FLASCHENPOST
Um keine Zeit durchs Kochen zu verlieren, aß ich unterwegs ein Brötchen. Ich hatte für den Tag einen ehrgeizigen Haushaltsplan: zwei Maschinen Wäsche waschen, das Wohnzimmer saugen und Suppe für die ganze Woche vorkochen.
Außerdem wollte ich meine Notizen zu Kafka ordnen, um für die Referate vorbereitet zu sein.
Drei Metrostationen und ich war wieder in Gràcia, dem einzigen Viertel in Barcelona, in dem die Fußgänger mehr Platz haben als die Autos. Auf dem Weg zu meiner Wohnung ging ich am Kino vorbei, um zu schauen, welche Filme dort liefen, kaufte mir anschließend eine Zeitung und eine Flasche Mineralwasser.
Jetzt konnte ich mich bis zum nächsten Tag zu Hause verkriechen.
Als ich meine Wohnung betrat, sah ich, dass der Anrufbeantworter blinkte, ein seltener Anblick. Das Display zeigte sogar zwei Nachrichten an, die beiden ersten in einer langen, stillen Woche. Ich drückte die Wiedergabetaste, legte die Zeitung auf den Tisch und stellte das Wasser in den Kühlschrank.
Eine grobe männliche Stimme ertönte:
Guten Tag. Mein Name ist Paco Liñán, ich rufe an wegen der Katze. Ich würde sie mir ganz gerne mal anschauen, bevor ich sie nehme. Meine Nummer ist ...
Ich löschte die Nachricht, da ich gerade beschlossen hatte, Mishima doch nicht wegzugeben. Die Katze schien die Situation zu erfassen, jedenfalls drehte sie mit stolz gerecktem Schwanz mehrere Runden durchs Wohnzimmer.
Auch die nächste Nachricht war eigentlich für Mishima bestimmt:
Hallo, hier ist die Tierärztin. Da Sie die Katze immer noch nicht vorbeigebracht haben, dachte ich, ich rufe mal an, um Sie an die Impfungen zu erinnern. Sie müssten dann auch nichts mehr bezahlen. Ciao.
»Braves Mädchen«, sagte ich zum Anrufbeantworter. Vielleicht würde es doch noch etwas werden mit der heißen Schokolade und den Churros.
Die Versuchung, Mishima sofort in die Box zu sperren und sie zur Tierärztin zu bringen, war groß, aber schließlich riss ich mich am Riemen. Der restliche Tag stand im Zeichen der Hausarbeit, und das sollte auch so bleiben.
Womit sollte ich anfangen? Eine logische Vorgehens weise war wohl sinnvoll: Die Zwiebelsuppe brauchte ein paar Stunden, also würde ich damit beginnen. Während die Suppe köchelte, konnte ich waschen und saugen.
Ich holte das Gemüse aus dem Kühlschrank und legte es auf der Arbeitsplatte zurecht.
»Houston, wir haben ein Problem«, sagte ich im Gedanken an den Kommandanten der Apollo 13, beim Anblick der Zutaten. Eine einzige Zwiebel würde wohl kaum für einen ganzen Topf Suppe reichen. Bei den übrigen Zutaten konnte man improvisieren, aber eine Zwiebelsuppe darf keinesfalls zu wenig Zwiebel enthalten.
Der Gedanke, erneut das Haus verlassen zu müssen, nervte mich, doch da kam mir eine Idee. Weniger aufwendig wäre es, sich die Zwiebeln von Titus zu borgen – falls der sich nicht nur von Dosenfutter ernährte.
Ich nahm die Treppe zu Titus’ Wohnung in Riesensätzen und klingelte. Im Gegensatz zu den letzten Malen ertönte kein Summen, und die Tür ging auch nicht auf. Ich klingelte erneut, doch alles blieb still.
Ich legte ein Ohr an die Tür, um zu hören, ob sich in der Wohnung irgendetwas tat. Da sah ich einen Zettel unter der Tür hervorlugen. Ich verspürte einen unangenehmen Stich in der Brust und griff nach dem Blatt Papier. Tatsächlich enthielt es eine Nachricht für mich.
Hallo Samuel, sie bringen mich in die Uniklinik. Ich brauche dringend Hilfe und du bist der Einzige, der mir helfen kann.