Kapitel 28

 

Gregorio hob sie hoch und drehte sie im Kreis, während er sie küsste. Luigi und seine Frau klatschten Beifall.

»Madonna santa, ist das romantisch!«, rief sie erfreut und küsste ihren Mann auf die Wange, der ihr darauf hin spielerisch einen Klaps auf den runden Hintern verpasste.

»Seit wann bist du hier? Wie lange kannst du bleiben? Endlich bist du hier!«

Rebeccas Welt hatte wieder begonnen, sich zu drehen.

»Oh, ich bin erst ein paar Tage hier. Und wie lange ich bleibe, das hängt von dir ab«, antwortete er und grinste.

»Von mir?« Sie verstand nicht.

»Hast du den Schlüssel dabei?«, fragte Gregorio stattdessen. »Ja, natürlich!« Sie kramte ihn aus ihrer Manteltasche hervor.

»Gut, dann kommt jetzt die Überraschung.«

 

Sie verabschiedeten sich herzlich von den Restaurantbesitzern und gingen in das Schneegestöber hinaus.

»Und, gefällt dir der Schnee jetzt besser?«, fragte er. Rebecca griff in den Schnee, machte einen Schneeball und zielte auf Gregorio. Natürlich verfehlte die Kugel ihn. Er lachte und formte auch einen Ball.

»Das ist ein Spiel, das auch großen Jungs noch Spaß macht», rief er und traf Rebecca am Po.

»Das müssen wir unbedingt im Kopf behalten. Auch einen Schneemann habe ich noch nie gebaut.«

»Das ist ja schrecklich!«, fand Rebecca.

»Ich möchte, dass du mir all diese Dinge zeigst.«

Er schloss sie wieder in seine Arme. »Aber erst kommt die Überraschung«, sagte er und führte sie zu dem Taxi, das an der Straße auf sie wartete. Als sie eingestiegen waren, zog Gregorio einen schwarzen Seidenschal aus seiner Jackentasche. Ungläubig sah Rebecca ihn an.

»Vertrau mir!«, flüsterte er und verband ihr die Augen.

 

Sie wusste nicht, wohin sie fuhren. Gregorio musste dem Fahrer schon vorher Anweisungen erteilt haben. Blind lag sie in seinen Armen und wartete auf das, was da kommen würde. Schließlich stoppte das Taxi. Gregorio stieg aus und half Rebecca, ihm zu folgen. Sie spürte die Schneeflocken auf ihrer Haut, aber der Verkehrslärm war hier weniger stark zu hören. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war.

»Sei pronta? Bist du bereit?«, fragte er endlich. Rebecca nickte eifrig. Seine Finger berührten ihr Haar und lösten den Knoten, dann konnte sie wieder sehen. Sie standen vor einem großen, alten Gebäude. Als Rebecca aufblickte, schlug sie die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien. An der Fassade des Hauses stand in großen, geschwungenen Lettern: Hotel Savera - Berlin.

 

Hätte Gregorio nicht hinter ihr gestanden und sie gehalten, sie wäre glatt in Ohnmacht gefallen.

»Was soll das bedeuten?«, fragte sie mit zittriger Stimme.

»Es bedeutet, dass ich ab sofort deutsch lernen muss«, sagte er und zog eine Grimasse.

»Das Hotel gehört mir. Mein Vater hat es mir gekauft, für uns gekauft«, korrigierte er sich. »So kann ich unserem Familienunternehmen dienen und mit der Frau, die ich liebe, zusammen sein. Und wenn ich Glück habe, werde ich auch noch ein paar Kunstdrucke los. Mein Vater möchte, dass wir überall in diesem Hotel meine gerahmten Zeichnungen aufhängen. Wie in einer Galerie. Das wird dem Hotel eine besondere italienische Note geben und vielleicht die Sehnsucht in unseren Besuchern wecken, auch einmal unsere Hotels in Italien aufzusuchen.«

»Das hat er gesagt?« Rebecca war sprachlos.

 

Wie in Trance ließ sie sich von Gregorio ins Innere des luxuriösen Hotels führen, in dem offensichtlich letzte Vorbereitungen für die Eröffnung getroffen wurden. Überall werkelten noch Handwerker und Dekorateure. Doch es war schon erkennbar, dass dieses Hotel den anderen der Saveras in nichts nachstehen würde. Warum auch nicht? Die Saveras verstanden ihr Handwerk. Ein Fahrstuhl brachte sie in die oberste Etage. Als die Tür sich öffnete, befanden sie sich in einem kleinen Vorraum. »Du darfst ihn noch verschönern«, sagte Gregorio. »Und jetzt darfst Du den Schlüssel ausprobieren, den ich dir geschickt habe. Er gehört dir. Und wenn er passt, gehört dir auch das, was dahinter verborgen ist.«

Mit weichen Knien ging sie auf die schwere Eingangstür zu. Der Schlüssel passte und die Tür sprang auf. Das erste, was sie sah, waren die kostbaren Möbel aus Gregorios Suite in Venedig, überall, auch im Schlafzimmer: IHR Bett. Und IHRE Zeichnung hing darüber. Überhaupt hingen viele seiner Zeichnungen gerahmt an den Wänden. Nur einer der Räume war leer.

»Dies wird dein Reich sein: dein Arbeitszimmer, dein Rückzugsort ... was immer du willst. Hier kannst du in Ruhe studieren und niemand wird dich dabei stören.«

 

Rebecca stand am großen Panoramafenster, das den Blick auf ein verschneites Berlin freigab.

»Gregorio«, sagte sie schließlich. »Wenn all der Schmerz, den ich - den wir - in den Monaten unserer Trennung aushalten mussten, nötig war, um dieses hier«, sie drehte sich mit ausgebreiteten Armen einmal um sich selbst, »wahr werden zu lassen, dann war es das wert.«

Er zog sie in seine Arme und küsste sie leidenschaftlich.

»Ich hatte so sehr gehofft, dass meine Entscheidung, der Idee meines Vaters zuzustimmen, deine Zustimmung finden würde«.

»Wie könnte es nicht?«, rief Rebecca. »Wärest du nicht zu mir gekommen, wäre ich früher oder später zu dir gekommen. Ist dein Vater auch hier?«, fragte sie. »Ich würde ihm gerne sagen, wie dankbar ich ihm bin. Für alles!«

»Dazu wirst du bald Gelegenheit bekommen«, sagte Gregorio. „Wir könnten diese Tage noch nutzen, dein neues Zuhause einzurichten. Denn Weihnachten sind wir alle bei Mariella eingeladen. Die ganze Familie Savera wird sich dort versammeln - und du gehörst ab sofort dazu.«

»Ich glaube, das wird das wundervollste Weihnachten, das ich je erlebt habe.«, sagte Rebecca und schmiegte sich an Gregorio.

»Ich bin sicher, dass es ab heute nur noch wundervolle Tage für uns geben wird. Denn jeder Tag, an dem du bei mir bist, ist der schönste Tag meines Lebens«, erwiderte Gregorio und küsste sie auf die Nasenspitze.

»Aber nun lass uns keine Zeit mehr verlieren und deine Sachen zusammenpacken.«