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Eine kurze Überprüfung der ExGal-Anlage stellte die Wirksamkeit der Warnung unter Beweis, die die Yuuzhan Vong vor der Tür zurückgelassen hatten. Luke fand keine Lebenszeichen im Innern, aber es gab jede Menge Hinweise auf die schiere Inbrunst, mit der die Yuuzhan Vong alles Technische hassten. Die Maschinen waren in tausend Stücke zerschlagen, und die Menge der dunklen Flüssigkeit, die Fußabdrücke auf dem Boden hinterlassen hatte oder über die Wände verspritzt worden war, legte den Schluss nahe, dass die Yuuzhan Vong während ihrer Zerstörungsorgie keine Rücksicht auf eigene Verletzungen genommen hatten.

Diese Erkenntnis, die in Lukes Geist Gestalt annahm, als er sich bückte, um einem blutigen Abdruck mit dem Finger nachzuspüren, jagte ihm eine Gänsehaut über den Rücken. Die Unfähigkeit, die Yuuzhan Vong in der Macht wahrzunehmen, hatte ihn beunruhigt, doch er hatte damit gerechnet, dass diese relative Unsichtbarkeit ihre einzige Eigentümlichkeit sein würde. Ihr augenscheinlicher Fanatismus, der sich in der Bereitschaft offenbarte, auch sich selbst zu verletzen, während sie ihre Ziele verfolgten, trug sie weit außerhalb des Bereichs normalen Verhaltens, wie er es kannte. Luke kannte Spezies, die Unempfindlichkeit gegen Schmerzen für einen Wert an sich hielten, aber die Yuuzhan Vong schienen sogar das weit zu übertreffen.

Doch ihm war auch bewusst, dass die Meinung, die er sich über ihre Wut gebildet hatte, vermutlich ein vernünftiges Maß überstieg, da er nicht auf die zusätzlichen Informationen bauen konnte, die ihm die Macht normalerweise vermittelte. In der Vergangenheit hatte er an Orten ähnlicher Zerstörungswut stets Rückstände dieser Wut wahrnehmen können, dank derer er die Emotionen der Berserker ermessen und die Zerstörungen, die er sah, entsprechend einschätzen konnte. Corran hatte ihn einmal darauf hingewiesen, in welchem Ausmaß die Differenz zwischen einem derartigen Eindruck und den tatsächlichen Beweisen für einen Gewaltakt einen Hinweis darauf liefern konnte, ob der Schauplatz eines Verbrechens so hergerichtet worden war, dass aus einem einfachen Mord ein verpatzter Raubüberfall wurde.

Aber hier ist mehr geschehen, als nur einen Tatort zu manipulieren. Der Jedi-Meister erhob sich langsam und warf Jacen einen Blick zu. »Hast du irgendwas Brauchbares gefunden?«

Sein Neffe hielt eine kopflose Puppe in die Höhe. »Das ist ein Spielzeug, in dem Schaltkreise verborgen sind, damit es auf gesprochene Sätze reagieren kann. Es ist völlig harmlos, aber sie haben es genauso zertrümmert wie die Computer.«

R2-D2, der in einem wirren Haufen zerstörter Platinen stöberte, gab ein verhalten nervöses Zwitschern von sich.

»Die Yuuzhan Vong haben dieses Spielzeug eindeutig nicht für harmlos gehalten.« Luke schüttelte den Kopf. »Von ihrem Standpunkt aus ist es vielleicht sogar eine größere Scheußlichkeit als alles andere Mechanische hier.«

Jacens Brauen zogen sich einen Moment zusammen, dann entspannte sich sein Gesichtsausdruck, und er nickte. »Wenn sie Maschinen für böse halten, dann könnte das hier in ihren Augen dazu dienen, die Kinder zu verderben. Stattdessen ist es jetzt nur noch ein kaputtes Spielzeug, an dem kein Kind mehr seine Freude haben wird.« Der zerbrochene Körper der Puppe fiel ihm aus der Hand und landete auf einem Trümmerhaufen.

Luke fuhr sich mit der Hand übers Kinn. »Was ich hier vermisse, sind irgendwelche Anzeichen für Veränderungen infolge der Umweltkatastrophe, die die Yuuzhan Vong hier ausgelöst haben. Dieses grüne Gewächs ist nicht bis hierher vorgedrungen…«

»Vielleicht hat die Zeit nicht gereicht.« Jacen stieß mit den Zehenspitzen weitere zerstörte Gegenstände an. »Es schien im Süden und Westen eine Enklave der kranken, fiebrigen Lebensformen zu geben. Damit würde diese Anlage genau zwischen ihnen und unserem Schiff liegen…«

Luke dachte einen Moment darüber nach, dann unterdrückte er ein Lächeln. Die unbekümmerte Art, in der Jacen das wartende Kanonenboot als ihr Schiff bezeichnet hatte, bezog ihn ganz beiläufig in jede zukünftige Erkundungsmission mit ein. Luke hätte ihn lieber mit R2-D2 hier zurückgelassen, aber ihm wurde klar, dass er unmöglich sagen konnte, ob die Yuuzhan Vong in der Nähe waren. Daher konnte er auch nicht dafür bürgen, dass Jacen im Innern der Station sicherer sein würde als während eines Ausflugs an seiner Seite.

»Na schön, aber wir werden zuerst ein paar Vorkehrungen treffen. Wir überprüfen den Kommunikationsturm und finden heraus, ob von dort noch Daten übertragen werden können. Falls ja, stellen wir eine Verbindung mit dem Schiff her und benutzen unsere Komlinks, um ständig über alles, was wir finden, Bericht zu erstatten. Das Schiff speichert die Daten, und R2 kann alles weiterleiten, sobald die Verbindung abbricht oder wir einen bestimmten Kode übermitteln.«

Jacen lächelte vorsichtig. »An diese Vorsichtsmaßnahmen hätte ich nicht gedacht.«

»Wir sind hier, um so weit wie möglich in Erfahrung zu bringen, wie wir die Neue Republik schützen können.«

Sein Neffe hob den Kopf. »Und um uns zu vergewissern, ob wir ein Heilmittel gegen Maras Krankheit finden können, richtig?«

Luke nickte. »Das auch. Unsere Aufgabe ist wichtiger als wir. Wir werden keine leichtfertigen Risiken eingehen, aber wir werden auch nicht davor zurückschrecken, unsere Pflicht zu tun, klar?«

Der junge Mann nickte. »Klar, Meister Skywalker.«

 

Nachdem sie die ständige Verbindung über R2-D2 eingerichtet hatten, vertauschten die beiden ihre Jedi-Roben mit A/KT-Kampfanzügen. Das eng anliegende einteilige Kleidungsstück erinnerte Luke stark an seinen Fliegeroverall, obwohl die Farbe des Kampfanzugs ein so dunkles Grün war, dass man es fast für Schwarz halten konnte. Die Ellbogen und Knie waren gut gepolstert, und unter Brust, Rücken und Armen verbargen sich feste Stoßdämpfer, die für zusätzlichen Schutz sorgten. Da Luke von Mara erfahren hatte, wie brutal die Yuuzhan Vong kämpften, wollte er nichts riskieren.

Wenn sie Körperpanzer tragen, haben wir ihnen etwas entgegenzusetzen. Er zog mehrere Gurte stramm, schloss den Anzug, setzte einen Helm auf und streifte Handschuhe über. Dann legte er die Schutzbrille an und befestigte schließlich einen Blaster an der Hüfte und hakte sein Lichtschwert an seinem Anzug fest. »Fertig.«

Jacen nickte. »Wir können.«

Jacens Anzug glich dem von Luke, abgesehen von der Farbe, aufs Haar. Das tiefe Dunkelrot war viel dunkler als die Farbe getrockneten Blutes. Luke erkannte, dass dieses Rot das echte Blut, das Jacen verlieren konnte, gleichsam verschlucken würde, und ihn überlief ein Schauder. Er ließ sich in der Folge dieses unbehaglichen Gedankens von einer Welle tiefer Ruhe durchströmen, da er wusste, dass er es in der Macht spüren würde, wenn Jacen etwas zustieß, und da er Trost aus der Tatsache zog, dass sein Neffe nicht dumm war.

»Wir wollen bloß ein paar Informationen einholen, Jacen. An diesem Ausflug ist nichts Heroisches.«

»Verstanden.«

Die beiden verließen die ExGal-Anlage, wandten sich nach Südwesten und wanderten durch eine Region niedriger Hügel. Die grüne Bodenflechte hatte sich bereits ziemlich weit ausgebreitet und zahlreiche Bäume überwuchert, die im Zuge der Umweltattacke der Yuuzhan Vong abgestorben und umgestürzt waren. Es gab Anzeichen, dass einheimische Pflanzen wieder Fuß zu fassen versuchten, doch was sie für eine fremdartige Flechte hielten, schien nicht weit davon entfernt, die Oberhand zu gewinnen und die Entwicklung der alten Flora im Keim zu ersticken. Der Eindruck, den Luke in der Macht von dem Yuuzhan-Vong-Gewächs gewann, war vollkommen normal und gesund, obwohl ringsum Beweise dafür zu sehen waren, dass sein Wachstum alles andere als gutartig war.

Die übrigen Pflanzen hier sind nicht darauf eingestellt, mit diesem Parasiten fertig zu werden, also breitet er sich immer weiter aus und tut, was in seiner Natur liegt. Die Schlussfolgerungen aus dieser Vorstellung ließen ihn unbehaglich die Schultern anspannen. Die Yuuzhan Vong verhielten sich ohne Zweifel nicht anders als dieses Gewächs, das sie nach Belkadan gebracht hatten. Wenn die Neue Republik sich nicht darauf vorbereitete, sie zurückzuschlagen, würden sie sich über die gesamte Galaxis ausbreiten. Und tun, was in ihrer Natur liegt.

Und die Natur der Yuuzhan Vong wurde Luke immer deutlicher, je mehr sie sich den fiebrigen Lebewesen näherten. Er und Jacen bewegten sich durch die Überreste eines Waldes. Die umgestürzten Bäume waren unter einem Teppich der grünen Flechte verschwunden, der für ausreichend Schatten sorgte, in dem die beiden Schutz suchen konnten. Sie schlichen sich einen Hügel hinauf, erreichten den Kamm, glitten vorsichtig darüber hinweg und versteckten sich hinter einem großen herabgefallenen Ast.

Von dort blickten sie in ein breites, flaches Tal hinab, in dem ein ansehnlicher Bach rauschte. Das Tal war völlig von der grünen Flechte überwuchert, nur hier und dort öffneten sich kreisrunde Lichtungen schwarzer sandiger Erde. Im Zentrum dieser runden Lichtungen standen kleine Sockel, deren Nadelspitzen in den Himmel ragten.

In der Talmitte befand sich eine kleine Ansammlung von Gebäuden. Die grüne Flechte war bis an deren Rand vorgedrungen und nahm an ihren Ausläufern die Form von niedrigen Büschen an. Abgesehen von den Stellen, an denen ausgetretene Pfade dafür sorgten, dass man von den Hütten zu den Säulen gelangen konnte, war es aufgrund der fremden Flechte nur sehr schwer möglich, von der Stelle zu kommen. Wer auch immer das Dorf verlassen wollte, würde sich unweigerlich darin verheddern und zu Boden stürzen.

Was nicht heißen soll, dass die Bewohner des Dorfes so aussehen, als könnten sie sich noch gut bewegen. Luke zog ein Makrofernglas aus einem Futteral an seiner linken Hüfte und richtete es auf das Herz der Siedlung. Die Gruppe, die er sah, schien aus zwei Trandoshanern, einem Rodianer, einem halben Dutzend Menschen und einem Twi’lek zu bestehen, die teilnahmslos und matt zwischen den Hütten herumliefen. Alle waren barfuß und bewegten sich so unbeholfen, als hätte man ihnen die Kniescheiben gebrochen und notdürftig wieder zusammengeflickt.

Er sah genauer hin und suchte nach Anzeichen für Verletzungen, entdeckte jedoch nichts, das so offensichtlich gewesen wäre wie Narben; aber es gab merkwürdige Kalkablagerungen an den Beinen, den ungeschützten Stellen der Arme und sogar an den Schädeln der armen Kreaturen. Luke konzentrierte sich, konnte sie in der Macht wahrnehmen und bemerken, dass ihre Lebensenergie sie nur mehr schwach durchströmte. Dies waren ohne Frage die fiebrigen Lebensformen, deren Gegenwart er bereits vor einiger Zeit gespürt hatte. Ihre Energie schien Strudel um jene sonderbaren Ablagerungen zu bilden und offenbarte, dass sich die knochigen Auswüchse zumindest bei einem Teil von ihnen bis tief in die Hohlräume ihrer Schädel und Körper fortsetzten.

Luke reichte Jacen das Makrofernglas. »Sag mir, was du siehst.«

Jacen stellte das Fernglas scharf und hielt Ausschau. Die Machtenergie sammelte sich, während er sich konzentrierte. »Diese Dinger, diese Auswüchse… sie wirken wie die Hemmbolzen von Droiden, nicht wahr?«

»Das vermute ich.« Lukes blaue Augen wurden schmal. »Und diese Leute… hast du eine Ahnung, woher sie kommen?«

Jacen sah noch einmal hin. »Sie sind ziemlich schlecht gekleidet, aber an ein paar Sachen erkenne ich Piratenabzeichen. Vielleicht Randräuber, die den Yuuzhan Vong in die Hände gefallen sind und zu Sklaven gemacht wurden?«

»Das denke ich auch.«

Sein Neffe fröstelte. »Sie fühlen sich in der Macht irgendwie nicht richtig an.«

»Ich weiß. Es scheint fast so, als würden sie ganz langsam sterben.«

»Was macht es für einen Sinn, Arbeitskräfte zu töten?«

Luke zuckte die Achseln. »Wenn es den Yuuzhan Vong gelungen ist, sie so einfach im Rand aufzugreifen, meinen sie vielleicht, dass der Nachschub niemals versiegt. Möglicherweise passen sie ihre Methoden, mit denen sie ihre Sklaven kontrollieren, auch erst an die Bewohner dieser Galaxis an. Vielleicht wollen sie sie gar nicht umbringen, müssen aber noch an ihren Kontrolltechniken arbeiten. Ich weiß es nicht.«

»Was auch immer da unten vorgeht, es ist auf jeden Fall echt unheimlich.« Jacen streckte sich auf dem Bauch aus, senkte das Makrofernglas und sah seinen Onkel an. »Was tun die hier?«

Luke deutete auf die Sockel. »Hast du so etwas schon mal gesehen?«

»Eigentlich nicht.«

»Gut, benutze die Macht. Konzentriere dich auf den Fluss der Lebensenergie in diesem Tal.«

Jacen schloss die Augen, holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. »Alles bewegt sich an den Flechten entlang auf diese Sockel zu.« Er riss für eine Sekunde den Mund auf, dann sah er wieder seinen Onkel an. »Die Gewächse wirken wie ein großer Sonnenkollektor. Sie leiten die Energie und die Nährstoffe, die sie aufnehmen, in das Tal zurück und zu diesen Gebilden. Der Sand ist schwarz, weil die Pflanzen einen Nektar absondern, der in den Boden sickert.«

»Das habe ich auch bemerkt.« Luke deutete mit einem Finger auf die Sockel. »Wenn ich mich nicht irre, sind diese Sockel Korallenskipper in ihrer ersten Entwicklungsphase. Was wir hier vor uns sehen, ist eine Schiffswerft. Sie züchten da unten eine neue Staffel, und die Sklavenarbeiter helfen ihnen dabei.«

Der Junge unterzog das Tal abermals einem prüfenden Blick. »Sie züchten Sternjäger? Wie effizient kann das sein?«

Luke ließ sich das Makrofernglas von ihm geben und öffnete ein kleines Fach an dem Gerät. Er spulte ein kurzes Kabel ab und verband es mit seinem Komlink, dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Sockel. »Die Schiffe sehen gut entwickelt aus, und Belkadan wird noch nicht einmal seit einem Monat von den Yuuzhan Vong kontrolliert. Der Ausstoß könnte es durchaus mit der X-Flügler-Produktion einer Fertigungsanlage von Incom aufnehmen, und da diese Schiffe leben und sich selbst reparieren können, ist die Ausfallrate mit Sicherheit niedriger als bei unseren Maschinen. Das Erstaunliche hier ist das Tempo, mit dem sie ihre Raumschiffe züchten können. Ein gravierendes Problem für uns.«

Er schaltete das Makrofernglas ab, löste die Verbindung mit dem Komlink und schob das Sichtgerät wieder in sein Futteral zurück. »Wir haben genug gesehen. Komm.«

Jacen setzte eine verdutzte Miene auf. »Sollten wir nicht lieber die Dunkelheit abwarten und die Sklaven befreien?«

»Wir müssen uns zuerst um ein paar andere Dinge kümmern.« Luke zeigte nach Westen. »Da hinten gibt es noch mehr Sklaven. Entweder züchten sie dort weitere Korallenskipper oder andere Bauteile für ihre Schiffe. Wir müssen mit eigenen Augen sehen, was sich dort tut.«

Jacen folgte ihm, als sie sich ihren Weg nach Westen bahnten. Sie durchquerten ein Tal, das dem, welches sie gerade erst hinter sich gelassen hatten, sehr ähnlich war, nur dass es hier anstelle der Sockel lediglich kleine, aus dem Erdreich ragende Felsen gab. Das Dorf in diesem Tal war völlig überwuchert, und Luke fand keinen Hinweis auf die Anwesenheit von Sklaven.

Ein weiterer Unterschied, der ihm auffiel, war ein etwa zwölf Meter langer Stein, bei dem es sich um leblosen Obsidian zu handeln schien. Der Stein besaß die Umrisse eines Korallenskippers, aber dort, wo sich an dem Skip, den er auf Dubrillion untersucht hatte, die Öffnung der Kanzel befunden hatte, wies dieser eine geschlossene steinerne Decke auf. Luke fuhr mit der Hand über den Jäger und ließ die Fingerspitzen über die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche gleiten.

Jacen zog die Stirn kraus. »Ich kapiere das nicht. Warum haben sie den hier zurückgelassen?«

»Ein Geburtsfehler?« Luke fuhr mit dem Finger über die Kanzelhaube. »Dieser Skip ist ohne die Aussparung an dieser Stelle herangewachsen. Die Ursache könnte eine lokale bakterielle Infektion sein oder einfach schlechte Gene. Möglicherweise diente die Xenotransformation des Planeten dem Zweck, die Pflanzschulen zu sterilisieren und anschließend die Nährstoffe freizusetzen, die die Schiffe für ihr Wachstum benötigen. Mit diesem ist allerdings etwas schief gelaufen, also haben sie es hier liegen lassen. An diesem Skip fehlen noch die Antriebswesen, noch ein Hinweis darauf, dass sie die übrigen Komponenten woanders züchten.«

Jacen ging im Schatten des Korallenskippers in die Hocke, teilte die Blätter der fremdartigen Bodenflechte und legte den Boden darunter frei. »Sieh dir das an. Das Erdreich ist hier nicht mehr schwarz.« Er nahm ein wenig Erde in die linke Hand und verrieb sie mit dem Daumen in der Handfläche. »Der Boden ist vollkommen steril.«

Luke ließ sich neben Jacen auf ein Knie sinken. »Ich frage mich…«

»Was?«

»Mir hat mal ein Ithorianer erklärt, dass es Feldfrüchte gibt, die den Boden auslaugen, in dem sie heranwachsen. Möglicherweise haben die Yuuzhan Vong ihre Ernte an Korallenskippern hier zu schnell eingefahren, und ihnen ist genau das passiert.« Er nickte seinem Neffen zu. »Nimm eine Bodenprobe. R2 kann sie dann später analysieren.«

Sobald Jacen die Probe genommen hatte, setzten sie ihre Erkundungsmission fort und stießen bald auf einen kleinen See, dessen Wasser von dicken braunen Algen verseucht war. An der Oberfläche des Wassers, das matt gegen die Ufer schwappte, schwammen Pflanzen mit je drei großen dreieckigen Blättern. Aus ihrer Mitte wuchs ein Stängel, an dem wiederum zwei runde Beeren hingen, die etwa so groß waren wie ein Menschenkopf. Manche dieser Pflanzen besaßen mehr als nur zwei Beeren, und am anderen Ufer entdeckte Luke eine weitere Art, deren Beeren ein wenig kleiner waren und in Trauben wuchsen.

Jacen runzelte die Stirn. »Villips? Ihre Kommunikationsmedien?«

»Vermutlich. Unterschiedliche Größen für unterschiedliche Bedürfnisse, nehme ich an.« Luke seufzte leise. »Es gibt noch so viel über sie zu lernen.«

Aus ihrem Versteck hinter großen Felsen beobachteten sie einige Sklaven, die durch das dickflüssige Wasser wateten und mit Schöpfkellen Wasser über die Villip-Pflanzen gossen. Einer, ein alter Mann, aus dessen Rücken hornartige Auswüchse ragten, vermochte kaum seine triefende Kelle zu heben und einen Villip zu begießen. Die Kelle entglitt seinen schlaffen Fingern; er machte einen Satz und griff danach, verlor den Halt und stürzte ins Wasser.

Der Mann schlug in Panik um sich und wühlte die Wasseroberfläche zu einem gelbbraun brodelnden Schaum auf. Einige der übrigen Sklaven erhoben darauf ein lautes Geschrei. Sie kreischten in einer Tonlage, die Lukes Hörgrenze überstieg, obwohl die Angst, die von ihnen ausging, wie eine Welle über ihm zusammenschlug. Mehrere Arbeiter liefen auf den Ertrinkenden zu und staksten, so schnell sie konnten, mit hohen Schritten durch die gallertartige Masse.

Da ließ sie ein scharfer Peitschenknall in ihren Bewegungen verharren. Am Westufer des Sees tauchte vor dem Licht der untergehenden Sonne eine hoch aufragende, schlanke Gestalt auf, deren rechte Hand ein zweites Mal ausholte, nach vorne zuckte und ihre an eine Peitsche erinnernde Waffe schnalzen ließ. Nach dem zweiten Schlag verwandelte sich die Peitsche plötzlich in einen Stab, den die Gestalt drohend über dem Kopf schwang und auf die gleiche Weise in die Luft stieß, wie die Sandleute triumphierend ihre Gaffistöcke in den Himmel reckten.

Der Yuuzhan Vong – Luke wusste, dass es sich um eines dieser Wesen handelte, da es im Gefüge der Macht nicht existierte – stürmte los und rannte platschend in den See hinein. Er mied geschickt die Villip-Pflanzen und erreichte die Stelle, an der der Mann noch immer verzweifelt den Kopf über Wasser zu halten versuchte. Dieser streckte die Hände aus, als der Yuuzhan Vong den Amphistab über ihn hob, griff danach und fuhr in der nächsten Sekunde mit aufgeschlitzten Händen zurück. Er begann zu schreien, doch die Flüssigkeit, die ihm dabei in die Kehle stieg, erstickte den Schrei in einem Gurgeln.

Der Yuuzhan Vong holte abermals mit dem Amphistab aus und trieb dem Mann das scharfe, abgeflachte Ende in die Brust. Als er den Stab zurückzog, hob sich der Körper des Mannes halb aus dem Wasser, löste sich von dem Stab und glitt zurück. Der Yuuzhan Vong stieß noch zweimal zu und trat erst zurück, als der Mann ein letztes Mal schlaff ins Wasser sank. Der Leichnam tauchte noch einmal kurz auf und versank dann langsam aus dem Blickfeld, als die Luft aus seinen Lungen und aus dem Mund entwich.

Der Yuuzhan Vong hob den Amphistab und rief etwas, das die übrigen Sklaven so gut verstanden, dass sie sich ängstlich duckten. Der Stab erschlaffte einen Moment und legte sich dann in Windungen um den Arm seines Besitzers. Der Yuuzhan Vong kam mit großen Schritten aus dem Wasser und winkte zwei Sklaven heran, einen Mann und eine Frau, die sich die Fetzen, die sie am Leib trugen, abrissen und dem Yuuzhan Vong damit die Beine abtrockneten.

Eine Art Sirene hallte zwischen den Hügeln. Darauf brüllte der Yuuzhan Vong einen neuen Befehl, und die Sklaven stellten sich in einer unregelmäßigen Reihe auf. Dann stapften sie nach Süden davon, während der Yuuzhan Vong einen letzten Blick auf das Villip-Feld warf, ehe er auf dem Weg verschwand, den auch seine Sklaven eingeschlagen hatten.

Luke spürte ein Frösteln von seinem Neffen ausgehen. »Es tut mir Leid, dass du das mit ansehen musstest.«

»Mir tut es um den Mann Leid, der dort unten gestorben ist.« Jacen schüttelte den Kopf. »Die Yuuzhan Vong, die ich gesehen habe, als ich Danni befreite… waren Furcht erregend, aber überhaupt nicht wie der hier. Er hat nicht die Spur von Barmherzigkeit gezeigt.«

»Nein, das war ein eiskalter, effizienter Mörder. Er war massiger als der, gegen den Mara gekämpft hat, größer und schlanker. Ich wünschte, ich hätte mehr von ihm gesehen als nur seine Silhouette.«

Jacen lächelte. »Wir werden sie noch früh genug aus der Nähe betrachten können.«

Luke schüttelte den Kopf. »Ich hoffe nicht.«

Der jüngere Jedi blinzelte. »Aber wir müssen etwas für diese Sklaven unternehmen.«

»Müssen wir?« Lukes Miene wurde strenger, als Jacen Fassungslosigkeit ausstrahlte. »Erinnere dich daran, weshalb wir hier sind.«

»Um die Neue Republik zu retten. Und diese Leute sind Teil der Neuen Republik.« Jacen deutete nach Süden. »Man kann spüren, welche Qualen sie erdulden müssen, welche Verletzungen ihnen die Yuuzhan Vong bereits zugefügt haben. Wie kannst du da nicht über ihre Befreiung nachdenken?«

»Ich denke darüber nach, aber ich weiß auch, dass sie nicht möglich sein wird, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. Es gibt hier noch vieles, das wir in Erfahrung bringen müssen. Das ist keine zufrieden stellende Entscheidung, aber eine notwendige.«

Jacens Kopf fuhr hoch. »Also würde ihre Befreiung das Schicksal der Neuen Republik besiegeln? Oder würde dadurch bloß die Mission zur Rettung deiner Frau erschwert?«

Luke erstarrte, schluckte die Empörung, die durch die Frage seines Neffen in ihm aufgeflammt war, jedoch hinunter. Dabei half ihm, dass er das Entsetzen in Jacens Augen sah, doch die Frage versetzte ihm trotzdem einen scharfen Stich. »Glaubst du denn, dass das der wahre Grund unseres Hierseins ist? Glaubst du, ich bin nur hier, um Mara zu retten?«

»Ich glaube, Onkel Luke, du liebst sie so sehr, dass du einfach alles für ihre Rettung tun würdest.« Der Junge senkte den Blick. »Was ich gesagt habe, tut mir Leid. Ich habe es nicht so gemeint.«

»Doch, Jacen, du hast es so gemeint. Es ist ein Paradoxon. Wir müssen zulassen, dass einige Qualen erleiden, damit andere davon verschont bleiben. Diese Entscheidung ist nicht schwer, solange man selbst derjenige ist, der verletzt wird, aber wenn andere leiden müssen, fällt die Wahl weniger leicht. Aber du musst zugeben, dass wir im Augenblick nichts tun können. Wir wissen nicht genug über die Yuuzhan Vong hier. Wir wissen nicht genug über ihre Sklaven. Wir wissen nicht einmal, ob man sie überhaupt befreien kann. Soweit wir wissen, haben sie sich dieser Behandlung freiwillig unterworfen.«

Jacen warf einen Blick auf die Stelle, wo der Leichnam des alten Mannes an die Oberfläche gekommen war und nun ruhig im Wasser trieb. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sein Tod Teil irgendeiner Abmachung war.«

»Da hast du wahrscheinlich Recht, doch wir sind trotzdem nicht in der Lage, irgendetwas für die Sklaven zu tun.«

»Aber gar nichts zu tun ist… ist eines Jedi nicht würdig.«

Die Haut um Lukes Augen spannte sich. »Warst du nicht derjenige, der gar nicht an dieser Mission teilnehmen wollte? Warst du nicht derjenige, der zu dem Schluss gelangt war, dass das Wesentliche der Existenz eines Jedi darin besteht, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen und die eigene Beziehung zur Macht zu erforschen?«

»Ja… ja, schon, aber…«

Der Jedi-Meister schnitt ihm das Wort ab. »Jacen, du musst etwas verstehen, etwas sehr Wichtiges. So klug du auch sein magst, so gut du auch ausgebildet wirst und so viel du auch schon von der Galaxis gesehen hast, bist du doch immer noch erst sechzehn Jahre alt. Und du besitzt nur die Lebenserfahrung von sechzehn Jahren.«

Luke seufzte. »Über mehr Erfahrung zu verfügen heißt allerdings nicht, dass es leichter wäre, schwierige Entscheidungen zu treffen, aber es lehrt einen, dass harte Entscheidungen manchmal unumgänglich sind.«

Jacens Gesichtsausdruck verhärtete sich zu einer teilnahmslosen Maske. »Ich verstehe, Meister.«

Du benutzt das Wort Meister mit demselben Unterton, mit dem sich ein Sklave an seinen Besitzer wendet. Luke schüttelte den Kopf. »Wir müssen vor Einbruch der Dunkelheit zur ExGal-Station zurückkehren. Da wir die Yuuzhan Vong in der Macht nicht spüren können, sind wir bei Nacht verwundbarer. Außerdem gibt uns der Rückweg Zeit, das, was wir heute gelernt haben, zu verarbeiten und über das nachzudenken, was wir in der Zukunft noch herausfinden müssen.«

Jacen zuckte die Achseln. »Ein guter Plan, Onkel Luke. Ein guter Plan.«

Eine Welle drohender Gefahr erfasste Luke, als er den Tonfall seines Neffen vernahm, doch die Macht brachte ihm keine Vision dessen, was sich auf Belkadan noch ereignen mochte. Er streckte eine Hand aus und legte sie Jacen auf die Schulter. »Du darfst nie vergessen, dass es für manche Probleme keine einfache oder elegante Lösung gibt. Und die Yuuzhan Vong gehören ohne Zweifel zu dieser Kategorie von Problemen.«