Zweiundzwanzig
Als der Vorhang aufging, wurde eine bezaubernde Waldkulisse sichtbar, die von den hellen Strahlen bunter Lichter beleuchtet wurde, die in sanften Kegeln hinunterschienen. Laurel begriff, dass man das Licht im Kolosseum nicht dimmen konnte – oder musste. Auf der Bühne schien alles von innen zu leuchten, heller, klarer und sogar echter als Laurels unmittelbare Umgebung. Sie war hingerissen – hier war eindeutig Sommermagie am Werk.
In der Mitte der Bühne knieten zwei Elfen in einer innigen Umarmung und liebliche, romantische Musik schwebte aus dem Orchester empor. Die beiden glichen normalen Balletttänzern – der Mann hatte eine makellose mokkafarbene Haut, muskulöse Arme und kurz geschnittenes Haar, während die Frau mit den langen, schlanken Gliedern ihr kastanienbraunes Haare streng zurückgekämmt trug. Das Paar stand auf und begann langsam und sachte, barfuß zu tanzen.
»Keine Spitzenschuhe?«, flüsterte Laurel Tamani zu.
»Was sind Spitzenschuhe?«
Also nein, sieht man ja, dachte Laurel. Dennoch handelte es sich eindeutig um ein Ballett. Die Bewegungen waren fließend und anmutig, die Tänzer streckten sich und sprangen so hoch, dass Menschen neidisch werden müssten. Für Haupttänzer einer solch wichtigen Aufführung schien es ihnen jedoch an Grazie zu fehlen. Sie schleiften die Füße ein wenig nach und manche Bewegung wirkte beschwerlich. Dennoch waren sie ziemlich gut. Erst nach den ersten Schritten des Pas de deux verstand Laurel, was ihr besonders seltsam vorkam.
»Was soll denn das mit dem Bart?«, fragte sie Tamani. Der Tänzer hatte einen schwarzen Vollbart, der zu seinem Kostüm passte, aber als Laurel genauer hinsah, stellte sie befremdet fest, dass er ihm bis zum Bauchnabel reichte.
Tamani räusperte sich leise, und einen Augenblick lang fürchtete Laurel, er würde ihr gar nicht antworten. »Das musst du verstehen«, flüsterte er. »Die meisten Elfen haben noch nie einen Menschen aus Fleisch und Blut gesehen. Ihre Vorstellung davon, wie Menschen aussehen, ist ungefähr so weit von der Wirklichkeit entfernt wie deren Elfenbild. Elfen finden es unglaublich …« — er suchte nach dem treffenden Ausdruck – »spannend, dass den Menschen Fell im Gesicht wächst. Das ist richtig tierisch.«
Auf einmal wurde Laurel bewusst, dass sie noch nie einen Elfen mit Bart gesehen hatte. Sie war gar nicht darauf gekommen. Tamanis Gesicht war immer glatt und weich – ohne die kratzigen Stoppeln wie bei David. Das war ihr noch nie aufgefallen.
»Die Tänzer, die Menschen darstellen, bewegen sich außerdem weniger anmutig, um zu zeigen, dass es sich um Tiere und nicht um Elfen handelt«, fuhr Tamani fort.
Als Laurel ihre Aufmerksamkeit wieder dem Stück zuwandte, beobachtete sie, wie die Tänzer nur mit einer Andeutung von Schwerfälligkeit hochsprangen und zu Boden fielen. Jetzt da sie wusste, mit welcher Absicht sie dies taten, bewunderte sie die dafür erforderliche Begabung. Es war sicher nicht einfach, einen Mangel an Anmut darzustellen. Ihren Ärger über die wiederkehrenden Stereotypen verdrängte sie erstmal. Das konnte warten.
Als zwei weitere bärtige Tänzer auf die Bühne kamen, versteckte sich die Tänzerin hinter ihrem Partner. »Was ist da los?«, fragte Laurel.
Tamani zeigte auf das ursprüngliche Paar. »Das sind Heather und Lotus. Sie lieben sich im Verborgenen, aber Heathers Vater, der dahinten«, er zeigte auf einen älteren Elfen mit einem braunen Zottelbart, der mit grauen Strähnen durchsetzt war, »befiehlt ihr, stattdessen Darnel zu heiraten. Der menschliche Brauch, dass die Eltern die Ehepartner auswählen, ist übrigens wirklich lächerlich.«
»Das wird schon lange nicht mehr gemacht. Jedenfalls nicht in meiner Gegend.«
»Trotzdem.«
Die beiden Männer traten wieder von der Bühne ab und Heather und Lotus vereinten sich zu einem traurigen Pas de deux. Solch eine Musik hatte Laurel noch nie gehört. Ihr kamen die Tränen angesichts dieser Menschen, deren Liebe unter einem schlechten Stern stand und die so wunderschön zu dem leidenden Refrain des Orchesters tanzten.
Dann wurde es heller. Lotus sprang auf einen Felsen und breitete die Arme aus, um etwas zu verkünden. »Was passiert denn jetzt?«, fragte Laurel und zupfte aufgeregt an Tamanis Ärmel.
»Lotus hat beschlossen, sich bei Heathers Vater zu beweisen, indem er ihm einen Apfel von der Insel der Hesperiden bringt – die man auch Avalon nennt.«
Als niemand mehr auf der Bühne war, schimmerte sie einen Augenblick lang, ehe sie sich in einen riesigen Blumengarten verwandelte, in dem Blüten aller Farben und Formen wuchsen. Laurel schnappte nach Luft. »Wie haben sie das gemacht?«
Tamani lächelte. »Die Kulisse ist größtenteils eine Illusion. Darum sind Sommerelfen ja auch für die Unterhaltung zuständig.«
Laurel beugte sich vor, um sich das neue Bühnenbild genau anzusehen, aber ihr blieb nur wenig Zeit, ehe sich die dahingezauberte Lichtung mit tanzenden Elfen in strahlend bunten Kostümen füllte. Auf der Stelle erkannte sie, wie offensichtlich ungraziös die »Menschentänzer« auf die Eingeweihten gewirkt haben mussten. Das Elfenensemble tanzte die komplizierte Choreografie mit einer Anmut, die Anna Pavlova beschämt hätte. Nach einigen Minuten dieser unglaublichen Aufführung betrat eine recht große Elfe in einem schimmernden, eng anliegenden Gewand von rechts die Bühne. Das Ensemble sank auf die Knie, um alle Aufmerksamkeit auf das Solo der Haupttänzerin zu lenken. Laurel hatte in San Francisco hochkarätige Ballettaufführungen gesehen, aber auf die Begabung und Grazie dieser Tänzerin war sie nicht gefasst.
»Wer ist das?«, hauchte sie Tamani zu, während sie die Bühne nicht aus den Augen ließ.
»Titania«, erwiderte er.
»Die Titania?«, fragte Laurel atemlos. Tamani hatte den Arm um sie gelegt, als sie die Köpfe zusammensteckten, um sich im Flüsterton zu unterhalten. Laurel merkte es kaum.
»Nein, nein. Ich meine, sie spielt die Titania.«
»Oh«, sagte Laurel, ein wenig enttäuscht, dass sie doch nicht mit eigenen Augen eine Elfenlegende tanzen sah. In der Mitte von Titanias wunderschöner Arabeske kam auf der rechten Seite ein Elf aus den Kulissen – diesmal ohne Bart. Zwitschernd sank das Ensemble in tiefe Verbeugungen.
»Ist das Oberon?«, fragte Laurel, der eingefallen war, dass der Elfenkönig in den bekannten Sagen stets als Partner von Titania auftrat.
»Wie ich sehe, kommst du langsam dahinter«, sagte Tamani und grinste sie an.
Der Elf, der Oberon spielte, begann mit seinem eigenen Solo. Er bewegte sich unverfroren, herausfordernd, beinahe gewalttätig, doch mit derselben kontrollierten Anmut wie die Elfe, die Titania verkörperte. Kurz darauf tanzten die beiden zusammen und versuchten, sich gegenseitig zu übertreffen, während die Musik stärker und lauter in den Vordergrund drängte. Doch auf einmal kreischten die Bläser und Titania fiel über ihre eigenen Füße. Sie sank zu Boden. Mit einer wilden Geste und ärgerlich stampfend verließ sie mit ihrem Gefolge die Bühne, verscheucht von Oberons Elfen.
»Warum sind sie böse auf sie?«, fragte Laurel.
»In unserer Geschichte spielt Titania eine unrühmliche Rolle«, erklärte Tamani. »Sie war eine Herbstelfe – noch dazu vom Unseligen Hof –, die in einer Zeit Königin wurde, als es keine Winterelfen gab. Kurz darauf wurde Oberon geboren und übernahm im jungen Alter von zwanzig Jahren die Königswürde. Aus Sicht des Adels war er fast noch ein Kind und doch konnte es manchen nicht schnell genug gehen. Titania trägt die Verantwortung für die schreckliche Katastrophe von Camelot.«
»Die Orks … haben es zerstört, stimmt’s?«
»Richtig. Und in den anschließenden Wirren kam Oberon um, der sich gerade als einer der größten Könige erwiesen hatte, die Avalon je regiert haben. Dieser Verlust wird im Allgemeinen Titania in die Schuhe geschoben. «
»Das hört sich ein wenig ungerecht an.«
»Kann sein.«
Die Bühne leerte sich erneut und verwandelte sich wieder in den Wald. Lotus stürmte herein, verfolgt von Heather, die sich jedes Mal, wenn er sich umdrehte, hinter den Bäumen versteckte. Sie sausten hierhin und dorthin, bis zwei weitere Figuren die Bühne betraten: Darnel und eine sehr hübsche Elfe.
»Jetzt weiß ich wieder nicht weiter«, sagte Laurel, als die Elfe sich Darnel an den Hals werfen wollte, der sie jedoch immer wieder von sich stieß.
»Das ist Hazel. Sie ist in Darnel verliebt. Darnel ist hinter Heather her, die in Lotus verliebt ist und ihn von seinem gefährlichen Ausflug auf die Hesperiden abbringen will. Hazel dagegen versucht, Darnel dazu zu bringen, mit ihr glücklich zu sein.«
Bei Laurel fiel der Groschen in dem Augenblick, als die niedliche Hazel verzweifelt an Darnels Mantel zupfte und er sie wieder beiseiteschubste. »Moment mal«, sagte sie. »Das ist ja Ein Sommernachtstraum.«
»Genau genommen ist es das, was später zum Sommernachtstraum verarbeitet wurde. Wie viele von Shakespeares Stücken beruht auch dieses auf einer Elfensage. «
»Jetzt echt?«
Tamani ermahnte sie freundlich zu schweigen, weil einige Herbstelfen bereits zu ihnen hinüberschauten. »Hast du wirklich geglaubt«, fragte er sie flüsternd, »dass er ganz allein auf Romeo und Julia gekommen ist? Vor tausend Jahren hießen sie Rhoeo und Jasmine, aber Shakespeares Drama ist eine recht gute Nacherzählung.«
Laurel konnte den Blick nicht von den vier Elfen wenden, die ihre schwindelerregende Verfolgungsjagd tanzten. »Und woher kannte Shakespeare die Elfensagen? « Sie sah Tamani kurz an. »Er war doch ein Mensch, oder?«
»Oh ja.« Tamani schmunzelte. »Er lebte in einer Zeit, als die Herrscher von Avalon die Menschen und ihre Angelegenheiten noch im Auge behielten. Seine Theaterstücke über die Könige — Lear und Richard, wenn ich mich recht erinnere – kamen bei den Elfen gut an. Die Geschichten waren mordslangweilig, aber sehr gut geschrieben. Deshalb ließ der König ihn kommen, um ihm ein paar gute Geschichten für seine schönen Wörter zu liefern. Man hoffte hier natürlich auch, dass er einige der dümmsten Irrtümer über die Elfen aufklären würde. Ein Sommernachtstraum war das erste Stück, das er nach seinem Besuch in Avalon schrieb, dicht gefolgt von Der Sturm. Doch später ärgerte er sich darüber, dass der König ihn nicht nach Belieben kommen und gehen ließ. Deshalb kehrte er Avalon den Rücken und kam nie wieder zurück. Um sich zu rächen, vergab er in seinen Stücken keine Rollen mehr an Elfen. Die Figuren waren alle Menschen, die er sich angeblich selbst ausgedacht hatte.«
»Und das ist wirklich wahr?«, fragte Laurel verwundert.
»So habe ich es gelernt.«
Auf der Bühne erschien wieder das Bühnenbild mit der blühenden Lichtung, wo Oberon Puck – einem besonders begabten Herbstelfen, wie Tamani Laurel erklärte – befahl, einen Zaubertrank zu brauen, durch den Titania sich in das erstbeste Wesen verlieben würde, das ihr begegnete. Das sollte die Rache für ihr Versagen in Camelot sein. Da er überdies ein wohltätiger König war, wollte er auch den Menschen helfen. »Er konnte ihnen zwar nicht erlauben«, so Tamani, »nach Avalon zu kommen und einen goldenen Apfel zu pflücken, aber er wollte sie auch nicht mit leeren Händen nach Hause schicken.«
Laurel nickte und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Ballett zu. Die Geschichte entfaltete sich auf die ihr bekannte Weise. Lotus und Darnel waren in Hazel verliebt, Heather fand keinen Liebhaber, und alle tanzten in verschlungenen, rasenden Figuren, dass ihr beinahe schwindelig wurde.
Nun spielte die Handlung wieder in der Elfenlaube. Nachdem Puck Titania den Zaubertrank in die Augen geträufelt hatte, watschelte ein riesiges, buckliges Biest auf die Bühne. Laurel konnte nicht erkennen, ob es sich um eine Illusion oder ein besonders gelungenes Kostüm handelte. »Was ist das denn?«, fragte sie. »Sollte das nicht ein Mann mit einem Eselskopf sein?«
»Das ist ein Ork«, erklärte Tamani. »Es gibt unter Elfen keine größere Schande, als sich in einen Ork zu verlieben. Aber das passiert auch nur, wenn man total gestört ist oder eben verzaubert wurde.«
»Und was ist mit dem Teil, in dem alle Männer ein Stück aufführen? Da sollte der Typ doch eigentlich herkommen.«
»Diese Passagen hat Shakespeare erfunden. In der ursprünglichen Geschichte gibt es keine komische Aufführung.«
»Ich fand diese Episode auch schon immer besonders öde. Ich meine, es sollte aufhören, wenn die Liebenden aufwachen und merken, dass sie entdeckt wurden«, sagte Laurel.
»Volltreffer.« Tamani grinste sie an.
Laurel sah eine Weile schweigend zu, wie die Tänzer die Geschichte fortspannen und sich alles auf das Ende hin zuspitzte. Kurz vor Schluss erschien Titania noch mal und tanzte das wunderschönste Solo, das Laurel je gesehen hatte. Dazu erklang leise, traurige Musik. Am Ende wirbelte sie herum, sank vor Oberon auf die Knie und bot ihm ihre Krone.
»Was ist denn jetzt passiert?«, fragte Laurel, als der Tanz vorbei war. Während des Solos hätte sie es nicht ertragen, zu sprechen, es war zu schön, um auch nur eine Sekunde wegzusehen.
»Titania bittet Oberon um Vergebung für ihre Missetaten und verzichtet ihm zuliebe auf die Krone. Auf diese Weise gibt sie auch zu, nie die wahre Königin gewesen zu sein.«
»Wegen Camelot?«
»Nein, weil sie eine Herbstelfe war.«
Laurel dachte stirnrunzelnd darüber nach. Doch schon ging es auf der grünen Lichtung weiter, auf der die Liebenden aus ihrem verzauberten Schlaf erwachten und einen fröhlichen doppelten Pas de deux hinlegten. Zum Schluss gesellte sich das gesamte Elfenensemble dazu. Als sie vortraten und sich verbeugten, erhob sich das Publikum auf dem Hügel wie auf ein Zeichen zum Applaus. Tamani stand ebenfalls auf, und Laurel sprang auf, um so wild zu klatschen, dass ihr die Hände wehtaten.
Doch Tamani legte ihr eine Hand auf den Arm und zog sie auf ihren Sitz hinunter.
»Was?« Sie riss den Arm zurück.
Tamani sah sich nervös um. »Das tut man nicht, Laurel. Man steht nicht auf, um jemandem zu applaudieren, der unter einem steht. Man erhebt sich nur für Gleichgestellte oder höhere Ränge.«
Laurel sah sich um. Er hatte recht. Auf dem Balkon wurde leidenschaftlich applaudiert, aber außer ihr und Tamani war niemand aufgestanden. Mit hochgezogener Augenbraue wandte sie sich wieder der Bühne zu und blieb beim Klatschen stehen.
»Laurel!«, schimpfte Tamani leise.
»So etwas Tolles habe ich noch nie gesehen, und deshalb werde ich meiner Bewunderung Ausdruck verleihen, wie es mir passt«, sagte Laurel entschlossen und applaudierte weiter. Sie warf Tamani einen kurzen Blick zu. »Willst du mich etwa daran hindern?«
Seufzend schüttelte Tamani den Kopf, aber er gab es auf, sie zum Hinsetzen zu bewegen.
Als der Applaus allmählich verhallte, verließen die Tänzer anmutig die Bühne, die in strahlendes Weiß getaucht war. Im hinteren Bereich stellten sich etwa zwanzig hellgrün gekleidete Elfen auf.
»Kommt noch etwas?«, fragte Laurel, während sie sich wieder hinsetzten.
»Feuertänzer.« Tamani strahlte sie an. »Die gefallen dir bestimmt.«
Nach einem dumpfen Paukenschlag ertönte zunächst ein langsames stetiges Trommeln. Im Rhythmus der Musik kamen die grün gekleideten Elfen in einem langsamen Marsch nach vorn. Am vorderen Rand der Bühne hoben sie die Hände und sandten bunte Leuchtstrahlen in den Himmel. Eine Sekunde später explodierte ein Funkenregen über der Zuschauermenge – ungefähr auf Augenhöhe mit den Logen. Die lebhaften Farben brillierten in so fantastischen Schattierungen, dass Laurel blinzeln musste. Ein schöneres Feuerwerk hatte sie noch nie gesehen.
Als sich eine zweite Trommel mit einem schnelleren, komplizierten Rhythmus einmischte, richteten sich die Elfen auf der Bühne nach diesem neuen Klang. Ihr Tanz wurde akrobatisch, sie hüpften und sprangen an den Bühnenrand. Dann ertönten eine dritte Trommel und eine vierte, während die Schritte und Gesten der Tänzer immer rasender, immer schneller wurden.
Wie gebannt verfolgte Laurel das Schauspiel der Feuertänzer, die in den unglaublichsten Positionen über die Bühne taumelten. Jedes Mal wenn sie an den Bühnenrand gelangten, wurde eine andere Lightshow gezündet. Die Lichtstrahlen gingen wie Regentropfen auf das Publikum nieder, und wirbelnde Feuerbälle sausten durch die Arena, mit grellen Funken, die zu glänzenden Juwelen verblassten, ehe sie erloschen. Laurel war hin- und hergerissen zwischen den Akrobaten und dem Feuerwerk. Sie wünschte, beides gleichzeitig ansehen zu können. Doch dann, als das Trommeln so rasend schnell wurde, dass sie sich fragte, wie die Elfen mitkamen, rasten sie alle an den Bühnenrand und ließen gleichzeitig ihr Feuerwerk steigen, das einen funkelnden Vorhang schuf, der die Zuschauer beinahe so blendete wie die Sonne selbst.
Atemlos sprang Laurel wieder auf und applaudierte den Feuertänzern ebenso leidenschaftlich wie eben noch dem Ballettensemble. Tamani stand still neben ihr und verlor kein einziges Wort über ihr ungehöriges Benehmen.
Als die Feuertänzer sich schließlich zum letzten Mal verbeugten, verebbte der Applaus. Die Herbstelfen standen auf und machten sich auf den Weg zum Ausgang. Laurel beobachtete, dass die Frühlingselfen auf dem Hügel unter ihr das Gleiche taten.
Lächelnd sah Laurel Tamani an. »Oh, Tam, das war einfach unglaublich! Vielen Dank, dass du es mir ermöglicht hast, hierherzukommen.« Sie warf einen Blick auf die Bühne, die wieder hinter dem schweren Seidenvorhang verschwunden war. »Was für ein wundervoller Tag!«
Tamani legte Laurels Hand wieder auf seinen Arm. »Das Fest hat gerade erst begonnen«, widersprach er.
Laurel sah ihn überrascht an. Sie kramte in ihrem Täschchen nach der Uhr. Ein, zwei Stunden konnte sie noch bleiben. Ihr Gesicht erstrahlte in einem Lächeln, als sie erneut zum Ausgang sah, diesmal jedoch voller Begeisterung. »Ich bin bereit«, sagte sie.