KAPITEL 96
»Kommen Sie, Eddie, rücken Sie schon damit raus. Wohin bringen Sie uns?«, rief King über das Lärmen der beiden Mercury-Motoren und des Unwetters hinweg.
Mit Angelschnur an Händen und Füßen gefesselt, lag er neben dem Kapitänssessel auf dem Deck. Sylvia, auf ähnliche Weise gefesselt, saß auf der Heck-Sitzbank. Eddie steuerte das Boot im Stehen; sein dichtes Haar stob im Wind.
»Wozu die Neugier? Wir sind auf einer Fahrt ohne Wiederkehr.«
»Warum wollen Sie uns umbringen? Sie sind mit Ihrer Liste durch. Sie haben jeden erwischt, auf den Sie es abgesehen hatten.«
»Nicht jeden, alter Freund. Übrigens habe ich die Wette gewonnen.«
»Welche Wette?«
»Bei meiner Festnahme haben Sie behauptet, es wäre aus, und ich habe erwidert, das sei nicht der Fall.«
»Herzlichen Glückwunsch.«
Eddie wechselte den Kurs nach Osten und kreuzte eine hohe Welle, die das Schnellboot merklich ins Schlingern brachte. King stieß mit dem Kopf gegen die Glasfaser-Verkleidung.
»Wenn Sie nicht langsamer fahren, werden wir alle dran glauben, bevor Sie Ihr Ziel erreichen.«
Statt auf die Warnung zu hören, drückte Eddie den Gashebel erneut nach vorn.
»Eddie, bitte«, rief Sylvia ihm von hinten zu.
»Halt’s Maul!«
»Eddie…«, sagte sie ein zweites Mal.
Eddie wandte sich um und feuerte eine Kugel dicht an Sylvias linkem Ohr vorbei. Sie schrie auf und warf sich aufs Deck.
Mit ohrenbetäubendem Krachen fuhr ein Blitz in einen Baum auf einer kleinen Insel, als das Boot daran vorbeijagte. Die Eiche zerbarst. Glühendes Holz hagelte aufs Wasser. Diesmal war der Donnerschlag viel lauter als das Dröhnen der Mercury-Motoren.
King schob sich vorwärts. Wegen der Fesseln hatte er keine Chance, sich mit einem körperlich so starken Mann wie Eddie anlegen zu können. Selbst in einem fairen Kampf hätte King wahrscheinlich den Kürzeren gezogen. Er schaute sich nach Sylvia um. Sie lag noch auf dem Deck. Er sah, dass sie schluchzte. Endlich gelang es ihm, sich aufzusetzen. Er rutschte zur Seite und schaffte es zu guter Letzt, sich auf den Sitz neben Eddie zu schwingen.
Eddie schaute ihn an und lächelte. »Gefällt Ihnen die Aussicht?«
King spähte ins Dunkel. Kurz darauf passierten sie eine ihm bekannte Landmarke, ein fünfstöckiges Gebäude mit Luxus-Eigentumswohnungen, das man auf einer bis an die Hauptfahrrinne des Sees ragenden Landzunge erbaut hatte. »Sieht mir so aus, als führen wir nach Osten, zum Wehr«, rief King. Er hoffte, dass die Handy-Verbindung zu Michelle noch stand. Wenn nicht, konnte er den Anruf nicht entgegennehmen, falls Michelle ihn zurückzurufen versuchte, und außerdem hätte ihn das Klingeln sowieso verraten.
»Östlich zum Wehr?«, rief er noch lauter.
»Sie kennen den See, das muss ich Ihnen lassen«, lobte Eddie.
»Ich weiß, warum Sie alle diese Menschen ermordet haben, Eddie.«
»Nein, das wissen Sie nicht.«
»Ich habe mir auf alles einen Reim gemacht. Tyler, Canney, Junior, Sally. Und nur zur Ablenkung Diane Hinson und Janice Pembroke. Es gab da eine Minute Abweichung, nicht wahr? Einen Tick Abweichung.«
»Einen Scheiß wissen Sie.«
»Ihr Vater war ein schrecklicher Mensch, Eddie. Mir ist klar, dass Sie von ihm zu diesen Taten getrieben worden sind. Seinetwegen haben Sie getötet, wegen all der schlimmen Dinge, die er Ihrer Mutter und Ihrem Bruder angetan hat.«
Eddie setzte King die Pistole an den Kopf. »Sie wissen einen Dreck, weshalb ich es getan habe.«
King biss sich auf die Lippen und versuchte die Nerven zu behalten, obwohl es ihm unter den gegebenen Umständen wahrlich nicht leicht fiel. »Na schön, dann erklären Sie mir die Gründe.«
»Was soll das denn jetzt? Ich bin ein Psycho, klar? Wenn ich nicht auf dem elektrischen Stuhl gebraten werde, locht man mich ein und wirft den Schlüssel weg. Soll mir doch jemand in meiner Zelle im Schlaf den Bauch aufschlitzen. Dann kann endlich jeder aufatmen. Kein Eddie mehr. Was für eine Erleichterung. Kein Eddie mehr, und die Welt dreht sich weiter wie zuvor.« Er musterte King und grinste. »Wenn Sie tot sind, werden bestimmt viele Leute um Sie trauern. Ich habe niemanden.«
»Und Dorothea?«
»Na gut, von mir aus.«
»Auch Remmy würde um Sie trauern.«
»Glauben Sie?«
»Sie nicht?«
Eddie schüttelte den Kopf. »Lassen Sie uns das nicht vertiefen.«
»Erklären Sie mir die Sache mit Steve Canney.«
»Was gibt’s da viel zu reden?«
»Sie sind ein Mann mit Ehrgefühl, Eddie. Sie hätten vor hundertfünfzig Jahren leben sollen. Also gewähren Sie einem Todgeweihten seinen letzten Wunsch. Reden Sie ein bisschen mit mir.«
Wieder lächelte Eddie. »Na schön, was soll’s. Ich war gerade vom College nach Hause gekommen. Meine Eltern waren außer Haus. Savannah war erst zwei Jahre alt, aber Vater war sie damals schon leid. Ich wusste, dass der Lump es wieder mit anderen Frauen trieb. Ich bin ihm gefolgt und habe ihn zusammen mit Canneys Ehefrau gesehen. Nachdem sie ihren Sohn geboren hatte, bin ich in die Klinik eingebrochen und hab mir die Unterlagen über die Blutgruppen angesehen. Roger Canney war nicht der Erzeuger. Aber ich kannte den Vater genau.«
»Ist Savannah denn Bobbys und Remmys Kind?«
»O ja. Ich glaube, Vater befürchtete, dass Remmy sich diesmal wirklich von ihm scheiden ließe. Da wurde sie ganz plötzlich schwanger. Man müsste Remmy mal fragen, ob die Zeugung einvernehmlich stattfand oder nicht.«
»Warum haben sie nicht einfach die Scheidung eingereicht?«
»Bobby Battle, von seiner Frau verlassen? So was konnte einer wie er unmöglich dulden. Er hätte es als Versagen empfunden. Und der große Bobby Battle kannte kein Scheitern. Niemals.«
»Remmy hätte auch gegen seinen Willen die Scheidung betreiben können.«
»Vermutlich wollte sie es nicht.«
King überlegte sich gründlich, ob er die nächste Frage wirklich stellen sollte. Schließlich sagte er sich, dass sich ihm vielleicht nur diese eine Gelegenheit bot. Zudem musste er berücksichtigen, dass Sylvia und er umso länger am Leben blieben, je länger er Eddie zum Sprechen brachte. Vielleicht gelang es ihm ja noch, Eddie zu überreden, sie am Leben zu lassen. »Warum haben Sie den Jungen nicht getötet, Eddie? Den kleinen Tommy Robinson.«
»Weil ich mir sagte, dass der Junge mir die Sache leichter macht, wenn er den Verdacht auf seinen Alten lenkt.«
»Da konnten Sie doch gar nicht sicher sein.«
»Ich sah keinen Grund, den Jungen zu töten. Na und? Werde ich zum Vorbild aller Pfadfinder, bloß weil ich darauf verzichtet habe, irgendeinen Scheißbengel abzumurksen? Sie haben doch gesehen, was ich mit Sally angestellt habe. Und sie hatte mir nie was getan. Trotzdem hab ich ihr das Gesicht bis auf die Knochen zertrümmert.« Eddie senkte den Blick und zog den Gashebel zurück.
Das Gewitter wurde von Minute zu Minute heftiger, und selbst das Formula FasTech hatte nun Schwierigkeiten, die immer höheren Wellen zu durchpflügen. Formula baute einige der besten Motorboote der Welt, sodass King Grund zu der Hoffnung sah, dass die Glasfaser der Beanspruchung durch die tosenden Fluten widerstand. Doch von der Einäscherung trennte sie nur ein Blitzschlag, der den Treibstofftank entzünden konnte.
»Und Junior?«
»Wegen Junior habe ich mich echt beschissen gefühlt. Diese bescheuerte Sally… Warum hat sie keine Aussage gemacht? Mann, ich fand Junior sympathisch.«
»Er war dagegen, dass sie die Wahrheit sagte. Er wollte ihre Gefühle nicht verletzen.«
»Sehen Sie, da haben wir’s. Es ist immer besser, bei der Wahrheit zu bleiben. Hätte sie sich daran gehalten, wären beide noch am Leben.« Eddie bewegte den Kopf hin und her, um die kräftigen Halsmuskeln zu lockern. »Sie haben auch schon Menschen getötet, Sean.«
»Nur wenn sie mich umbringen wollten.«
»Ich weiß. Ich wollte uns keineswegs in einen Topf werfen. Was haben Sie empfunden, unmittelbar bevor die Leute starben?«
Zuerst dachte King, Eddie redete leichtfertig daher, doch als er bemerkte, wie fest er den Blick in die Finsternis gerichtet hielt, verstand er plötzlich genau, wohin die Frage tatsächlich ging.
»Ich hatte das Gefühl, mit ihnen würde auch ein Teil von mir sterben.«
»Was das angeht, besteht zwischen uns beiden wohl ein großer Unterschied.«
»Sie hatten Vergnügen am Töten?«
»Nein. Ich will damit sagen, ich war schon tot, bevor ich mit dem Töten anfing.« Eddie spannte die Arme und schüttelte den Kopf, als wollte er trübe Gedanken verscheuchen. »Ich war nicht immer so wie heute. Ich habe keinem Menschen etwas Böses getan. Ich habe nicht zu denen gehört, die schon von Kindesbeinen an Tiere quälen und später ihren Hang zur Grausamkeit an Menschen austoben. Nie habe ich solchen Scheiß getrieben wie den, worüber Chip Bailey sich lang und breit ausgelassen hat.«
»Für einen gewöhnlichen Serienmörder habe ich Sie nie gehalten.«
»Wirklich nicht?« Eddie lächelte. »Ich hätte gern in der NFL gespielt. Gut genug war ich. Am College bin ich ein verdammt guter Spieler gewesen. Ich hätte Profi werden können. Na ja – vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich war bärenstark, flink wie ein Windhund, und ich hasste das Verlieren. Mann, das Verlieren hat mich angekotzt! Aber es kam nicht zur Profikarriere. Das war mir vom Schicksal nicht bestimmt. Sie haben Recht. Ich bin zu spät geboren. Ich hätte besser ins neunzehnte Jahrhundert gepasst. Heutzutage bin ich nur ein auswegloser Sonderling.«
»Wann haben Sie die Wahrheit über Ihren Bruder herausgefunden?«
Eddies Blick maß King; dann schaute er zum Heck, wo Sylvia sich inzwischen wieder auf den Sitz gekauert hatte. »Warum fragen Sie danach?«, erkundigte er sich und richtete den Blick erneut auf King.
»Weil ich glaube, dass damit alles angefangen hat.«
»Ach? Sie bilden sich ein, nun komme ich Ihnen mit meinem großen Rechtfertigungsmonolog?«
»In Ihrer Lage würden die meisten Menschen darum flehen, sich rechtfertigen zu dürfen, sich zu verteidigen, eine Erklärung zu geben…«
»Ich bin anders als die meisten Menschen.«
»Wann haben Sie von der Syphilis erfahren?«
Eddie zog den Gashebel nochmals ein wenig zurück, und das FasTech verlangsamte auf dreißig Knoten, eine immer noch beachtliche Geschwindigkeit; zumindest blieben die Antriebsschrauben nach wie vor unter Wasser.
»Als ich neunzehn war«, antwortete Eddie leise und blickte wieder über den Bug in die Ferne, als stellte er über den Daumen gepeilte Berechnungen an. »Meine Eltern wussten nicht, dass ich alles herausgefunden hatte. Was die Todesursache angeht, haben sie mir nichts als Lügen aufgetischt. Aber ich kannte die Wahrheit. O ja, ich wusste über alles Bescheid. So einen Scheiß konnte mir keiner einreden.«
»Das war kurz vor dieser Entführungsgeschichte.«
Eddie lächelte. »Ich kann selbst nicht glauben, dass ich die Sache so viele Jahre lang geheim halten konnte. Vermutlich war Chip Bailey schwer überrascht.«
»Um es mild auszudrücken.« King schaute sich nach Sylvia um, doch sie blickte nur über das dunkle Wasser und zuckte bei jedem Blitz- und Donnerschlag zusammen. Der Seegang war so rau, dass King spürte, wie sein Abendessen zurück an die frische Luft wollte. Verbissen kämpfte er den Brechreiz nieder. »Haben Sie Ihren Vater jemals zur Rede gestellt?«
»Wie hätte jemand ihn zur Rede stellen dürfen? Er war doch der unvergleichliche Bobby Battle! Der Schweinehund war immer im Recht. Er konnte nicht mal dazu stehen, was er seinem eigenen Sohn angetan hatte. Und er machte sich an jede Nutte ran, die ihm über den Weg lief, schleppte zu Hause die Scheißkrankheit ein, die Bobby das Leben gekostet hat, und scherte sich um alles einen Dreck. Aber das hat mich nicht überrascht. Sein eigen Fleisch und Blut hat er auf dem Gewissen, und es hat ihn einen Scheiß gekümmert. Gehirnerweichung, Augen kaputt, Zahnfäule… Im letzten Lebensjahr hatte Bobby ständig Schmerzen, und ›ständig‹ können Sie wörtlich nehmen. Mir kam es vor, als hätte jemand mit Terpentin über ein wunderschönes Gemälde gewischt. Ich wusste, das ist noch Bobby, aber ich erkannte ihn nicht mehr.« Hektisch zwinkerten Eddies Lider. »O Mann, Tag für Tag musste ich mit ansehen, wie er verfiel. Als er richtig schwer krank war, sagte ich: Geht mit ihm zum Arzt. Verdammt noch mal, helft Bobby, so helft ihm doch. Aber sie taten nichts. Ich sei unreif, hieß es, ich könne das nicht verstehen. Aber ich hab gesehen, was los war, Mann, und dann hab ich alles genau durchschaut – bloß zu spät für Bobby.«
»Wie ich hörte, war Ihr Bruder trotz der Schmerzen, die er ertragen musste, ein wunderbarer Mensch.«
Plötzlich strahlte Eddie. »Sie hätten ihn erleben sollen, Sean. Ein richtig feiner Kerl. Er hatte alle Vorzüge, die mir fehlen. Ehe sein Verstand den Bach runterging, war er blitzgescheit. Hat mir alles Mögliche beigebracht, hat mir geholfen und sich meiner angenommen. Er war eben mein großer Bruder. Es gab nichts, das wir nicht füreinander getan hätten. Was für eine tolle Zeit wir hatten…« King sah Tränen über Eddies Wangen rinnen und sich mit dem Regen vermischen. »Doch seine Krankheit wurde schlimmer. Irgendwann ist Mutter endlich mit ihm zu einem Facharzt gegangen. Sie hat mir aber nie erzählt, was der Mann gesagt hat. Jedenfalls wurde es immer noch schlimmer mit Bobby. Vier Tage nach unserem achtzehnten Geburtstag ist er gestorben. Vater war auf Geschäftsreise. Mutter hat das Sterbezimmer nicht betreten. Ich habe Bobby in den Armen gehalten, hab ihn an mich gedrückt, bis er starb, und noch danach wollte ich ihn nicht loslassen… Ich hab ihn festgehalten, bis man mich von ihm losgerissen hat.« Eddie schwieg einen Moment. »Bobby war der einzige Freund, den ich je hatte. Er war der einzige Mensch, von dem ich weiß, er hatte mich wirklich gern.«
»Sie sagten, das Verhalten Ihres Vaters wäre keine Überraschung für Sie gewesen«, sagte King. »Hat er denn noch mehr… solche Dinge getan?«
»Sie wollen wissen, warum ich nicht überrascht war? Sie wollen es wirklich wissen?«
Jetzt wirkte Eddie wie ein kleiner Junge, den es drängte, unbedingt ein lange gehütetes Geheimnis weiterzugeben.
»Ja.«
»Dass meine Mutter, meine liebe, stahlharte Mama, keinen Finger gerührt hat, um ihrem Sohn das Leben zu retten, ihrem eigenen Sohn, verdammt noch mal… Können Sie mir so was erklären?«
»Nein, Eddie. Ich verstehe es nicht.«
Eddie nahm einen tiefen Atemzug. »Ich auch nicht.« Er verringerte weiter das Tempo. »So, wir sind da.« Während das Boot langsamer wurde, blickte King sich erneut um, um festzustellen, wo sie sich befanden. Es war stockdunkel, und er hatte die Orientierung verloren, doch irgendetwas an der Umgebung kam ihm bekannt vor.
Aus einem wasserdichten Beutel holte Eddie ein Messer und richtete die Spitze auf King, der erschrocken zurückzuckte.
»Eddie, das wollen Sie doch nicht wirklich. Wir… wir können Ihnen Hilfe vermitteln.«
»Für mich gibt’s keine Hilfe mehr, Sean, aber vielen Dank für das Angebot.«
»Bitte, Eddie, tun Sie es nicht«, rief Sylvia vom Heck.
Eddie sah sie an, grinste plötzlich und winkte sie zu sich. Als sie sich nicht von der Stelle rührte, zückte er von neuem die Pistole. »Die nächste Kugel kriegen Sie direkt in den Kopf, Doc. Also kommen Sie schon.«
Sylvia zitterte vor Furcht, als sie zu ihm humpelte. Eddie durchtrennte die Angelschnüre, mit denen er sie gefesselt hatte, schob sie die Stiege hinunter in die vordere Kabine und schloss hinter ihr die Tür. Dann setzte er die Klinge an Kings Fußfesseln und schnitt auch sie durch.
»Zum Heck mit Ihnen, Sean.« Um seiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen, drückte Eddie ihm die Pistolenmündung in den Rücken.
»Was soll das werden, Eddie?«
»Der Kreis schließt sich, Mann. Steigen Sie aufs Schanzdeck und drehen Sie sich um.«
»Wollen Sie mich auf Deck erschießen, oder wenn ich im Wasser schwimme?«
Zur Antwort nahm Eddie das Messer, durchtrennte auch Kings Handfesseln und befreite ihn vollends. Argwöhnisch forschte King in Eddies Gesicht.
»Ich kapier das nicht, Eddie.«
»Es ist ganz einfach. Sie sterben.« Unversehens stieß Eddie mit dem Unterarm gegen Kings Brust. Rücklings fiel King vom Schanzdeck und stürzte kopfüber ins Wasser.
Eddie sprang zurück ins Cockpit und drückte den Gashebel nach vorn. Das Boot nahm wieder schnellere Fahrt auf, ehe King die Chance hatte, sich Halt zu verschaffen.
Als er auftauchte, sah er, dass das FasTech eine Kurve drehte und auf ihn zuraste.
King warf sich herum und schwamm davon. Warum hatte der Mistkerl ihn nicht erschossen? Weshalb wollte er ihn mit dem Boot überfahren? Während das Schnellboot herangerast kam, glaubte King schon zu spüren, wie die scharfen Schrauben sein Fleisch zerfetzten, glaubte zu sehen, wie das Wasser sich von seinem Blut rot färbte.
Im letzten Moment drehte das Boot bei und jagte an ihm vorbei. »Danke, dass Sie sich nach meinem Bruder erkundigt haben, Sean«, rief Eddie ihm zu. »Es hat Ihnen gerade das Leben gerettet. Schönen Tag noch!«
Das Boot brauste davon und verschwand in der Finsternis.
»Sylvia!«, rief King. »Sylvia!« Doch es hatte keinen Zweck. Er trat Wasser, blickte in die Runde und erkannte, weshalb die Umgebung ihm bekannt vorkam: Am Ufer war seine Anlegestelle zu erkennen. Er befand sich in der eigenen Bucht. Und da ruhte sein Motorboot in der Schlipp.
Doch das FasTech war längst außer Sichtweite. Wie sollte er Eddie noch rechtzeitig finden?
Plötzlich kam ihm eine Bemerkung Eddies in den Sinn. Der Kreis schließt sich.
Mit aller Kraft schwamm King auf den Anlegeplatz zu.