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Er hatte die Tür fast aufgeschoben, als er hinter sich eine Bewegung wahrnahm. Sofort hielt er inne und wartete ergeben. Aber sie schlief.

Er rannte auf die Tenne hinaus, stolperte aber immer wieder. Ihm war schwindelig und kalter Schweiß rann ihm den Rücken hinab.

Die Kiste. Ulli hob den Kopf und sog panisch Luft durch die Nase ein.

Er riss ihr die Pflasterstreifen ab, dreimal musste er ansetzen.

»Jürgen …« Sie war kaum zu verstehen, ihre Lippen waren aufgeplatzt und blutig, ihre Augen wie blind. Aber sie krallte ihre Finger in den Kistenrand und versuchte aufzustehen.

Es stank.

»Hau schon ab!« Er schlug ihr die Pistole ins Genick. »Hau ab, hau ab, hau ab!« Und dann zerrte er sie am Arm über den Kistenrand.

Sie fiel auf die Knie und krabbelte hilflos auf dem Boden herum.

Es dämmerte, als die beiden Frauen sich an der Kapelle trennten.

Auf dem Friedhof war keine Menschenseele und Astrid huschte zwischen den Gräbern hindurch zum Wäldchen. Hier war es schon so dunkel, dass sie stehen bleiben und warten musste, bis ihre Augen sich darauf eingestellt hatten. Dann lief sie geduckt weiter.

Als sie den Lichtschimmer sah, schlüpfte sie hinter eine alte Fichte.

Auf dem Hof war es ruhig und dunkel, nur ein Fenster an der Seite war erleuchtet, auch in den Gewächshäusern bewegte sich nichts.

Um den Wall zu erreichen, die einzige Stelle, von der aus sie beide Ausgänge beobachten konnte, musste sie gut zwanzig Meter freies Gelände überqueren. Vielleicht sollte sie warten, bis es noch dunkler geworden war? Keine Zeit. Das Blut rauschte in ihren Ohren und sie sah plötzlich Katharinas Gesicht vor sich.

Aber dann legte sie sich flach auf den Bauch und robbte los. Der Boden war feucht und modrig, Fichtennadeln bohrten sich in ihre Handballen. Sie versuchte, gleichmäßig zu atmen, langsam.

Als sie endlich sicher im Schutz des Walles angekommen war, schwitzte sie und ihr Herz hämmerte gegen die Rippen.

Irgendwo bellte ein Hund, ein paar Kinder krakeelten, aber auf dem Hof war es immer noch totenstill.

Astrid knöpfte ihre Jacke auf und schaltete das Funkgerät ein.

»Am Einsatzort«, sagte sie leise. »Alles ruhig, niemand zu sehen. Die Haustür und die Hintertür sind geschlossen, nur im Wohnzimmer brennt Licht.«

»Verstanden«, antwortete die Meinhard. »Ich bin in wenigen Minuten bei Ihnen.«

Der Wall war von kniehohem Unkraut überwuchert, der würzige Geruch kitzelte in der Nase. Astrid bog die Halme ein wenig auseinander, um bessere Sicht auf das Haus zu haben. Wie lange würde das SEK wohl noch brauchen, zwanzig Minuten, eine halbe Stunde? Besser, die beeilten sich, sonst war es stockfinster.

Sie entsicherte ihre Waffe und kniff die Augen zusammen – da war eine Bewegung an der Hintertür!

»Es kommt jemand durch die hintere Tür aus dem Haus in meine Richtung«, raunte sie ins Funkgerät. »Er. es ist Ulli! Sie kriecht auf allen vieren. Sie kann nicht laufen!«

»Bleiben Sie in Deckung!«, befahl die Meinhard barsch.

Astrid musste sich zwingen hinzuschauen, als jetzt Piontek hinter Ulli hergestolpert kam. Er packte sie, zerrte sie hoch und stieß sie vor sich her. Sie brach sofort wieder in die Knie.

Piontek erstarrte.

Hinter ihm stand Marianne Brandmeier und hielt ihm eine Pistole an den Kopf.

Jetzt schrie Ulli, kam auf die Füße und taumelte auf den Wald zu.

Astrid nahm den Schuss nicht wahr, sie sah nur, wie Pionteks Gesicht wegflog, bevor er nach vorn kippte.

Marianne Brandmeier streckte sich und rannte hinter Ulli her, ein paar Schritte nur, dann ging sie mit gespreizten Beinen in Position, hob die Pistole mit beiden Händen und zielte.

Astrid sprang auf. »Polizei! Werfen Sie die Waffe weg!«

Da war kein Erschrecken, nicht einmal ein Zucken; am ganzen Körper gespannt drehte die Frau sich mit der Pistole im Anschlag zu Astrid.

Da fiel der Schuss.

Marianne Brandmeier flog nach hinten, schlug mit dem Schädel auf und blieb auf dem Rücken liegen.

Langsam wandte sich Astrid um. Unmittelbar hinter ihr stand Charlotte Meinhard und ließ ihre Waffe sinken. Dann schüttelte sie sich, sprang über den Wall und trat gegen Brandmeiers Pistole, dass sie quer über den Hof schlitterte.

Ullis Wimmern übertönte Astrids dröhnenden Herzschlag. Sie kniete sich neben die zusammengekauerte Gestalt und strich ihr über den Rücken. »Ist gut, schsch, alles vorbei … Es kann nichts mehr passieren …«