13. KAPITEL

Jess wachte abrupt auf. Einen Moment lang lag sie ganz still, eingekuschelt in die Wärme der Decken. Aber während ihr Körper nach mehr Schlaf verlangte, fing ihr Geist an, sich zu regen. Die Erinnerung an das, was in der letzten Nacht passiert war, kehrte mit aller Macht zurück. Das Betreten der Dorian Rae. Die gefängnisartige Zelle. Der Schrei, der durch das Schiff gehallt war. Die Flucht durch die dunklen engen Korridore. Das eisige Wasser, das sie nach ihrem Sprung von Deck empfangen hatte.

Alles andere war verschwommen. Sie erinnerte sich nicht daran, einen Schlag auf den Kopf bekommen zu haben, aber ihre Erinnerungen lagen in einem dichten Nebel. Ganz dumpf konnte sie sich erinnern, dass Madrid mit ihr gesprochen, sie mit sorgenvollem Blick betrachtet hatte. Dann nichts mehr …

Sie schaute sich um. Ihre Umgebung war ihr nicht vertraut, aber sie war ziemlich sicher, sich in irgendeiner Art von Wohnwagen zu befinden. Es gab eine kleine Küchenzeile. Eine Bank und einen herunterklappbaren Tisch. Falsche Holzpaneele an den Wänden. Eine schmale Tür, die, wie sie vermutete, nach draußen führte. Jemand hatte sie mit zwei Decken zugedeckt … Dann erinnerte sie sich. Aber Madrid war nirgendwo zu sehen.

Eine schnelle Überprüfung ihres Körpers verriet ihr, dass sie nicht verletzt war – abgesehen von ein wenig Muskelkater und der anhaltenden Müdigkeit. Sie kuschelte sich tiefer in die Decken, doch die Behaglichkeit verschwand, als ihr bewusst wurde, dass sie nur ihren Slip und BH trug.

Doch sie wusste, dass Madrid sie ausgezogen hatte. Wieder einmal. Ihre Kleidung war nass gewesen, und er hatte sie ja schlecht die ganze Nacht darin frieren lassen können. Trotzdem, der Gedanke, dass er sie unbekleidet gesehen hatte, trieb ihr die Röte in die Wangen.

„Guten Morgen!“

Beim Klang seiner Stimme setzte sie sich abrupt auf. Er stand in der Tür und hatte eine Einkaufstüte im Arm. „Ich habe dich gar nicht reinkommen gehört“, sagte Jess.

„Ich dachte, du hättest vielleicht Appetit auf ein leichtes Mittagessen.“ Er stellte die Tüte ab. „Unsere letzte Mahlzeit ist schon eine ganze Weile her.“

„Wo sind wir?“

„An einem sicheren Ort.“ Sein Blick glitt über sie und blieb dann an ihren Augen hängen. „Wie geht es dir?“

„Ganz gut.“ Das Bild, wie er sie auszog, erschien ungefragt vor ihrem inneren Auge. Jess krampfte die Hand fester um die Decke, die sie sich an die Brust presste. Sie hoffte, ihm fiel nicht auf, dass sie errötete. „Ich erinnere mich an den Sprung ins Wasser, aber an kaum etwas, das danach kam.“

„Als ich dich rausgezogen habe, warst du stark unterkühlt und kaum noch bei Bewusstsein. Ich habe dich zum Auto getragen und hierhergebracht.“

„Danke.“ Sie schaute sich um. „Wo ist hier?“

„Ein Campingplatz ein paar Meilen von der Küste entfernt.“

Sie nickte und schürzte die Lippen. „Und meine Klamotten?“

„Sind im Trockner.“ Er fing an, die Tüte auszupacken. „Ich hole sie dir und mache uns dann was zu essen. Danach müssen wir uns unterhalten.“

„Ich möchte gerne duschen.“

„Dann lasse ich den Motor ein paar Minuten laufen, das geht schneller als über den Generator.“ Er drehte sich von ihr weg, öffnete die Tür eines kleinen Schranks über dem Esstisch und nahm ein Schlüsselbund von einem Haken im Inneren. „In zehn Minuten gibt es warmes Wasser.“

Als Jess schließlich unter der Dusche stand, rann das heiße Wasser wohltuend über ihre angestrengten Muskeln. Sie hätte eine Ewigkeit so stehen bleiben können. Doch irgendwann wurde das Wasser kalt, und sie stellte es ab.

Sie fand Madrid in der Küche. Er hatte den Tisch heruntergeklappt und deckte ihn gerade mit Papptellern. „Ich habe uns Omeletts gemacht, ich hoffe, das ist in Ordnung.“

Beim Anblick des perfekt gefalteten Omeletts auf ihrem Teller knurrte ihr Magen. Dazu gab es ein Glas mit Orangensaft und zwei Scheiben Toast. „Lecker.“

Er schenkte ihnen Kaffee in Plastikbecher ein und reichte ihr einen. Dabei blieb sein Blick an ihrem hängen. „So weit würde ich nicht gehen.“

Jess nahm den Becher, hielt seinen Blick jedoch weiter fest. Er hatte die längsten Wimpern, die sie je bei einem Mann gesehen hatte. „Du hast mir gar nicht erzählt, dass du kochen kannst.“

„Ich habe dir so einiges nicht erzählt.“

„Darauf wette ich.“

Er grinste sie über den Becherrand hinweg an.

Sie erwiderte das Lächeln. „Du scheinst viele verborgene Talente zu haben.“

„Du hast ja keine Ahnung.“

Sie war nicht sicher, woher dieses Geplänkel auf einmal kam. Aber es löste die Spannung und den Stress der letzten Tage. Denn es war ja nicht so, dass sie nicht Wichtigeres zu besprechen hatten. Zum Beispiel, was sie mit dem Grauen anfangen sollten, das sie an Bord der Dorian Rae entdeckt hatten.

Sie setzte sich auf die Bank am Tisch und sammelte ihre Gedanken. Er setzte sich ihr gegenüber, und schweigend fingen sie an zu essen.

Es war seltsam, sich für so etwas Normales wie eine Mahlzeit an einen Tisch zu setzen. Jess konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte; in den letzten paar Tagen hatte sie zu viel Angst gehabt, um auch nur daran zu denken. Doch nun, wo das Omelett vor ihr stand, spürte sie, dass sie kurz vorm Verhungern war.

Nachdem sie halb aufgegessen hatte, konnten die Fragen, die ihr durch den Kopf wirbelten, jedoch nicht länger warten. „Was wollen wir bezüglich dessen, was wir heute Nacht entdeckt haben, unternehmen?“

Madrid führte seine Gabel zum Mund. „Nun, wir wissen jetzt, dass die Polizei von Lighthouse Point in Menschenhandel verwickelt ist.“

„Und in Mord.“

„Das geht Hand in Hand.“

Jess dachte an Angela und schüttelte den Kopf. „Wie können wir sie aufhalten?“

„Wir müssen den Kopf finden und ihn abschneiden.“

„Meinst du, es ist jemand vom Lighthouse-Point-Revier?“

„Vermutlich eher nicht. Das hier ist eine große, international agierende Operation, Jess. Da sind viele Menschen dran beteiligt. Die Polizei von Lighthouse Point erlaubt ihnen nur, ihre Geschäfte unbehelligt im Hafen abzuwickeln.“

„Sie werden dafür bezahlt, nicht hinzugucken.“

„Die Fotos, die wir letzte Nacht gemacht haben, hätten uns geholfen.“ Er verzog das Gesicht. „Die Kamera war jedoch in der Tasche, und die habe ich verloren, als wir angegriffen wurden.“

„Wenn sie die finden, können sie dich dann identifizieren?“ Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln. „Dafür bin ich zu vorsichtig, aber wir hätten den Inhalt jetzt gut gebrauchen können.“ Ein Seufzen stahl sich über seine Lippen. „Die Dorian Rae ist der Schlüssel. Ich muss herausfinden, wem sie gehört.“

„Wie gehen wir das an?“

„Ich habe heute Morgen einen Anruf getätigt.“ Er berührte das Handy, das an seinem Gürtel klemmte.

„Zur MIDNIGHT Agency.“

„Ja.“

Sie dachte einen Moment darüber nach. „Sucht die Polizei noch nach mir?“

„Du bist eine Person von Interesse, wie es so schön heißt.“

„Mit anderen Worten, ich bin immer noch eine Verdächtige.“

Sein Blick hielt ihren fest. „Du wärst wesentlich sicherer, wenn ich dich meinen Kollegen übergeben würde.

Es überraschte sie, dass er überhaupt darüber nachdachte. „Das haben wir doch schon besprochen, Madrid.“

„Und meine Meinung dazu hat sich nicht geändert.“

„Wenn ich mich festnehmen lasse, verlierst du dein Ass im Ärmel.“

Seine Augen blitzten auf. „Wenn du dich stellst, muss ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, dass irgendein Schläger hier nachts eindringt und dir die Kehle durchschneidet.“

Sie hoffte, er bemerkte den Schauer nicht, der ihr über den Rücken lief. „Oder ich kann die nächste Woche über in einer Gefängniszelle sitzen, während Angelas wahrer Mörder seine Spuren verwischt und alles so hindreht, dass es auf mich zeigt.“

„Du weißt, dass ich das nicht zulassen würde.“

Zorn kochte in ihr hoch. „Ich habe nicht vor …“

Ein Klopfen am Wohnmobil ließ sie beide zusammenzucken. Madrid zog seine Pistole und ging zur Tür. „Ja?“

„Vanderpol hier. Mach auf.“

Madrid steckte die Pistole weg, öffnete die Tür und lehnte sich gegen den Rahmen. „Wurde auch langsam Zeit.“

Ein großer Mann mit militärisch kurz geschnittenen Haaren schüttelte den Regen von seinem Trenchcoat und trat ein. Dunkle intelligente Augen glitten von Madrid zu Jess und zurück zu Madrid. „Cutter wird mich nach Sibirien versetzen, wenn er herausfindet, dass ich mich mit dir getroffen habe.“

„Und ich habe Glück, wenn ich in der Antarktis lande.“

„Dem kann ich nicht widersprechen.“ Er schaute wieder Jess an und streckte ihr seine Hand hin. „Jake Vanderpol.“

Seine Hand war groß und rau. „Jessica Atwood.“

Er hielt sie einen Moment zu lange fest, dann ließ er sie los und wandte sich an Madrid. „Ich habe die Informationen, die du brauchst.“

Eine schweigende Unterhaltung entspann sich zwischen den beiden Männern. Jess fühlte sich plötzlich wie eine Außenseiterin.

„Sie weiß es.“ Madrid deutete auf den Tisch und die Bank.

Jess setzte sich wieder, Madrid nahm neben ihr Platz.

„Okay.“ Vanderpol setzte sich ihnen gegenüber und holte ein kleines Notizbuch aus der Tasche seines Trenchcoats. „Die Dorian Rae gehört einem Konglomerat mit Sitz in San Francisco, das sich Capricorn Intercontinental Shipping nennt.“

„Wer ist der Besitzer?“

„Ein hohes Tier namens Gabriel Capricorn.“

„Ist er sauber?“

„Nicht blitzblank, aber auch nicht schmutzig genug, um einen internationalen Schleuserring zu führen.“

„Aber wenn es nicht Capricorn ist, wer dann?“

„Ich habe einen Treffer, was seinen Vizepräsidenten angeht. Ein aalglatter Typ namens Randall Yates.“

„Was für einen Treffer?“

„Er ist 1997 verhaftet worden, als er versucht hat, zehn Illegale aus China ins Land zu bringen.“

„Frauen?“

„Ja.“

„Wurde er verurteilt?“

„Während des Verfahrens haben acht der Frauen ausgesagt, dass sie blinde Passagiere gewesen waren.“

„Und die anderen beiden?“

„Sind wie vom Erdboden verschwunden.“

Madrid schien die Worte zu verarbeiten. Seine Miene war düster und nachdenklich. „Er ist freigesprochen worden?“

„Ja. Und hör dir das an: Er hat mal aus Seattle heraus eine Frachtfirma geleitet und besaß außerdem einige Massagesalons.“

„Eine interessante Kombination.“

„Vor allem wenn man weiß, wer da gearbeitet hat.“

„Sag es mir nicht. Illegale Immigranten.“

„Hauptsächlich aus China. Die Einwanderungsbehörde hat ihn Dutzende Male hopsgenommen – das gehört in seinem Geschäftsfeld vermutlich dazu –, aber er ist immer freigesprochen worden.“

„Wie sieht’s mit Prostitution aus?“

„Dessen ist er nie angeklagt worden, aber wem der Schuh passt …“ Jake zuckte mit den Schultern.

„Wann hat er sich mit Capricorn zusammengetan?“

„Vor zwei Jahren.“

„Klingt nach einer himmlischen Verbindung.“

„Oder einen höllischen, je nachdem, wie man es betrachtet.“

Die beiden Männer verstummten. In Jess’ Kopf wirbelte das Gehörte umher. Es war, als würden die einzelnen Puzzleteile endlich zueinanderfinden. „Wie können wir sie also aufhalten?“, fragte sie.

Beide Köpfe drehten sich simultan zu ihr. Als Jess in ihre Augen schaute, wusste sie, dass die Männer versuchen würden, sie außen vor zu halten. Weil sie eine Frau war. Weil die beiden Profis waren und sie nicht. Die Gründe waren ihr egal. Sie würde es auf keinen Fall zulassen.

„Angela war meine Freundin“, sagte sie. „Diese Leute haben versucht, mir den Mord anzuhängen. Sie haben versucht, mich umzubringen. Und sie haben ebenfalls versucht, Nicolas zu töten. Ich muss das hier tun.“

Die beiden Männer tauschten einen Blick, und Jess’ Magen zog sich zusammen. Ihre Vorahnung wurde bestätigt, als Madrid zu ihr sagte: „Ich möchte, dass du mit Jake zurückfährst. Warte das Ende der Geschichte an einem sicheren Ort ab.“

„Nein.“ Die Wut war wieder da. Jess stand abrupt auf. „Versuch nicht, mich auszuschließen.“

„Du kannst uns vom MIDNIGHT-Hauptquartier aus helfen.“

Sie funkelte Madrid zornig an. „Hör auf, mich zu bevormunden.“

Er erhob sich ebenfalls. „Jess, du wirst mir vertrauen müssen. Bitte. Du bist hier mehr eine Bürde als eine Hilfe.“

„Ich bin eine Bürde, weil du so darauf versessen bist, mich auszuschließen, dass du noch nicht mal daran gedacht hast, mich als Köder zu benutzen.“

Schweigen senkte sich über den Tisch. Aus dem Augenwinkel sah Jess, wie Vanderpols Blick von ihr zu Madrid wanderte. Doch Madrid schaute sie unverwandt an. In seinem Lachen schwangen Verärgerung und Ungläubigkeit mit. „Auf keinen Fall.“

„Sie glauben, dass ich Angelas Mörder identifizieren kann. Sie glauben, Nicolas hat ihn gesehen. Oder mir erzählt, wer es war. Was auch immer, sie wollen mich tot sehen.“

„Nein.“

„Du weißt, dass es die beste Möglichkeit ist, diese Mistkerle auszuräuchern. Vielleicht ist es sogar die einzige.“

„Ich weiß, dass es die beste Möglichkeit ist, dich umzubringen“, rief er.

Sie blinzelte. Die Vehemenz in seiner Stimme überraschte sie. Da sie wusste, dass sie aus welchen Gründen auch immer nicht zu ihm durchdringen würde, wandte sie sich an Vanderpol. „Halten Sie mich ihnen vor die Nase, und sie werden anbeißen.“

Vanderpols Miene verriet nicht, was er dachte oder fühlte. Doch er sagte auch nicht Nein.

Madrid hingegen vergeudete keine Zeit mit seinem Einspruch. Er ging zu ihr und packte sie an den Oberarmen. „Ich weiß, wozu diese Männer fähig sind, Jess. Ich habe ihr Werk gesehen. Sie sind brutal und grausam, und ich werde nicht zulassen, dass du wie Angela endest.“

„Dann lass es mich tun.“ Als er sie einfach nur anstarrte, hob sie eine Hand. „Lass mich helfen, verdammt noch mal!“

Er zuckte zusammen, als ihre Finger über seine Wange strichen. Er umfasste ihr Handgelenk und drückte ihren Arm sanft nach unten. „Ich werde nicht derjenige sein, der dein Todesurteil unterschreibt“, sagte er und ging.

Jake Vanderpol und Mike Madrid standen vor dem Wohnmobil. Ein leichter Nieselregen fiel. „Bist du sicher, dass sie damit nichts zu tun hat?“, fragte Jake.

„Sie hat Angela nicht getötet, wenn du das meinst.“ Madrid warf ihm einen finsteren Blick zu. „Darauf würde ich mein Leben verwetten.“

„Es könnte sein, dass du genau das gerade tust, Partner.“

Madrid wurde nass, aber das war ihm egal. Er war zu genervt. Zu besorgt um Jess. Es fühlte sich an, als verlöre er die Kontrolle über die Situation. Er wusste aus erster Hand, dass es keinen sichereren Weg gab, um nicht verletzt zu werden. Warum konnte sie nicht einfach kooperieren?

„Du solltest darüber nachdenken, ihr Angebot anzunehmen.“

Madrids Blick schnellte zu seinem Kollegen. Er war verärgert, dass Jake das überhaupt vorschlug. „Ich will diese Mistkerle nicht in ihrer Nähe haben.“

Jake runzelte die Stirn. „Sieh mal, Madrid, es geht mich ja nichts an, aber mir kommt es so vor, als wenn du in dieser Sache nicht ganz klar denkst.“

„Ich denke klar genug, um zu wissen, dass, wenn ich ihnen Jess oder den Jungen als Köder vorhalte, die große Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich sie nicht zurückbekomme.“

„Cutter fand die Idee gut.“

Einen Moment lang war Madrid perplex, dann loderte der Zorn in ihm auf. „Cutter wusste, dass du herkommst.“

„Er weiß eine ganze Menge.“

„Hat er dich gebeten, mich zu überreden, die beiden einzusetzen, Jake?“

Dass der andere Mann ihm nicht in die Augen schauen konnte, war Antwort genug. „Cutter kann zur Hölle fahren.“

Jetzt schaute Jake ihm doch in die Augen. „Hier geht es darum, die Perspektive zu wahren. Madrid. Denk mal darüber nach. Du hast den Schlüssel, um unendliches Leid zu verhindern. Aber wegen etwas, das vor langer Zeit passiert ist, bist du nicht gewillt, ihn einzusetzen.“

„Sprich nicht darüber.“

„Diese Mistkerle könnten Hunderte von Frauen jährlich herbringen. Gott allein weiß, wie viele von ihnen die Reise nicht überleben. Du hast die Macht, das aufzuhalten, doch du nutzt sie nicht.“

„Ich werde dafür nicht das Leben einer unschuldigen Frau riskieren. Wenn das dein Plan ist, kannst du gleich mit zur Hölle fahren.“

Ungerührt schüttelte Jake den Kopf. „Du machst es nur noch schlimmer, Mann.“

„Diese Mistkerle morden wahllos. Was zum Teufel erwartest du von mir?“

„Ich erwarte, dass du dich professionell verhältst.“ Jake trat einen Schritt vor und stieß Madrid mit dem Zeigefinger gegen die Brust. „Offensichtlich bist du aber zu sehr damit beschäftigt, Sex zu haben, um dich wie ein Profi zu benehmen.“

„Das hat überhaupt nichts mit Sex zu tun, verdammt noch mal!“

„Klar, wie auch immer. Ich hoffe nur, dass sie es wert ist, denn du bist nur einen Schritt davon entfernt, dich für immer von deiner Karriere zu verabschieden.“

Einige angespannte Minuten lang kam das einzige Geräusch von dem Regen, der auf trockene Blätter traf, und dem Wind, der in den Bäumen raschelte. „Du weißt genauso gut wie ich, dass die Frau und der Junge deine einzige Möglichkeit sind, diese Ratten aus ihren Löchern zu locken“, sagte Jake schließlich.

Madrid schüttelte den Kopf. „Ich werde einen anderen Weg finden.“

„Um deinetwillen hoffe ich, dass dir das gelingt.“

Damit drehte Jake Vanderpol sich um und ging davon.