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Maras immer schlechter werdende Verfassung hatte Anakin großen Kummer bereitet. Sie war sehr tapfer und sehr stark, aber sie wurde schneller müde und zog sich immer mehr von ihm zurück. Er spürte, dass sie mehr und mehr von der Macht zehrte, um sich am Leben zu erhalten. Die Macht stärkte sie, ohne Frage, aber sie beanspruchte auch so viel von ihrer Aufmerksamkeit und Konzentration, dass sie bisweilen nicht mehr wusste, wo sie sich befand oder wer er war.
Anakin sorgte mit aller Kraft dafür, dass es ihr nach Möglichkeit an nichts fehlte. Er hielt das Lager sauber und bereitete sämtliche Mahlzeiten zu. Er behielt die Dantari im Auge und kannte daher bald zahlreiche genießbare Pflanzen und Gewürze, die er benutzte, um ihre faden Rationen in etwas anderes, wenn auch nicht immer in etwas wirklich Appetitliches zu verwandeln. Doch Mara schien die misslungenen Experimente ebenso mühelos zu verkraften wie die erfolgreichen und lebte zur Essenszeit jedes Mal ein wenig auf.
Tuber, so hatte Anakin den älteren Dantari-Wurzelsammler genannt, machte sich offenbar ebenfalls einige Sorgen um Mara. Er brachte auch weiterhin Feuerholz, wollte jedoch die letzten Wurzeln, die Anakin noch besaß, auf keinen Fall annehmen. Stattdessen tauschten sie andere Dinge, bei denen es sich meistens um Schmuck handelte, den Tuber sofort in seinen Zopf flocht, um die Plakette zu umrahmen, die Mara zur Verfügung gestellt hatte.
Nach einem Abendessen, das Mara nur teilnahmslos zu sich genommen hatte, verließ Anakin das Lager, während sie zu ihrem Feldbett zurückkehrte und sich wieder schlafen legte. Er hatte aufgeräumt und bald erkannt, dass der Vorrat an Feuerholz nicht für die Nacht reichen würde. Es kam ihm sonderbar vor, dass Tuber noch nicht erschienen war, also machte er sich an den Abstieg zum Lager der Dantari.
Er war noch gut fünfhundert Meter entfernt, als ihn in der Macht ein stechender Schmerz erreichte. Er dachte sofort an Mara, aber das Gefühl war anders als das, was er erwartet hätte, wenn es sich um sie gehandelt hätte. Als Nächstes fiel ihm Tuber ein, und dann erfasste er eine unterschwellige Angst, die von dem Lager der Dantari ausging.
Anakin kauerte sich in das lavendelfarbene Gras und bewegte sich langsam weiter. Er lächelte und setzte all das, was Mara ihn über die lautlose Fortbewegung im Gras gelehrt hatte, in die Tat um. Er hätte mit der Macht hinausgreifen können, um Zweige aus dem Weg zu räumen, die unter seinen Füßen knacken mochten, oder um Grashalme zu besänftigen, damit sie nicht raschelten. Und genau das hätte ich früher auch getan, aber das muss ich jetzt nicht mehr. Ich kann mir die Macht für später aufheben.
Er arbeitete sich weiter auf das Lager zu und hielt zwanzig Meter davor im Schatten eines Felsens inne. Als er um den Felsblock spähte, entdeckte er Tuber, der auf den Knien lag und aus Schnitten über einem Auge und an der Brust blutete. Das zuvor dort tätowierte imperiale Hoheitszeichen war in Streifen abgezogen, und es sah aus, als hätten seine Häscher beschlossen, ihn zu häuten. Die Hände des Dantari waren auf dem Rücken zusammengebunden. Auch die übrigen Dantari knieten und wirkten geschunden und furchtbar ängstlich.
Und dazu hatten sie allen Grund. Vor Tuber standen zwei hoch gewachsene, schlanke Yuuzhan-Vong-Krieger in chitinartigen Körperpanzern. Einer trug einen Stab mit einem abgeflachten Ende, das an die Spitze eines Speers erinnerte. Der andere hatte eine Waffe, die dem Stab glich, aber biegsam war und eindeutig wie eine Peitsche gehandhabt wurde. Der Krieger mit der Peitsche hielt die Plakette von Maras Jacke in der Linken, wedelte damit vor Tubers Nase herum und stellte ihm knurrend eine Frage.
Tuber grunzte eine Entgegnung.
Die Peitsche des Yuuzhan Vong knallte, und auf der breiten Brust des Dantari erschien ein neuer Striemen.
In Anakins Magengrube bildete sich ein eisiger Klumpen. Er wusste ohne den geringsten Zweifel, dass der Yuuzhan Vong wissen wollte, woher Tuber die Plakette hatte. Die Dantari hätten sie gewiss nicht eigenhändig herstellen können, und sie war offensichtlich neuer als die imperialen Fundstücke in ihrem Besitz; also drängte sich den Yuuzhan Vong der Gedanke auf, dass erst kürzlich andere Besucher hier gewesen waren. Aber Tuber verweigerte den Yuuzhan Vong die Antwort, die sie von ihm verlangten. Er steckt in Schwierigkeiten, weil wir hier sind, weil wir Freundschaft mit ihm geschlossen haben. Anakin zweifelte keine Sekunde daran, dass er etwas unternehmen musste, um den Dantari zu helfen.
Einen Herzschlag lang wollte er alle Hoffnung fahren lassen. Er war ein fünfzehn Jahre alter Jedi-Schüler, dem die Erfahrung fehlte, auf die ein voll ausgebildeter Jedi-Ritter zurückgreifen konnte. Mara hatte auf Belkadan nur unter großen Mühen einen der Yuuzhan Vong töten können. Die Rettung der Dantari erschien ihm undurchführbar, ein Unterfangen, das seine Möglichkeiten überstieg.
Größe spielt keine Rolle. Obwohl Mara ihn dafür getadelt hatte, dass er Yodas Weisheit strapazierte, war Anakin klar, dass sie hier durchaus am Platz war. Es war seine Aufgabe als Jedi-Ritter, jene zu beschützen, die sich nicht selbst schützen konnten, also holte er tief Luft, öffnete sich für die Macht und fühlte sich im nächsten Moment auf eine Weise von ihr durchflutet, die er nie zuvor erlebt hatte. Sie war wie Wasser für einen Verdurstenden, wie Sonne nach langen Tagen des Regens, wie Wärme nach schneidender Kälte. All das und noch viel mehr.
Anakin berührte den Felsen, hinter dem er sich versteckte, und stieß ihn mit einem Bruchteil der Macht, die ihn durchfloss, an. Der fünfhundert Kilo schwere Brocken riss sich von dem Erdreich, das ihn festgehalten hatte, los und sauste auf die Yuuzhan Vong zu. Dreck fiel in Klumpen von ihm ab, während er durch die Luft wirbelte. Dann schlug er fünf Meter vor dem Ziel auf, prallte vom Boden ab und traf den Krieger mit dem Stab von der Seite. Unter dem Stein drang ein knirschendes, knackendes Geräusch hervor, dann schlugen die Arme und Beine des sterbenden Yuuzhan Vong einen wilden Trommelwirbel.
Anakin stürmte los, zog sein Lichtschwert und hielt den rechten Daumen über dem Zündknopf. Er sprang in die Höhe, schleuderte den Felsblock zur Seite und segelte in einem hohen Salto durch die Luft, der ihn hinter den zweiten Yuuzhan Vong trug. Dort zündete er die purpurne Laserklinge, machte einen Satz, stieß die Spitze in eine kreisrunde Vertiefung am Körperpanzer des Kriegers und traf diesen genau unter der linken Achselhöhle.
Die glühende Purpurklinge drang tief ein, und als der Yuuzhan Vong unwillkürlich herumfuhr, drohte er Anakin die Waffe zu entwinden, da die Ränder seiner Rüstung sich nicht durchtrennen ließen. Die Peitsche wirbelte herum, traf Anakin an der linken Schulter, zerfetzte seine Hemdbluse und schnitt in sein Fleisch. Er wusste, dass ihm der Schlag den Kopf hätte abreißen sollen und dass dies auch geschehen wäre, wenn die Rüstung des Kriegers sich nicht plötzlich verkrampft und zusammengezogen hätte. Die Gelenke erstarrten und behinderten die Bewegungen des Yuuzhan Vong. Und als die Rüstung erschlaffte, brach der Krieger zusammen.
Sein Amphistab zischte und glitt davon.
Anakin betrachtete die gefallenen Yuuzhan-Vong-Krieger und begann zu zittern. Er ging in die Knie und deaktivierte die Klinge seines Lichtschwerts. Irgendwie war es ihm gelungen, zwei trainierte Krieger zu töten – Krieger von der Art, die sogar Mara große Schwierigkeiten bereitet hatten. Ich dachte, ich könnte vielleicht einen mit einem Trick erledigen, aber beide… Ihm war bewusst, dass dieser Sieg eigentlich unmöglich war, doch mit der Macht auf seiner Seite hatte er trotzdem Erfolg gehabt.
Anakin fühlte Hände, die ihn berührten. Er hob den Blick und sah Tuber über sich aufragen. Irgendwie hatte sich der Dantari von seinen Fesseln befreit. Tuber gab ihm eine Vinchawurzel, dann steckte er sich selbst eine weitere in den Mund und begann sie zu zerkauen. Nach erheblichem Mahlen und Knirschen spuckte der Dantari eine dicke Paste aus Vincha und Spucke in seine Hand und trug sie auf seine Wunden auf.
Anakin nickte und kaute seine Wurzel. Sie schmeckte bitter und ließ ihn auf der Stelle den Mund verziehen. Fast würgte er, als er etwas von der Masse verschluckte, doch er spürte, wie der Schmerz in seiner Schulter allmählich nachließ. Vorsichtig tupfte er die Paste auf seine Wunde, und der Schmerz hörte beinahe sofort auf.
Kein Wunder, dass diese Wurzeln so wertvoll für sie sind. Dann schlug sich Anakin die Hand vor die Stirn. Er wollte meine letzten Wurzeln nicht annehmen, weil er dachte, dass ich sie bei Mara anwende. Es war kein Zufall, dass wir nach Dantooine gekommen sind. Dieses Zeug heilt ihre Krankheit vielleicht nicht, aber es könnte ihr helfen, dagegen anzukämpfen.
Tuber zog Anakin auf die Beine, dann erteilte der Dantari den anderen in seiner Horde brüllend Befehle. Sie machten sich daran, ihre Habseligkeiten zusammenzusuchen, und wollten anschließend den Pfad beschreiten, der zu Anakins Lager führte. Tuber grinste breit und schulterte den Beutel mit den Vinchawurzeln.
Anakin schüttelte den Kopf. Er wusste, diese Primitiven waren irgendwie zu dem Schluss gelangt, dass er und Mara gottähnliche Geschöpfe waren, die sie beschützen würden. Und Anakin hätte gerne geglaubt, dass er sie würde schützen können, aber ihm war klar, dass er und Mara sie auf keinen Fall mitnehmen durften. »Das wäre so, als würde ich euch erlauben, eure Häuser in einer Schwemmebene zu bauen. Ihr wärt ständig in Gefahr.«
Tuber blickte verwirrt auf ihn herab.
Doch Anakin wusste, was er zu tun hatte. Er konzentrierte sich und nahm seine Machtsinne zusammen, dann projizierte er das Bild eines Bergtals mit hoch stehendem Gras und Dutzenden von Vinchapflanzen in Tubers Geist. Das Tal versprach ein leichtes Leben und musste den Dantari wie das Paradies vorkommen. Und obwohl Anakin glaubte, dass er diesen Ort nur erfunden und eine Illusion erschaffen hatte, um Tuber zu täuschen, wusste ein Teil von ihm, dass er sehr real war und dass er ihn so sah, wie er in diesem Augenblick tatsächlich existierte.
Anakin überzeugte sich kurz vom Stand der Sonne in seiner Illusion, von der Länge der Schatten und der Position, den Dantooines größter Mond einnahm, und zeigte nach Nordwesten. »Geht dorthin, in diese Richtung, dort liegt eure neue Heimat. Folgt der Küste, und ihr werdet sie finden.«
Tuber blinzelte, dann streckte er eine Hand aus, als wollte er die Vision berühren, die ihm eingegeben worden war. Anakin ergriff seine Hand und wies damit in nordwestliche Richtung. »Geht.« Er stieß den Dantari sanft an und schaffte es, noch so lange auf den Beinen zu bleiben, bis die Horde einen kleinen Hügel überquert hatte und aus seinem Blickfeld verschwand.
Dann sank Anakin neben dem Yuuzhan Vong, den er mit dem Lichtschwert niedergestreckt hatte, auf ein Knie. Die Rüstung des Kriegers wies unter der rechten Achselhöhle eine ähnliche Vertiefung auf wie unter der linken, die von dünnen, faserigen Membranen bedeckt war. Anakin kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den beiden gleichartigen Mulden um so etwas wie Kiemen handeln musste. Sein Lichtschwert hatte die verwundbare Stelle der Rüstung durchstoßen und den Yuuzhan Vong auf diese Weise getötet. Und die Todeszuckungen der Rüstung hatten den Angriff des Kriegers aufgehalten und ihm selbst das Leben gerettet.
Er hatte einen Glückstreffer erzielt, wusste jedoch, dass Luke diese Erklärung niemals hinnehmen würde. Hier geht es nicht um Glück, sondern nur um die Macht.
Anakin, der erschöpfter war, als er es angesichts seiner Anstrengungen vermutet hätte, stolperte über den Pfad zu ihrem Lager. Er lächelte. Wenn Mara nicht darauf bestanden hätte, dass er im Alltag ohne die Macht auskam, hätte er jetzt nicht mehr die Kraft besessen, den Aufstieg zu bewältigen. Die kleinen Blessuren, die er sich bei seinen Übungen zugezogen hatte, belehrten ihn darüber, wie weit er gehen konnte, und er wusste, dass er es noch bis zu Mara schaffen würde.
Als er zurückkehrte, war es bereits tiefe Nacht geworden, und das Lagerfeuer war zu einem glühenden Häuflein mit Asche bedeckter Kohlen heruntergebrannt. Er schnappte sich die noch verbliebenen Vinchawurzeln und betrat Maras Zelt. Sie wachte sofort auf und ließ sich wieder auf ihr Feldbett sinken. »Was gibt es?«
»Die Yuuzhan Vong. Sie sind hier.« Er reichte ihr eine Vinchawurzel. »Hier, kau das und lass dir den Saft durch den Hals rinnen. Hiesige Medizin. Aber sehr gute.«
Mara rieb sich mit beiden Händen die Augen und sah ihn an. »Du bist verletzt.«
»Das ist nichts, aber wir müssen von hier verschwinden.« Anakin zog die Stirn kraus. »Ich glaube, die Yuuzhan Vong waren schon die ganze Zeit hier und haben die Gegend ausgekundschaftet. Vielleicht sind sie der Grund für deine Schwäche. Ich weiß es nicht. Vielleicht verstärkt ihre Anwesenheit alles, was unter ihrer Kontrolle steht, und deine Krankheit könnte durchaus dazugehören. Du hast auf Belkadan selbst eine Verbindung gespürt. Die Verbindung ist hier vielleicht schwächer, weil du keinen direkten Kontakt zu den Yuuzhan Vong und den Dingen unter ihrem Einfluss hast.«
Mara nickte. »Das ist ein Trend, den ich gerne fortsetzen würde.«
»Geht mir genauso.« Er seufzte. »Ich habe zwei von ihnen getötet, aber ich hatte sie überrascht. Es war fast schon zu leicht, und das beunruhigt mich.«
Mara schlug ihre Decke zurück und schwang die Beine über den Rand des Feldbetts. »Das ist gut. Es sollte dich beunruhigen. Ich habe so ein Gefühl, dass wir nie wieder so leicht mit den Yuuzhan Vong fertig werden.«