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Es dauerte nicht lange, bis Claude und Remy bemerkten, dass sie es mit jemandem zu tun hatten, der nicht alle Tassen im Schrank hatte, trotz Lloyd Ricas wiederholter Anmerkungen, dass er Mathematiker sei. Er neigte zu ausschweifendem Gefasel und sprach davon, dass sein Schicksal mit dem von Mark Lockheed und Jesus Christus verflochten war. Nichts von seinem Gerede ergab einen Sinn, und dass er permanent mit geradezu epischer Gravitas sprach, half auch nicht gerade dabei zu unterscheiden, was von seinem Geschwätz nun wichtig war und was nicht. Letztendlich gelang es ihnen doch, einen Schluss zu ziehen: Lloyd wollte, dass sie ein Treffen zwischen ihm und Mark Lockheed arrangierten. Mit einem einzigen Blick kamen sie überein, dass das keine gute Idee war.

„Er kommt bald nach Frankreich zurück“, sagte Claude. „Dann können wir sicherlich etwas arrangieren.“

„Nein. Ich will, dass Sie mich zu ihm bringen“, beharrte Lloyd. „Es ist mir bestimmt, auf jedem Schritt seines Weges an seiner Seite zu sein, sonst wird die Reise befleckt und unvollständig. Ich bin der Christus, den er bei sich braucht, um den Becher zu finden. Ohne den Christus kann man den Gral nicht finden.“ Das war einer der Sätze, den er immer wieder wiederholte und Claude und Remy hatten keine Ahnung, wie sie mit solchem Psychogeschwätz umgehen sollten. Sie waren schließlich Archäologen und keine Psychiater.

„Also gut“, sagte Remy während Claude ihn flehentlich ansah. „Wir bringen Sie zu ihm. Treffen wir uns morgen früh?“, schlug er vor.

Lloyd lächelte Remy breit an.

„Selbstverständlich“, sagte er. „Verspäten Sie sich nicht.“

„Das werden wir nicht.“

„Natürlich nicht. Ich beobachte Sie.“

Nachdem Lloyd Rica das Labor verlassen und ihre Atmung sich wieder normalisiert hatte, stand Claude auf und ging auf und ab.

„Was zum Teufel war das denn für ein Geschwätz? Wie hast du ihn dazu gebracht zu gehen?“

„Anagramme. War auf der High School ein Hobby von mir. Hat sich jetzt als recht nützlich erwiesen. Der hat sie scheinbar nicht mehr alle!“

„Was hast du zu ihm gesagt?“

„Wir treffen ihn um neun am Louvre.“

Der Professor musste ein wenig nachdenken, da er kein großes Talent für Anagramme hatte.

„Du spielst doch nicht etwa wirklich mit dem Gedanken, ihn zu treffen? Wir sollten einfach ein anderes Labor finden.“

„Nur, wenn wir weitere Proben nehmen. Wir haben den Prozess schon angestoßen, und wir haben das Tuch nicht mehr hier. Doch was deine Frage angeht: nein. Ich glaube nicht, dass wir sein Spiel spielen sollten. Er ist gefährlich.“

„Das würde ich auch sagen“, stimmte Claude zu. „Er denkt, er ist Jesus Christus oder so was.“

„Wahrscheinlich Schizophrenie“, überlegte Remy. „Patienten neigen dazu, Dingen eine übermäßige Menge an Bedeutung beizumessen, was normale Menschen nicht tun würden. In seinem Fall Anagramme. Er denkt, dass es bei Anagrammen keine Zufälle gibt. Denn sein Nachname ist ein Anagramm für INRI - Iēsus Nazarēnus, Rēx Iūdaeōrum – und mit deinem Freund Mark ist er jemandem begegnet, der nach dem heiligen Gral sucht… Darin hatte er eine kosmische Verbindung gesehen. Und Schizophrene lassen so etwas nicht einfach auf sich beruhen. Es ist fast so, als würde man versuchen, mit einem religiösen Fanatiker zu diskutieren – geht einfach nicht.“

„Was sollen wir dann tun?“

„Wir nutzen seine Paranoia gegen ihn“, sagte Remy und stand auf. „Doch zuerst… musst du lernen, wie man schneller Anagramme erstellt.“

 

Die Jagd nach dem Heiligen Gral
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