KAPITEL 37 – DIE KIRCHENRUINE

Lucas hatte mit der Hitze und seinem Durst zu kämpfen. Er wanderte durch den Wald, über Hügel und durch Täler, ohne auf ein Zeichen von Leben oder eine Ansiedlung zu stoßen. Lucas war oft in der Wildnis unterwegs gewesen, er wusste, wie man überlebte. Aber ohne eine Waffe, ohne Wasserflasche, ohne überhaupt irgendetwas, war er von seinen Aussichten nicht gerade begeistert.

Als er einen weiteren Hügel hinauf wanderte, entdeckte er, dass über der Hügelkuppe die oberste Spitze einer Kirchturmkuppel zu sehen war. Dieser Anblick trieb ihn schneller voran und bald hatte er die Kuppe des Hügels erreicht. Vor ihm lag eine Ebene mit einer Kirche und weiteren Gebäuden, nicht allzu weit entfernt. Lucas lächelte, jetzt hatte er zumindest eine Chance.

Als er jedoch näher kam, schwand sein Lächeln. Er sah Löcher in den Wänden, Pflanzen, die überall wucherten und dann bemerkte er, dass die Kirche kein Dach mehr hatte, nur ein paar verkohlte Balken waren übrig. Und die anderen Häuser sahen nicht besser aus, auch von ihnen waren nur noch Ruinen übrig. Das alles schien bereits vor sehr langer Zeit passiert zu sein. Lucas fluchte. Am liebsten hätte er laut geschrien, aber er wusste, dass das nicht ratsam war und so riss er sich zusammen.

Er ging durch die Ruinen dieses Dorfes und suchte, ob es nicht doch etwas gab, das er gebrauchen konnte. Aber da war nichts. Wenn es hier jemals etwas gegeben hatte, dann war es schon lange fort. Er tröstete sich damit, dass er jetzt wenigstens eine Straße hatte, der er folgen konnte. Er sah links die Straße entlang und bemerkte ein Stück weiter eine kleine Hütte.

Mit neuer Hoffnung rannte er dort hin. Diese Hütte war, im Gegensatz zu den anderen Gebäuden, neu und hatte ein Dach. Sie war im Moment seine größte Überlebenschance. Als er näher kam bemerkte er ein Schild mit kyrillischer Schrift, die er nicht entziffern konnte, und einem Bild der Kirchenruine darunter. Die Türe der Hütte bestand aus mattiertem Glas, ebenfalls mit einem kyrillischen Schriftzug und einem blauen i darüber.

Er versuchte, sie zu öffnen, aber sie war verschlossen. Die Fenster waren ebenfalls geschlossen und die Vorhänge waren zugezogen, so dass er nicht ins Innere sehen konnte. Er umrundete das Haus und fand eine zweite Tür, aber auch sie war verschlossen. Er legte sein Ohr an die Tür und lauschte angestrengt. Drinnen schien alles ruhig.

Er sah sich um, niemand war in der Nähe, weder tot noch lebendig. Er hämmerte ein paar Mal mit den Fäusten an die Türe, dann horchte er wieder. Kein Laut war zu hören. Froh darüber, dass es sicher schien, nahm er eine großen Stein und schlug ein Loch in die Glastür. Dann griff er hindurch, drehte den Türgriff und entriegelte die Tür. Schnell zog er den Arm zurück, stieß die Tür auf und trat ein Stück zurück.

Drinnen war es dunkel und – gottseidank – still. Er versuchte, hinein zu spähen, aber er konnte jenseits des Bereichs, der vom Licht der offenen Tür beschienen wurde, nicht viel ausmachen. Er stand vor der Tür, sah hinein und überlegte, wie er nun vorgehen sollte. Wenn er eine Waffe gehabt hätte, wäre er einfach hineingegangen, hätte die Räume überprüft, alles durchsucht und mitgenommen, was er brauchen konnte. Aber ohne Waffe, und ohne hineinsehen zu können, war er sich unsicher. Das Risiko war hoch. Ein anderer Mann oder ein Infizierter könnten dort drinnen sein, an einer Stelle, die er nicht sah. Er ging zu einem nahen Baum und behielt dabei den Eingang ständig im Auge. Dann griff er nach einem stabilen Ast und zog mit seinem ganzen Geweicht daran, bis er schließlich abbrach. Die Bruchstelle war scharfkantig und er löste noch ein paar weitere Stücke ab, so dass sich eine deutliche Spitze ergab.

Nicht viel, aber besser als nichts, dachte er und ging zurück zum Eingang. Er trat hinein. Es war dunkel und er wartete einen Moment am Eingang, bis sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Schließlich konnte er Details unterscheiden. Am anderen Ende des Raumes gab es eine hohe Theke, an den Wänden hingen Plakate und es gab Regale mit verschiedenen Souvenirs. Langsam ging er in Richtung der Theke und versuchte, darüber zu spähen, an die einzige Stelle des Raumes, die er nicht sehen konnte. Er nahm eine Kaffeetasse von einem der Regale und warf sie hinter die Theke. Sie fiel scheppernd auf den Boden. Er war zufrieden, dass sich hinter der Theke niemand versteckte. Als er um die Theke herumging, hielt er seinen Ast vor sich gestreckt, bis er dahinter sehen konnte. Abgesehen von einem Stuhl und ein paar Kartons war alles leer. Lucas zog die Vorhänge zurück und Licht flutete in den Raum. Er drehte sich um und öffnete die Tür zum zweiten Raum.

Das Licht reichte nun, um auch dort Details zu erkennen. Er war kleiner als der andere Raum und in der Mitte stand ein runder Tisch mit einigen Stühlen. An einer der Wände gab es eine kleine Teeküche mit Schränken, die an einer Seite ein Spülbecken hatte. Daneben stand ein Kühlschrank. Lucas ging hinein und sah sich um, es gab keine verwinkelten Ecken und der Raum schien leer. Er riss die Vorhänge von einem der Fenster, so dass auch hier Licht hereinfiel. Das machte er auch mit den anderen Fenstern, bald war der Raum in helles Licht getaucht. Der Raum schien eine Kombination aus Umkleide und Küche zu sein, vermutlich für die Fremdenführer, die hier gearbeitet haben mochten. An einer Wand mit einer weiteren Tür stand eine Reihe von Spinden.

 

Lucas schlich zu dieser Tür, die geschlossen war. Er lauschte, konnte aber dahinter nichts hören. Vorsichtig öffnete er und spähte hinein. Es gab dort eine Dusche und eine Toilette. Er zog den Duschvorhang zurück, aber auch die Dusche war leer. Das Haus war sicher.

Er ging zurück und öffnete den Kühlschrank. Der Gestank verfaulter Lebensmittel traf ihn wie ein Schlag und er zuckte zurück. Mit seinem Stock schob er die verdorbenen Lebensmittel weg und suchte nach etwas Verwendbarem. Es gab nichts, aber wenigstens fand er eine halbvolle Wasserflasche auf die jemand ‚Alex‘ geschrieben hatte.

„Vielen Dank, Alex“, sagte Lucas und leerte sie in einem gierigen Zug. Mit der leeren Flasche ging er zurück in die Toilette und nahm den Deckel vom Spülkasten. Das Wasser war rotbraun vom Rost der eisernen Armaturen, es war nicht trinkbar.

Lucas verbrachte die nächsten zwanzig Minuten damit, das Gebäude zu durchsuchen, aber er fand nicht Nützliches. Mit einem Hammer brach er die Spinde auf, wo er eine Menge Kleidung fand, außerdem Deos und Rasierzeug, aber nichts zu essen und nichts, was ihm das Überleben irgendwie erleichtern würde. In einem der Spinde gab es einen kleinen Rucksack. Er nahm das nutzlose Zeug heraus und steckte seine leere Wasserflasche hinein. An die Wand montiert fand er einen weißen Kasten mit einem roten Kreuz darauf. Er öffnete ihn und steckte auch die darin enthaltenen Bandagen und Tabletten in den Rucksack. Dann nahm er seinen Stock, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.

Lucas ging zurück zur Straße und besah sich die Umgebung. Die Sonne war ein Stück weiter gezogen und alles schien ruhig. Vor ihm lagen die Ruinen und links sah er die Stromleitung, die von der Hütte weg führte. Sie lief einen Hügel hinauf und er konnte nicht sehen, wo sie endete. Ich kann genauso gut dieser Leitung folgen, schließlich muss eine Stromleitung irgendwo hinführen, dachte Lucas und begann, den Hügel hinauf zu gehen. Die Stromleitung machte eine Kurve nach links und Lucas folgte ihr.

 

Survivors and Bandits - Ein DayZ Roman
titlepage.xhtml
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_000.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_001.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_002.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_003.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_004.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_005.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_006.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_007.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_008.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_009.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_010.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_011.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_012.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_013.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_014.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_015.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_016.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_017.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_018.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_019.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_020.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_021.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_022.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_023.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_024.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_025.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_026.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_027.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_028.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_029.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_030.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_031.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_032.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_033.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_034.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_035.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_036.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_037.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_038.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_039.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_040.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_041.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_042.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_043.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_044.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_045.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_046.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_047.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_048.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_049.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_050.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_051.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_052.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_053.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_054.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_055.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_056.html
CR!M448WYNAVN0P9E6QBRYRK053VY2K_split_057.html