Kapitel 3
Das Überraschungselement ist immer nützlich.
Merkt Euch, dass Männer die Abwechslung lieben. Wenn Ihr ihm dies
bieten könnt, schaut der Mann sich nicht anderweitig nach Ablenkung
um.
Aus dem Kapitel »Wie Ihr die Beute verstehen
lernt«
»Würde es dir etwas ausmachen, mir zu sagen, was
du dir dabei gedacht hast?«, fragte Lea und hob dabei eine
Augenbraue.
Es war ein herrlicher Herbsttag. Der Himmel war
wolkenlos, die Luft warm, und sie saßen im kleinen Garten ihrer
Schwester. Eins der Kinder rannte auf dem Rasen im Kreis und warf
sich mit einem markerschütternden, aber glücklichen Kreischen zu
Boden, ehe es sich herumrollte, ohne darauf zu achten, ob das
Spitzenkleidchen möglicherweise Grasflecken davontrug. Brianna
beobachtete ihre Nichte und versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken.
»Könntest du das näher ausführen?«
Ihre Schwester warf ihr einen durchdringenden
Blick zu. Lea war fünf Jahre älter und ebenso blond und schlank wie
Brianna. Sie sahen sich zwar ähnlich, aber Lea war schon immer
etwas prüde gewesen. »Du weißt ganz genau, worüber ich spreche. Es
steht in allen Zeitungen, dass du ein Kleid getragen hast, das
diese französische Schneiderin entworfen hat, und an jenem Abend
hat keiner in der Oper von etwas anderem gesprochen. Nach allem,
was man so hört, war es entweder der letzte Schrei oder das
provokanteste Kleid, das seit Langem in der Öffentlichkeit getragen
wurde.«
Ob sie nun Duchess war oder nicht: plötzlich
fühlte Brianna
sich wieder wie das Kind, das einst von seiner älteren Schwester
zurechtgewiesen wurde. »Es war gewagt«, gestand sie, »aber ich
hatte einen sehr guten Grund dafür, es zu tragen. Es ist nicht so,
als hätte keine der dort anwesenden Frauen einen ähnlich tiefen
Ausschnitt gehabt.«
»Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst, dass du
eine der am meisten beneideten Frauen der Gesellschaft bist.« Lea
stand auf, ging zu ihrer Tochter hinüber und stellte sie sanft auf
die Füße, ehe sie die Grashalme von ihrem Saum klopfte und das
Mädchen ermutigte, wieder mit den anderen beiden Kindern zu
spielen. Lea kehrte zur Bank zurück, die in der warmen Sonne stand,
und setzte sich. Ihre Röcke raschelten vornehm. »Du kannst nicht
etwas so Unerhörtes tun und davon ausgehen, dass niemand dein
Auftreten kommentiert. Du bist die Duchess of Rolthven.«
»Ich habe doch nur versucht, Coltons
Aufmerksamkeit zu wecken, und nicht die anderer Männer.«
»Wovon sprichst du, um alles in der Welt? Ich
habe schon den Eindruck, dass er dich ausreichend beachtet. Er ist
dein Ehemann.«
»An jenem Abend habe ich ganz sicher seine
Aufmerksamkeit gefesselt.« Brianna erinnerte sich mit einem
insgeheimen Lä- cheln an die Kutschfahrt.
»Bri, ich habe absolut keine Ahnung, was in
deinem Kopf vorgeht.«
Brianna zuckte mit den Schultern und hoffte,
möglichst entspannt zu wirken, auch wenn sie es bei diesem Thema
ganz und gar nicht war. »Ist es denn so falsch, wenn ich mir von
meiner Ehe mehr erhoffe?«
»Ich habe gedacht, du wärst überglücklich über
die Ehe mit
Colton. Und dass du eher völlig unmodern in deinen Mann verliebt
bist.« Leas glatte Stirn runzelte sich leicht.
Das stimmte alles.
Und das war auch der Kern des Problems. Hätte
sie nur einen mächtigen Duke heiraten wollen, wäre sie vielleicht
mit dem Ansehen, dem Geld und dem Einfluss, den ihre neue Stellung
ihr verschaffte, zufrieden. Aber Brianna hätte Colton auch dann
geheiratet – wie Lea es mit ihrem Henry getan hatte -, wenn er auf
jede erdenkliche Weise normal gewesen wäre.
»Ich liebe Colton. Darum geht es auch gar nicht.
Gut, irgendwie schon, denke ich.« Brianna ordnete müßig ihre
Seidenröcke mit der einen Hand, während sie ihren Blick auf die
spielenden Kinder richtete. »Ich glaube, er ist zufrieden, dass er
mich geheiratet hat. Ich weiß, dass er mich attraktiv findet, und
dass er auch meine Gesellschaft sehr genießt, auch wenn wir uns
meiner Meinung nach nicht annähernd oft genug sehen. Aber liebt er
mich? Dessen bin ich mir nicht sicher. Das ist allerdings für mich
nicht akzeptabel. Wenn meine Gefühle nicht mit im Spiel wären, wäre
ich sicher mit diesem Leben zufrieden. Aber ich will mehr sein als
das, ich will glücklich sein. Mehr noch: Ich will, dass Colton glücklich ist.«
»Ich bezweifle, ob du das erreichst, wenn du in
der Öffentlichkeit auftrittst und nur ein halbes Kleid trägst«,
erwiderte Lea, ganz die praktisch denkende, ältere Schwester.
»Es hat ihn sehr irritiert«, gab Brianna zu.
»Aber er hat auch – vielleicht zum ersten Mal, seit wir uns
kennengelernt haben – das Gefühl gehabt, dass ich einen eigenen
Kopf habe. Und dass ich vielleicht nicht immer vorhersehbar handle,
ob ihm das passt oder nicht.« Sie konnte ein schadenfrohes Lächeln
nicht unterdrücken. »Außerdem habe ich, als wir schließlich allein
waren,
einen deutlichen Eindruck davon bekommen, dass er das Kleid
eigentlich doch eher bewunderte. Und das war, wie ich bereits
sagte, der einzige Grund, warum ich es getragen habe. Bis dahin
haben wir diese Ehe zu seinen Bedingungen geführt. Und das wird
sich jetzt ändern. Ich will, dass wir das Leben des anderen teilen,
und nicht nur dieselbe Adresse.«
Ihre Schwester schwieg für einen Moment, dann
verzog sich ihr Mund zu einem Lachen. »Ich verstehe. Du klingst
sehr überzeugt. Du warst schon als Kind so stur, wenn du dir etwas
in den Kopf gesetzt hattest. Der arme Mann hat wirklich nicht die
geringste Chance. Weiß Colton, mit wem er es zu tun hat?«
Brianna dachte an das Buch und erwiderte ernst:
»Er hat nicht die leiseste Ahnung.«
Etwas Merkwürdiges ging vor sich. Daran konnte
kein Zweifel bestehen.
Als die Tür aufschwang, die von der angrenzenden
Suite in sein Schlafzimmer führte, war Colton etwas misstrauisch.
Beim Dinner war Brianna besonders lebhaft gewesen, und wenn sie
nicht Gäste gehabt hätten, hätte er sie frei heraus gefragt, warum
genau sie sich so spürbar anders verhielt. Er hätte schwören
können, dass sie nervös wirkte, doch er konnte sich beim besten
Willen keinen Grund dafür vorstellen. Lord und Lady Black waren von
der langweiligen Sorte und konzentrierten sich mehr auf das Essen
als auf die Konversation, darum konnte er nicht glauben, dass ihre
Gesellschaft der Anlass für ihr verändertes Ver- halten war.
»Es ist spät, und ich habe meine Zofe für heute
Nacht bereits entlassen. Hilfst du mir aus meinem Kleid?« Sie hatte
die Nadeln aus ihrem Haar gezogen, das in schimmernden, blonden
Locken
bis zu ihrer Taille herabfiel und im schwachen Licht glänzte.
Barfuß ging sie langsam auf ihn zu, ihre Brauen neckisch
emporgezogen.
Ob ich dir aus dem Kleid helfe?
Er konnte sich nichts vorstellen, was er mehr
genießen würde.
Colton fingerte etwas ungeschickt an den Bändern
ihres Abendkleids herum, als er ihrer Bitte Folge leistete. Das
Kleid glitt von ihren schmalen Schultern und fiel zu Boden. Ihr
Unterhemd war nicht annähernd so wie die züchtige Unterwäsche, die
sie gewöhnlich trug. Stattdessen bestand es aus Spitze, die so zart
war, dass Brianna genauso gut nichts hätte tragen können. Colton
schnappte kurz nach Luft und sagte mit belegter Stimme: »Wie ich
sehe, hat Madame Ellen wieder mal ihr skandalöses Werk
verrichtet.«
Brianna wandte sich verschmitzt lächelnd zu ihm
um. »Es war ein heißer Sommer, und ich wollte unter meinen Kleidern
etwas Kühleres tragen.«
»Heiß ist es auf jeden Fall«, murmelte Colton
finster. Er zerrte an seiner Krawatte, löste sie und warf sie
achtlos beiseite.
»Soll ich zurück in mein Zimmer gehen?«
Fast hätte er ihre empfindsam formulierte Frage
überhört. Rosige, perfekte Nippel drückten sich hart gegen das
zarte Gewebe ihres Unterhemds, und das weiche Gewicht ihrer üppigen
Brüste wurde von dem dünnen Material zusammengepresst. Das Hemd
reichte bis auf halbe Höhe ihrer Oberschenkel, und Colton konnte
sehr deutlich das faszinierende Dunkel zwischen ihren Beinen
erkennen. »Wie bitte?«
Ihr Lachen war hell und provozierend. Ihr
weicher Mund verzog sich. »Ich fragte, ob ich zurück in mein Zimmer
gehen soll,
aber ich denke, das«, sie zeigte auf die
sich abzeichnende Beule in seiner engen Hose, »ist meine Antwort.
Hier, du hast mir auch geholfen. Jetzt bin ich an der Reihe.«
Zu seiner überaus großen Verwunderung sank seine
hübsche, kultivierte, junge Frau vor ihm auf die Knie und begann,
seine Hose zu öffnen. Die Berührung ihrer schlanken Finger durch
den Stoff war unerträglich erregend, und er wurde noch härter. Er
hielt beinahe den Atem an, als sie endlich den letzten Knopf
öffnete und seine Erektion befreite.
»Brianna«, sagte er heiser, als sie begann,
seinen Schwanz zu streicheln. Ihre liebkosenden Hände ließen seinen
ganzen Kör- per erbeben. »Was tust du da?«
Sie wischte einen Tropfen von der geschwollenen
Spitze und blickte mit offener Neugier auf die Flüssigkeit auf
ihrem Finger. Zu seinem Entsetzen leckte sie diese ab. »Es schmeckt
salzig«, bemerkte sie arglos und blickte zu ihm auf wie eine junge
Nymphe, die nur aus verhüllten, üppigen Kurven und wehendem Haar
bestand. Ihre Wimpern senkten sich eine Winzigkeit, und Colton
fühlte, wie geschmolzene Hitze durch seine Adern rauschte. Sie
lehnte sich mit einer unmissverständlichen Absicht vor. Ihre
weichen Lippen glitten über seine Schwanzspitze. Es war ein
herrliches Gefühl.
Nie zuvor in seinem Leben war er so schockiert
gewesen.
Nie zuvor in seinem Leben hatte sich etwas so
gut angefühlt.
Oh, er hatte vor seiner Heirat Geliebte gehabt,
die ihn mit dem Mund befriedigten, aber es handelte sich um
erfahrene Damen, und nicht um ein unschuldiges, vornehmes Mädchen,
das keine Ahnung von diesen Dingen haben durfte. Seine Hände
vergruben sich in ihrem Haar, und er wollte wirklich von ihr
wissen, woher Brianna die Idee hatte, etwas so Gewagtes zu tun.
Aber sobald seine Finger in der seidigen Masse versanken, um ihren
Kopf nach oben zu drehen, begann sie behutsam an ihm zu
saugen.
Ein leises Geräusch entrang sich seiner Brust,
und sein Kör- per zitterte. Ohne darüber nachzudenken, schob er
sich tiefer in ihren warmen Mund. Seine Bewegung war ein
unbewusster Reflex, und fast augenblicklich versuchte er, sich
zurückzuziehen. Doch da umfasste sie seine Hoden, und er stöhnte
erneut. Als sie nach oben glitt, leckte ihre Zunge seine Spitze,
und dann wiederholte sie die Bewegung mit einer quälenden
Langsamkeit. Immer und immer wieder. Colton zitterte, unfähig, sie
dazu zu bringen, aufzuhören, bis er spürte, wie sich seine Hoden
kurz vor der Ejakulation zusammenzogen. Er lehnte es absolut ab, in
ihren Mund zu kommen. Es war wohl kaum etwas, das ein Gentleman
tat, aber er war rasend vor Verlangen und sehnte sich nach
Erleichterung.
»Genug«, grollte er. Irgendwie fand er die
Kraft, sich von ihr zu lösen, ehe er gezwungen war, sie zu Boden zu
stoßen. Er durchquerte den Raum, riss sie geradezu hinter sich her
und warf sie in einem Wirbel aus goldenen Locken und schlanken,
seidig glatten Gliedmaßen aufs Bett. Er riss den Saum ihres Hemds
hoch, hörte den zarten Stoff reißen, und ein kühner Teil von ihm,
von dessen Existenz er bisher nichts gewusst hatte, entschied, dass
er sie schneller aus dem Kleidungsstück bekam, wenn er es
vollständig zerriss; schließlich war es schon beschädigt. Brianna
keuchte leise auf, als er absichtlich das Miederteil
zerfetzte.
Herrlich entblößt starrte sie zu ihm auf. Ihr
Körper war so erregend und einladend. Wenn er jetzt in sie
eindrang, würde er sofort explodieren und sie um ihre Befriedigung
bringen. Er öffnete zwei Knöpfe seines Leinenhemds, entschied, dass
das zu
lange dauern würde, und zog es über den Kopf. Dann stieg er aus
seiner geöffneten Hose. »Wenn Ihr wünscht, sündige Spiele zu
spielen, Madam«, erklärte er ihr, »dann bin ich jetzt an der
Reihe.« Sein funkelnder Blick genoss jeden Zentimeter ihres nackten
Körpers.
Sie leckte ihre Lippen. »Ich wünsche, jedes
Spiel zu spielen, das Ihr aussucht.«
»Das hier wird dir gefallen.« Er gesellte sich
zu ihr und liebkoste kurz ihre Brüste, küsste ihren Bauch und
vergrub dann sein Gesicht in der Süße zwischen ihren Beinen.
Brianna keuchte. Das hatte er erwartet, und
einen Moment lang schlossen sich ihre Schenkel protestierend gegen
diesen sündigen Kuss, doch beharrlich drückten seine Hände ihre
schlanken Beine auseinander, und er presste seinen Mund gegen die
empfindsame Nässe ihres Geschlechts. Er leckte und streichelte sie
mit seiner Zunge, reizte sie, wie sie ihn gereizt hatte. Er konnte
ihre Erregung spüren, als das kleine Knöpfchen zwischen ihren
Falten unter dem Druck seines Munds anzuschwellen begann. Sie
schmeckte herrlich süß und weiblich, und als er sie zum Höhepunkt
brachte, entflammten ihre leisen Lustschreie ihn nur noch mehr.
Innerhalb weniger Momente zog sich Briannas Körper krampfhaft
zusammen, ihre Hände krallten sich in seine Arme, sie bebte und
stöhnte. Colton gab ihr keine Zeit, sich davon zu erholen. Er schob
sich zwischen ihre offenen Schenkel und stieß in ihre noch immer
zuckende Passage.
Wie vorhergesehen, war es schnell vorbei. Ihre
nasse Hitze molk ihn, die Erlösung ereilte ihn schon nach den
ersten drei Stößen, und das Gefühl der körperlichen Leidenschaft
war so intensiv, so gut, dass er die Augen schloss und sich in
ihren Armen versteifte. Unter ihm ließ Brianna ihre Hände über die
verschwitzte
Haut seines Rückens gleiten. Sie umfasste seine Pobacken, als er
seinen heißen Samen in sie hineinpumpte. Seine Muskeln zitterten
von der Gewalt seiner Ejakulation.
Als er endlich wieder sprechen konnte, blickte
er auf die äußerst verführerische, zerzauste Frau in seinen Armen,
die von den Fetzen ihres ruinierten Spitzenunterhemds umrahmt
wurde. »Würde es dir etwas ausmachen, mir zu sagen, was gerade in
dich gefahren ist, meine Liebe?«, fragte er zittrig. Seine Brust
hob und senkte sich noch immer unregelmäßig, als er nach Luft
rang.
Ihre Finger glitten über sein Kreuz. »Es scheint
mir eher, als seist du in mich gefahren,
Colton.«
Ein ersticktes Lachen entfuhr seinen Lippen
angesichts ihres erotischen Scherzes. »Und es ist ein herrlicher
Ort, aber das habe ich nicht gemeint. Ich habe das Gefühl, das
weißt du sehr gut.« Der Duft nach Blumen stieg von ihrem Haar auf;
er küsste die Seite ihres zarten Halses und sog den süßen Hauch
ein. »Woher auch immer die Idee kommt … also …«
Wie um alles in der Welt kann ein Mann eine Frau
höflich fragen, warum sie seinen Schwanz lutschen will?, dachte
Colton finster und unbehaglich, weil er Briannas Belustigung
angesichts seiner Suche nach den richtigen Worten spürte. Er war es
überhaupt nicht gewohnt, dass sich die Machtverhältnisse in ihrer
Beziehung verschoben. Er war doch der
Erfahrenere. Sie hatte sich als Jungfrau in ihr Ehebett gelegt und
wusste nur, was er ihr zeigte. Und er hätte sie bestimmt nicht um
etwas gebeten, von dem er überzeugt war, dass es sie bis ins Herz
erschütterte. Es war schön und gut, wenn eine Dirne den Mund
benutzen wollte, um einem Mann Lust zu schenken, aber es war kaum
etwas, das man seiner jungen, sittsamen Frau vorschlug, mit der man
seit drei Monaten verheiratet war.
»Ich dachte, es gefällt dir.« Der heisere
Unterton in ihrer Stimme ergänzte das verführerische, zärtliche
Streicheln ihrer Finger auf seinem Rücken.
Es gefällt mir? Das war
vorsichtig formuliert.
Colton bemühte sich, rational und ruhig zu
klingen, auch wenn sein Herz noch immer heftig klopfte. »Madam, Ihr
wisst nur zu gut, dass es mir gefallen hat. Aber du weichst mir
aus.«
»Musst du denn in diesem besonderen Augenblick
so analytisch sein?« Unter ihm bog sich ihm Brianna leicht entgegen
und fügte hinzu: »Du fühlst dich immer noch so groß an.«
Ihre Worte sandten erneut einen Stoß der
Erregung bis in seinen Unterleib. Es stimmte, seine Erektion war
nicht erschlafft, auch nicht nach der Gewalt seines Höhepunkts.
Colton beschloss, dass sie recht hatte, zumindest für den Moment.
Der Grund für ihre plötzlich so abenteuerlustige Sexualität war
unwichtig. Zumindest, wenn er sie noch einmal lieben konnte. Er
küsste sie und flüsterte, den Mund nah an ihren weichen Lippen:
»Die Diskussion ist nicht beendet. Wir setzen sie ein anderes Mal
fort.«
Das Buch war wahrlich eine Erleuchtung.
Befriedigt und ein bisschen schläfrig schmiegte
Brianna sich in die Umarmung ihres Mannes. Seit sie uneingeladen in
sein Schlafzimmer eingedrungen war, waren Stunden vergangen. Nach
ihrer ersten erhitzten, eiligen Vereinigung hatte Colton sie mit
beherrschter Zärtlichkeit geliebt, sich langsam in ihr bewegt,
sodass sie jedes lange Zusammenspiel ihrer Körper genießen konnte.
Er liebkoste ihre empfindlichen Brüste, reizte das Grübchen unter
ihrem Ohr, ehe er ihren Mund mit langen, sengend heißen Küssen
verschlang.
Er war so still, dass sie sich fragte, ob er
schon schlief. Doch dann murmelte er: »Entschuldige den Verlust
deines Unterhemds.«
Brianna hob ihren Kopf, um sein Gesicht sehen zu
können. Sie versuchte, seine Miene zu lesen. Ohne seine förmliche
Kleidung, das kastanienbraune Haar zerwühlt, unterschied er sich
sehr von dem kultivierten Duke, den sie geheiratet hatte. Er war
nicht bloß gut aussehend, sondern geradezu umwerfend. Sein
schlanker Körper war hart und männlich, und der Teil von ihm, der
ihr so viel Lust geschenkt hatte, lag nun schlaff zwischen seinen
muskulösen Oberschenkeln. Überrascht erkannte sie, dass sie ihn
noch nie richtig nackt gesehen hatte, obwohl sie seit drei Monaten
verheiratet waren. Wenn er sie in ihrem Schlafzimmer besuchte, trug
er seinen Hausmantel, und es war immer dunkel, ehe er sich zu ihr
ins Bett legte.
Das hier war viel, viel besser.
Brianna fragte scherzhaft: »Tut es dir wirklich
leid? Mir nicht.«
Seine Lider senkten sich leicht. »Es scheint mir
eher eine barbarische Unhöflichkeit zu sein, wenn man seiner
eigenen Frau die Kleider vom Leib reißt.«
»Glaub mir, ich vergebe dir, Colton«, sagte sie
aus tiefstem Herzen.
»Du hast mich unvorbereitet getroffen, meine
Liebe.«
Das hatte er auch, mit diesem sündhaften,
intimen Kuss zwischen ihren Beinen. Als sie den Ratschlag gelesen
hatte, sie solle allen Ernstes ihren Mund auf sein Geschlecht
legen, war sie entsetzt gewesen. Aber getreu Lady Rothburgs
Beteuerung hatte er es offenbar ungemein genossen. So sehr, dass er
ihr Unterhemd in fiebriger Hast zerrissen hatte.
Das war tatsächlich ein Fortschritt.
Es war ein hübsches Gleichgewicht, beschloss sie
mit großer Zufriedenheit. Einerseits das ungestüme, wilde
Verlangen, andererseits die vorsichtige Zärtlichkeit seines
späteren Liebesspiels. Vor dem Abend in der Oper hatte sie nur
Letzteres erlebt, aber beides hatte Vorteile. Es war etwas
schockierend, weil sie entdeckte, dass sie den sexuellen Akt
schnell und hart liebte und dass ihr eigenes Verlangen gesteigert
wurde, je mehr ihr Mann die Kontrolle verlor.
Es war anregend. Ab jetzt würde Madame Ellen all
ihre Unterwäsche aus reiner Spitze nähen müssen.
»Ich hoffe, ich war nicht zu fordernd.« Seine
Finger tänzelten federleicht über ihren Arm.
»Hast du meinerseits irgendwelche Einwände
gespürt?«
»Nein.« Sein seltenes Lächeln leuchtete auf und
erhellte seine hübschen Gesichtszüge. So schnell es kam, verschwand
es auch wieder. »Aber dennoch, ich war ziemlich zudringlich.«
Dass er nicht völlig Herr der Situation gewesen
war, machte ihm Sorgen. Das hatte sie erwartet. Er war so sehr
daran gewöhnt, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere
Entscheidungen zu treffen. In seinem Privatleben waren sie nun zu
zweit, und es zählten nicht mehr nur seine Entscheidungen.
Hoffentlich würde er bald auch zu dieser Einsicht gelangen.
»Es geht mir mehr als gut, Colton.« Brianna
gähnte. »Ich bin angenehm müde, wenn ich das so sagen darf. Aber
das ist ja nichts Schlimmes.«
»Nein, meine Liebe, ich vermute, das ist es
nicht.«
Sie rieb ihre Wange an Coltons verschwitzter,
muskulöser Brust und hoffte, er würde ihr nicht vorschlagen, in ihr
Zimmer zu gehen. Gewöhnlich kam er in ihr Schlafzimmer und folgte
damit dem Muster, das seit ihrer Hochzeitsnacht vorgeschrieben
war. Die Routine bot selten Abwechslung. Für sie war das keine
Überraschung, denn ihr Mann glaubte an ein geordnetes Leben. Er
wartete stets, bis sie im Bett war und ihre Zofe entlassen hatte,
ehe er höflich anfragte, ob sie zu müde für seine Gesellschaft war.
Dann dämpfte er das Licht. Nie vor dieser Nacht hatte er sie
komplett entkleidet. Er bevorzugte es, sie durch den Stoff ihres
Nachthemds zu berühren und den Saum zu heben, wenn er sich zwischen
ihre Beine schob, um sie zu nehmen. Sein Eindringen in sie war
immer vorsichtig und maßvoll. Wenn er fertig war, ging er
ausnahmslos zurück in sein eigenes Bett. Manchmal wartete er, bis
sie einschlief, aber gewöhnlich entschuldigte er sich einfach mit
derselben Höflichkeit, mit der er ihr Zimmer betreten hatte, und
ging.
Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr
Sinn ergab es für sie. Schließlich war es für die bessere
Gesellschaft durchaus modern, dass Männer und Frauen getrennte
Schlafzimmer hatten, und Colton war allzu praktisch veranlagt. Wenn
er sein eigenes Schlafzimmer hatte, warum sollte er dort nicht auch
schlafen?
Vielleicht ergab es Sinn, aber es war
unglaublich irritierend.
Es war nicht so, dass sie ihre sexuellen
Begegnungen nicht von Anfang an genossen hätte – sogar in jener
ersten, von Nervosität geprägten Nacht war sie von ihrem Mann
erregt worden -, aber sie hatte sich gefühlt, als würde sie etwas
geben und er es sich nehmen. Die Formulierung »eheliche Pflichten«
schien auf diese versteckten, zurückhaltenden Vereinigungen zu
passen. Sie würde ihn niemals ablehnen, aber Brianna missfiel der
Gedanke, als Pflicht an etwas zu denken, das so schön war wie die
Stunden, die sie gerade geteilt hatten.
Vor dem heutigen Abend hätte sie sich selbst nie
als Liebhaberin bezeichnet. Als Ehefrau, ja. Liebhaberin? Nein.
Aber nun lag sie endlich in seinem Bett, nackt und herrlich müde.
Sein Samen klebte an ihren Schenkeln, und seine Arme hielten sie
fest.
»Brianna.« Er berührte sie mit den Fingern
behutsam an der Wange. »Ich muss morgen früh aufstehen, ich habe
einen Tag mit vielen Verpflichtungen vor mir.«
Das Gefühl bitterer Enttäuschung ersetzte ihr
träges Wohlbefinden. »Es klingt für mich genauso wie die meisten
Eurer Tage, Euer Gnaden.«
»Ich glaube kaum, dass du mich in einem
Augenblick wie diesem so förmlich anreden musst.«
Sie schwieg.
»Rogers wird bei Tagesanbruch hier sein, so
lauteten meine Anweisungen«, sagte ihr Mann mit derselben
vernünftigen Stimme. Als hätte er sie nicht gerade mit äußerster
Leidenschaft geliebt.
»Und möge der Himmel verhüten, dass dein
Leibdiener mich in deinem Bett findet.« Brianna setzte sich auf,
warf ihr langes Haar zurück und bedachte ihren Mann mit einem
herausfordernden Blick. »Ich verstehe schon. Jetzt, da ich meinen
Zweck erfüllt habe, werde ich fortgeschickt.«
Colton runzelte die Stirn, entspannt in die
raschelnden, weißen Laken gelehnt, seine Haut noch immer leicht
verschwitzt von der Anstrengung. Colton runzelte die Stirn. »Ich
würde es kaum so ausdrücken. Nein, ich habe
es nicht so ausgedrückt. Ich will dich einfach nicht wecken, wenn
ich aufstehe.«
»Wie rücksichtsvoll von dir.«
»Ja, tatsächlich, ich habe versucht, Rücksicht
zu üben.« Seine Brauen hoben sich. »Aber aus dem Sarkasmus in
deiner Stimme
schließe ich, dass du offensichtlich nicht mit mir darin
übereinstimmst.«
»Manchmal glaube ich, du musst der
begriffsstutzigste Mann in ganz London sein.« Brianna glitt aus dem
Bett und versuchte, sich zu ermahnen, dass niemand sich von heute
auf morgen verändern konnte. Ihr gut aussehender, aber sie
erzürnender Mann war eine besondere Herausforderung. Sie war
sicher, die Vorstel- lung, er müsse irgendetwas in seinem Leben ändern, damit er ihrem romantischen Zartgefühl entsprach, würde ihn
überraschen.
Liebe war auch so ein
Wort, über das er selten nachdachte.
»Erklärst du mir, was mich begriffsstutzig
macht, weil ich meiner Frau einen ungestörten Nachtschlaf
ermöglichen will?« Er beobachtete mit fest zusammengepresstem Mund
vom Bett aus, wie sie ihre verstreuten Kleidungsstücke
zusammenraffte.
»Nein.« Brianna bewegte sich bewusst
verführerisch, damit er ihre nackte Kehrseite betrachten konnte,
als sie zu der Tür ging, die ihre Schlafzimmer trennte. »Gute
Nacht, Euer Gnaden.«
Sie glaubte, ihn einen leisen Fluch murmeln zu
hören, ehe sie das Schlafzimmer hinter sich ließ.
Was zur Hölle war da gerade passiert?
Colton lag im Bett und starrte zur Decke hinauf.
Er fragte sich, ob er in das Schlafzimmer seiner Frau gehen und
eine Erklärung verlangen sollte. Genauer gesagt, zwei
Erklärungen.
Nein, drei.
Sie schuldete ihm auf jeden Fall drei
Erklärungen.
Zum Ersten war da ihre Kleidung. Er war noch
immer sprachlos ob des Kleids, das sie beim ersten Mal getragen
hatte, auch wenn Robert ihm eine vernünftige Möglichkeit aufgezeigt
hatte, wie er verhindern konnte, dass derlei sich wiederholte. Dann
hatte sie ihn verwegen überrascht, indem sie einen Akt vollzog,
von dem er hätte schwören können, dass sie nichts davon wusste, und
jetzt … Nun, er war nicht sicher, was zum Teufel gerade passiert
war.
Er hatte das beunruhigende Gefühl, dass er nach
der befriedigendsten sexuellen Erfahrung seines bisherigen Lebens
irgendwie einen ehelichen Fauxpas begangen und sie verletzt hatte.
Das war verwirrend, denn er hätte schwören können, dass sie im
glückseligen Nachspiel ihrer sexuellen Vereinigung in einer für ihn
neuen Harmonie beisammenlagen. Auf jeden Fall hatte Brianna sich in
seinen Armen perfekt angefühlt, warm und erhitzt von der sexuellen
Befriedigung. Ihr schlanker Körper schmiegte sich an seinen, und
der seidige Glanz ihres hellen Haars floss über seine Brust. Vom
ersten Moment, der ersten Berührung an war sie überraschend
empfänglich gewesen. Aber der heutige Abend war unglaublich
gewesen.
Bis er es offensichtlich vermasselte.
Sein finsterer Blick heftete sich auf ihre Tür,
die nun fest verschlossen war.
Es war also in Ordnung, ihr die Kleider vom Leib
zu reißen, aber wenn er darum besorgt war, sie am Morgen nicht zu
stören, war das nicht in Ordnung?
… und möge der Himmel verhüten, dass dein
Leibdiener mich in deinem Bett findet!
Wenn sie dachte, er wäre glücklich über
irgendeinen Mann, ob nun ein Diener oder nicht, der sie
verführerisch und leicht bekleidet sah, mit ihrem goldenen Haar und
der elfenbeinfarbenen Haut, nackt unter einem dünnen Laken, dann
lag sie völlig falsch. Ihr Privatleben war genau das: privat. Und
ihre köstliche Schönheit gehörte allein ihm.
Er würde mit ihr reden, entschied er. Wenn er
nicht so müde und so verwirrt über ihr launisches Verhalten
war.
Aber obwohl ein langer Tag und das ausgiebige,
heftige Liebesspiel hinter ihm lagen, blieb ihm der Schlaf
verwehrt.
Etwas Merkwürdiges ging hier vor, befand er,
während er in der Dunkelheit lag und den Mond beobachtete, der sein
zuckendes Licht gegen die Vorhänge warf. Es herrschte Unordnung in
seiner Welt. Dabei hatte er doch immer eine so geordnete,
vorhersehbare Existenz geführt.