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Es war auch weiter kein großes Geheimnis, warum die Quäker eine Schnaufpause einlegten. Die Männer, die mit uns in Berührung gekommen waren, stellten nichts weiter dar als eine Art Vorhut, die den massierten Streitkräften der Quäker vorangegangen war. Sie sollten die cassidanische Abwehr von den Truppen fernhalten, bis sie sich eingegraben hatten und kampfbereit waren. Dann zog sich die Vorhut zurück, forderte Verstärkung an und wartete ab.
Diese militärische Taktik war älter als Julius Cäsar – falls Cäsar überhaupt jemals gelebt hatte.
Doch dies und die restlichen Umstände, die Dave und mich an diesen Ort geführt und bis zu diesem Augenblick festgehalten hatten, gaben mir die geistige Munition, um einige Konsequenzen zu ziehen.
Die erste Schlußfolgerung lautete, daß wir alle – von der Quäker-Armee bis zu den cassidanischen Streitkräften, der gesamte Krieg bis hin zu einzelnen Personen wie Dave und mir – von Kräften bestimmt wurden, die über das Schlachtfeld hinausreichten, wobei es nicht schwer zu erraten war, um wen es sich bei diesen Manipulationskräften handelte. Einmal war da der Älteste Strahlende mit seinen Sorgen, ob die Quäker-Söldner ihre Aufgaben so gut erfüllen würden, um für weitere potentielle Auftraggeber attraktiv zu erscheinen. Der Strahlende hatte ähnlich einem Schachspieler alles vorausgeplant und darangesetzt, den Krieg durch einen einzigen taktischen Handstreich zu gewinnen.
Doch sein Gegner hatte mit einem solchen Streich gerechnet, wenn er ihn nicht gar vorausgeahnt hatte. Und bei diesem Gegner konnte es sich nur um Padma und seine Ontogenese handeln.
Wenn nämlich Padma vorausberechnen konnte, daß ich beim Empfang von Donal Graeme auf Freiland erscheinen würde, so konnte er ebenso gut wissen, daß der Strahlende eine besondere Taktik anwenden würde, um mit Hilfe der Quäker-Armee die Cassidaner aufzureiben. Seine diesbezüglichen Berechnungen waren schon daraus zu ersehen, daß er einen der besten Taktiker, den die Exoten aufzuweisen hatten – Kensie Graeme – ausgeliehen hatte, um die Pläne des Strahlenden zu vereiteln. Das war der tiefere Sinn für das plötzliche Auftauchen von Kensie.
Am interessantesten war aber für mich die Frage, warum sich Padma automatisch auf jeden Fall gegen den Strahlenden stellte. Soweit mir bekannt war, hatten die Exoten kein Interesse an diesem Bürgerkrieg auf Neuerde – der zwar für die Welt, auf der er stattfand, wichtig war, angesichts der sonstigen Differenzen, die zwischen den vierzehn Welten herrschten, nichts weiter war als ein Geplänkel.
Die Lösung mußte irgendwo im undurchdringlichen Netz der vertraglichen Abmachungen liegen, die Ebbe und Flut des geschulten Personals zwischen den Welten steuerten. Die Exoten, ähnlich wie Erde, Mars, Freiland, Dorsai und die kleine katholische christliche Welt von St. Marie verkauften ihre jungen Absolventen nicht en bloc und verschacherten deren Verträge nicht an andere Welten, ohne den einzelnen vorher zu fragen. Deshalb galten sie als Lockervertragswelten im Gegensatz zu den Festvertragswelten wie Ceta, die Freundlichen, Venus, Newton und andere, die ihre Verträge abschlossen, ohne die Rechte und Wünsche des einzelnen zu berücksichtigen.
Also standen die Exoten zu den Quäkern automatisch in Opposition. Dieser Grund reichte allerdings noch lange nicht aus, um in irgendeiner Weise auf einer dritten Welt bei Konflikten Partei zu ergreifen. Da mußte bei der Vertragsbilanz zwischen Exoten und Quäkern noch irgendein Geheimnis walten, von dem ich nichts wußte. Anders ließen sich Padmas Einmischung und sein Vorgehen in der augenblicklichen Situation kaum deuten.
Immerhin war es ein Hinweis für mich, der seine Umwelt zu manipulieren pflegte, indem er die Menschen in meiner unmittelbaren Nähe manipulierte, daß auch außerhalb des Bannkreises meiner charmanten Zunge Kräfte ins Spiel gebracht werden konnten, die alle meine Pläne zunichte machten, einfach, weil sie von außen kamen. Kurz gesagt, man mußte weitaus größere Gebiete beim Umgang mit Menschen und Ereignissen berücksichtigen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, als ich bisher gedacht hatte.
Ein Umstand, den ich mir merkte, um bei Bedarf darauf zurückzukommen.
Die zweite Schlußfolgerung, die mir einfiel, hatte etwas mit der gegenwärtigen Aufgabe zu tun, die uns auf den Nägeln brannte, nämlich diese Höhe zu verteidigen, sobald die Quäker mit ihrer Verstärkung anrückten. Dieser Ort konnte nicht mit ein paar Dutzend Leuten gehalten werden, das konnte ich auch als Zivilist erkennen.
War dies aber bei mir schon der Fall, so mußten die Quäker die Lage ebensogut eingeschätzt haben, vom Patrouillenführer ganz zu schweigen. Offensichtlich war er vom Hauptquartier aus gehalten, den Hügel zu verteidigen, der ein gutes Stück hinter der Front lag. Jetzt erst begann ich seine unfreundliche und ablehnende Art zu verstehen, mit der er Dave und mir begegnet war. Er hatte seine eigenen Sorgen und Probleme – wahrscheinlich saß ihm auch irgendein Vorgesetzter im Hauptquartier vor der Nase, der ihm und seiner Mannschaft befohlen hatte, die Stellung auf diesem Hügel zu halten. Allmählich wuchs meine Sympathie, was diesen Gruppenführer betraf. Ganz gleich, wie seine Befehle auch lauteten, ob weise, ob aus einer Panikstimmung heraus erteilt oder gar irrsinnig, er war Soldat genug, um sie nach bestem Wissen, Gewissen und Können auszuführen.
Es würde eine große Story werden; sein hoffnungsloser Versuch, diese Höhe zu halten, ohne jegliche Hilfe von irgendeiner Seite oder aus dem Hinterland, die ganze Quäker-Armee vor sich. Zwischen den Zeilen konnte ich auch meine Meinung über die Mentalität seiner Befehlshaber durchblicken lassen, die ihn auf diesen verlorenen Posten verbannt hatten. Dann schaute ich mich um, sah die Männer seiner Patrouille in ihren Unterständen eingegraben, und ein Gefühl von Kälte verkrampfte meinen Magen direkt unter dem Brustbein. Diese Männer waren in diese Situation geraten wie Pilatus ins Credo und wußten nicht, welchen Preis sie dafür zu zahlen hatten, um Helden meiner Geschichte zu werden.
Dave stieß mich in die Seite.
„Schau mal … dort drüben …“ flüsterte er mir ins Ohr. Ich folgte seinem Blick.
Die Quäker, unter den Bäumen am Fuße des Hügels verborgen, waren in Bewegung geraten. Offensichtlich gruppierten und rüsteten sie sich zu einem Angriff auf die Höhe. Während der nächsten Minuten war nichts weiter zu erwarten, und ich war drauf und dran, Dave dies mitzuteilen, als er mich auch schon wieder anstupste.
„Nein!“ sagte er mit leiser, aber eindringlicher Stimme. „Weiter draußen. Da drüben, unter dem Horizont!“
Ich schaute noch einmal hin, und dann sah ich, was er meinte.
Weit draußen zwischen den Bäumen, die am Ende den Himmel zu berühren schienen, der jetzt heiß und blau wurde, in einer Entfernung von etwa zehn Kilometern, flammten Lichter wie Glühwürmchen auf, kleine gelbe Stichflammen und gelegentlich ein Wölkchen, das aufstieg, aber gleich wieder vom Winde verweht wurde.
Doch niemals könnten Glühwürmchen so flackern, daß man sie beim hellichten Tag auf eine Entfernung von mehr als zehn Kilometern wahrnehmen konnte. Es waren Laserstrahlen, die vor uns aufstiegen.
„Panzer!“ sagte ich.
„Sie kommen hier herauf“, sagte Dave und starrte gebannt auf die Blitze, die aus dieser Entfernung so klein und unbedeutend erschienen, Blitze, in Wirklichkeit Lichtschwerter, deren Kerntemperatur 40000 Grad betrug, die in der Lage waren, die Bäume um uns herum wegzurasieren, so wie eine gute Klinge in einen dichten Bart fährt.
Sie rollten heran, ohne auf Widerstand zu stoßen, weil keine nennenswerte Infanterie vorhanden war, um sie mit Handwaffen aufzuhalten. Raketen, die klassischen Panzerabwehrwaffen, waren schon seit gut fünfzig Jahren überholt, weil die Antiraketen mittlerweile soweit gediehen waren, daß sie sich mit halber Lichtgeschwindigkeit fortbewegten und den Einsatz von konventionellen Raketen unmöglich machten. Die Panzer rollten langsam, aber unaufhaltsam heran und walzten alles nieder, Bäume und Sträucher gleichermaßen, hinter dem sich eine Infanterieeinheit verstecken konnte.
Durch die Panzer wurde die Verteidigung des Hügels zu einer Farce. Würde nämlich die Infanterie der Quäker nicht beizeiten eintreffen, würden wir alle miteinander in unserem Fuchsbau verbrennen. Das war mir klar – und wahrscheinlich auch unserer Mannschaft, denn ein Raunen ging durch die Reihen, als die Leute die Einschläge und die Stichflammen bemerkten.
„Ruhe!“ schnappte der Scharführer. „Haltet die Stellung. Wenn nicht …“
Doch ihm blieb keine Zeit, um seinen Satz zu vollenden, weil im selben Augenblick die erste Angriffswelle der Quäker-Infanterie den Hügel heraufbrandete.
Eine Kugel traf den Gruppenführer hoch in der Brust, direkt am Halsansatz, so daß er nach hinten fiel und an seinem Blut erstickte.
Doch dem Rest der Patrouille blieb keine Zeit, davon Notiz zu nehmen, weil die Quäker Welle für Welle vordrangen und den Hügel bereits halb erklommen hatten. Die Cassidaner erwiderten das Feuer aus ihren Stellungen. Es mag an der Aussichtslosigkeit ihrer Situation oder an einer ungewöhnlichen Kampferfahrung gelegen haben, daß ich nicht einen einzigen Mann ausmachen konnte, der aus Furcht vor dem Kampf gelähmt gewesen und von seiner Waffe keinen Gebrauch gemacht hätte.
Außerdem waren sie entschieden im Vorteil. Zum Gipfel hin wurde der Abhang immer steiler, der Angriff der Quäker geriet ins Stocken, und sie wurden abgeschossen wie die Hasen, sobald sie sich näherten. Schließlich zogen sie sich bis an den Fuß des Hügels zurück, und wieder trat eine Feuerpause ein.
Ich kletterte aus meinem Unterstand und lief zum Gruppenführer hin, um festzustellen, ob er noch am Leben war. Es war ein törichtes Unterfangen, sich trotz meines Journalistenkäppis als Zielscheibe anzubieten, und die Strafe für meine Unvorsichtigkeit folgte auf dem Fuße. Die zurückflutenden Quäker hatten Freunde und Kameraden am Hügel verloren. Jetzt aber reagierte einer von ihnen. Nur einige Schritte vom Unterstand des Gruppenführers entfernt, wurde mein rechtes Bein unter mir weggerissen. Ich schlitterte, rutschte aus und fiel auf die Nase.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Kommandostand neben dem Gruppenführer, und Dave beugte sich über mich, wobei er den sowieso schon zu engen Raum mit zwei weiteren Soldaten teilen mußte, die wahrscheinlich zu den Leuten des Gruppenführers gehörten.
„Was ist eigentlich los …“ begann ich und versuchte, mich auf die Beine zu stellen. Dave versuchte, mich daran zu hindern, aber ich hatte bereits versucht, mein Gewicht teilweise auf mein linkes Bein zu verlagern. Doch der Schmerz schoß wie ein Feuerstrahl durch mein Bein. Ich brach schweißgebadet zusammen.
„Wir müssen hier abhauen“, sagte der eine Soldat zum anderen. „Wir müssen hier raus, Akke. Beim nächsten Mal werden sie uns erwischen, oder die Panzer werden uns in den nächsten zwanzig Minuten überrollen.“
„Nein“, krächzte der Gruppenführer neben mir, den ich bereits für tot gehalten hatte. Doch dann sah ich, daß man ihm einen Druckverband angelegt hatte, der die Wunde geschlossen und die Blutung zum Stillstand gebracht hatte. Dennoch lag er im Sterben, ich konnte es aus seinen Augen lesen. Der Soldat ignorierte ihn.
„Hör zu, Akke“, meinte der Soldat, der eben gesprochen hatte. „Jetzt hast du das Kommando. Laß zum Aufbruch blasen!“
„Nein.“ Der Gruppenführer konnte nur noch flüstern, aber er blieb hart. „Der Befehl lautet … Stellung halten … unter allen Umständen …“
Der Mann, der Akke hieß, schien unsicher zu sein. Sein Gesicht war blaß, und er schielte nach dem Meldegerät. Der andere aber merkte, wie der Hase lief, und die Waffe, die über seinen Knien lag, reagierte wie zufällig. Ein Knall, dann ein kleines Geräusch im Meldegerät, und das Licht, das die Betriebsbereitschaft des Geräts anzeigte, erlosch.
„Ich habe zu befehlen“, sagte der Gruppenführer. Doch dann schoß der Schmerz in meinem Knie wieder hoch, und alles verschwamm vor meinen Augen. Als ich wieder einigermaßen klar sehen konnte, sah ich, daß Dave die Hose an meinem linken Bein bis zum Oberschenkel aufgerissen und soeben einen sauberen Druckverband über das Knie gelegt hatte.
„Alles in Ordnung, Tam“, sagte er. „Es war ein glatter Durchschuß. Alles bestens.“
Ich schaute mich um. Der Gruppenführer lehnte immer noch neben mir, das Seitengewehr halb im Anschlag. Aber er hatte ein kleines rundes Loch auf der Stirn und war tot. Von den beiden Soldaten keine Spur.
„Sie sind abgehauen, Tam“, sagte Dave. „Und wir müssen hier ebenfalls raus.“ Er zeigte den Hügel hinunter. „Die Quäker sind wahrscheinlich der Meinung, daß sich der Aufwand nicht lohnt. Sie sind abgezogen. Aber ihre Panzer rücken heran, und du kannst mit deinem Knie nicht schnell laufen. Versuch jetzt erst einmal aufzustehen.“
Ich versuchte es. Mir war, als würde mein Knie auf einer Messerspitze ruhen und die Hälfte meines Gewichts tragen. Aber ich stand. Dave half mir aus dem Unterstand. Und damit begann unser Rückzug über den hinteren Pfad, der vom Hügel hinab und von den Panzern wegführte.
Früher einmal waren mir diese Wälder wie Märchenwälder vorgekommen, wie Robin Hoods Wald, voller Geheimnisse, bunt und attraktiv zugleich. Jetzt aber, da ich durch diesen Wald humpelte oder besser hüpfte wie ein Grashüpfer, wobei ich das Gefühl hatte, daß mir glühende Nägel ins Knie getrieben wurden, begann sich dieses Bild zu wandeln. Er wurde in meiner Vorstellung mehr und mehr zu einem Hexenwald, der uns mit seinen düsteren Schatten einfangen und festhalten wollte, eine Gruft, in der uns die Panzer der Quäker aufstöbern und uns mit Laserstrahlen oder durch umsinkende Baumstämme vernichten würden, bevor wir auch nur die geringste Chance hatten zu erklären, wer wir eigentlich waren.
Ich hatte verzweifelt gehofft, daß wir irgendwo auf eine Lichtung stoßen würden, weil die Panzer, die uns auf den Fersen waren, eher den Wald als die Lichtung durchkämmten. Und draußen, im kniehohen Gras, wäre es selbst einem Panzerfahrer schwergefallen, mein Käppie zu erblicken und zu identifizieren, bevor er auf uns schoß.
Doch wir waren in eine Gegend geraten, wo es nur Bäume und keine Lichtungen gab. Außerdem hatte ich gemerkt, daß es zwischen diesen Baumstämmen in allen Richtungen gleich aussah. Die einzige Möglichkeit, nicht im Kreis herumzulaufen, sondern uns schnurstracks von den Panzern abzusetzen, die uns auf den Fersen waren, bestand darin, jene Richtung einzuschlagen, aus der wir gekommen waren und die in meinem Richtungsanzeiger programmiert war. Doch diese Marschroute führte kreuz und quer durch den Wald, unter dessen Bäumen ich damals Schutz gesucht hatte.
Diesmal aber kamen wir wegen meines Knies nur langsam voran, so daß uns selbst die relativ schwerfälligen Panzer allmählich einholen mußten. Die Explosion hatte mir gewaltig zugesetzt. Der ständige stechende Schmerz in meinem Knie hatte mich in eine Art von fieberhafter Raserei versetzt. Es war wie eine kalkulierte Tortur – und ich bin Schmerzen gegenüber nicht gerade unempfindlich.
Natürlich bin ich kein Feigling, auch wenn ich ungern den Helden spiele. Nur bin ich eben so gebaut, daß ich wütend reagiere, sobald der Schmerz eine gewisse Intensität erreicht hat. Und je größer der Schmerz, um so größer meine Wut, Es ist eine Art Berserkerblut meiner Ahnen, ein Erbe meiner irischen Vorfahren, das durch meine Adern fließt, wenn man die Sache romantisch betrachten will. Aber diese Tatsache läßt sich nun einmal nicht leugnen. Und jetzt, da wir durch das ewige Zwielicht zwischen diesen silbergoldenen Bäumen mit ihren ausgefransten Rinden dahinhoppelten, explodierte ich innerlich.
In meiner Wut aber fürchtete ich mich nicht vor den Quäker-Panzern. Ich war so gut wie sicher, daß man meine rotweiße Kleidung beizeiten erblicken würde, um nicht auf mich zu schießen. Und ich war mir auch sicher, daß mich sowohl der Feuerstrahl wie auch fallende Baumstämme verfehlen würden, falls sie doch das Feuer eröffneten. Kurz, ich war mir meiner Unverwundbarkeit bewußt – was mir aber Sorgen machte, war der Umstand, daß Dave durch mich behindert wurde und daß es mir Eileen nie verzeihen würde, wenn ihm etwas zustieße.
Ich tobte und fluchte und befahl ihm, mich meinem Schicksal zu überlassen und die eigene Haut zu retten, weil ich in keiner Weise in Gefahr schwebte.
Er aber wußte nichts weiter zu erwidern, als daß ich ihn seinerzeit auch nicht im Stich gelassen hatte, als wir in den Minengürtel geraten waren, und daß er nicht im Traum daran denke, mich jetzt seinerseits im Stich zu lassen. Ich sei Eileens Bruder, und es sei seine verdammte Pflicht, sich um mich zu kümmern. Er war loyal, genau wie sie in ihrem Brief geschrieben hatte. Er war für meine Begriffe viel zu loyal, ein verdammter loyaler Narr – und ich sagte es ihm überdeutlich, lang und breit. Ich versuchte vergebens, mich von ihm abzusetzen, doch auf einem Bein war das ein Ding der Unmöglichkeit. Ich setzte mich auf den Boden und weigerte mich standhaft weiterzugehen. Er aber zog mich hoch, nahm mich huckepack auf den Rücken und versuchte, mich auf diese Weise weiterzubringen.
Es war ein Kreuz. Ich mußte ihm versprechen, mit ihm zu gehen, wenn er mich wieder runterließ. Er selbst schwankte vor Erschöpfung, nachdem er mich wieder abgesetzt hatte. Zu dieser Zeit, halb irrsinnig vor Schmerz und Wut, war ich zu allem bereit, um ihn vor sich selbst zu retten. Ich begann laut um Hilfe zu rufen, obwohl er versuchte, mir den Mund zuzuhalten.
Mein Plan aber schien zu funktionieren. Denn keine fünf Minuten, nachdem er mich endlich zum Schweigen gebracht hatte, starrten wir in die Gewehrläufe zweier junger Quäker, die auf meine Rufe hin herbeigeeilt waren.