchaus angemessen.«
»Jetzt?«, wiederholte er und fragte sich, ob er die Bedeutung ihrer Worte richtig verstand.
»Jetzt.« Ihr Lächeln wurde breiter.
Oh ja, sie meinte es genau so.
Irgendwo tief in seinem Innersten verdrießte es ihn, dass sie genau wusste, wie sehr ihr Auftreten ihn durcheinanderbrachte. Aber dieser Teil von ihm hatte die Kontrolle abgegeben. Ein anderer Körperteil übernahm jetzt das Kommando.
Er wollte sich nicht zu ihr hinüberbeugen. Schließlich war es höchst würdelos, sich in einer Kutsche einer Indiskretion hinzugeben. Aber plötzlich kümmerte es Colton nicht mehr. Er streckte die Arme nach ihr aus und zog Brianna auf seinen Schoß. Er lehnte sich auf der Sitzbank zurück, senkte den Kopf und küsste sie hungrig. Seine Zunge erkundete ihren Mund und kostete jeden süßen Winkel aus. Sie erwiderte seinen Kuss mit ebenso großer Leidenschaft. Ihre Arme legten sich um seinen Hals, und ihr schlanker, wohlgerundeter Körper drückte sich an seinen. Ohne von ihrem Mund zu lassen, schob er den Stoff von ihrer Schulter. Ihre entblößte Brust lag in seiner Hand. Ein weiches, geschmeidiges Gewicht.
Perfekt.
Alles um ihn herum verblasste. Das Rattern der Kutschenräder, als sie über das Kopfsteinpflaster fuhren, der warme Abend … Nichts nahm er mehr wahr, außer dem harten Pochen seines Glieds. Er konnte ihren abgehackten Atem hören, als er schließlich den Kuss unterbrach und seinen Mund hinabgleiten ließ. Er erkundete die anmutige Linie ihres Halses, und seine Lippen verharrten einen Moment lang an der Stelle, wo ihr Puls unter der Haut schnell und leicht flatterte. Brianna machte ein leises Geräusch, als sein Daumen die herrliche Spitze ihres rosigen Nippels umkreiste. Ihr Kopf sank gegen seine Schulter. »Colton, … oh, ja.«
Ihre Haut war weich, glatt und unendlich weiblich. Seine Finger fanden rasch die Schnürungen am Rücken ihres Kleids, und innerhalb weniger Augenblicke sank der Stoff bis zu ihrer Taille hinab. Er leckte das verführerische Tal zwischen ihren Brüsten, küsste ihre Rundungen und saugte an den Nippeln, bis sie sich aufstellten und hart wurden. Er spürte die Erregung seiner wundervollen Frau schon allein daran, weil sie sich an ihn klammerte und seinen Namen flüsterte.
Die herzogliche Kutsche hatte recht breite Sitze, ein Umstand, den er bisher nicht zu schätzen gewusst hatte. »Ich kann nicht glauben, was ich gerade tue. Herr im Himmel, aber ich muss dich jetzt nehmen, Brianna«, keuchte er und legte sie auf den Sitz.
»Ich will dich auch.« Ihr Haar hatte sich gelöst und umrahmte ihr Gesicht in einem seidigen Durcheinander. Ihre Schultern schimmerten im dämmrigen Licht elfenbeinhell, und ihre nackten, erregten Brüste bewegten sich mit jeder Bewegung der Kutsche. Ihm stockte der Atem, als sie nach unten griff und ihre Röcke bis zur Taille raffte. Darunter offenbarten sich ihm ihre langen, wohlgeformten Beine in Seidenstrümpfen und Strumpfbändern. Ihr Schamhaar war ein kleines, goldenes Dreieck zwischen ihren weißen Schenkeln, und als er seine Jacke beiseitewarf, spreizte sie einladend die Beine.
Er war erregt. Es verlangte ihn so heftig nach ihr, dass er glaubte, im nächsten Moment schon zu kommen. Froh nahm Colton ihre Einladung an und zerrte an seiner Hose. Nachdem er seine Erektion befreit hatte, legte er sich auf den Körper seiner halb entkleideten Frau und schob sich zwischen ihre weit geöffneten Beine. Mit einer Hand stützte er sich an der Rückenlehne der Sitzbank ab und führte sein hartes Glied an ihre Öffnung, die nass und bereit für ihn war. Brianna krallte sich in seine Schultern, als er in sie stieß. Ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle.
Das ist so gut, dachte er. Feurige Leidenschaft erfasste ihn. Es kümmerte ihn nicht einmal, dass sie laut war. Er ermahnte sie nicht. Der Gedanke, dass sein Kutscher sie beim Liebesakt belauschen könnte, hätte ihn unter normalen Umständen abgestoßen, aber in diesem Augenblick kümmerte es ihn einfach nicht. Er zog sich aus ihr zurück, nur um sofort wieder in sie zu stoßen und sie mit langen Stößen zu reiten, die pumpenden Bewegungen seines Körpers im Takt mit dem Schaukeln der Kutsche.
Brianna bäumte sich auf, ihre Hüften hoben sich ihm mit jedem Stoß entgegen. Sie hatte die Augen geschlossen, und die langen Wimpern warfen dunkle Schatten auf ihre geröteten Wangen. Ihre Fingernägel gruben sich durch die dünne Schicht seines Hemds tiefer in seine Haut, als er den Rhythmus beschleunigte. Colton merkte überrascht, dass sie ohne weitere Stimulation bereits den Höhepunkt erreichte. Ein erstickter Schrei entrang sich ihr, als sie sich ihm fordernd entgegenhob, und ihre inneren Muskeln begannen, sich zusammenzuziehen.
Das gab ihm den Rest.Tief stieß er in sie und explodierte mit so großer Intensität, dass sein Körper erbebte. Er verharrte, und der Ausbruch nahm ihn ganz gefangen, als er seinen Samen in sie pumpte und ihren Namen stöhnte.
Als er schließlich wieder zu Atem kam, wurden ihm zwei Dinge bewusst. Zum Ersten lächelte seine atemberaubende Frau zu ihm auf, triumphierend, wie ihm schien.
Das Zweite war, dass das Gefährt, in dessen Inneren sie auf geradezu anstößige Weise halb nackt lagen, gerade zum Stehen kam.
»Verdammt«, murmelte Colton ungläubig. Hatte er tatsächlich soeben seine eigene Frau in einer fahrenden Kutsche geschändet wie ein brünstiger Heranwachsender?