3. Kapitel

Mariann wusste, dass er sie küssen würde. Schlimmer noch – sie wusste, dass sie es ihm erlauben würde. Auch wenn sie unverschämt gut aussehenden Männern abgeschworen hatte. Auch wenn ihr Zeitplan ihr praktisch keine Minute mehr für etwas anderes als ihre Arbeit ließ. Als Bastien seine Hände an ihre Wangen legte und sein weiches dunkles Haar ihm ins Gesicht fiel, schien sich ihr ganzer Körper zu verflüssigen wie Butter in der Pfanne.

Mariann war Bastien so nahe, dass sein Duft sie einhüllte und ihre Hormone verrückt zu spielen begannen. Seine Haut roch nach Holz und Erde, nach Moos und Beaujolais. Sie hatte ihn, soweit sie sich erinnerte, noch nie ohne Jackett gesehen, und wunderte sich daher, dass er die Ärmel hochgekrempelt und seinen Kragen aufgeknöpft hatte. Aus irgendeinem Grund fand sie den Anblick seiner muskulösen Unterarme sexier als den eines völlig nackten Mannes – nicht, dass sie sich nicht auch Bastien schon so vorgestellt hätte.

Zu ihrer Bestürzung sah er sie mit dem gleichen durchdringenden, laserstrahlähnlichen Blick an, den er mit seinem Cousin gemeinsam hatte – als wäre sie die einzige Frau auf dem Planeten, und als würde er sein Leben hingeben, um sie für sich zu gewinnen. Aber Mariann glaubte nicht, dass solch ein Opfer nötig war. Sie würde seinem Charme auch so mit Leichtigkeit zum Opfer fallen.

»Deine Hände sind kalt«, sagte sie aus verzögerungstaktischen Gründen. »Ich sollte dir beibringen, Blätterteig zu machen.«

»Meine Hände werden sich erwärmen.«

In seiner Stimme klang eine so sinnliche Verheißung mit, dass Mariann bezweifelte, dass er sie verstanden hatte. Aus der Nähe waren seine Augen, deren Leuchtkraft durch seine halb gesenkten schwarzen Wimpern noch verstärkt wurde, grün wie Peridot. Die Festigkeit seines Blickes, der ihr bis ins Herz zu dringen schien, entnervte sie. Wahrscheinlich war es ihre sexuell ausgehungerte Fantasie, aber sein Gesichtsausdruck erschien ihr traurig, so als sehnte Bastien sich nach etwas, von dem er befürchtete, es nie zu finden. Ganz unbewusst hielt sie den Atem an, als der Blick sich in die Länge zog.

Bastien brach die Spannung, bevor Mariann dazu in der Lage war.

»Ach, Mariann«, sagte er mit einem beschämten Lachen. »Ich habe so lange davon geträumt, dich zu küssen, dass ich nun beinahe Angst davor habe.«

»Dann sieh zu, dass du sie überwindest! Denn eins schwöre ich dir – wenn du mich jetzt so hier stehen lässt, kriegst du nie wieder eine Chance von mir!«

Er grinste von einem Ohr zum anderen. »Ich liebe deinen Kampfgeist«, flüsterte er.

Ihr blieb keine Zeit, sich zu fragen, wie das gemeint war, weil er ihren Kopf anhob und seinen senkte. Sanft, fast prüfend strichen seine Lippen über die ihren, beinahe so, als wollte er etwas erproben. Doch was auch immer der Test gewesen war, sie hatte ihn offenbar bestanden. Ein leises Stöhnen stieg in seiner Kehle auf, und es war der betörendste Laut, den Mariann je von einem Mann vernommen hatte. Seine Arme glitten an ihrem Rücken hinab und drückten sie noch fester an sich, als er mit der Zunge über ihre Lippen strich.

Er schmeckte so gut, wie er roch, und seine Liebkosung hatte etwas so sinnlich Verheißungsvolles, dass es Mariann schwindelte von der Lust, die wie eine heiße Welle in ihr aufstieg. Als wüsste er das, kostete er seinen Sieg aus und ließ ihr Zeit, bis sie seufzend vor Vergnügen die Lippen teilte, um seine Zunge zu einem aufregenden erotischen Spiel zu empfangen. Für sie gab es nichts Besseres als einen Mann, der gern küsste, und alles deutete bei Bastien darauf hin, dass er ein solcher Mann war.

Deshalb konnte sie einen leisen, protestierenden Laut nicht unterdrücken, als er den Kuss beendete.

»Fass mich an!«, flüsterte er an ihren Lippen. »Leg deine Hände an meine Haut!«

»Heather könnte …«

»Heather ist bestens aufgehoben bei Emile.« Bastiens durchdringender, faszinierender Blick brannte sich in Marianns Augen und versuchte offensichtlich, ihr eine Botschaft zu übermitteln, die sie nicht ganz verstand. »Von dir berührt zu werden ist, was ich mir am meisten wünsche und ersehne.«

Hätte sie je bezweifelt, dass er anders war, wäre sie sich jetzt sicher. Was für eine Art von Mann redete so? Aber seine Andersartigkeit spielte keine Rolle. Von ihren eigenen Sehnsüchten getrieben, fanden ihre Finger den Weg unter sein Hemd und schoben es ihm über die Brust hinauf. Seine Brustmuskeln waren von stählerner Härte, seine Schultern breit genug zum Reiten. Er trug keine Krawatte, und eine starke blaue Vene an seiner Kehle pochte wild.

»Tu es«, flüsterte er und schluckte heftig.

Ohne das geringste Zögern ergriff sie sein Hemd am Rücken und zog es aus der Hose. Für einen Moment war sie versucht, es ihm einfach so vom Leib zu reißen, doch sie beherrschte sich und schob die Arme unter den feinen, leichten Stoff.

Was immer sie erwartet hatte, das bestimmt nicht. Sein Rücken fühlte sich wie vom Mond gekühlter Marmor an, unglaublich glatt für einen Mann und herrlich fest und stark.

Er fuhr zusammen, als hätte ihre Berührung ihn verbrannt, und schloss die Augen. »Ah«, seufzte er entzückt. »Ich liebe deine Wärme.«

»Kein Wunder, du bist ja auch eisig kalt!«, sagte sie und massierte seinen Rücken, um ihn aufzuwärmen.

Leise fluchend hob Bastien ihren Kopf wieder an.

Sein nächster Kuss ließ auch die letzten Zweifel in ihr verstummen. Es war ewig her, seit sie von einem Mann geküsst worden war, und keiner hatte dabei je ein solch konzentriertes, offenbar lang unterdrücktes Verlangen gezeigt. Abgesehen von seiner Geschicklichkeit, war auch Bastiens Enthusiasmus äußerst schmeichelhaft: Er küsste sie hungrig, mit sinnlichen, berauschenden Küssen, und erfand immer wieder neue Variationen für das aufregende Spiel ihrer Zungen und Lippen.

Als er ihre Unterlippe zwischen die Zähne nahm und sie in seinen Mund hineinzog, fühlte Mariann sich »verschlungen«, wie Linda aus dem Friseursalon es gern geworden wäre. Mariann war froh über ihre kurzen Nägel, als ihre Finger sich in Bastiens Haut bohrten.

Leise aufstöhnend setzte er sie auf die Arbeitsfläche, spreizte ihre Knie und trat dazwischen.

Wow, dachte Mariann und machte große Augen, als sie die Härte und Größe seiner Erektion spürte, die er, aufreizend langsam und mit einem Seufzen, das sich wie Erleichterung anhörte, an ihr kreisen ließ. Staunend krallte sie ihre Finger noch fester in seinen Rücken. Wer hätte gedacht, dass ein Mann, der mehr Wert auf Kleidung legte als die meisten Frauen, die Mariann kannte, mit einer solch beeindruckenden … Männlichkeit aufwarten könnte? Er war von der Natur nicht nur wesentlich besser ausgestattet als andere Männer, die sie gekannt hatte, sondern zudem auch noch von einer Härte, die sie beinahe schon erschreckte.

Wie ein naiver kleiner Teenager begann Mariann, sich zu fragen, ob sie überhaupt in der Lage sein würde, ihn in sich aufzunehmen.

Ach was, dachte sie. Sie würde es schon möglich machen … und jeden Zentimeter dieser heißen, stählernen Härte genießen.

Mit einem unterdrückten Fluch brachte er seinen Mund an ihren Nacken. »Ich werde dir nicht wehtun«, sagte er und keuchte wie ein Marathonläufer an ihrem Puls. »Bitte denk das nicht!«

»Nein«, versicherte sie ihm genauso atemlos. »Das habe ich auch nie gedacht.«

Das stimmte, aber er war geradezu unheimlich flink mit seinen Händen. Sie war nicht sicher, wann er sie ihr ausgezogen hatte, doch ihre Kochjacke lag neben ihr auf dem Tisch. Und nun begann er, ihr T-Shirt hinaufzuschieben und streichelte die Haut, die er nach und nach entblößte. Ein Kribbeln erwachte unter seinen Fingerspitzen, als wären sie elektrisch aufgeladen. Mariann rechnete schon fast damit, auch Funken sprühen zu sehen.

Die Wirkung, die er auf sie hatte, war beunruhigend. Mariann war weder eine Sklavin ihrer sexuellen Bedürfnisse noch eine naive kleine Romantikerin, die schon vom Händchenhalten weiche Knie bekam. Aber ihr ganzer Körper prickelte von lustvollen Empfindungen und wurde mit jeder Berührung heißer. Sie kämpfte gegen ein Aufstöhnen an, als Bastiens Handflächen über ihre Rippen zu ihrem Rücken glitten, um den Verschluss ihres schlichten beigefarbenen BHs zu öffnen.

Da Mariann kein Playmate war, war dies der Punkt, an dem sie normalerweise verlegen wurde. Aber Bastien gab ihr keine Chance dazu.

»Sieh dich an!«, raunte er und beschrieb mit seinen Daumen kleine Kreise auf ihren nackten Brüsten, während sein Blick wie gefesselt auf den Warzenhöfen ruhte und beobachtete, wie die rosa angehauchte Haut sich zu zwei harten Spitzen zusammenzog, die ihn ungemein zu faszinieren schienen. Als er den Kopf senkte, hielt Mariann den Atem an.

Obwohl sie wusste, was Bastien vorhatte, bog sie sich ihm leise aufstöhnend entgegen. Schon schloss sein Mund sich um eine ihrer harten kleinen Knospen. Das Streicheln seiner anderen Hand bemerkte sie fast nicht, denn auch was diese Art Liebkosungen betraf, war er weitaus geschickter als der Durchschnittsmann und entdeckte Nerven, von deren Existenz Mariann nicht einmal gewusst hatte. Als ihre Glieder sich in Wachs zu verwandeln drohten, drückte er sie sanft auf das zerkratzte Holz ihrer Arbeitsfläche zurück. Noch immer widmete er seine ganze Aufmerksamkeit ihren empfindsamen Brustwarzen, saugte und leckte daran, während er hungrige kleine Laute von sich gab, als gefielen ihm diese Zärtlichkeiten genauso sehr wie ihr.

Sie konnte spüren, wie die Vanilleschote, die sie vorher aufgeschnitten hatte, unter ihrem Rücken zerdrückt wurde.

Und der Duft war mehr, als sie ertragen konnte, genau wie das Gefühl, dass Bastien in eine Sphäre eingedrungen war, zu der kein anderer Liebhaber je Zutritt gehabt hatte. Die Küche war ihre Festung gegen die Welt. Doch plötzlich lagen ihre Beine um Bastien Taille, und sie ließ verlangend ihre Hüften an ihm kreisen. Noch nie hatte sie sich so verzweifelt einen Höhepunkt herbeigesehnt, noch niemals war sie so heiß gewesen, dass sie glaubte, keine weitere Berührung aushalten zu können.

»Himmel«, stieß er erstickt hervor und löste schwer atmend den Mund von ihrer Brust, während seine Hand zu ihrer Hüfte glitt. »Bitte. Erlaube es mir.«

Über alle Hemmungen hinaus, zog Mariann selbst den Reißverschluss ihrer Hose hinab und legte Bastiens Hand an die Stelle zwischen ihren Schenkeln, wo die süße Qual am größten war. Er sog scharf den Atem ein, als er spürte, wie heiß und feucht sie war. Sie war mehr als feucht; ihr ganzer Körper schien sich zu verflüssigen. Ohne Widerstand zu begegnen, drang Bastien mit zwei Fingern in sie ein und begann, mit dem Daumen langsam die empfindsame kleine Knospe dort zu umkreisen.

»Komm«, flüsterte er rau, als er merkte, wie sie sich anspannte. »Drück deine Schenkel an mein Handgelenk.«

Ohne Zögern gehorchte sie. Seine Berührungen fühlten sich so wahnsinnig gut an, dass sie es kaum glauben konnte, besser als alles, was sie je mit einem anderen Mann erfahren hatte, besser – dachte sie erstaunt – als sie es selbst vermocht hätte.

Vielleicht hätte sie es schon längst einmal mit einem Franzosen probieren sollen.

Als ein besonders heftiger Schauer der Erregung sie durchlief, entrang sich ihr sein Name, und Bastien blickte auf und erschütterte sie mit dem dunklen Feuer in seinen Augen. Sein Gesicht war angespannt, seine Lippen so fest zusammengepresst, dass sie weiß geworden waren. Der Anblick führte ihr vor Augen, wie egoistisch sie gewesen war.

»Du musst das nicht tun«, sagte sie.

Er lachte, und mit fast so etwas wie Ehrfurcht registrierte sie, dass er am ganzen Körper zitterte. »Du kennst mich nicht sehr gut, wenn du das glaubst.«

»Aber du …«

»Ich will dich kommen sehen.«

Und noch während er sprach, durchzuckten sie die ersten, unerwarteten Schauer eines Orgasmus, als wäre er allein von dem heiseren Tonfall seiner Stimme ausgelöst worden.

Als es vorbei war, fuhr Bastien sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe. »Das war schon mal ein Anfang«, bemerkte er mit einem Humor, der Marianns Verlegenheit die Spitze nahm. »Denn falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, bin ich ziemlich stark oralfixiert.«

Die Frage, was er damit meinte, war sofort vergessen, als er ihr die Hose bis über die Knie hinunterzog. Dann glitten seine Hände streichelnd über ihre nackten Beine und kneteten sie sanft, wo sie auf ihren Oberkörper trafen. Mariann verdrängte den Impuls, die Knie zu schließen, weil kein Zweifel daran bestehen konnte, wie sehr er mochte, was er sah. Seine Augen glänzten vor Bewunderung. Mit einem anerkennenden Lächeln rieb er ihre zugegebenermaßen wohlgeformten Schenkel.

»Das muss das Fahrradfahren sein«, sagte er. »Ich wette, du kannst mich gut mit diesen Beinen festhalten.«

»Bastien …« Ihr Protest verlor sich, als er plötzlich vor ihr in die Knie ging. Völlig überrumpelt und aus dem Gleichgewicht gebracht, griff sie nach seinem Haar. Er hatte sich ohne Vorwarnung auf sie gestürzt, aber jeder Gedanke an Widerstand löste sich auf in einem stummen Wow! Alles, was er in seine Küsse gelegt hatte, legte er auch in dieses neue Liebesspiel hinein. Der Mann war ein Meister der Verführung.

Mariann atmete scharf ein, als er ihre weiblichste Stelle fand und sie mit seiner Zunge liebkoste, während er gleichzeitig mit zwei Fingern in sie eindrang und seine freie Hand an ihren Venushügel presste. Die unbändige Lust, die Mariann durchzuckte, war schon fast beängstigend. Schauer rannen durch ihren Körper, die bis in ihre Zehen gingen. Sie versuchte, sich ruhig zu verhalten, aber sie konnte es nicht, sondern zuckte und wand sich unter Bastiens Mund, bis ihre Hüften in die Höhe fuhren und die so lange in ihr aufgestaute Lust sich jäh entfesselte.

Dieser Orgasmus war sogar noch intensiver als der erste, mehr, als ihr verzweifeltestes Begehren hätte verlangen können. Sie war hilflos gefangen in den immer neuen Wogen der Lust, die sie auf ungeahnte Höhen der Ekstase trugen. Ihre Muskeln waren entspannt wie nie zuvor, als die ekstatischen Empfindungen nach und nach in wohlige Ermattung übergingen.

»Wow«, sagte sie seufzend, als fiele ihr kein anderes Wort mehr ein.

Bastien schwieg, doch sie spürte, dass er lächelte, da sein Gesicht noch an dem weichen Haar zwischen ihren Schenkeln ruhte.

Zu ihrer Überraschung streichelte sie sein langes Haar. Sie wusste nicht, wann sie damit begonnen hatte, und war auch nicht sicher, dass sie damit aufhören konnte, obwohl es ihr – absurderweise – wie etwas viel zu Intimes vorkam. Bastiens Haar war dichter als erwartet, aber auch weich und seidig. Es fühlte sich stark an, mehr wie das einer Katze als das eines Menschen, vor allem als sie gegen den Strich mit den Fingern hindurchfuhr. Im Stillen lächelte sie und dachte, es sei besser, Pirate Vic nicht zu verraten, dass er Konkurrenz bekommen hatte.

»Danke«, sagte Bastien mit schläfriger Stimme.

Mariann musste lachen. »Gern geschehen. Aber eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass das meine Zeile war.«

Als er den Kopf hob, dachte sie, dass es nur eine Lichttäuschung sein konnte, was seine Augen so zum Glühen brachte. »Ich wünschte, ich könnte bleiben, doch bald wird es hell, und ich weiß, dass du noch zu tun hast.«

Bestürzt schlug Mariann die Hände vors Gesicht. Wie hatte sie so vollständig vergessen können, wer und wo sie war?

»Mach dir keine Sorgen«, sagte er und half ihr vom Tisch herunter und in die Kleider. »Emile wird schon dafür gesorgt haben, dass Heather nichts gehört hat. Niemand wird sich das Maul zerreißen über das, was sich hier abgespielt hat.«

»Einen netten Freund hast du.« Mariann kämpfte gegen ein leises Unbehagen an, als Bastien sie umdrehte, um ihren BH zu schließen.

»Den besten«, versicherte er ihr. Mariann, die sich plötzlich ein wenig gehemmt fühlte, steckte ihr T-Shirt selbst in die Hose. Als sie Bastien wieder ansah, legte er eine seiner großen, gepflegten Hände an ihre Wange. Wie vorausgesagt, war seine Haut jetzt warm. »Ich meine es ernst, als ich Danke sagte. Ich weiß, dass du nicht leicht jemandem vertraust.«

»Ich habe ein schlechtes Gewissen. Du bist nicht … Ich meine, es ist ja nicht so, als müssten wir in meiner Küche rummachen oder als müsstest du riskieren, deine … ähm, Allergie noch zu verschlimmern, doch …«

Er brachte sie zum Schweigen, indem er ihre Hand nahm und sie, ohne ein Wort zu sagen, auf seine Hose legte. Mehr Ermutigung benötigte sie auch nicht. Ihre Finger schlossen sich wie von selbst um seine beeindruckende Erektion unter dem feinen italienischen Tuch, und dabei merkte sie, dass er darunter nichts anderes trug als sich selbst. Da fiel ihr wieder der Traum ein, in dem sie seine Hoden von hinten gesehen hatte. Er war genauso hart, wie sie ihn sich vorgestellt hatte, obwohl sie da nicht einmal geahnt hatte, wie gut gebaut er wirklich war. Hart und heiß war er, und sein Blut pulsierte mit faszinierender Beständigkeit und Kraft.

Mariann konnte der Chance, ihn näher zu erkunden, nicht widerstehen.

Er zuckte nicht zusammen, als sie ihre Hand noch fester um ihn schloss, nur seine normalerweise sehr helle Gesichtshaut rötete sich leicht. Marianns Kehle wurde eng vor Aufregung. Sie spürte, dass er sie alles versuchen lassen würde, ohne je zu widersprechen.

»Zerknittern deine Sachen nicht?«, fragte sie, als ihr plötzlich der tadellose Zustand seines Hemdes auffiel.

Seine Augen sprühten vor Lachen, und er schüttelte den Kopf. »Ich bin außergewöhnlich ordentlich.«

»Außergewöhnlich ordentlich?« Mariann war entzückt über sein scharfes Einatmen, als ihre Fingernägel über seine Hose glitten. »Dir ist doch klar, dass das nur ein weiterer Anreiz für mich ist, dich in Unordnung zu bringen?«

Er hielt ihre Hand fest, bevor Mariann ihre Drohung wahr machen konnte. »Vielleicht sollte ich dich warnen«, sagte er mit einem Anflug von Schärfe in der Stimme. »Wenn du mich so berühren würdest, aber Haut an Haut und nicht durch diesen Stoff hindurch, würde ich darauf pfeifen, wo wir wären oder was du noch zu tun hättest. Ich würde mich auf dich stürzen und dich sogar mitten auf dem Dorfplatz nehmen.«

Sein weicher Pariser Akzent gab den Worten etwas Poetisches. Und Mariann konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie auch völlig ernst gemeint waren.

»Junge, Junge«, sagte sie, als sie wieder zu Atem kam, »du verstehst es, einen dazu zu bringen, schwänzen zu wollen!«

Sein Lächeln ließ sich nur als wölfisch bezeichnen, und auch in seinen Augen erschien wieder dieses eigenartige Glühen. Er zog ihre Hand von seiner Hose fort und gab in einer seltsam sexy Geste vor, ihr den Handrücken zu lecken. »Ich kann es kaum erwarten, dass du mich dafür entschädigst«, sagte er, »sobald dein Zeitplan es erlaubt.«

Er war so klug, den Zeitpunkt ihr zu überlassen. Wäre er penetranter gewesen, hätte sie sich vielleicht quergestellt. Doch so war sie nicht mal sicher, wie lange sie noch warten konnte. Im Augenblick schien sogar eine Minute eine kleine Ewigkeit zu sein.

»Ich könnte vielleicht ein bisschen früher Schluss machen …«

»Nein«, erwiderte er, streichelte ihren Nacken und küsste ihre Braue. »Bereue es nicht, mich so gehen zu lassen. Du hast zumindest einen meiner Wünsche erfüllt. Und wenn ich ehrlich sein soll«, sagte er und drückte seine Lippen an ihre Stirn, »bist du das beste Frühstück, das ich jemals hatte.«

Mariann war es nicht gewohnt, dass Männer so nett zu ihr waren. Aufgeregt, aber insgeheim erfreut, versuchte sie zu scherzen. »Erwarte nur nicht von mir, dass ich das auch deinen Gästen anbiete.«

Zu ihrer Freude lachte er, bevor er ging.

Als Bastien sich dem verborgenen Eingang zu seinem und Emiles Unterschlupf näherte, flimmerte die Sonne schon hinter den Bäumen und kündigte ihr Aufgehen durch eine verstärkte Schwere in Bastiens Gliedern an. Entgegen dem Volksglauben würden die ersten wenigen Strahlen ihn nicht töten, sondern ihn höchstens betrunken machen und ihn der nötigen Vernunft berauben, um zu erkennen, wann er genug gehabt hatte. Dreißig Minuten der vollen Kraft der Sonne ausgesetzt zu sein, würde vermutlich ausreichen, um ihn in Flammen aufgehen zu lassen, und alles, was darunterlag, schwerwiegende Verbrennungen verursachen. Je mächtiger ein Upyr war, desto mehr Sonnenlicht konnte er verkraften. Die Gefahr lag darin, süchtig danach zu werden. Upyrs, die dazu neigten, pflegten jung zu sterben.

Doch obwohl Bastien sich des Risikos bewusst war, spürte er jetzt die Lockung des Vergessens.

Verliebt zu sein war wirklich anstrengend. Ein Wechselbad der Gefühle, das ihn glauben ließ, sich auf einer ständigen Berg- und Talfahrt zu befinden. Natürlich war er froh, dass er und Mariann zusammengefunden hatten, aber er wurde den Eindruck nicht los, dass die nächste Niederlage schon im Anzug war. Würden die Götter eifersüchtig werden und ihm Mariann entreißen? Verdiente jemand wie er es überhaupt, glücklich zu sein?

Ich pfeife darauf, ob ich es verdiene, dachte er. Er würde sich nehmen, was er wollte, und sehen, was geschah.

Emiles Stimme riss ihn aus seinen Betrachtungen. »Bastien«, rief er. »Es wird Zeit, uns unter die Erde zu begeben.«

Der Freund wartete am Eingang ihres Sanktuariums, einem raffiniert gestalteten Felsbrocken, der sich auf einer Achse drehen ließ, um eine Treppe aus schwarzem Granit preiszugeben. Und falls diese Tarnung noch nicht genügte, verbarg auch noch Magie den Eingang vor menschlichen Augen, Runen, die so alt waren, dass ihre Ursprünge nicht einmal mehr in Legenden und Märchen zu finden waren. Bastien hatte sie nur widerstrebend in den Felsen eingeritzt, da die Erfahrung ihn gelehrt hatte, Magie gegenüber misstrauisch zu sein.

»Ich komme«, erwiderte er mürrisch, als er dem Freund die Treppe hinunter folgte. Wahrscheinlich war es der nahende Tag, der seine Launenhaftigkeit verschärfte.

Sowie er die Tür passiert hatte, wurde sie von einer Fotozelle angewiesen, sich zu schließen. Genauso praktisch waren die winzigen, in der gewölbten Decke der Treppe eingebauten Lichter, die wie Sternbilder angeordnet und gut erträglich für Upyr-Augen waren. Die Elektriker hatten gute Arbeit geleistet, so wie auch alle anderen Mitarbeiter. Bastien bedauerte, dass er den Leuten die Erinnerungen nehmen musste, sobald alles fertig war. Fertigkeiten wie die ihren verdienten es, in Erinnerung bewahrt zu werden. Andererseits waren es Bastiens Macht – und Engagement –, die diese Männer zu Höchstleistungen angespornt hatten. Es ging doch nichts über eine Dosis blutverstärkter Upyr-Geisteskraft, um Angestellte zu motivieren.

Am Fuß der Treppe bedeckte ein handgewebter indianischer Teppich den Boden aus Kiefernkernholz, und trotz der logischerweise nicht vorhandenen Fenster verlieh die zwölf Fuß hohe Tunneldecke dem Gang Geräumigkeit. Mit der Mühelosigkeit langer Bekanntschaft passten Emiles und Bastiens Schritte sich perfekt einander an.

»Was für ein großartiger Ort!«, schwärmte Emile wie so oft beim Heimkommen. »Viel bequemer als Ulrics Höhle.«

Das stimmte, doch die Erinnerung an Bastiens Exil verstärkte noch die bleierne Schwere in seinen Gliedern, und für einen Moment schienen sogar seine Beine ihm den Dienst versagen zu wollen.

»Sie ist es«, verkündete er mit hohl klingender Stimme.

Emile verhielt fast gleichzeitig mit ihm den Schritt. »Sie ist was?«

»Meine Königin. Mariann ist meine Königin. Sie lässt mich wünschen, meine Bestimmung zu verwirklichen.«

Emile lachte nur und ging weiter.

Bastien beeilte sich, ihn einzuholen. »Du hältst mich für verrückt.«

»Verrückt? Nein, ich denke nur, dass du der langsamste Upyr bist, dem ich je begegnet bin. Du hättest schon vor Jahrhunderten dein Königreich einfordern sollen.«

»Gerade du müsstest wissen, warum ich das nicht kann.«

»Ich weiß, warum du glaubst, es nicht zu können. Aber da gehen unsere Meinungen auseinander.«

Emile war vermutlich der einzige Upyr auf Erden, der Bastien ungestraft widersprechen durfte. Doch trotz ihrer langen Freundschaft ballte er die Hände zu Fäusten. »Sollte ich sie nicht gewinnen können …«

»Ja, ja, ich weiß«, unterbrach Emile ihn seufzend. »Dann stürzt du dich von einem Kliff.«

Seine herablassende Art veranlasste Bastien, nach seinem Arm zu greifen. Zu seiner Verärgerung lachten Emiles Augen, als er herumfuhr. »Wie kann ich sie gewinnen, wenn ich ihr nicht sagen kann, wer ich bin?«

»Du kannst es ihr jetzt nicht sagen. Nächsten Monat oder nächstes Jahr könnte das schon anders sein.« Emile rieb sich den Arm, als Bastien ihn losließ. »Überlass das der Zeit und der Natur und gib dich damit zufrieden, dass du immerhin schon einen Anfang gemacht hast!«

»Sie mag mich wirklich«, bemerkte Bastien, der bei der Erinnerung an Marianns Lächeln durch den Tunnel hätte tanzen können. »Mehr, als ich dachte. Aber vielleicht habe ich sie zu sehr bedrängt. Sie ist noch nicht sehr lange geschieden. Vielleicht habe ich ihre Einsamkeit ja ausgenutzt.«

»Mon Dieu!«, rief Emile aus und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, du Idiot. Was glaubst du, wie die Leute sich verlieben?«

»Keine Ahnung«, sagte Bastien, erstaunt über Emiles Ausbruch. »Ich hatte es bis jetzt noch nie versucht.«

»Pah. Du bist eine Schande für deine Landsmänner. Ich weiß nicht, warum ich überhaupt mit dir befreundet bleibe.«

Diesmal wusste Bastien, dass Emile nur scherzte, und legte einen Arm um seine Schultern. »Du bleibst mein Freund, weil du mich liebst … fast so sehr, wie ich die schöne Mariann liebe.«

»Oh, nein«, sagte Emile und schüttelte den Kopf. »Der Herr bewahre mich davor!«