VI.

DIE GESAMTE NEUE STADT bestand bislang aus drei Gebäuden: ein pastellrosa Apartmenthaus, das mehr oder weniger fertig war, aber leer wirkte; ein zweistöckiges Empfangszentrum, umgeben von Springbrunnen, von denen die meisten trocken waren; und ein gläsernes Bürogebäude, etwa zehn Stockwerke hoch, gedrungen und quadratisch und schwarz. Auf einem Schild an der Fassade stand 7/24/60.

Yousef sagte abschätzig: Das heißt, sie haben jeden Tag, jede Stunde, jede Minute offen. Was ich bezweifele.

Sie parkten vor dem niedrigen Empfangszentrum, das sich nah am Strand befand. Es war mit allerlei kleinen Kuppeln und Minaretten geschmückt. Sie stiegen aus dem Wagen in die brütende Hitze. Es war 43 Grad.

– Wollen Sie mitkommen?, fragte Alan.

Yousef stand vor dem Gebäude, als würde er überlegen, ob irgendetwas da drin seine Zeit wert wäre.

– Setzen Sie’s mir auf die Rechnung, sagte Alan.

Yousef zuckte die Achseln. – Könnte lustig werden.

Die Türen öffneten sich nach außen, automatisch, und ein Mann in einem strahlend weißen Thawb kam heraus.

– Mr Clay! Wir haben Sie erwartet. Ich bin Sajed.

Sein Gesicht war schmal, sein Schnurrbart breit. Er hatte kleine, lachende Augen.

– Tut mir leid, dass Sie den Shuttle verpasst haben, sagte er. Wie ich höre, hatte das Hotel Mühe, Sie zu wecken.

– Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe, sagte Alan mit ruhigem Blick.

Sajed lächelte warmherzig. – Der König kommt heute nicht, somit ist Ihre Verspätung nicht weiter schlimm. Möchten Sie hereinkommen?

Sie betraten das Gebäude, das dunkel und kühl war.

Alan sah sich um. – Ist das Reliant-Team hier irgendwo oder …

– Im Präsentationsbereich, sagte Sajed und deutete vage Richtung Strand. Er hatte einen britischen Akzent. Alle diese hochrangigen Funktionäre im Königreich, so war Alan erzählt worden, hatten Eliteunis in den Vereinigten Staaten und Großbritannien besucht. Bei diesem Typen tippte Alan auf St Andrews.

– Aber ich dachte, ich führe Sie vorher herum, sagte Sajed. Ist das in Ihrem Sinne?

Alan fand, dass er sich wenigstens beim Team melden sollte, sagte das aber nicht. Die Führung war sicher unbedenklich und wahrscheinlich rasch vorüber.

– Klar. Also los.

– Ausgezeichnet. Etwas Saft?

Alan nickte. Sajed drehte sich um, und ein weiterer Helfer reichte ihm ein Glas Orangensaft, das er Alan reichte. Es war ein Kristallglas, eine Art Kelch. Alan nahm es und folgte ihnen durch die Lobby voller Bögen und Bilder von der zukünftigen Stadt, in einen großen Raum, der von einem riesigen hüfthohen architektonischen Modell beherrscht wurde.

– Das ist mein Kollege, Mudschaddid, sagte Sajed und deutete auf einen weiteren Mann, der in einem schwarzen Geschäftsanzug an der Wand stand. Mudschaddid war um die vierzig, stämmig gebaut, glatt rasiert. Er nickte.

– Das hier ist die Stadt, wenn sie ganz fertig ist, sagte Sajed.

Jetzt ergriff Mudschaddid das Wort. – Mr Clay, ich präsentiere Ihnen den Traum von König Abdullah.

Die winzigen Gebäude des Modells, jedes so groß wie ein Daumen, waren allesamt cremefarben, und überall verliefen weiße Straßen mit sanften Kurven. Es gab Wolkenkratzer, Fabriken und Bäume, Brücken und Wasserwege, Tausende von Häusern.

Alan hatte schon immer eine Schwäche für Modelle wie dieses, so eine Vision, einen Dreißigjahresplan, für etwas, das aus dem Nichts entstand – obwohl seine eigenen Erfahrungen mit der Verwirklichung einer solchen Vision nicht gerade erfolgreich gewesen waren.

Er hatte einmal ein Modell in Auftrag gegeben. Bei dem Gedanken daran verspürte er einen Anflug von Bedauern. Die Fabrik in Budapest war nicht seine Idee gewesen, aber er hatte sich auf die Aufgabe gestürzt, weil er dachte, sie wäre ein Schritt zu größeren Dingen. Aber eine Fabrik aus der Sowjetära für Schwinn in ein kapitalistisches Muster an Produktivität zu verwandeln – das war Irrsinn gewesen. Er war nach Ungarn geschickt worden, um das Projekt in Angriff zu nehmen, um amerikanische Fahrradproduktion nach Osteuropa zu bringen, um den ganzen Kontinent für Schwinn zu erschließen.

Alan hatte ein maßstabgetreues Modell in Auftrag gegeben, es hatte eine große Eröffnung gegeben, mit hoch geschraubten Erwartungen auf allen Seiten. Vielleicht könnten sie die ungarischen Räder außerhalb Europas verkaufen. Vielleicht daheim in den Vereinigten Staaten. Die Lohnkosten wären niedrig, das handwerkliche Können hoch. Das waren die Annahmen.

Aber die Sache war ein Fehlschlag. Die Fabrik arbeitete nie mit maximaler Auslastung, die Arbeiter konnten nicht angelernt werden, sie waren ineffizient, und Schwinn hatte nicht das Kapital, um die Maschinen anständig zu modernisieren. Ein kolossaler Reinfall, und von da an waren Alans Tage bei Schwinn gezählt, er galt als ein Mann, der nichts auf die Reihe kriegte.

Und doch beschlich Alan jetzt, wo er sich dieses Modell ansah, das Gefühl, dass diese Stadt Wirklichkeit werden könnte, dass sie mit Abdullahs Geld Wirklichkeit werden würde. Sajed und Mudschaddid, die es sich mit ihm zusammen ansahen, wirkten genauso fasziniert wie er, während sie die verschiedenen Bauphasen erläuterten. Die Stadt, so sagten sie, würde 2025 fertig sein, mit eins Komma fünf Millionen Einwohnern.

– Sehr eindrucksvoll, sagte Alan. Er sah sich nach Yousef um, der in der Lobby herumschlenderte. Alan fing seinen Blick auf, forderte ihn mit den Augen auf, in den Raum zu kommen, doch Yousef schüttelte rasch den Kopf, er wollte nicht.

– Wir sind jetzt genau hier, sagte Mudschaddid.

Mudschaddid deutete mit einem Nicken auf ein Gebäude direkt unter seiner Nase, das genauso aussah wie das, in dem er sich jetzt befand, obwohl das hier die Größe einer Traube hatte. Im Modell stand es auf einer langen Promenade, die am Meeresufer entlang verlief. Plötzlich erschien in seiner zweiten Etage ein roter Laserpunkt, als hätte ein Raumschiff es zum Zwecke der Zerstörung ins Visier genommen.

Alan trank seinen Saft aus und konnte dann nirgendwo sein Glas abstellen. Es war kein Tisch da, und der Mann mit dem Tablett war verschwunden. Mit dem Ärmel trocknete er den Boden des Glases ab und stellte es auf die Fläche, von der er meinte, dass sie das Rote Meer darstellen sollte, etwa eine halbe Meile von der Küste entfernt. Sajed lächelte höflich, nahm das Glas und ging aus dem Raum.

Mudschaddid lächelte grimmig. – Sollen wir uns einen Film ansehen?

Alan und Yousef wurden in einen Saal mit hoher Decke geführt, dem Spiegel und Blattgold Glanz verliehen und wo etliche gelbe Sofas in ordentlichen Reihen vor einem gewaltigen Bildschirm standen, der eine ganze Wand einnahm. Sie setzten sich, und der Raum wurde dunkel.

Eine Frauenstimme fing an, mit einem zackigen britischen Akzent zu sprechen.

»Inspiriert durch die beispiellose Führerschaft und weitreichende Vision von König Abdullah …« Eine computergenerierte Version des Stadtmodells erschien, das jetzt animiert war und in der Nacht leuchtete. Die Kamera schwenkte nach unten und dann über ein atemberaubendes Gebirge aus schwarzem Glas und Lichtern. »Wir präsentieren Ihnen die Geburt der nächsten großartigen Wirtschaftsmetropole dieser Welt …«

Alan sah zu Yousef hinüber. Er wollte, dass Yousef beeindruckt war. Der Film musste Millionen gekostet haben, Yousef las Nachrichten auf seinem Handy.

»… um die Diversifizierung der größten Wirtschaft des Nahen Ostens voranzutreiben …«

Bald war es heller Tag in den Straßen von KAEC, und Schnellboote rasten durch die Kanäle, Geschäftsleute schüttelten Hände am Wasser, Containerschiffe legten im Hafen an, vermutlich um die vielen Produkte, die in KAEC hergestellt wurden, in alle Welt zu bringen.

»Interarabische Finanzkooperation …»

Eine Reihe von Flaggen kam ins Bild, Jordanien, Syrien, Libanon, Vereinigte Arabische Emirate. Die Moschee, die hier entstehen würde, wurde vorgestellt, ein Bau, der zweihunderttausend Gläubige auf einmal fassen konnte. Eine kurze Aufnahme von einem College-Hörsaal, die Frauen auf einer Seite, die Männer auf der anderen.

»Eine Rund-um-die-Uhr-Stadt …«

Ein Hafen, der zehn Millionen Container im Jahr umschlagen konnte. Ein eigener Hadsch-Terminal, der dreihunderttausend Pilger pro Saison abfertigen konnte. Eine gigantische Sportanlage, die sich öffnete wie eine Muschelschale.

Jetzt war Yousefs Interesse geweckt. Er beugte sich zu Alan. – Ein Stadion in der Form einer Vagina. Nicht schlecht.

Alan lachte nicht. Er war begeistert. Der Film war spektakulär. Es sah aus wie die wunderbarste Stadt seit Paris. Alan dachte an Reliants Rolle bei dem Ganzen: Datentransport, Video, Telefone, vernetzte Transportmittel, RFID-Chips für Schiffscontainer, Technologie in Krankenhäusern, Schulen, Gerichtssälen. Die Möglichkeiten waren endlos, überstiegen sogar alles, was er oder Ingvall oder sonst wer sich vorgestellt hatten. Schließlich erreichte der Film seinen Höhepunkt, indem die Kamera gen Himmel fuhr, um die ganze King Abdullah Economic City bei Nacht zu zeigen, glitzernd, mit einem Feuerwerk, das über allem erblühte.

Das Licht ging an.

Sie waren wieder in dem Vorführraum mit Spiegeln und gelben Sofas.

– Nicht schlecht?, sagte Mudschaddid.

– Ganz und gar nicht schlecht, sagte Alan.

Er blickte Yousef an, dessen Miene ausdruckslos war. Falls er einen Witz machen wollte, Zweifel äußern, und genauso sah er aus, so verkniff er es sich jetzt, in diesem Raum, bei eingeschaltetem Licht.

– Sehen wir uns das Modell des Industrieareals an, sagte Sajed.

Kurz darauf waren sie in einem Raum voller Zeichnungen von Fabriken, Lagerhäusern, Lastwagen, die beladen und entladen wurden. Geplant war, so erklärte Sajed, Dinge zu produzieren, für die saudisches Öl verwendet wurde – Kunststoff, Spielzeug, sogar Windeln –, und den ganzen Nahen Osten damit zu beliefern. Vielleicht auch Europa und die USA.

– Wie ich höre, waren Sie auch mal in der Fertigungsindustrie?, fragte Sajed.

Alan war perplex.

– Wir holen Erkundigungen ein, Mr Clay. Und ich hatte als Kind ein Schwinn-Fahrrad. Ich hab etwa fünf Jahre in New Jersey gelebt. Als ich Wirtschaftswissenschaften studiert habe, war Schwinn eine unserer Fallstudien an der Universität.

Immer diese Fallstudien. Alan hatte selbst an einigen teilgenommen, aber nach einer Weile fand er das zu deprimierend. Die Fragen von diesen klugscheißerischen Studenten, die sich als redliche junge Draufgänger ausgaben. Warum haben Sie die Beliebtheit von BMX-Rädern nicht vorausgesehen? Und was ist mit Mountainbikes? Die haben Sie erledigt. War es ein Fehler, die ganze Produktion nach China zu verlagern? Und das fragten junge Leute, deren Businesserfahrungen sich auf Jobs wie Rasenmähen in den Sommerferien beschränkten. Wie konnten aus Ihren Zulieferern Konkurrenten werden? Das war eine rhetorische Frage. Willst du deine Stückkosten senken, produzierst du in Asien, aber dann brauchen dich deine Zulieferer bald nicht mehr, richtig? Bring einem Mann das Fischen bei … Sie wissen schon. Inzwischen können die Chinesen fischen, und neunzig Prozent aller Fahrräder werden dort hergestellt, in einer einzigen Provinz.

– Aber eine Zeit lang war es interessant, nicht?, sagte Sajed, als die Schwinns in Chicago hergestellt wurden, die Raleighs in England, die italienischen Räder, die französischen … Eine Zeit lang gab es eine echte internationale Konkurrenz, die einem eine Auswahl bot zwischen ganz unterschiedlichen Produkten mit ganz unterschiedlichen Traditionen, Eigenarten, Fertigungstechniken …

Alan erinnerte sich. Das waren glänzende Zeiten gewesen. Morgens hatte er vor der Fabrik an der West Side zugesehen, wie die Räder zu Hunderten auf Lkw verladen wurden, in zig Eiscremefarben in der Sonne schimmernd. Dann stieg er in seinen Wagen, fuhr in südlicher Richtung und konnte dann am Nachmittag in Mattoon oder Rantoul oder Alton bei einem Händler nach dem Rechten schauen. Manchmal sah er eine Familie hereinkommen, Mom und Dad, die für ihre zehnjährige Tochter ein World Sport kaufen wollten, und das Mädchen berührte das Rad, als wäre es etwas Heiliges. Alan wusste ebenso wie der Händler und die Familie, dass das Rad ein paar Hundert Meilen nördlich per Hand gebaut worden war, von einem unglaublichen Aufgebot an Arbeitern, die meisten von ihnen Migranten – Deutsche, Italiener, Schweden, Iren, jede Menge Japaner und natürlich eine ganze Reihe Polen –, und dass das Rad praktisch ewig halten würde. Warum spielte das eine Rolle? Warum spielte es eine Rolle, dass die Räder nur ein Stück den Highway 57 hoch hergestellt worden waren? Schwer zu sagen. Aber Alan war gut in seinem Job. Kein besonders schwieriger Job, so etwas zu verkaufen, etwas Solides, das Teil von unzähligen Kindheitserinnerungen werden würde.

– Tja, das ist vorbei, sagte Alan und hoffte, mit dem Thema fertig zu sein.

Sajed war nicht fertig.

– Jetzt werden bloß verschiedene Aufkleber auf dieselben Räder geklebt. Und alle werden in einer Handvoll Fabriken gefertigt – jede erdenkliche Marke.

Alan hatte nicht viel dazu zu sagen. Er stimmte Sajed zu. Er wollte die Führung fortsetzen, aber der Wirtschaftswissenschaftsstudent in Sajed steckte tief in seiner Fallstudie.

– Haben Sie schon mal das Gefühl, Sie hätten es anders machen sollen?

– Ich? Persönlich?

– Na ja, in welcher Funktion auch immer, die Sie dabei hatten. Hätte es anders laufen können? Hätte Schwinn irgendwie überleben können?

Hätte. Hätte. Alan gellte das Wort in den Ohren. Er würde dem Mann eine reinhauen, wenn er das Wort noch einmal in den Mund nahm.

Sajed wartete auf eine Antwort.

– Es war kompliziert, murmelte Alan.

Alan hatte das hier schon öfters erlebt. Schwinn löste bei den Leuten nostalgische Gefühle aus. Und sie vermuteten, dass ein Haufen Vollidioten, die die Marke vertrieben, Vollidioten wie er, das alles irgendwie in den Sand gesetzt hatten. Wie konnte ein Unternehmen wie Schwinn, das rund achtzig Jahre lang Marktführer in den USA gewesen war, bankrottgehen und praktisch für ein Butterbrot an Trek verkauft werden? Wie war das möglich? Tja, wie war das nicht möglich? Die Männer hinter Schwinn hatten versucht, weiterhin Fahrräder in den USA herzustellen. Nach Ansicht mancher war das Fehler Nummer 1 gewesen. Sie hielten bis 1983 an Chicago fest. Alan hätte diesen Wirtschaftswissenschaftler am liebsten geschüttelt. Wissen Sie eigentlich, wie schwer es war, so lange durchzuhalten? An der West Side von Chicago, in einer hundert Jahre alten Fabrik Fahrräder bauen zu wollen, hoch komplizierte und arbeitsaufwendige Geräte, und das bis 1983?

– Alan?

Alan blickte auf. Es war Yousef.

– Die Führung geht weiter. Wollen Sie mitkommen? Möchten Sie mitkommen?

Sajed stand am Ende der Halle.

– Gehen wir nach oben, sagte er.

Zwei Treppen, und sie befanden sich über der entstehenden Stadt. Der Beobachtungsraum ermöglichte einen Rundumblick, und Alan schritt an den Fenstern entlang. Die Stadt war im Rohzustand, ja, aber von diesem Aussichtspunkt aus betrachtet war sie wunderschön. Jetzt ergab alles einen Sinn. Das Rote Meer war türkis, ein sanfter Wind kräuselte die heranrollenden Wellen. Der Sand war fast weiß, sehr fein. Eine geflieste Promenade schlängelte sich in die Ferne, trennte das Ufer von dem rosa Apartmenthaus und, wie Alan jetzt erkennen konnte, den Fundamenten für mindestens ein paar weitere. Überall waren Palmen gepflanzt worden. Sie säumten den nächstgelegenen Kanal, himmelblau und sauber, der mit Wasser vom Meer gespeist wurde und in östlicher Richtung die Stadt durchschnitt. Was von der Straße in die Stadt aus wie ein totaler Reinfall angemutet hatte, wirkte jetzt wie völlig im Plan. Überall waren Arbeiter in ihren primärfarbenen Overalls eifrig damit beschäftigt, die Stadt zu bauen. Jeder Investor, der das Projekt von diesem Aussichtspunkt sah, würde überzeugt sein, dass es mit sehr viel Geschmack und mit, zumindest in Alans Augen, bewundernswertem Tempo fertiggestellt wurde.

– Gefällt es Ihnen?, fragte Mudschaddid.

– Ja, sagte Alan. Sehen Sie nur. Alle Städte brauchen Flüsse.

– Allerdings, sagte Mudschaddid.

Auch Yousef blickte durch die Scheibe, das Gesicht ohne jeden Zynismus. Er schien die Aussicht arglos zu genießen.

Sajed und Mudschaddid führten Alan und Yousef zu einem Fahrstuhl. Sie sackten zwei Stockwerke nach unten, und als die Türen sich öffneten, waren sie in einer Tiefgarage.

– Hier entlang.

Sajed ging voraus zu einem Geländewagen. Sie stiegen ein. Er roch neu. Sie fuhren eine Rampe hoch und wieder hinein ins Licht. Sie bogen scharf nach links, fuhren Richtung Wasser, und Sekunden später hielt der Wagen.

– Da wären wir, sagte Mudschaddid.

Sie waren zweihundert Meter gefahren. Vor ihnen stand ein riesiges Zelt, weiß und straff. Es sah aus wie ein Hochzeitszelt.

– Danke, sagte Alan und trat wieder in die Hitze.

– Dann sehen wir Sie also um 15.00 Uhr?, sagte Sajed.

Irgendwann musste ein Termin erwähnt worden sein.

– Ja, sagte Alan. Im Hauptgebäude oder im Empfangszentrum?

– Das Treffen ist im Hauptgebäude, sagte Sajed. Mit Karim al-Ahmad. Er ist ihr Hauptansprechpartner.

Alan blieb ratlos vor dem Zelt stehen. Es hatte eine Vinyltür.

– Meine Leute sind da drin?, fragte er.

– Ja, sagte Mudschaddid mit einem Gesichtsausdruck, der weder zweifelnd noch entschuldigend war.

– In einem Zelt, sagte Alan.

Es schien unmöglich. Alan war sicher, dass da irgendwas schiefgelaufen war.

– Ja, sagte Mudschaddid. Ihre Präsentation findet im Präsentationszelt statt. Ich bin sicher, dass Sie drinnen alles finden, was Sie brauchen.

Und er schloss die Tür und war weg.

Alan wandte sich an Yousef.

– Ich bin sicher, Sie können jetzt fahren.

– Sie wissen, wie Sie zurückkommen?

– Ja, es gibt einen Kleinbus oder so.

Sie einigten sich auf einen Preis, und Alan bezahlte ihn. Yousef schrieb eine Reihe von Ziffern auf eine Geschäftskarte.

– Falls Sie mal wieder den Shuttle verpassen, sagte er.

Sie schüttelten sich die Hände.

Yousef warf einen Blick auf das Zelt und zog die Augenbrauen hoch.

– Volle Fahrt voraus, sagte er, und weg war er.