KAPITEL 53

»Schhh!«, wisperte ich. »Haltet Coop fest.«

Ich schlüpfte halb durch die Öffnung und duckte mich in den Kriechgang hinein. Was ich draußen sah, erschreckte mich bis ins Mark.

Dort standen mehrere Personen, alle in Schwarz gekleidet. Einer von ihnen hielt eine Pistole in der Hand. Sie standen etwa sechs Meter vom Bunker entfernt und diskutierten erregt miteinander.

Ich zog mich wieder zurück.

»Wir haben Gesellschaft bekommen. Drei Männer. Mindestens einer von ihnen ist bewaffnet.«

»Sind das Freunde von Ihnen?«, fragte Hi.

»Nein«, antwortete Karsten. »Ich bin euch beiden« – er richtete einen zitternden Finger auf Shelton und Hi – »von Morris aus gefolgt. Ich hab keine Ahnung, wer diese Leute sind.«

»Es gibt keinen Hinterausgang.« Ben ballte die Fäuste. »Wir kommen hier nicht raus. Am besten, wir schnappen sie uns, wenn sie hineinkriechen.«

»Bist du verrückt?« Shelton fasste sich ans Ohr. »Vielleicht sind die alle bewaffnet.«

»Haben wir eine andere Wahl?«, zischte Ben. »Wir sitzen in der Falle.«

»Was ist mit dem Fenster?«, fragte Karsten.

Ich schüttelte den Kopf. »Die Absprungkante ist zu weit weg und darunter sind nur Felsen.«

Karsten warf einen Blick zum Eingang des zweiten Zimmers. »Was ist dahinten?«

»Ein weiteres Fenster und ein eingestürzter Tunnel.«

»Ein Tunnel?« Ohne zu zögern eilte der Professor in den hinteren Raum.

Wir folgten ihm.

Karsten durchquerte den Raum und bewegte eine Hand über der Öffnung des Schachtes, der von losen Brettern blockiert wurde, hin und her.

»Ich nehme einen Luftzug wahr«, sagte er. »Seid ihr jemals in dem Schacht gewesen?«

»Zu gefährlich«, antwortete Shelton. »Der kann jeden Moment einstürzen.«

Draußen bellte eine raue Stimme.

»Okay, Kids.« Es klang wie Schotter, der durch eine Abflussrinne gespült wird. »Zwingt uns nicht, euch auszuräuchern!«

Coop knurrte. Ich schlang meinen Arm um seinen Hals, damit er nicht hinauslief.

»Kein Netzempfang.« Shelton hämmerte verzweifelt auf die Tasten. »Ich hab kein Signal.«

»Wenn wir einen Schub kriegen, dann machen wir sie fertig! « Ben griff nach einem Holzbrett.

»Kommt nicht infrage. Das sind vielleicht Profis.« Karstens Brauen zogen sich nachdenklich zusammen. »Los, in den Schacht! Beeilt euch!«

»Dann werden sie uns hinterherkommen«, gab Ben zu bedenken. »Der Eingang in den Bunker ist wie ein Nadelöhr. Da muss sich jeder einzeln durchquetschen. Am besten, wir lauern ihnen dort auf.«

»Keine Diskussionen!« Karsten stieß mich vorwärts. »Ich halte sie hier auf, während ihr durch den Schacht flieht. Los jetzt!«

Ich fragte mich, warum die Killer immer noch nicht hereingestürmt waren. Vielleicht hatten sie denselben Gedanken gehabt wie Ben. Doch so oder so würde ihr Zögern nicht lange andauern.

Während Hi und Shelton die Bretter entfernten, rollte Ben ein paar größere Steinbrocken beiseite. Im Nu hatten sie eine Öffnung geschaffen, die cirka einen halben Meter breit war.

Dahinter nichts als undurchdringliches Dunkel.

»Ich geh da nicht rein!« Shelton stand die Panik ins Gesicht geschrieben. »Nie im Leben!«

»Das ist aber die einzige Möglichkeit, um hier rauszukommen«, entgegnete ich.

»Wir haben doch keine Ahnung, wo der endet.« Shelton war den Tränen nahe. »Wenn der überhaupt irgendwo endet. Vielleicht kommen wir da nie wieder raus!«

Peng!

»Wir sind bewaffnet!«, bellte die Stimme. »Also los, kommt raus, sonst machen wir euch ein bisschen Feuer unterm Hintern! «

»In den Schacht!«, kommandierte Karsten.

»Und Sie?«

»Die wollen nichts von mir.« Karsten sah mir nicht in die Augen. »Mir passiert schon nichts.«

»Danke!« Ich widersprach ihm nicht. Es war einfacher so.

»Geht!«, sagte er. »Jetzt!«

Ben schlängelte sich durch die Öffnung. Hi folgte ihm, dann Shelton. Coop vor mir her schiebend, verschwand ich als Letzte in der Öffnung.

Der Schacht verlief steil nach unten. Über uns waren nur wenige Zentimeter Platz.

Ich warf einen Blick über die Schulter. Karsten war schon damit beschäftigt, die Öffnung mit Brettern und Steinen wieder zu verschließen.

»Vergib mir, Tory.«

Das Licht der Öffnung verschwand und ließ uns in unheimlicher Finsternis zurück.

Etwa fünf Meter weiter versperrte uns ein massiver Felsbrocken den Weg. Ben versuchte mit aller Kraft, ihn beiseitezuschieben. Schließlich gelang es mit Sheltons und His Hilfe, ihn ein wenig zur Seite zu rollen.

Erregte Stimmen hallten durch den Tunnel. Coop knurrte. Ich schloss meine Finger um seine Schnauze.

Peng! Peng!

Gefolgt von einem dumpfen Geräusch.

Fast hätte ich aufgeschrien.

»Hierher!«, rief die raue Stimme. »Hier ist eine Art Tunnel! «

Ich drückte mich am Felsbrocken vorbei. Hinter mir stürzten haufenweise lose Steine in den Gang. Ich geriet in Panik.

KLICK.

Die Dunkelheit teilte sich in kleine Partikel, die langsam auseinanderdrifteten. In meinem Kopf pochte es.

Ich schaute zurück. Zwei Silhouetten waren damit beschäftigt, den Eingang freizulegen.

Meine Ohren nahmen ein leises Knistern wahr. Ich drehte meinen Kopf hin und her, versuchte die Geräuschquelle zu lokalisieren.

Das Geräusch kam von oben.

Ich legte den Kopf in den Nacken.

Mein Herz überschlug sich fast.

Feine Risse krochen über die Decke des Schachts, es sah aus wie ein entstehendes Spinnennetz.

Aus dem Knistern wurde ein Knacken.

»Lauft!«

Vor mir im Dunkeln leuchteten acht goldene Augen. Ben. Shelton. Hi. Coop.

Alle verstanden sofort. Gemeinsam rannten wir durch den Tunnel, wichen herabfallendem Geröll aus und sprangen über Steine hinweg.

Aus dem Knacken wurde ein Dröhnen.

Ein Staubregen ging auf uns nieder, verklebte mir Augen und Lungen. Tränen liefen mir über die Wangen.

Ich presste die Hand vor den Mund und stolperte weiter.

Hinter mir stürzte etwas ein. Ich fiel keuchend auf die Knie, rang verzweifelt nach Atem. Feuchte Luft schoss in meine Kehle, als erneut alles finster wurde.

VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
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