35
Lady Beatrix empfängt
Da Bea nie einem Gentleman ein zweites Rendezvous gestattet hatte, wusste sie nicht, ob sie eine Einladung aussprechen musste oder ob Stephen stillschweigend annehmen würde, dass er jederzeit an ihre Tür klopfen konnte. Während des Dinners hatte er ihr keine Botschaft zukommen lassen. Das wäre auch schlechterdings nicht möglich gewesen, denn er saß zwischen Fanny und Arabella, die sich hinter seinem Rücken bissige Bemerkungen zuwarfen und seine schüchternen Konversationsversuche vollständig ignorierten. Auch Beas Freude an dem Mahl war getrübt, als sie hören musste, wie Esmes Mutter Arabella vorwarf, sie lasse Bea mit der »reinen kleinen Kinderseele« im selben Haus wohnen.
Bei der Erinnerung daran ballte Bea die Fäuste. War es überhaupt möglich, dass sie Stephen heiratete? Sie mit ihrem schlechten Ruf und ihrem unheilvollen Einfluss, der offenbar schon Babys in der Kinderstube in Mitleidenschaft zog? Zum vierhundertsten Male verbot sie sich diese Grübeleien. Heute Nacht würde lediglich eine weitere Verführung stattfinden, keine Werbung um einen zukünftigen Bräutigam. Und Bea hatte sich entsprechend gekleidet – oder vielmehr entkleidet, wie auch immer man es nennen mochte. Ihr hauchdünnes Negligé war … hauchdünn. Und sie hatte sich angemalt und parfümiert und ihr Haar mit der Brennschere gelockt. Sie war derart nervös, dass sie noch eine Schicht Kajal auftrug und die Kerzen neu arrangierte, damit ihr Schein wie zufällig auf das Bett fallen konnte. Eine Weile verharrte sie in einer Positur, die ihren Körper besonders vorteilhaft präsentierte, doch sie war so unruhig, dass sie wieder aufstand und nervös hin und her lief.
Worüber machte sie sich nur Sorgen? Die Kerzen brannten, und sie war an allen Stellen parfümiert, die er möglicherweise küssen wollte. Bea hatte sogar vorsorglich ein Glas Wasser auf den Nachttisch gestellt, denn nach der Ziegenweide war sie schrecklich durstig gewesen. Aber hätte sie nicht gleich zwei Gläser hinstellen sollen, um ihm auch eines anzubieten? Oder hätte das übertrieben gewirkt?
Als Bea endlich das ersehnte Klopfen vernahm, war sie nervöser als je zuvor in ihrem Leben. »Einen Augenblick!«, rief sie mit krächzender Stimme und warf sich schwungvoll aufs Bett. Leider wischte ihr weiter Ärmel dabei das Wasserglas vom Nachttisch, und es flog in hohem Bogen auf das Bett, wo es seinen Inhalt verlor.
»Verdammt!«, fluchte Bea unterdrückt. Wieder wurde leise an die Tür geklopft. Natürlich wollte Stephen nicht gern auf dem Korridor gesehen werden, nicht von Helene und nicht von Esme – und schon gar nicht von diesem Drachen, Esmes Mutter.
»Herein!«, rief sie, wälzte sich auf den nassen Fleck und legte sich auf die Seite, den Kopf malerisch auf eine Hand gestützt. Ihr Haar fiel genau richtig, um von ihrem perlblauen Negligé betont zu werden. Dennoch störte sie die Feuchtigkeit, die durch das hauchdünne Gewebe drang.
Stephen trat so ruhig und gelassen ein, als sei diese Art Ausflug nicht Neues für ihn. Und das stimmte ja auch. Schließlich war er der Mann mit den zwei Geliebten und einer Verlobten.
»Guten Abend, schöne Bea«, begrüßte er sie, machte die Tür zu und lenkte seine Schritte zum Bett.
Bea räusperte sich. »Guten Abend«, brachte sie heraus, gleichfalls um einen gelassenen Ton bemüht. Verstohlen schaute sie an sich hinab und stellte entsetzt fest, dass das Negligé offenbar die Feuchtigkeit von der Decke aufgesogen hatte. An ihrer Hüfte war ein Fleck, der sich rasch ausbreitete und die Farbe des Gewandes ins Grünliche veränderte. Rasch schob sie den verräterischen Fleck nach hinten und drehte sich auf den Rücken, legte sich auf die feuchte Bettdecke.
»Und wie ist Ihr Befinden, Sir?«, fragte sie und lächelte zu ihm auf. Er hatte sich auf die Bettkante gesetzt und schaute sie mit einem fragenden Ausdruck an.
»Sehr gut, weil ich bei dir bin«, erwiderte er.
Was war das nur für ein Ausdruck in seinen Augen? Bea rutschte ein wenig auf der feuchten Decke herum. Ihr Po war nun eindeutig feucht. Wer hätte gedacht, dass ein kleines Glas so viel Wasser enthalten konnte?
Er beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. »Was für ein apartes Parfüm«, flüsterte er.
Er beugte sich über sie, war ihr ganz nah. Vielleicht sollte sie ihn küssen? Sie streifte seinen Mund mit den Lippen, doch plötzlich wich er vor ihr zurück und nieste. Bea setzte sich auf – und stellte fest, dass ihr unterer Rücken komplett feucht war. Wenn sie sich nicht rasch umzog, würden sie im Duett niesen können.
»Entschuldige«, sagte er, stützte sich mit der einen Hand aufs Bett und griff mit der anderen in seine Tasche.
Bea betrachtete bewundernd seine Schultern und seinen Hals, der aus dem Hemdkragen ragte. Wer hätte gedacht, dass Stephen Fairfax-Lacy unter seinem feinen Anzug eine Symphonie aus Muskeln war? Sie bebte vor Ungeduld, ihm die Kleider vom Leibe zu streifen. Sie beugte sich vor. »Während des Dinners hast du mir so gefehlt«, sagte sie. Das pure Verlangen in ihrer Stimme war beinahe peinlich. Warum hatte er sie noch nicht geküsst?
Stephen runzelte die Stirn und starrte verwundert auf seine Hand. »Bea, deine Decke ist ja feucht.«
Bea biss sich auf die Lippen. »Ich habe ein Wasserglas umgestoßen.«
»Aha.« Er beugte sich wieder vor … und nieste erneut. »Es tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Ich muss dir leider gestehen, dass ich – hatschi!«
»Du hast dir auf der Weide eine Erkältung geholt«, vermutete Bea.
»Ich doch nicht.« Nun lächelte er. Zum ersten Mal, seit er ihr Zimmer betreten hatte, war Bea von Zuversicht erfüllt. Sein Lächeln verriet ihr, dass sie ihr vorteilhaftestes Negligé ausgesucht hatte. Bea bewegte ihre Schultern, damit der Ausschnitt tiefer glitt.
Sein Blick wurde dunkel und verführerisch. Bea bekam weiche Knie. Eine starke Hand schloss sich um ihren Knöchel, und sie spürte, wie sie dahinschmolz. Nun war er ganz auf dem Bett, beugte sich über sie. Bea hob die Arme, um ihn an sich zu ziehen und …
Wieder nieste er.
»Du bist krank!«, rief sie besorgt.
Stephen wäre das beinahe lieber gewesen. Aber er würde das Zimmer nicht verlassen, bevor er Bea nicht voll und ganz genossen hatte. »Es ist dein Parfüm«, gestand er.
Bea riss die Augen auf. »Mein Parfüm?«
Ein Nicken.
»Einen Augenblick. Ich kann das –« Sie rutschte vom Bett und lief zur Frisierkommode, auf der ein Krug mit Wasser stand. Sie goss etwas Wasser in die bereitstehende Schüssel.
Stephen musste schlucken. Die Rückseite ihres Negligés war durchweicht. Die feuchte Seide klebte an ihrem Rücken, an ihren runden Pobacken und an jener geheimen Rundung, die das Auge eines Mannes magisch anzog. Schon war er aufgesprungen und hatte seine Hand auf ihr süßes Hinterteil gelegt, während er sie im Spiegel anschaute.
»Stephen!«, rief sie schockiert.
»Ja, Bea?«, fragte er grinsend, während seine Hand über die nasse Seide fuhr, das kühle Gewebe zerknitterte, die weiche Haut unter dem Negligé streichelte. Seide traf auf seidige Haut, und ihr Kopf sank nach hinten auf seine Schulter. Stephen griff mit der anderen Hand um Bea herum und schöpfte Wasser aus der Waschschüssel.
»Es könnte ein bisschen kalt werden«, murmelte er und goss Wasser über die schlanke Säule ihres Halses. Bea riss die Augen auf und wollte protestieren, doch er hielt sie fest, nasse Seide auf der Brust und nasse Seide darunter, und seine Hände liebkosten und wuschen sie gleichzeitig. Wieder warf Bea den Kopf zurück und gab das kehlige Stöhnen von sich, das er so liebte. In einem Schlafzimmer klang es anders als auf einer Ziegenweide: kräftiger und erfüllt von tiefem weiblichen Genuss. Sie war wie Wasser in seinen Armen, und die kalte Seide erwärmte sich an ihrer vor Verlangen brennenden Haut.
Bea drehte sich in seinen Armen um, und ihre neugierigen Augen, die sonst so wachsam, so schalkhaft blickten, waren verschleiert. Er küsste sie heftig, und sie flehte ihn mit ihren Augen an, also umfing er ihr Hinterteil und presste sie an sich.
Aber das verdammte Parfüm störte ihn, und so zog er ihr das Negligé über den Kopf, schöpfte wieder etwas Wasser in seine Hand und benutzte seine Finger wie einen Waschlappen. Er begann an ihrem Hals, an der zarten Haut unter den Ohren. Das Wasser tropfte von seinen Fingern, zeichnete ihre Formen nach, sang auf ihrer Haut, sog Küsse von seinen Händen. Er rieb über ihr Schlüsselbein, über die Arme, kehrte zu ihren Brüsten zurück, arbeitete sich tiefer … Nun kniete er vor ihr, und er war das Wasser, linderte den Brand ihrer Haut … Doch als er zu einem gewissen Punkt zwischen ihren Beinen kam, verlor er die Beherrschung.
Beas Herz klopfte so stark, dass sie weder sprechen noch sich regen konnte. Sie merkte kaum, wie er sie zum Bett trug, auf die feuchte Decke legte. Sie hatte nicht wahrgenommen, wann er seine Kleider abgelegt hatte, denn sie war zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich an ihn zu pressen. Doch jetzt spreizte er ihre Beine und schob seinen dunklen Kopf dazwischen, und sie bebte, weinte und flehte ihn an …
Kurz darauf nahm er ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie, und sie empfing ihn freudig, schlang ihre Beine um ihn, presste sich gegen ihn, wiegte sich mit ihm, während die Wogen des Genusses sie bis in die Fingerspitzen erfüllten.