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Jeder andere im Präsidium hätte gefragt, was passiert war, als alle Mitglieder des KK 11, je nach Temperament mit rotem oder kalkweißem Gesicht, aus dem Zimmer der Chefin kamen. Klaus van Gemmern vom Erkennungsdienst, dem sie auf dem Gang in die Arme liefen, runzelte nicht einmal die Stirn.
»Gut«, meinte er nur und drückte van Appeldorn einen Notizzettel in die Hand. »Dich hab ich gesucht. Es war Brandstiftung, wie ich vermutet hatte. Die Kollegen aus Krefeld haben sich gerade gemeldet. Gib mir Bescheid, wenn du mich brauchst.« Drehte sich um und ging.
Van Appeldorn überflog das Papier. »Na prima, dann können wir ja sofort testen, wie die neuen Teams sich bewähren. Bist du bereit, Astrid?«
Aber die hatte sich noch nicht wieder gefangen und schob sich mit störrischem Gesicht an ihm vorbei.
»Dein Arbeitseifer in allen Ehren, Norbert«, sagte Toppe ungewohnt scharf, »aber ich würde schon gern wissen, um was es eigentlich geht. Was für eine Brandstiftung?«
Peter Cox stöhnte. »Kleinen Moment, bitte. Mag ja sein, dass ich ein bisschen langsam bin, aber könnten wir uns nicht wenigstens mal zwei Minuten zusammensetzen und irgendeine Art von Plan machen. Für mich geht hier alles drunter und drüber.«
Doch auch in Toppes Büro fanden sie erst einmal keine Ruhe. Das Telefon klingelte Sturm, als sie hereinkamen. Astrid erbarmte sich und nahm den Hörer ab. Es war Walter Heinrichs. »Morgen, mein Mädchen«, begrüßte er sie fröhlich. »Du hörst dich so gehetzt an.«
»Bin ich auch.«
»Ach so, na denn.« Er zögerte. »Weißt du was? Ruf mich einfach später zurück. Ich glaube, ich habe eine Idee, wie ich dir helfen kann.«
»Wenigstens einer, der glaubt, dass mir noch zu helfen ist.«
»Was sind denn das für Töne? Nun lass mal die Ohren nicht hängen. Ruf mich an, ja? Bis nachher!«
Peter Cox war in die Teeküche gelaufen und hatte eine Kanne Kaffee geholt. Es dauerte eine ganze Weile, bis alle ihrem Ärger Luft gemacht hatten und Norbert van Appeldorn endlich berichten konnte, warum er letzte Nacht zu einem Einsatz gerufen worden war.
»Ein Brand in einem türkischen Lebensmittelgeschäft in Nierswalde, gegen halb zwei. Ich war mit van Gemmern draußen. Dem war die Sache nicht geheuer, deshalb hat er die Brandexperten aus Krefeld anrücken lassen.«
»Jemandem was passiert?«, fragte Toppe.
»Nein, aber schwerer Sachschaden. Laden und Lager sind komplett ausgebrannt und die darüber liegende Wohnung hat auch einiges abgekriegt. Da wohnt ein Geschwisterpaar. Die führen den Laden. Irgendwo hab ich mir auch die Namen aufgeschrieben.«
Er fand seinen Notizblock. »Ah, hier: Eroglu, Ayse und Hüseyin.«
»Eroglu, das ›G‹ wird nicht gesprochen«, korrigierte Astrid ihn. »Und soweit ich weiß, ist das kein türkischer, sondern ein kurdischer Name.«
Van Appeldorn wandte ihr langsam das Gesicht zu. »Vielen Dank, Frau Kollegin«, antwortete er schließlich. »Man ist doch immer wieder froh, wenn man etwas dazulernen darf.«
»Entschuldige«, meinte Astrid wenig überzeugend.
»Schon in Ordnung. Da hab ich wohl tatsächlich ein bisschen geschlampt. Es könnten durchaus Kurden sein. Das Geschäft gehört einem Familienclan aus Wesel. Die haben anscheinend mehrere Filialen am Niederrhein. Sie werden alle von irgendwelchen Verwandten geführt.«
»Schöner Mist«, brummte Cox. »Brandstiftung bei Kurden. Da wird sich die Presse drauf stürzen.«
Die Fahrt nach Nierswalde verlief schweigsam. Astrid starrte ins Leere. Als van Appeldorn sie leicht am Knie berührte, schreckte sie hoch.
»Nun komm mal langsam raus aus deiner Depri-Ecke.«
»Muss ich mir sonst wieder deinen Lieblingsvortrag über Professionalität anhören?«, gab sie patzig zurück.
Van Appeldorn antwortete nicht, fuhr ruhig weiter, aber sie entdeckte ein amüsiertes Lächeln in seinem Mundwinkel. Er hatte sich sehr verändert im letzten Jahr.
Sie schaute aus dem Fenster. Rechts und links der Straße lagen Bauernhöfe. Die Fassaden der Wohnhäuser sahen unterschiedlich aus, manche verklinkert, manche verputzt, aber die Anordnung der Gebäude auf den Höfen war identisch.
»Nierswalde«, überlegte sie. »Ich glaube, hier war ich noch nie. Das ist doch so ein Reißbrettdorf, oder?«
Van Appeldorn nickte. »Hattet ihr in der Schule keine Heimatkunde?«
»Wir hatten Erdkunde. Heimatkunde! Was ist das denn für ein Ausdruck? Muss von den Nazis übrig geblieben sein.«
»Quatsch! Jedenfalls haben wir noch was gelernt über unsere Gegend hier.«
»Und was hast du über Nierswalde gelernt?«
»Dass man nach dem Krieg hier ein Stück Reichswald gerodet und Heimatvertriebene angesiedelt hat.«
»Heimatvertriebene! Noch so ein Wort! Woher kamen die denn?«
»Weiß ich auch nicht so genau, Pommern und so.«
»Aha, Pommern und so. Und wann war das?«
»Irgendwann in den Fünfzigern oder vielleicht auch schon in den Vierzigern.«
Astrid musste lachen. »Hört sich nicht so an, als wäre Heimatkunde dein Lieblingsfach gewesen.«
»Jedenfalls haben die damals hier lauter Gärtnereien aufgemacht, Rosen, Nelken, Orchideen, Gemüse …«
Sie näherten sich dem Dorfkern. An der linken Seite reihten sich spitzgiebelige Siedlungshäuser. In den Vorgärten blühten gepflegte Rosenbüsche, an jedem Fenster prangten Blumenkästen, die Eingänge zierten bepflanzte Kübel und Ampeln, die Wege waren akkurat eingefasst.
Van Appeldorn wich einem Bagger aus, der von rechts auf die Fahrbahn gerumpelt kam. Dort wurde kräftig gebaut, hübsche Einfamilienhäuser mit dunklen Ziegeldächern und Windfängen aus Glas.
Die Straße führte zwischen einer Art Dorfplatz und der gelb geklinkerten Kirche hindurch. Von hier aus sah man schon die Brandruine. Der beißende Geruch drang ins Wageninnere, obwohl sie die Fenster geschlossen hatten. Am Bordstein parkte das Feuerwehrauto der Brandwache, auf der gegenüberliegenden Straßenseite drängten sich ein paar kleine Kinder zusammen und tuschelten. Sonst war niemand zu sehen.
Sie stiegen aus und van Appeldorn gab einen tonlosen Pfiff von sich. In der Nacht hatte es nicht so schlimm ausgesehen und der Gestank war schrecklich. Astrids Augen begannen zu tränen, die Wimperntusche löste sich und brannte wie Feuer. Sie nahm ein Tempotuch, drehte einen Zipfel zusammen und betupfte sich vorsichtig die Augenwinkel.
Der Feuerwehrmann, der unter dem Türsturz gestanden hatte, kam ihnen entgegen.
Van Appeldorn nickte grüßend. »Sind die Experten noch zugange?«
»Nein, die sind vor einer halben Stunde abgefahren.« Der Mann nahm den Schutzhelm ab, sein blondes Haar klebte ihm stumpf am Schädel. »Sie haben zwei Molotow-Cocktails gefunden.«
»Und wo sind die Bewohner abgeblieben?«
»Die sind oben. Denken, sie könnten noch ein paar Sachen zusammenpacken.«
Astrid sah hoch zu den geborstenen Fensterscheiben. Die ehemals weißen Spitzengardinen waren zu bizarren Gebilden zusammengeschmolzen. Ein junger Mann beugte sich hinaus.
Sie winkte ihm zu. »Guten Morgen. Wir sind von der Kripo. Hätten Sie einen Augenblick Zeit?«
Van Appeldorn zündete sich eine Zigarette an. »Wo ist denn die ganze Sippschaft abgeblieben?«
Noch in der Nacht war die Familie gekommen: Männer, die der Feuerwehr im Weg gewesen waren, weil sie immer wieder versucht hatten, ins Haus zu gelangen, um wenigstens ein paar Dinge zu retten; etliche dick eingemummte Frauen, die nicht aufhören wollten, laut zu weinen und zu klagen.
Der Feuerwehrmann machte ein mürrisches Gesicht. »Sind Gott sei Dank endlich weg. Bis vor einer Stunde kam man sich hier vor wie auf einem Busbahnhof in Anatolien.«
Astrid warf ihm einen missbilligenden Blick zu und ging zur Haustür hinüber. Die Geschwister Eroglu waren herausgekommen. Sie hielten sich an den Händen. Die Frau hatte geweint, eine verschmierte Tränenspur zog sich über ihre linke Wange. Sie war sehr klein und sehr jung, nicht einmal zwanzig. Ihr Bruder war nicht viel älter, aber er straffte die Schultern und brachte ein Lächeln zustande, als er Astrid seine Hand entgegenstreckte. Beide sprachen sie akzentfreies Deutsch.
Man hatte ihnen bereits gesagt, dass es sich um Brandstiftung handelte. Sie waren erschrocken und durcheinander, aber sie zeigten keinerlei Erstaunen. Es war so, als hätten sie damit gerechnet.
Van Appeldorn sah sich um. »Gibt es hier irgendwo eine Kneipe oder ein Café, wo wir in Ruhe miteinander sprechen können?«
Ayse Eroglu schüttelte den Kopf. »Das Restaurant am Dorfplatz da drüben ist nur abends geöffnet.«
Sie schauten auf ein lang gestrecktes Siedlungsgebäude mit einem großen Parkplatz davor. An der linken Seite hing ein Schild Restaurant – Gaststätte, rechts schloss sich ein neu gebauter Flügel an mit einer blauen Neonschrift über dem gläsernen Eingang: Hotel.
Astrid tupfte noch einmal an ihren Augen herum und knüllte dann entschieden das Taschentuch zusammen. »Wenn die auch Hotelbetrieb haben, muss es ja wohl einen Konferenzraum oder so was geben.«
In der kleinen, plüschigen Halle war kein Mensch, aber aus dem dahinter liegenden Raum drangen Stimmen. »Und zwar sofort!«, keifte eine Frau.
Dann ein hässliches Lachen. »Wenn du glaubst, dass du mir Vorschriften machen kannst, dann …«, hörte man eine Männerstimme. »Guck dich doch mal im Spiegel an, du, du.«
Van Appeldorn schlug mit der Hand auf die nostalgische Klingel an der Rezeption. Es wurde still, dann kam eine Frau gelaufen. Sie war Mitte vierzig. Ihr knapp kinnlanges, blondiertes Haar betonte unvorteilhaft das flächige Gesicht mit den weitstehenden Augen und dem breiten Mund, und der körpernahe, aprikosenfarbene Pullover schmeichelte ihrer Figur nicht.
»Guten Morgen! Kann ich Ihnen helfen?«, trällerte sie und schlüpfte hinter den Tresen.
Ihr Lächeln verblasste, als ihr Blick auf die Geschwister Eroglu fiel.
Astrid legte ihren Dienstausweis auf die Theke. »Wir untersuchen den Brand. Können wir uns hier bei Ihnen irgendwo in Ruhe unterhalten und dabei vielleicht einen Kaffee trinken?«
Die Frau schob den Ausweis weg. »Das Restaurant ist noch geschlossen, tut mir Leid.«
»Gibt es ein Problem, Mechthild?« Der Mann mit dem hässlichen Lachen war dazugekommen.
Er erfasste die Situation sofort. »Von der Kriminalpolizei, ach so. Tja, unser Restaurant ist tatsächlich noch geschlossen, aber wenn Sie mit unserem Frühstückszimmer vorlieb nehmen wollen, ist das überhaupt kein Problem. Sie müssen entschuldigen, aber bei uns geht heute alles ein wenig drunter und drüber.« Er wandte sich lächelnd in die Runde. Seine Frau bedachte er mit einem vor Nachsicht triefenden Blick. Er musste ein paar Jahre jünger sein als sie und wirkte – groß, schlank, mit glattem, gebräuntem Gesicht und glänzendem Schnurrbart – aufdringlich attraktiv.
»Von Bahlow«, stellte er sich vor. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen. Hier sind Sie ganz ungestört. Kaffee kommt sofort. Vier Kännchen? Ist das recht?«
Astrid steuerte einen Tisch an der Fensterseite an.
Alles hier war makellos. Kein Fusselchen auf dem Fußboden, keine Krümel auf den gestärkten Tischdecken, zu hochmütigen Schwänen gefaltete Stoffservietten, blanke Fensterscheiben. Über die Farbgebung des Raumes konnte man streiten. Der Teppichboden war rot und rosa gemustert, die Textiltapeten schimmerten rötlich golden und auch die üppigen pink- und cremefarbenen Seidenblumensträuße waren sicherlich nicht jedermanns Geschmack.
Von Bahlow servierte den Kaffee selbst. Umständlich hantierte er mit Kännchen, Tassen und Gebäckteller, bis alles so war, wie er es sich vorstellte.
Hüseyin Eroglu nutzte die Ablenkung und machte seiner Schwester verstohlene Zeichen, dass sie sich die Wange abwischen sollte, aber sie sah ihn nur verständnislos an. Schließlich gab er es auf.
Sie kamen leicht miteinander ins Gespräch, schon nach wenigen Minuten ergab sich ein erstes Bild. Die beiden jungen Leute waren am vergangenen Abend gegen Mitternacht schlafen gegangen. Etwa um halb zwei hatten beide Glas splittern hören und waren fast gleichzeitig in den Flur gelaufen, der schon voller Rauch gewesen war. Sie hatten es buchstäblich im letzten Moment die Treppe hinunter nach draußen geschafft.
Die Familie Eroglu hatte das Haus in Nierswalde vor etwas über zwei Jahren angemietet und den Laden eingerichtet. Das Dorf war schon viele Jahre ohne Lebensmittelgeschäft gewesen und so hatten Eroglus innerhalb von ein paar Monaten eine große Stammkundschaft aufbauen können. Man war sich einig, dass es bei ihnen besonders gutes Gemüse zu kaufen gab, und mit der Zeit waren auch Kunden aus Pfalzdorf und Asperden, teilweise sogar aus Goch zu ihnen gekommen. Die Eroglus hatten am Dorfleben nicht teilgenommen, aber sie waren immer freundlich behandelt worden. Das alles hatte sich seit Anfang dieses Sommers geändert. Ihr Vermieter, ein Rechtsanwalt aus Borken, der seit Jahren selbst in Nierswalde wohnte, hatte das große Grundstück neben der Kirche gekauft, das an ihren Laden grenzte. Im Juli war durchgesickert, dass dort der Bau eines Aussiedlerheimes geplant war.
»Es ist auf uns zurückgeschlagen«, sagte Hüseyin, »obwohl wir nun wirklich nichts damit zu tun haben. Jedenfalls kamen in letzter Zeit immer weniger Kunden.«
»Hat man Ihnen in irgendeiner Weise gedroht?«, fragte Astrid.
»Nein, nein«, beteuerte Ayse, »überhaupt nicht. Aber die Leute sind sehr aufgeregt. Es hat Bürgerversammlungen gegeben. Soweit ich verstanden habe, soll das Heim sehr groß werden und sehr viele Aussiedler aufnehmen, und die Leute glauben, dass ihr Dorf viel zu klein ist für so viele fremde Menschen. Es würde alles ändern.«
»Wie heißt Ihr Vermieter?« Van Appeldorn legte seinen Block auf den Tisch.
»Bruno Schlüter. Er wohnt in dem großen, weißen Haus ein Stück weiter die Königsberger Straße hinunter.«
»Es hat Sie also niemand bedroht«, nahm Astrid den Faden wieder auf. »Aber ganz unter uns, fällt Ihnen jemand ein, der …«
»Nein!«, rief Ayse und hielt dann, erschrocken über sich selbst, inne. »Man hasst uns hier nicht«, fuhr sie leiser fort. »Verstehen Sie, die Menschen sind verwirrt und aufgebracht, aber ich wüsste niemanden, der so etwas tun würde. Es macht doch auch keinen Sinn.«
»Aber irgendjemand, Frau Eroglu«, entgegnete Astrid, »wollte Ihnen Schaden zufügen. Er hat sogar in Kauf genommen, dass Sie beide in dem Feuer umkommen. Wer könnte so etwas tun und warum sollte er so etwas tun? Haben Sie mit irgendwem Streit? Haben Sie private Probleme?«
»Nein, gar nicht.« Ayse goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein. Hüseyin sah Astrid direkt in die Augen. »Wir wissen wirklich nichts!«
»Haben Sie gestern etwas Verdächtiges bemerkt?«, fragte van Appeldorn. »War etwas anders als sonst? Haben Sie Geräusche gehört?«
»Nein. Nichts, gar nichts.«
»Tja, dann war’s das wohl für heute. Denken Sie noch einmal in Ruhe nach. Vielleicht fällt Ihnen ja doch noch etwas ein. Wir werden sicher noch öfter miteinander reden.« Van Appeldorn nahm seinen Stift wieder auf. »Wo können wir Sie denn in den nächsten Tagen erreichen?«
Hüseyin Eroglu gab eine Adresse in Wesel an.
Sie standen gleichzeitig auf.
»Hoffentlich sind Sie ausreichend versichert«, meinte Astrid, als sie zur Rezeption zurückgingen.
Ayse blickte sie über die Schulter hinweg an. »Natürlich! Wir könnten alles wieder herrichten, aber ich weiß nicht, ob wir hier bleiben werden. Das müssen wir mit der Familie zusammen überlegen.«
Von Bahlow stand am Tresen und sortierte Prospekte.
»Schlimm«, sagte er zu Hüseyin. »Es tut mir sehr Leid, dass Ihnen so etwas passieren musste, Herr Eroglu. Wenn wir irgendwie helfen können.«
»Danke sehr! Sehr freundlich von Ihnen.«
Die Geschwister gingen hinaus.
Van Appeldorn zog sein Portemonnaie aus der Hosentasche, aber von Bahlow winkte ab. »Lassen Sie nur. Das geht selbstverständlich aufs Haus.«
Er schenkte Astrid ein blitzend weißes Lächeln. »Haben Sie schon einen Anhaltspunkt, Frau Kommissarin?«
»Möglich«, gab sie abweisend zurück. »Durchaus möglich. Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft.«
Er deutete eine Verbeugung an, als sie die Glastür aufstieß und hinausging. Van Appeldorn schlackste hinterher.
Auf dem Parkplatz blieb sie stehen. »Die beiden haben uns nicht alles gesagt. Mit irgendwas halten die hinterm Berg.«
»Klar!«
»Und warum?«
Er hielt ihr sein Zigarettenpäckchen hin, aber sie schob es weg.
»Das werden wir schon rauskriegen«, meinte er. »Es ist doch immer wieder eine Herausforderung, sich mit fremden Kulturen auseinander zu setzen.«
Sie boxte ihn in die Seite. »Hat van Gemmern irgendwas gefunden?«
»In der Zeit, in der ich hier war, nichts. Aber da hat es ja auch noch gebrannt. Wir sollten gleich ins Labor fahren.«
»Gib mir doch mal eine Zigarette und dann dein Handy.«
Er hielt ihr die Schachtel hin. »Was hast du vor?«
»Ich soll Walter zurückrufen.«
Zehn Minuten später saß sie auf dem Beifahrersitz und war ganz aus dem Häuschen.
Van Appeldorn hatte die Füße aufs Armaturenbrett gelegt, die Hände im Nacken verschränkt und döste.
»Wenn das funktioniert …«, murmelte sie vor sich hin.
Schwerfällig öffnete van Appeldorn die Augen. »Willst du drüber reden?«
»Walter sagt, er möchte gern unsere Tagesmutter werden, allen Ernstes. Er meint, er müsste sich sowieso den ganzen Tag um seine Mareike kümmern und er hätte schließlich eine Menge Erfahrung mit Kindern – was ja auch stimmt – und der Job beim Wachdienst wäre eh Mist und er würde sein Geld lieber mit was Schönem verdienen, woran er Spaß hätte. Das hört sich fast zu gut an, Norbert. Ich frage mich …«
»Jetzt hol doch mal Luft.«