Kapitel 23
Das Leben steckt voller Überraschungen – und die
Liebe ist das verwirrendste Geheimnis von allen.
Aus dem Kapitel »Halten, was man hat«
Es war der einzig mögliche, gangbare Weg. Robert
hatte sich bereits in den Abgrund des Wahnsinns gestürzt, als er
Rebeccas Heiratsantrag annahm, ehe er sie ungezügelt – und sehr
befriedigend – liebte. Das Wenigste, was Colton für ihn tun konnte,
war, ihn zu begleiten und ihm so ein wenig Unterstützung zu bieten.
Zudem konnte er den Anschein von Wohlanständigkeit verströmen, wenn
Robert ihrem Vater gegenübertrat. Sie hatte behauptet, sie würde
ihn so oder so heiraten – und das musste sie jetzt auch -, aber in
Wahrheit wollten sie beide den Segen ihres Vaters.
»Wenn es dir nichts ausmacht«, sagte er zum
zweiten Mal,
weil Colton bisher keine Antwort gegeben hatte. »Wenn ich
überhaupt eine Chance habe, Sir Benedict zu überzeugen, seine
Tochter heiraten zu dürfen, dann mit deiner Hilfe.«
Colton schwieg. Er hatte sich in seinem Stuhl
hinter dem mit Papieren übersäten Schreibtisch zurückgelehnt.
»Könntest du bitte irgendetwas sagen, verdammt
noch mal?«, murmelte Robert.
»Ich glaube, ich bin wohl für alle Ewigkeit
verstummt«, antwortete sein Bruder. Er starrte ihn ungläubig an.
»Hast du mich wirklich gerade gebeten, dich zu begleiten, wenn du
um die Hand einer jungen Frau anhältst?«
»Habe ich«, bestätigte Robert. Obwohl es ihn
Überwindung kostete, fügte er hinzu: »Bitte.«
»Du willst heiraten.«
»Nein, natürlich will ich nicht.« Robert konnte
den ätzenden Tonfall nicht verhindern. Er stand auf, weil er nicht
ruhig sitzen konnte. »Sei nicht so ein Dummkopf.«
Colton hob eine Braue. »Ich versuche, keiner zu
sein. Aber meine Frau wird dir sagen, dass ich darin nicht immer
erfolgreich bin.«
Robert musste unwillkürlich lachen. Es war lange
her, seit er erlebt hatte, wie sein Bruder Sinn für Humor
bewies.
»Und wenn du es nicht willst, warum überlegst du
trotzdem, Miss Marston zu heiraten?«
»Ich habe damit doch nur gemeint, dass ich nicht
herumgesessen und mir überlegt habe, jetzt heiraten zu wollen.
Tatsächlich habe ich verdammt hart dagegen angekämpft. Sie hat
gewonnen, und zu meiner Überraschung ist die Niederlage nicht
annähernd so schmerzhaft wie befürchtet.«
Die Niederlage, wenn man diesen Begriff für die
zärtlichen
Stunden in ihren Armen verwenden konnte, war ein Triumph
gewesen.
Ruhig fügte Robert hinzu: »Ich würde dich sonst
nicht um diesen Gefallen bitten, Colt. Aber es ist wichtig.«
»Wenn du mir vergibst, weil ich ein Thema grob
vereinfacht darstelle, das alles andere als einfach ist – die Ehe
ist immer wichtig.« Colton legte seine
Fingerspitzen aneinander. »Natürlich werde ich dich begleiten.
Stand das zur Debatte?«
»Wir wollen eine Sondererlaubnis.«
Coltons Brauen hoben sich. »Braucht ihr
eine?«
Das war das Problem. Wenn sie eilig heirateten,
würden die Leute glauben, er habe Rebecca verführt. Die Tatsache,
dass die Verführung eher von der anderen Seite ausgegangen war,
wäre irrelevant. Es ging niemanden außer sie beide etwas an, aber
Robert hasste den Gedanken, über seine Frau könnte hinter
vorgehaltener Hand getuschelt werden.
Dennoch: Sie könnte bereits sein Kind unter dem
Herzen tragen.
Unwirsch erwiderte er: »Habe ich gesagt, wir
brauchen eine? Wir wollen sie. Es ist nicht
nur mein Wunsch, sondern auch der ihre.« Einige Tage waren
inzwischen vergangen, und es hatte nicht das leiseste Gerücht über
ihr Auftauchen im Schlepptau einer Horde gefallener Frauen auf der
Party von Gerald Houseman gegeben. Das war eine große Erleichterung
für ihn. Aber auch ohne einen möglichen Skandal wünschte er nicht,
es noch länger hinauszuzögern, sie zu seiner Frau zu machen.
Es war merkwürdig, aber sobald er sich an den
Gedanken gewöhnt hatte, war er ein ganz natürlicher Bestandteil
seines Lebens. Er wollte Rebecca in seinem Bett, in seinem Zuhause.
Aber vor allem wollte er ihr einen Platz in seinem Leben
einräumen.
»Lass uns zuerst Sir Benedicts Erlaubnis
einholen, wie wäre das? Vermutlich klüger, das zuerst zu
bewerkstelligen, ehe wir die Sondererlaubnis erwähnen?«, meinte
Colton trocken. »Ich liebe dich, und selbst ich vermute das
Schlimmste. Kein Grund, ihn von Anfang an argwöhnisch zu
machen.«
Hatte Colton etwa – der reservierte, viel
beschäftigte Colton – gerade erwähnt, er liebe ihn? Robert
verharrte verblüfft. Er blickte seinen Bruder über den Schreibtisch
hinweg an. Nach einem Augenblick brachte er schließlich hervor:
»Einverstanden.«
»Wir gehen heute Nachmittag hin. Ich werde Mills
sagen, er soll jemanden schicken, der uns ankündigt. Setz dich
derweil. Ich brauche deinen Rat.«
Robert tat wie geheißen. Tatsächlich musste er
sich setzen.
Colton schien Roberts Sprachlosigkeit nicht zu
bemerken. Er starrte auf die Papierstapel auf seinem Schreibtisch.
Dann blickte er auf. »Ich will keinen Vortrag hören,
verstanden?«
»Das wollen die wenigsten«, brachte er hervor.
»Ich warte noch darauf, den Ersten zu treffen, der mich drum
anbettelt. Aber warum zum Teufel sollte ich dir einen Vortrag
halten?«
»Ich will das auf keinen Fall.«
Das war deutlich genug. Robert unterdrückte ein
Lachen. »Ich hab’s begriffen.«
»Brianna ist wütend auf mich.«
Aha, es ging also um die hübsche Frau seines
Bruders. Das war keine Überraschung. Sie war der Mittelpunkt seines
Lebens, ob er es sich nun eingestand oder nicht. Robert hob eine
Braue. »Da du meinen Rat suchst, darf ich fragen, warum?«
»Ich habe jemanden angeheuert, damit er sie
verfolgt. Sie hat es irgendwie gemerkt.«
Selten hatte Robert erlebt, dass Colton sich so
unwohl fühlte. Es dauerte einen Moment, bis er die Information
verarbeitet hatte. Robert war verblüfft. »Warum?«
»Weil dieser unnütze Mistkerl offenbar einen
Fehler gemacht hat.«
»Nein, ich meine, warum du überhaupt jemanden
anheuerst, der Brianna beschattet?«
»Weil ich gedacht habe … Nein, ich habe mich
gefragt, ob sie vielleicht … Ach, verflucht.« Colton fuhr sich mit
beiden Händen durchs Haar. Mit schwerer Stimme sagte er: »Ich habe
mir Sorgen gemacht, sie könnte mir untreu sein. Wie sich
herausstellte, hatte ich unrecht, aber sie ist nicht in der
Gemütsverfassung, mir zu verzeihen. Wir haben seit zwei Tagen kaum
ein Wort gewechselt.«
»Untreu?« Robert starrte seinen Bruder an. Er
wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. »Brianna? Warum zum
Teufel glaubst du das?«
»Ich hatte offenbar einige zwingende Beweise,
sonst hätte ich die Sache wohl kaum so weit getrieben«, murmelte
Colton. »Es hat sich aber herausgestellt, dass es nur ein
Missverständnis riesigen Ausmaßes war. Aber ich behaupte immer
noch, es ist nicht überraschend, wenn ich zu diesem Schluss
gekommen bin. Abgesehen davon suche ich nach einem Weg, wie ich
mich wieder mit ihr versöhnen kann. Ich habe bei ihr um eine
Audienz gebeten, um mich förmlich bei ihr zu entschuldigen, aber
sie hat abgelehnt, mich zu empfangen. Ich bin, ehrlich gesagt,
überrascht, dass sie mich nicht verlassen hat und ohne meine
Erlaubnis zu ihren Eltern nach Devon gereist ist.«
Die Verzweiflung, die in der Stimme seines
Bruders mitschwang, entging Robert nicht. Dennoch war er erstaunt,
dass
Colton, der immer alles mit einer Gründlichkeit durchdachte, die
an Besessenheit grenzte, so einen schwerwiegenden Fehler hatte
begehen können. Aber das machte nur deutlich, wie wenig Colton
rational handeln konnte, wenn tiefe Gefühle im Spiel waren.
Brianna würde Untreue nie auch nur in Erwägung
ziehen. Robert wusste das so sicher, wie er wusste, dass Ebbe und
Flut sich im regelmäßigen Rhythmus abwechselten. Sie liebte seinen
Bruder aus tiefstem Herzen.Vermutlich, dachte Robert, liebte sie
ihn fast so sehr, wie er sie liebte.
Robert wagte eine Vermutung. »Sie ist nicht
gegangen, obwohl du sie verletzt und ihre Rechtschaffenheit
beleidigt hast – und schlimmer noch, du hast ihr gezeigt, wie wenig
du offenkundig über ihre tiefen Gefühle weißt. Aber sie liebt dich
sehr, und darum ist sie geblieben. Ich wette, dass sie mindestens
so sehr wie du bemüht ist, die Sache zwischen euch wieder in
Ordnung zu bringen. Das ist dein Vorteil.«
Erleichterung überschwemmte Coltons Gesicht.
»Glaubst du wirklich?«
»Was nicht heißt, dass du nicht vor ihr im Staub
kriechen musst, Colt. Soweit ich weiß, ist ein erhabener Duke nicht
gerade erfahren darin.«
Sein Bruder grunzte leise. Es war schwer zu
ergründen, ob zustimmend oder ablehnend. »Ich glaube, ich bin
gewillt zu tun, was auch immer nötig ist. Sie soll nicht mit mir
unglücklich sein. Aber ich will vor allem nicht, dass sie unglücklich ist. Ich habe keine Ahnung, wie ich
die Situation bereinigen kann.«
»Ich habe vielleicht ein paar Ideen.« Ein leises
Lächeln umspielte Roberts Lippen. Aufgebrachte Frauen zu beruhigen
war etwas, das er schon einmal gemacht hatte. Und er glaubte, er
war wirklich recht gut darin.
»Exzellent«, sagte Colton. »Hilf mir, und ich
werde mein Bestes tun, damit Sir Benedict dir nicht den Hals
umdreht, wenn du ihm mitteilst, dass du wünschst, seine Tochter mit
aller gebührenden Eile zu heiraten.«
Sie waren oben. Im Arbeitszimmer ihres
Vaters.
Robert, ihr Vater und der Duke of
Rolthven.
Rebecca saß im Musikzimmer. Müßig schlug sie die
Tasten des Pianofortes an. Wenigstens hatte sie aufgehört, auf und
ab zu laufen. Es hatte sie erschöpft, und sie hätte schwören
können, dass sie eine Furche in den Teppich gelaufen hatte.
Sie konnte es kaum glauben, aber es passierte
endlich. Es war wie ein Traum. Robert Northfield war hergekommen,
weil er um ihre Hand anhielt. Robert.
Ein verrufener Lebemann, ein verruchter Filou,
ein Wüstling erster Güte – das war er doch, oder? Als sie in jener
Nacht vorgeschlagen hatte, sie wäre durchaus gewillt, bei ihm zu
Hause einen Zwischenstopp einzulegen, ehe er sie heimbrachte, hatte
er abgelehnt und behauptet, er könne warten. An jenem Abend, als
sie sich von dem Ball fortgestohlen und beinahe eine Katastrophe
heraufbeschworen hatte, weil sie bei einem Ereignis auftauchte, wo
junge, anständige Damen nichts zu suchen hatten.
Das klang nicht sehr wüst. Sie liebte ihn dafür
umso mehr. Und noch mehr, weil er ihr gestattet hatte, seine
Meinung zu ändern.
Es war so, wie sie es ihrer Mutter erzählt
hatte. Robert trug einen leichtfertigen Charme zur Schau, ein
sorgloses Verhalten, das ihn wie ein Heiligenschein umgab. Aber
darunter spürte sie das Wesentliche. Den Mann Robert. Er war so
zärtlich und leidenschaftlich gewesen, und obwohl sie in seinen
Armen nach
Verruchtheit verlangt hatte, schenkte er ihr stattdessen herrliche
Lust und Liebkosungen. Er wäre der perfekte Ehemann für sie, das
wusste sie einfach.
Nun, solange ihr Vater das auch so sah, wurde
sie vielleicht bald die glücklichste Frau Englands.
Aber das war kaum selbstverständlich. Sie hatte
die Anträge von weit ehrbareren Gentlemen mit mehr Vermögen
abgelehnt, und damit auch eine höhere Stellung in der Gesellschaft.
Zudem hatte keiner der Gentlemen seinen alles andere als makellosen
Ruf gehabt.
Weil sie es nicht länger ertrug und ihr Gemüt
irgendwie beruhigen musste, nahm Rebecca die ersten Noten zur Hand,
die sie finden konnte, und begann zu spielen. Es war ein
unvollendetes Stück, an dem sie vor Wochen schon gearbeitet hatte.
Das war gewesen, bevor sie auf der Flucht vor Lord Watts in den
Mann ihrer Träume gerannt war. Sie hatte seit jenem besonderen
Moment keine Fortschritte mehr gemacht.
Ihre Hände verharrten, als die Tür sich
öffnete.
Erst als Robert sich mit dem Ellbogen gegen das
Instrument lehnte, bemerkte sie, dass sie den Atem angehalten
hatte. »Sehr schön. Dein?«, flüsterte er.
Sie bemerkte das leise Lächeln, das seine
wohlgeformten Lippen umspielte. Ein Hochgefühl ergriff Besitz von
ihr. »Mein? Könntest du das näher ausführen?«
Sie meinte etwas Größeres als das unvollendete
Quartett.
Er nickte langsam. Mit seinen goldbraunen Haaren
sah er einfach unglaublich attraktiv aus. »Dein.«
Hatte ihr Vater wirklich zugestimmt?
»Das habe ich von Anfang an vermutet.« Er
lächelte, wie nur er lächeln konnte. Aufreizend hob sich ein
Mundwinkel. »Ich
habe mich gefragt, ob vielleicht du es warst, die die Musik für
unser Spiel in Rolthven komponiert hat.«
»Es ist eine undamenhafte Beschäftigung, Musik
zu komponieren, glaube ich.« Ihr Herz hatte begonnen, wild in ihrer
Brust zu hämmern.
»Ich mag es, wenn du undamenhaft bist.« In
Roberts Stimme schwang etwas Sinnliches mit. »Ich erinnere mich an
jene Nacht. Ich glaube wirklich, du hast mir versprochen, jetzt
regelmäßig undamenhaft zu werden. Ich werde dich an diesen Schwur
erinnern, weißt du? Wie auch an die anderen Versprechen, die wir
uns gegeben haben.«
Als sie an das Buch und die gewagten Vorschläge
darin dachte, errötete Rebecca. Sie hauchte: »Da du noch hier bist,
verstehe ich das so, dass mein Vater …«
»Einverstanden war?« Er wirkte amüsiert, weil
sie verstummte. »Zunächst nicht, muss ich zugeben. Aber mit deiner
Mutter – die ihr Wort gehalten hat und mir beisprang – und dem
Freund meines Vaters, Sir John, der auch mit deinem Vater
befreundet ist, hatte ich wenigstens ein paar Fürsprecher, um
meinen Ruf wiederherzustellen. Es gab andere mildernde Umstände.
Wie zum Beispiel deinen Cousin, der mich bei deinem Vater einst in
Verruf gebracht hat und so wenig christliche Rechtschaffenheit
besaß, dass er nun unterwegs in die Kolonien ist, statt sich seinen
Spielschulden zu stellen. Dein Vater hat nur ungern eingestanden,
dass ich wahrscheinlich doch nicht so ein Schuft bin.«
Robert hatte ihr schließlich in den erschöpft
seligen Augenblicken, die ihrem Liebesspiel folgten, erzählt, warum
ihr Vater ihn so wenig mochte. Sie war außer sich vor Wut, weil er
sich ihrem schwachen Cousin gegenüber so nobel verhalten hatte,
der daraufhin Schande über ihn brachte, obwohl er doch nur hatte
helfen wollen. »Ich bin froh, wenn er jetzt die Wahrheit
kennt.«
»Colton hat auch eine bemerkenswerte
Ausstrahlung, wenn es darauf ankommt.« Robert grinste. »Er war es,
der die Vorzüge einer übereilten Hochzeit hervorhob, damit ich dich
nicht zu einem noch ruchloseren Verhalten verführe. Er hat es nicht
so gesagt, aber mein älterer Bruder hat zwischen den Zeilen
erklärt, dein Vater könne doch einen Skandal nur verhindern, wenn
sie dich bis zur Hochzeit wegschließen. Warum also nicht sofort
heiraten, um eine mögliche Katastrophe zu verhindern?«
»Du hast mich zu gar nichts verführt«,
protestierte Rebecca. »Ich habe meiner Mutter die Wahrheit erzählt.
Es war vollkommen anders. Ich war es, die dich gefragt hat.«
Robert hob nur eine Braue. »Mir ist es egal,
wenn dein Vater weiß, ob seine Sorgen berechtigt sind. Coltons
Methode der subtilen Überredungskunst hat funktioniert.« Er
lächelte. »Niemand versteht besser als mein Bruder, wie Angst in
den Herzen angesehener Menschen ihr Unwesen treiben kann.«
Er umrundete das Pianoforte und setzte sich
neben sie auf die Bank. Ein schlanker Finger schlug das
eingestrichene C an. Die Note durchwehte den Raum. Rebecca konnte
den intensiven Druck seines muskulösen Oberschenkels spüren, der
sich an ihren schmiegte. Er wandte sich ihr zu, war ihr so nah,
dass sie das Blau seiner Augen lebhaft und klar sehen konnte. »Bist
du sicher«, fragte er leise, »dass du das hier willst?«
Sie konnte auf ewig in diese hypnotisierenden
Augen starren. »Ja.« Ohne Zögern.
»Ich habe darin keine Übung.« Er verzog das
Gesicht. »Also,
ich weiß nicht, wie es ist, Ehemann zu sein. Das solltest du
vielleicht bedenken.«
»Diese Erfahrung hat man normalerweise nicht«,
erwiderte sie sachlich, »wenn man das erste Mal heiratet.«
Er roch herrlich. Sie gewöhnte sich allmählich
an diesen verführerischen, würzig-männlichen Geruch. Wer glaubte
schon, dass ein Mann, der sich am liebsten in Pferdeställen und
Raucherzimmern herumtrieb, so gut riechen konnte?
Als bestünde zwischen ihnen bereits eine geheime
Übereinstimmung, beugte er sich ein Stück weiter vor und sagte:
»Ich mag dein Parfüm. An jenem ersten Abend im Garten, da war es,
glaube ich, dieser Duft, den ich später nicht vergessen konnte. Das
und die unverwechselbare Farbe deiner Augen.«
Er würde sie küssen. Sie wollte ihn so gern
küssen. Und dann sollte er sie auf die Bank drücken und sie wieder
nehmen, wie er sie in der ersten Nacht genommen hatte. »Ich sollte
mich bemühen, dieses Parfüm jederzeit aufzulegen.«
»Und dein Haar.« Er senkte den Kopf ein wenig.
»Ich habe in Gedanken über die Farbe nachgedacht. So was habe ich
noch nie gemacht. Allein das hätte mir etwas sagen sollen. Ein
erwachsener Mann, der herumsitzt und über den Farbton der Haare
einer Frau philosophiert, leidet doch an einer Krankheit.«
»Es ist keine Krankheit.«
Er berührte ihr Kinn. »Ist es nicht?«
Sie war ihm nicht gewachsen, aber da sie ihm
auch gar nicht widerstehen wollte, war das egal, oder? Rebecca
benetzte ihre Lippen. »Welche Farbe hat es?«
»Was?« Er schien sich auf ihren Mund zu
konzentrieren.
»Mein Haar.«
Roberts Lippen strichen über ihre. Er schien
sich der offenen
Zimmertür in seinem Rücken bewusst zu sein. »Oh. Ich bin immer
noch nicht sicher. Ich werde es in den kommenden fünfzig Jahren
eingehend studieren müssen.«
»Das klingt wunderbar«, wisperte sie. »Passiert
das wirklich gerade?«
Er lachte. Ein leises, raues Lachen. »Das frage
ich mich auch ständig.«