Auskunft
Gestern abend um 19 Uhr 03 wurde ich von der jordanischen Armee gefangengenommen.
Die Geschichte begann am Tag zuvor, als ich eine Einladung zur feierlichen Eröffnung von irgend etwas bekommen hatte und sie gleich darauf verlor. Das einzige, woran ich mich erinnern konnte, war die Straße. Genauer gesagt, das Kriechtier, nach dem die Straße benannt war.
Mit eherner Logik folgerte ich daraus, daß es sich nur um die Salamanderstraße Nummer 117 handeln konnte.
Ich begab mich zur Bushaltestelle im Zentrum der Stadt und erkundigte mich am Informationsschalter, welcher Bus mich bitteschön in die Salamanderstraße bringen würde? Ich wurde zurückgefragt, welchen Teil der Salamanderstraße ich meinte, und ich sagte Nummer 117. Der Verkehrsexperte teilte mir mit, daß ich zunächst in den Bus Nummer 5 ein- und nach acht Stationen in den Bus Nummer 81 umsteigen solle.
Ich befolgte seine Anweisungen, kam aber woanders an. Ich fragte einen Passanten, wo bitteschön die Salamanderstraße liege. Er meinte mit vielsagendem Kopfschütteln, daß ich ganz woanders wäre und noch ein gutes Stück Weges vor mir hätte. Genauer gesagt: geradeaus und dann scharf nach links abbiegen. Ich bedankte mich höflich, begab mich scharf geradeaus und erreichte ohne Probleme eine schöne Straße, die ganz anders hieß.
Ich fragte einen diensthabenden Polizisten, ob er bitteschön eine Ahnung hätte, wo die Salamanderstraße zu finden sei. Der Polizist holte ein Straßenverzeichnis hervor, blätterte, blätterte, blätterte und teilte mir schließlich mit, daß es sich um einen Irrtum handle. Die Salamanderstraße, die ich suchte, wäre vermutlich die Salzberger, vielleicht aber auch die Grünberger Straße, ich möge doch bitteschön in die entgegengesetzte Richtung gehen, bis ich zu einer ausgebrannten Tankstelle käme, dann nach rechts abbiegen und scharf fragen.
Ich tat wie mir geheißen, aber es stellte sich heraus, daß es weit und breit keine wie immer geartete Salzberger Straße gab. Also fragte ich einen mir entgegenkommenden Eingeborenen, wo bitteschön die Grünberger Straße oder so ähnlich sei. Bedenklich schüttelte er den Kopf und versicherte mir, daß das eine problematische Adresse sei, ich möge ihn doch bitteschön einen Moment nachdenken lassen. Ach ja, rechts abbiegen, dann noch einmal rechts, dann würde ich an einem grünen Kiosk vorbeigehen, danach aber weder die erste noch die dritte, sondern die zweite Straße nach rechts oder nach links abbiegen. Oder so ähnlich. Ich dankte ihm höflich und ging. Ich kam bitteschön bis zu einem grünen Zaun und stellte fest, daß ich im Kreis gelaufen war. Ich marschierte also in die entgegengesetzte Richtung, was zur Folge hatte, daß immer weniger Häuser, dafür aber immer mehr Esel meinen Weg säumten. Sowie etliche Sanddünen.
Ich fragte einen ansässigen Schäfer, ob das hier die Salamanderstraße wäre, und er versicherte mir, daß es nicht mehr weit sein könne. Ich möge doch bis zu jenem Wasserturm gehen und von dort seien es bitteschön nur mehr einige Schritte . . .
Ich erreichte den Wasserturm, labte mich ein wenig und fand einen würdigen Greis, den ich höflich fragte, wo bitteschön die Salamanderstraße wäre. Der würdige Greis war etwas taub, also nahm er Zuflucht zur Zeichensprache und wies mich an, immer ostwärts zu gehen und dann scharf nach rechts abzubiegen.
Ich befolgte seine Direktiven und begegnete einem jungen arabischen Nachtwächter, den ich bitteschön nach der Salamanderstraße fragte. Er teilte mir mit, daß ich eben die jordanische Grenze überschritten hätte, und nahm mich fest. Auf dem Weg zur örtlichen Grenzpolizei gab er seiner Annahme Ausdruck, daß die Salamanderstraße oder so ähnlich in der Gegend sein müßte, aber wo, könne er mir augenblicklich nicht genau sagen.
Er würde sich in Kuweit bei nächster Gelegenheit erkundigen.