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Ich hat­te von un­se­rem Luft­fahr­zeug aus ge­nug von die­sem Teil des Ge­län­des ge­se­hen, um ei­ni­ger­ma­ßen si­cher zu sein, daß, was im­mer die Quä­ker oder die Cas­si­da­ner auch vor­hat­ten, ih­re Trup­pen­be­we­gun­gen nicht im frei­en Ge­län­de statt­fin­den wür­den. Al­so hiel­ten wir uns an die Bäu­me und dran­gen von ei­ner Mul­de zur an­de­ren vor.

Das be­deu­te­te na­tür­lich, daß wir nicht ge­ra­de auf un­ser Ziel los­mar­schie­ren konn­ten, das uns der Grup­pen­füh­rer an­ge­deu­tet hat­te, son­dern im Zick­zack­kurs, wie es un­se­re De­ckung zuließ. Zu Fuß war dies ein lang­sa­mer und müh­sa­mer Weg.

Ge­gen Mit­tag setz­te ich mich et­was ent­täuscht mit Da­ve hin, um den In­halt un­se­res Lunch­pa­kets zu ver­zeh­ren. Bis zu die­ser Stun­de hat­ten wir kei­nen Men­schen mehr er­blickt – die letz­ten, auf die wir ge­sto­ßen wa­ren, wa­ren die Män­ner der cas­si­da­ni­schen Pa­trouil­le ge­we­sen –, nichts ge­hört und nichts ent­deckt. Wir wa­ren von un­se­rem de­mo­lier­ten Fahr­zeug aus nur et­wa drei Ki­lo­me­ter ge­gan­gen, wa­ren aber we­gen der be­wal­de­ten Stel­len et­wa fünf Ki­lo­me­ter süd­wärts von un­se­rem Kurs ab­ge­wi­chen.

„Viel­leicht sind sie ab­ge­zo­gen – ich mei­ne die Quä­ker“, be­merk­te Da­ve.

Das soll­te ein Scherz sein, wie ich fest­stel­len konn­te, als ich von mei­nem be­leg­ten Brot auf­blick­te und in sein grin­sen­des Ge­sicht schau­te. Ir­gend­wie brach­te ich es fer­tig, sein Grin­sen zu er­wi­dern, weil ich das Ge­fühl hat­te, daß ich ihm zu­min­dest dies schul­dig war. In Wirk­lich­keit gab er einen aus­ge­zeich­ne­ten As­sis­ten­ten ab, der den Mund hielt und es tun­lichst ver­mied, ir­gend­wel­che Vor­schlä­ge aus Un­kennt­nis der La­ge zu ma­chen.

„Nein“, sag­te ich, „da ist et­was im Busch – und ich war ein Narr, daß ich mich da­zu ver­lei­ten ließ, mich von un­se­rem Fahr­zeug zu tren­nen. Es ist ein­fach nicht mög­lich, grö­ße­re Stre­cken zu Fuß zu­rück­zu­le­gen. Die Quä­ker ha­ben sich aus ir­gend­wel­chen un­er­find­li­chen Grün­den zu­rück­ge­zo­gen, zu­min­dest in die­sem Front­ab­schnitt. Wahr­schein­lich woll­ten sie die Cas­si­da­ner hin­ter sich her­lo­cken, schät­ze ich. Aber warum ha­ben wir kei­ne schwar­zen Uni­for­men beim Ge­gen­an­griff zu Ge­sicht be­kom­men …“

„Horch!“ sag­te Da­ve.

Er hat­te den Kopf her­um­ge­dreht und die Hand ge­ho­ben, um mir Schwei­gen zu ge­bie­ten. Ich brach ab und horch­te. In ei­ni­ger Ent­fer­nung war da ein Laut, ein merk­wür­di­ger Laut, der sich an­hör­te, als wür­de ei­ne ener­gi­sche Haus­frau ei­ne De­cke aus­klop­fen.

„Es knallt!“ sag­te ich, in­dem ich mich hoch­rap­pel­te und den Rest un­se­res Pick­nicks ein­fach lie­gen­ließ. „Bei Gott, die füh­ren et­was im Schil­de! Schau­en wir mal nach.“ Ich dreh­te mich auf dem Ab­satz um und horch­te in die Rich­tung, aus der die Lau­te ge­kom­men wa­ren. „Das war et­wa hun­dert Me­ter wei­ter, da drü­ben rechts …“

Aber ich kam nicht mehr da­zu, mei­nen Satz zu be­en­den. Da­ve und ich wa­ren plötz­lich von Don­ner und Blitz um­ge­ben. Ich fand mich auf dem Moos lie­gend, oh­ne zu wis­sen, wie ich da­hin ge­kom­men war. Da­ve lag auf dem Bauch und streck­te al­le vie­re von sich. Kaum ein paar Me­ter wei­ter war die Er­de auf­ge­wühlt, und die Bäu­me stan­den da, von oben bis un­ten ge­spal­ten, als wä­ren sie in­fol­ge ei­nes In­nen­drucks ex­plo­diert, das wei­ße Holz in ih­rem In­nern auf­ge­ris­sen und zer­split­tert.

„Da­ve!“ Ich pack­te ihn und dreh­te ihn um. Er at­me­te, und wäh­rend ich ihn noch be­ob­ach­te­te, schlug er die Au­gen auf. Sei­ne Au­gen wa­ren blut­un­ter­lau­fen, und sei­ne Na­se blu­te­te. Wie er so blu­tend vor mir lag, spür­te ich et­was Feuch­tes an mei­ner Ober­lip­pe, einen sal­zi­gen Ge­schmack im Mund. Ich tas­te­te da­nach und merk­te, daß auch aus mei­ner Na­se Blut tropf­te.

Mit der einen Hand wisch­te ich das Blut ab, wäh­rend ich mit der an­de­ren Da­ve auf die Bei­ne half.

„Sperr­feu­er!“ sag­te ich. „Los, Da­ve! Wir müs­sen hier weg.“ Zum ers­ten­mal wur­de mir be­wußt, was Ei­leen sa­gen wür­de, soll­te es mir nicht ge­lin­gen, ih­ren Mann heil und un­ver­sehrt zu­rück­zu­brin­gen. Ich war mir des Schut­zes si­cher, den mein ge­schul­ter Geist und mei­ne spit­ze Zun­ge Da­ve zwi­schen den Kampf­li­ni­en bie­ten konn­te. Es ist aber kaum mög­lich, ge­gen ei­ne Ka­no­ne an­zu­ge­hen, die ein Ge­biet von fünf bis fünf­zig Ki­lo­me­ter be­streicht.

Schließ­lich brach­te er es fer­tig, auf die Bei­ne zu kom­men. Er war der Ein­schlag­stel­le nä­her ge­we­sen als ich, doch wirkt sich ein sol­ches Ge­schoß glück­li­cher­wei­se glo­cken­för­mig aus, wo­bei die Zo­ne wie ei­ne mit der Öff­nung nach un­ten ge­stülp­te Glo­cke aus­sieht, so daß wir uns bei­de am Ran­de die­ses Ge­bie­tes be­fan­den, in dem das plötz­li­che Un­gleich­ge­wicht zwi­schen In­nen- und Au­ßen­druck statt­fand. Nur war er et­was mehr be­nom­men als ich. Wir schlepp­ten uns wei­ter in je­ne Rich­tung, in der nach mei­nem Rich­tungs­an­zei­ger die Li­ni­en der Cas­si­da­ner lie­gen moch­ten.

Schließ­lich hiel­ten wir atem­los an und setz­ten uns für einen Au­gen­blick hin, um zu ver­schnau­fen. Im­mer noch konn­ten wir das Pum­pern der Ge­schüt­ze dicht hin­ter un­se­rem Rücken ver­neh­men.

„… al­so schön“, sag­te ich zu Da­ve. „Sie wer­den das Sperr­feu­er ein­stel­len und ih­re Trup­pen ent­sen­den, be­vor sie mit ih­ren Waf­fen wei­ter vor­drin­gen. Ge­gen Trup­pen kön­nen wir et­was un­ter­neh­men, doch ge­gen Ka­no­nen und Pan­zer ha­ben wir kei­ne Chan­ce.

Da kön­nen wir auch gleich hier sit­zen blei­ben, uns still ver­hal­ten und dann die Front ab­gra­sen, um auf die Cas­si­da­ner oder auf die ers­te Wel­le der Quä­ker zu sto­ßen – je nach­dem, wem wir zu­erst in die Ar­me lau­fen.“

Er schau­te mich an, und zu­nächst konn­te ich sei­nen Blick nicht deu­ten. Dann aber muß­te ich zu mei­ner Ver­wun­de­rung fest­stel­len, daß so et­was wie Be­wun­de­rung in sei­nem Blick lag.

„Du hast mir so­eben das Le­ben ge­ret­tet“, sag­te er.

„Ich ha­be dein …“ Ich brach ab. „Schau, Da­ve, ich bin der letz­te, der nicht al­les ver­sucht, wenn Not am Mann ist. Die­se Ex­plo­si­on hat dich ein­fach kurz aus den Pan­ti­nen ge­kippt.“

„Aber du hast ge­nau ge­wußt, was in ei­nem sol­chen Fall zu tun ist“, mein­te er. „Und du hast da­bei nicht nur an dich ge­dacht. Du hast auf mich ge­war­tet, bis ich wie­der ei­ni­ger­ma­ßen auf den Bei­nen ste­hen konn­te, und hast mir aus dem Schla­mas­sel ge­hol­fen.“

Ich schüt­tel­te den Kopf und beließ es da­bei. Wenn er mich des Ver­suchs be­schul­digt hät­te, mei­ne ei­ge­ne Haut zu ret­ten, so hät­te ich mir die Mü­he ge­macht, ihn vom Ge­gen­teil zu über­zeu­gen. Da er sich aber nun für den an­de­ren Weg ent­schie­den hat­te, ließ ich ihm sei­nen Wil­len. Wenn er mich als selbst­lo­sen Hel­den se­hen woll­te, dann bit­te sehr, warum auch nicht?

„Mach dich fer­tig“, sag­te ich. „Ge­hen wir.“

Wir rap­pel­ten uns hoch, stan­den et­was un­si­cher auf den Bei­nen – denn wir hat­ten zwei­fel­los et­was ab­ge­kriegt – und mar­schier­ten dann süd­wärts in ei­nem Win­kel, um ei­nem mög­li­chen Wi­der­stand der Cas­si­da­ner aus­zu­wei­chen, soll­ten wir uns wirk­lich so na­he an die Vor­pos­ten her­an­ge­pirscht ha­ben, wie es der Pa­trouil­len­füh­rer an­ge­deu­tet hat­te.

Nach ei­ner Wei­le war das Trom­mel­feu­er nicht mehr zu un­se­rer Rech­ten, son­dern di­rekt vor uns zu hö­ren, bis es schließ­lich in der Fer­ne erstarb. Ich war ins Schwit­zen ge­ra­ten und hoff­te in­stän­dig, daß wir auf die Cas­si­da­ner sto­ßen wür­den, be­vor uns die In­fan­te­rie der Quä­ker über­rann­te. Die Ge­schich­te mit der Ex­plo­si­on hat­te mir ge­zeigt, wel­che Rol­le der Zu­fall bei Tod und Ver­wun­dung auf dem Schlacht­feld spielt. Ich hät­te Da­ve am liebs­ten si­cher in ir­gend­ei­nem Un­ter­stand ge­wußt, da­mit ich die Mög­lich­keit hat­te, mit ei­nem der Män­ner in schwar­zer Uni­form zu spre­chen, be­vor die Schie­ße­rei los­ging.

Für mich be­stand kaum ei­ne Ge­fahr. Mei­ne rot-wei­ße Be­richt­er­stat­te­r­uni­form wies mich als Zi­vi­lis­ten aus, so­fern ich ge­se­hen wer­den konn­te. Da­ve da­ge­gen trug im­mer noch die feld­graue Uni­form der Cas­si­da­ner, wenn auch oh­ne ir­gend­wel­che Rang­ab­zei­chen und mit der wei­ßen Arm­bin­de des Nicht­kämp­fers. Ich kreuz­te aber­gläu­bisch die Fin­ger und wünsch­te uns Glück.

Der Zau­ber wirk­te, aber nicht in der Form, daß wir einen cas­si­da­ni­schen Un­ter­stand er­reicht hät­ten. Ein schma­ler Wald­strei­fen, der sich an ei­nem Hü­gel­rücken hin­an­zog, führ­te uns zum Grat hin­auf, und ei­ne gel­bro­te Stich­flam­me, die in der Däm­me­rung un­ter den Bäu­men ei­ni­ge Me­ter vor uns auf­lo­der­te, bot uns plötz­lich Ein­halt. Ich stieß Da­ve buch­stäb­lich zu Bo­den, in­dem ich ihm die Faust in den Rücken bohr­te, blieb ste­hen und wink­te mit bei­den Ar­men.

„Nach­rich­ten­dienst!“ rief ich. „Ich bin von den In­ter­stel­la­ren Nach­rich­ten­diens­ten! Ich bin Zi­vi­list!“

„Ich weiß, daß Sie ein ver­damm­ter Be­richt­er­stat­ter sind“, er­wi­der­te ei­ne ängst­li­che, vor­sich­ti­ge Stim­me. „Kom­men Sie bei­de her, und sei­en Sie lei­se!“

Ich reich­te Da­ve die Hand, half ihm auf die Bei­ne und stol­per­te, im­mer noch halb­blind von dem Feu­er­strahl, in Rich­tung der Stim­me. Im Ge­hen be­gann ich wie­der kla­rer zu se­hen, und zwan­zig Schrit­te wei­ter fand ich mich hin­ter dem me­ter­di­cken Stamm ei­ner ge­wal­ti­gen Bir­ke wie­der, Au­ge in Au­ge mit dem cas­si­da­ni­schen Grup­pen­füh­rer, der mich schon ein­mal vor den Quä­ker-Li­ni­en ge­warnt hat­te.

„Schon wie­der Sie!“ sag­ten wir bei­de fast gleich­zei­tig. Doch dann än­der­te sich die La­ge, in­dem er mir mit lei­ser, lei­den­schaft­li­cher und fes­ter Stim­me vor­hielt, was er von sol­chen Zi­vi­lis­ten hielt, die sich zwi­schen den Fron­ten in ei­nem Kampf­ge­biet ver­fran­s­ten.

Ich aber hör­te kaum hin und ver­such­te, mei­ne fünf Sin­ne zu­sam­men­zu­klau­ben. Zorn ist Lu­xus – und der Grup­pen­füh­rer moch­te zwar ein gu­ter Sol­dat sein, hat­te aber an­schei­nend die­se ele­men­ta­re Weis­heit noch nicht ge­lernt.

„Es geht dar­um“, sag­te er grim­mig, „daß Sie mir über­ant­wor­tet sind. Was soll ich jetzt mit Ih­nen an­fan­gen?“

„Nichts wei­ter“, er­wi­der­te ich. „Wir sind auf ei­ge­ne Ge­fahr hier, um zu be­ob­ach­ten. Und das wol­len wir auch durch­füh­ren. Sa­gen Sie uns, wo wir uns am bes­ten ein­gra­ben kön­nen, und das wä­re dann auch al­les, was Sie für uns tun müs­sen.“

„Wor­auf Sie Gift neh­men kön­nen!“ sag­te er bö­se, doch mir kam es eher so vor, als spuck­te er den letz­ten Rest sei­nes Zorns aus. „Na schön. Dort drü­ben, hin­ter den Män­nern, die sich hin­ter die­sen bei­den Bäu­men ver­schanzt ha­ben. Und blei­ben Sie in Ih­rem Loch, so­bald Sie eins ha­ben!“

„In Ord­nung“, sag­te ich. „Doch be­vor wir auf­bre­chen, be­ant­wor­ten Sie mir noch ei­ne ein­zi­ge Fra­ge: Was ha­ben Sie ei­gent­lich auf die­sem Hü­gel zu su­chen?“

Er blitz­te mich an, als wä­re mei­ne Fra­ge ei­ne Zu­mu­tung. Doch die in­ne­re Er­re­gung, die im­mer noch in ihm ar­bei­te­te, för­der­te den­noch ei­ne Ant­wort zu­ta­ge.

„Den Hü­gel hal­ten, was denn sonst?“ mein­te er und sah aus, als woll­te er aus­spu­cken, um den Ge­schmack die­ser Wor­te los­zu­wer­den.

„Den Hü­gel hal­ten? Mit ei­ner Pa­trouil­le?“ Ich starr­te ihn an. „Sie kön­nen doch un­mög­lich mit ei­ner Hand­voll Leu­ten die­se Stel­lung hal­ten, wenn die Quä­ker an­rücken!“ Ich war­te­te, aber er sag­te nichts. „Oder was mei­nen Sie?“

„Na­tür­lich nicht“, er­wi­der­te er, und dies­mal spuck­te er wirk­lich aus. „Aber wir müs­sen es ver­su­chen. Es wä­re bes­ser, wenn die Schwarz­hel­me Ih­re Klei­dung se­hen könn­ten, so­bald sie den Hü­gel her­auf­kom­men.“ Er wand­te sich dem Mann zu, der das Mel­de­ge­rät be­dien­te. „Ru­fen Sie das Haupt­quar­tier an“, hör­te ich ihn sa­gen. „Sa­gen Sie ih­nen, wir hät­ten ein paar Leu­te von den Nach­rich­ten­diens­ten bei uns.“

Ich no­tier­te mir Na­men und Ein­heit so­wie die Na­men der Mit­glie­der sei­ner Pa­trouil­le. Dann führ­te ich Da­ve zu der Stel­le, die uns der Grup­pen­füh­rer ge­zeigt hat­te, und wir be­gan­nen uns ein­zu­gra­ben wie die Sol­da­ten um uns her­um. Au­ßer­dem brei­te­te ich mei­nen Um­hang vor un­se­rem Fuchs­bau aus, wie mir der Grup­pen­füh­rer ge­ra­ten hat­te. Vom Hoch­mut bis zum Wunsch zu über­le­ben ist es nur ein Schritt.

Von un­se­rer Stel­lung aus konn­ten wir über den stei­len Ab­hang des be­wal­de­ten Hü­gels auf die Li­ni­en der Quä­ker hin­un­ter­schau­en. Der Hü­gel war mit Bäu­men be­wach­sen, die auch den nächs­ten Hü­gel be­deck­ten. Doch wei­ter un­ten war ein al­ter Erd­rutsch, der wie ei­ne Mi­nia­tur­klip­pe aus der Land­schaft rag­te und das gleich­mä­ßi­ge Laub­dach der Bäu­me un­ter­brach, so daß wir zwi­schen den Baum­stäm­men, die aus dem obe­ren Rand des Erd­rut­sches em­por­rag­ten, bis zum un­te­ren Rand bli­cken konn­ten und freie Sicht auf das Pan­ora­ma von be­wal­de­ten Hän­gen und of­fe­nem Feld bis zum fer­nen grü­nen Ho­ri­zont hat­ten, hin­ter dem sich ver­mut­lich je­ne Ka­no­ne ver­barg, die Da­ve und mich in die Flucht ge­jagt hat­te.

Dies war das ers­te­mal, daß ich ei­ne gu­te Über­sicht über die La­ge hat­te, seit­dem ich un­ser Fahr­zeug auf Grund ge­setzt hat­te, und ich war eif­rig be­müht, das Ge­län­de durch mein Fern­glas zu stu­die­ren. Da­bei ent­deck­te ich, daß sich zwi­schen den Baum­stäm­men im Tal, das die bei­den Hü­gel von­ein­an­der trenn­te, et­was rühr­te. Ich konn­te zwar nichts Be­stimm­tes fest­stel­len, doch gleich­zei­tig merk­te ich, daß die Sol­da­ten, die in ih­ren Stel­lun­gen di­rekt vor uns la­gen, eben­falls et­was ge­merkt ha­ben muß­ten, auf­ge­scheucht wahr­schein­lich durch einen ih­rer Ka­me­ra­den, der das In­fra­rot-Such­ge­rät be­dien­te. Wahr­schein­lich zeig­te der Bild­schirm des Ge­räts die Wär­me­spu­ren von Men­schen an, ver­mischt mit je­ner Wär­me­strah­lung, die die Pflan­zen und der Bo­den aus­sand­ten.

Die Quä­ker hat­ten uns ent­deckt. We­ni­ge Se­kun­den spä­ter be­stand dar­über kein Zwei­fel mehr, denn ich konn­te selbst durch mein Fern­glas schwar­ze Fle­cken er­ken­nen, so­bald ih­re Sol­da­ten sich ih­ren Weg berg­auf zu un­se­rer Front zu bah­nen be­gan­nen und die Waf­fen der Cas­si­da­ner zu stot­tern an­setz­ten, um den An­griff ab­zu­weh­ren.

„Run­ter!“ sag­te ich zu Da­vid.

Er hat­te ver­sucht, sich auf­zu­rich­ten, um Aus­schau zu hal­ten, weil er der Mei­nung war, wenn ich es tat, dürf­te er es auch. Na­tür­lich lag mein Um­hang vor bei­den Lö­chern aus­ge­brei­tet, aber ich hat­te auch die rot-wei­ße Ko­kar­de an mein Ba­rett ge­steckt, und au­ßer­dem glaub­te ich eher an mei­ne Fä­hig­kei­ten zu über­le­ben als an die sei­nen. Je­der Mensch hat sol­che Mo­men­te, wo er sich un­ver­wund­bar vor­kommt, und so er­ging es mir in je­nem Au­gen­blick dort im Fuchs­bau an­ge­sichts der an­grei­fen­den Quä­ker-Trup­pen. Fer­ner nahm ich an, daß der An­griff der Quä­ker und ihr Vor­drin­gen nur von kur­z­er Dau­er sein wür­den.

Mei­ne Er­war­tun­gen soll­ten sich er­fül­len.