12:
„Das kann nicht dein Erst sein?“ Der Professor ging im Raum auf und ab. Es war derselbe Raum, in den Mark gebracht worden war, um sich zu duschen und frische Kleider anzuziehen. „Wir sollen ihn einfach beim Wort nehmen?“
„Oh, natürlich nicht“, sagte Mark. „Ich vertraue ihm keinen Meter weit. Doch so wie ich es sehe, haben wir keine andere Wahl.“
Kathy saß mit dem Rücken zur Tür, die Hände vor den Lippen gefaltet.
„Mark hat Recht. Was passiert, wenn wir nein sagen?“, sage sie und ließ die Hände sinken.
„Nichts Gutes“, murmelte der Professor. „Vor zwei Tagen noch habe ich Kopien verkauft und meinen nächsten Ausflug in den Rotlichtbezirk geplant. Es war kein glamouröses Leben, doch sicherer als dieser Scheiß war es allemal.“
„Das kann ich nachvollziehen, Professor, doch wir sind nun einmal hier. Damit müssen wir jetzt einfach leben.“
„Dann nehme ich an, dass wir in die Schweiz reisen werden?“, sagte Kathy, während sie aufstand. Sie ging am Professor vorbei auf die andere Seite des Zimmers, wo Mark mit nonchalant vor der Brust verschränkten Armen dastand. Sie zog seine Arme auseinander und legte sie auf ihre Schultern, bevor sie ihn sanft umarmte und dabei küsste. Mark ließ sich nicht anmerken, welche Schmerzen ihre Umarmung verursachte. Keiner der beiden anderen wusste, was man ihm angetan hatte, und er hatte auch nicht vor, es ihnen zu erzählen.
Als Mark Kathy wieder aus der Umarmung freigab, ließ er einen Arm um ihre Schulten gelegt. Der Professor kam bereits auf sie zu, als sie sich umdrehten, und sie steckten die Köpfe zusammen.
„Wir sitzen alle im selben Boot“, erklärte Mark, und die anderen nickten zustimmend.
* * *
Auch Gabriel Mizrahi besaß ein Flugzeug. Die zweimotorige Turboprop Maschine war nicht annähernd so luxuriös wie der Jet von Reginald Astair, doch immerhin war es ein Flugzeug. Mark beobachtete durch das kleine, verschmierte Fenster wie die Motoren zum Leben erwachten, und bald waren sie in der Luft.
Mr. Mizrahi informierte ihn, dass er einen Kontakt in Genf hatte, der sie bei der Landung auf dem Rollfeld erwarten würde.
„Er ist unsere beste Chance, in die Credit Suisse reinzukommen“, erklärte er. „Er hat mal dort gearbeitet.“
„Und?“, fragte Kathy.
„Lassen Sie uns einfach sagen, dass er ein paar persönliche Probleme hatte und darum nicht mehr dort arbeitet.“
Der Professor murmelte etwas Unverständliches und strich sich über die ergrauenden Bartstoppeln.
„Egal“, fuhr Mr. Mizrahi fort. „Etwas unbemerkt aus einem Schweizer Banktresor herauszubekommen ist kein leichter Job und ganz sicher nicht für einen Archäologen. Deshalb brauchen wir Hilfe. Ihre Aufgabe wird es natürlich sein, die Echtheit des Grabtuchs zu bestätigen sobald wir es haben.“ Er sprach, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass sie den Tresor finden würden und einfach so einbrechen und das Grabtuch stehlen könnten, ohne dabei erwischt zu werden.
„Alles, was wir wirklich tun können, ist, Ihnen zu sagen, ob es aus der richtigen Zeit stammt“, erklärte Kathy.
„Den Rest werde ich wissen“, sagte Gabriel. „Vertrauen Sie mir, ich werde es wissen.“
Mark fand Gabriels Glauben an die Trinität von Jesus Christus‘ Besitztümern rührend, aber auch irritierend.
Der Rest des Fluges mit seinen zwei Zwischenlandungen zum Auftanken verlief ereignislos, wenn auch verhältnismäßig laut. Mark fand Trost im atemberaubenden Ausblick auf die Alpen, den er aus seinem kleinen Fenster hatte – er war definitiv besser als der, den er aus seinem Büro im Pentagon auf den Flur hatte.
Er fragte sich, was die anderen Leute aus dem Loch jetzt wohl taten, während er mit Kathy, seinem alten Professor und einem übergeschnappten Israeli über die Alpen flog. Was auch immer es war, es konnte nicht so aufregend sein wie das hier. Mark hatte Angst, doch er lebte.