Zwölf
Immer noch nichts?«, fragte David,
als Laurel ihn Samstagnachmittag anrief. Bis zu dem Fest waren es
nur noch ein paar Stunden.
»Nichts. Ich war jetzt drei Tage hintereinander in
der Bibliothek und habe absolut nichts gefunden.«
»Nicht den kleinsten Hinweis?«
»Wenn man unbedingt will, kann man natürlich
überall was reingeheimnissen, aber Beschreibungen gibt es nicht.«
Sie senkte die Stimme. »Von Elfen, die mir ähnlich sein
könnten.«
»Und was ist mit Shakespeare? Mit dem
Sommernachtstraum?«
»Tatsächlich kommt das der Sache noch am nächsten.
Aber auch die haben Flügel und kommen sehr magisch rüber. Um nicht
zu sagen, schelmisch bis bösartig. So bin ich doch nicht,
oder?«
David lachte. »Nein, bist du nicht.« Er schwieg und
sagte dann: »Vielleicht stimmen die Geschichten nicht.«
»Alle?«
»Wie wahr sind Legenden?«
»Keine Ahnung. Ich dachte nur, dass es irgendwo
dokumentiert sein müsste, wenn es wahr wäre.«
»Dann suchen wir eben weiter. Was anderes: Bist du
bereit für heute Abend?«
»Selbstverständlich.«
»Ich hole dich um acht ab, ja?«
»Dann mache ich mich bis dahin fertig.«
Einige Stunden später kam David mit einer
Schachtel, in der wahrscheinlich die »Flügel« steckten. Laurel
öffnete ihm in ihrem blauen Kleid die Tür. Sie hatte einen Schal
locker um ihre Schultern geschwungen.
»Wow«, sagte David. »Du siehst toll aus.«
Laurel sah an sich hinunter und wünschte fast, sie
hätte etwas weniger Auffälliges angezogen; dieses Kleid würde alle
Blicke auf sich ziehen. Es war aus schimmerndem hellblauen Satin,
silbern bestickt und diagonal geschnitten, sodass es perfekt über
all ihre Kurven glitt. Das Dekolleté war herzförmig ausgeschnitten,
der Rücken frei. Das Kleid lief in einen runden Ausschnitt an ihrer
Taille aus, unter dem sich die silberne Stickerei fortsetzte. Eine
winzige Schleppe gab ihm den letzten Schliff.
David trug eine schwarze Hose und dazu eine
Smokingjacke inklusive Schöße. Um die Taille hatte er einen
rotseidenen Kummerbund geschlungen und tatsächlich noch eine
Krawatte gefunden. Aus der Brusttasche lugten weiße Handschuhe und
– Chelsea würde nach ihrer ewigen Neckerei stolz auf sich sein – er
hatte die Haare gegelt.
»Als was bist du verkleidet?«, fragte Laurel
anerkennend.
David wurde rot. »Als Märchenprinz?« Er zuckte mit
den Schultern, als Laurel lachte. »Ich dachte, so könnten wir beide
als Märchengestalten gehen.«
»Meine Mom weiß, dass du kommst«, flüsterte Laurel
und schob David schnell die Treppe hoch. »Wahrscheinlich ist es
aber besser, wenn wir mit mir fertig sind, bevor sie merkt, dass du
da bist. Sonst besteht sie noch darauf, dass wir die Tür
auflassen.«
»Kein Problem.«
Sie zerrte ihn in ihr Zimmer und schloss nach einem
letzten vorsichtigen Blick die Tür. Laurel löste den Knoten an
ihrem weißen Schal, damit ihre Blüte sich frei entfalten konnte.
Sie half den Blütenblättern in ihre aufrechte Position, denn in den
letzten Tagen hatten sie sich ein wenig schlaff angefühlt und
standen nicht so hoch wie sonst. Als sie hörte, wie David scharf
die Luft einsog, drehte sie sich um.
»Was?«
»Sie sind so schön – und mit diesem Kleid ganz
besonders. Ich staune jedes Mal von Neuem.«
»Ja, klar«, erwiderte Laurel genervt. »Solange du
sie nicht mit dir rumträgst.«
Sie brauchten nur zwei Minuten, bis David die
Girlande unten um die Blüte und oben um ihre Schultern geschlungen
hatte. Laurel drehte sich zu dem neuen Spiegel um, der innen an
ihrer Tür hing, und lachte.
»David, du bist ein Genie. Es sieht aus wie ein
Kostüm.«
David stellte sich neben sie und lächelte ihr
Spiegelbild
an. »Ich bin noch nicht fertig.« Er kramte in der Schachtel,
zeigte auf den Stuhl und sagte: »Setz dich hin. Und mach die Augen
zu.«
So langsam machte ihr die Sache Spaß. Sie spürte
seine Hände auf ihrem Gesicht und dann etwas Kaltes auf ihren
Lidern und Wangen. »Was machst du denn da?«
»Frag nicht und lass die Augen zu.«
Dann hörte sie, wie er etwas schüttelte, und ein
kühler Nebel fiel über ihre langen Haare. »Gleich«, sagte er. Als
sie seinen warmen Atem spürte, fühlten sich die noch feuchten
Stellen auf ihren Lidern noch kälter an, aber er wärmte ihr übriges
Gesicht. »So, jetzt bist du fertig«, sagte er.
Sie öffnete die Augen und stellte sich vor den
Spiegel. Sie schnappte nach Luft und lachte, während sie erst die
eine Seite des Gesichts betrachtete, dann die andere, sodass das
erlöschende Sonnenlicht auf den Glitzer fiel, der ihre
Wangenknochen und Lider bedeckte. Auch ihr Haar war voll mit
Glitzer, der funkelnd auf ihr Kleid abfärbte, als sie den Kopf
schüttelte. Sie erkannte sich kaum wieder bei all dem Glitzer und
Glimmer auf ihrem Gesicht und dem Rauschgold um ihre
Schultern.
»Jetzt siehst du aus wie eine Elfe«, sagte David
beifällig.
Laurel seufzte. »Ich fühle mich wie eine Elfe. Ich
hätte nie gedacht, dass ich das jemals sagen würde.« Sie wandte
sich David zu. »Du bist wunderbar.«
»Nichts da«, erwiderte er mit schiefem Grinsen.
»Wir haben wissenschaftlich bewiesen – dass du das Wunder bist.« Er
strich sich durch sein glänzendes Haar. »Ich hingegen bin nur ein
Mensch.«
Lächelnd drückte Laurel seine Hand. »Aber dafür der
beste Mensch von allen.«
»Apropos Menschen«, sagte er und zeigte auf die
Tür. »Wir sollten es deinen Eltern zeigen. Meine Mom holt uns in
zehn Minuten ab.«
Sofort kehrte die Spannung vor diesem Abend wieder
zurück. »Und du glaubst nicht, dass meine Mom das Ganze direkt
durchschaut?«, fragte sie.
»Sie wird nicht den geringsten Verdacht schöpfen«,
sagte David. »Todsicher.« Er fasste ihre beiden Hände. »Bist du
bereit?«
Das konnte man nicht behaupten, doch sie nickte
steif.
David öffnete die Tür und bot ihr schwungvoll
seinen Arm. »Können wir?«
Laurels Mutter sah sie die Treppe hinunterkommen.
»Da seid ihr ja«, sagte sie und zückte die Kamera. »Ich dachte
schon, ihr schleicht euch heimlich raus.« Lächelnd musterte sie
Laurel. »Du siehst wunderschön aus«, sagte sie. »Und du bist auch
sehr stattlich«, wandte sie sich an David.
»Wo ist Dad?«, fragte Laurel und ließ den Blick
durchs Wohnzimmer schweifen.
»Er muss heute Abend länger arbeiten. Dafür habe
ich ihm tonnenweise Fotos versprochen. Also, bitte lächeln!«
Sie schoss mindestens fünfzig Fotos, bis Davids
Mutter endlich hupte.
Als Laurel David hinter sich herzog, rief ihre
Mutter ihnen noch nach, sie sollten sich gut amüsieren. Davids
Mutter machte ihrerseits ein großes Gewese, aber da sie David
bereits fotografiert hatte, kamen sie mit fünf, sechs zusätzlichen
Fotos von ihnen beiden davon.
Als es endlich losging, hätte Laurel beinahe einen
Rückzieher gemacht. »Das erregt viel zu viel Aufmerksamkeit«,
flüsterte sie David auf dem Rücksitz ins Ohr. »Irgendwer findet es
bestimmt heraus.« David lachte. »Keiner findet irgendwas heraus«,
versicherte er ihr. »Versprochen.«
»Wehe, du irrst dich«, murmelte Laurel, als sie auf
den Schulparkplatz fuhren.
»Wie du aussiehst!«, quiekte Chelsea, als Laurel
mit David in die geschmückte Turnhalle trat. »David hatte gesagt,
die Flügel würden irre aussehen, aber ich hatte ja keine Ahnung,
dass es so schön würde.« Sie drehte Laurel einmal im Kreis.
»Eigentlich sieht es ja mehr wie eine Blume aus, findest du
nicht?«
»Blumenflügel, würde ich sagen«, meinte Laurel
nervös.
Aber Chelsea zuckte nur mit den Achseln. »Einfach
fantastisch. David, du bist ein Genie«, sagte sie und berührte
seine Schulter. Laurel unterdrückte ein Grinsen. David würde an
diesem Abend das meiste Lob für ihre Blume absahnen, aber das
passte ihr gut. Vor allem
wenn sonst alle erfahren würden, dass diese Blume an ihr
festgewachsen war!
Als Chelsea an ihrer Schulter schnüffelte,
versteifte Laurel sich wieder. »Wow«, sagte Chelsea und schnüffelte
ungerührt weiter.
»Was hast du da drauf gesprüht? Dafür würde ich ein
Vermögen bezahlen.«
Laurel war erst um eine Antwort verlegen, sagte
aber dann: »Ach, das ist nur das alte Parfüm, das ich immer schon
nehme. Ich weiß nicht mal mehr, wie es heißt.«
»Falls du es irgendwann nicht mehr haben willst,
gib es mir. Mmmmm.«
Laurel lächelte und schaute David bedeutungsvoll
an, während sie den Kopf in die entgegengesetzte Ecke der Turnhalle
neigte. Weg von Chelseas Nase.
»Wir holen uns was zu trinken«, sagte David und
nahm Laurels Hand. Ryan kam auf sie zu und lenkte Chelsea zu sehr
ab, als dass sie ihnen hätte folgen wollen.
Laurel ließ ihre Hand in Davids Hand. Er hatte
nicht direkt gesagt, dass dies ein Date war, aber auch nicht das
Gegenteil. Sie zog es vor, es als Date zu betrachten. Obwohl sie
zögerte, ihn als Freund zu bezeichnen, also so richtig, war sie
sich auch nicht ganz sicher, dass sie das nicht doch wollte. Was
sollte man sonst von einem Jungen wollen? Er war süß und geduldig,
schlau, sogar lustig, und er machte kein Geheimnis daraus, dass er
sie anbetete. Sie lächelte, während sie hinter ihm herging.
Bestimmt heizte es die Gerüchteküche an, wenn
sie Hand in Hand gingen, aber das war ihr egal. Alle machten Platz
für ihre »Flügel«. Leute, mit denen sie noch nie geredet hatte,
kamen auf sie zu und sagten ihr, wie toll sie das Kostüm fanden. Wo
immer sie hinschaute, wurde sie beobachtet. Aber heute machte sie
das nicht nervös. Sie wusste, was sie sahen – sie hatte es eben
noch selbst im Spiegel gesehen. Sie sah magisch aus, anders konnte
man das nicht sagen.
Gegen halb zwölf lief ein langsamer Song und David
bat sie um seinen ersten Tanz an diesem Abend. Er war am Rand
geblieben, hatte mit seinen Freunden geredet und ihr den ganzen
Abend zugesehen, wenn sie mit anderen tanzte.
»Jetzt sag mal«, fragte er, als er sie eng an sich
zog, »war es wirklich so schlimm?«
Sie lächelte zu ihm hoch und legte ihm die Arme um
den Hals. »Kein bisschen. Du hattest völlig recht.«
David lachte. »Womit?«
Sie lächelte weiter, aber ihr Ton war ernst. »Alle
können mich so sehen, wie ich bin, und keiner hat Angst oder flippt
aus. Keiner holt Männer in weißen Anzügen oder so was. Alle finden
es einfach nur cool.« Sie zögerte und fügte hinzu: »Ich finde es
auch irgendwie cool.«
»Es ist cool. Es ist großartig.« Er grinste. »Du
bist großartig.«
Laurel ließ den Blick auf seine Schulter sinken,
aber sie spürte ein warmes Kribbeln.
»Und wie ist es so als Elfe?«
»Gar nicht schlecht. Natürlich wäre es nicht immer
so.«
»Nein, aber wenn du dich schon mal ein wenig daran
gewöhnen kannst, könntest du ja bald darüber nachdenken, ob es
nicht doch stimmt.«
Laurel starrte ihn belustigt an. »Du
möchtest, dass es wahr ist!«
»Und wenn?«
»Warum?«
»Weil ich nur über dich dem Magischen
näherkomme.«
»Was meinst du damit? Du bist der
Märchenprinz.«
»Ja klar, aber eben nicht wirklich. Du dagegen?
Laurel, ich glaube, dass es stimmt. Und es ist großartig. Wer hat
schon eine Elfe als beste Freundin? Niemand!«
Laurel lächelte. »Bin ich wirklich deine beste
Freundin?«
Mit ernstem Blick schaute er auf sie hinab. »Im
Augenblick ja.«
Sie schmiegte sich noch enger an ihn und legte den
Kopf an seine Schulter, bis der Song zu Ende war. Dann umarmte sie
ihn und flüsterte ihm »danke« ins Ohr.
Er grinste und bot ihr theatralisch den Arm.
»Sollen wir?«
Er führte sie zu dem Tisch zurück, an dem die
meisten ihrer Freunde saßen. Laurel sank auf einen Stuhl. »Also,
ich bin ganz schön erledigt.«
David beugte sich zu ihrem Ohr. »Hast du was
anderes
erwartet? Die Sonne ist schon vor Stunden untergegangen. Alle
lieben Elfen sollten längst in ihren Blumenbettchen liegen.«
Laurel lachte, als ihr plötzlich jemand auf die
Schulter tippte. Ein älterer Junge, den sie aus der Schule kannte,
stand hinter ihr. »Hey, das ist abgefallen, als du von der
Tanzfläche gegangen bist. Ich dachte, ich gebe es dir schnell
zurück.« Er reichte ihr ein langes weißblaues Blütenblatt.
Laurel starrte David mit aufgerissenen Augen an.
Einen Augenblick später nahm David dem Jungen das Blatt ab. »Danke,
Mann.«
»Gerne. Woraus habt ihr die gemacht? Es fühlt sich
an wie ein echtes Blatt.«
»Geheimrezept«, erwiderte David.
»Also, echt super.«
»Danke.«
Der Junge mischte sich wieder unter die Menge und
David legte das Blatt auf den Tisch. Laurel war es komischerweise
peinlich, es dort liegen zu sehen, wo jeder es betrachten konnte.
»Ist es einfach ausgefallen?«, fragte David, der ganz nah an sie
herangerückt war. »Hast du was gemerkt?«
Laurel schüttelte den Kopf.
»Das kann dir keiner ausgerissen haben, ohne dass
du es gemerkt hättest, oder?«
Laurel erinnerte sich an den schrecklichen Schmerz,
als sie sich vor ein paar Wochen selbst ein Blatt hatte ausreißen
wollen. »Auf keinen Fall.«
»Laurel«, setzte David so leise an, dass sie ihn
kaum verstehen konnte. »Hat Tamani nicht gesagt, dass es so kommen
würde?«
Laurel nickte rasch. »Ich habe ihm nicht geglaubt,
ich konnte einfach nicht. Es war zu schön, um wahr zu sein.« Diese
Worte kamen wie automatisch aus ihrem Mund, aber ihre Gedanken
schweiften zu der offensichtlich damit zusammenhängenden Frage:
Wenn er damit recht hatte, stimmt es dann doch, dass ich eine
Elfe bin?
David sah einen Augenblick auf den Boden hinter
ihr, duckte sich und hob zwei weitere Blütenblätter auf. Er grinste
in die Gruppe und sagte: »Sieht so aus, als würde sich meine
Kreation auflösen.«
»Das macht nichts«, sagte Chelsea. »Das Fest ist
sowieso in zwei Minuten vorbei.« Sie lächelte Laurel an. »Es war
total super!«
»David, können wir schon mal auf deine Mom
warten?«, fragte Laurel verzweifelt.
»Klar, komm mit.«
Laurel sammelte hektisch alle Blütenblätter auf,
die auf dem Weg zum Ausgang runterfielen, während David sie durch
die Menge führte. Aber jedes Mal wenn jemand sie anstieß, fielen
mehr Blätter aus. Als sie es endlich durch die Flügeltür geschafft
hatten, hingen kaum noch Blätter an ihrem Rücken. Stattdessen hatte
sie die Arme voll davon. »Habe ich sie alle?«, fragte sie und
suchte den Boden ab.
»Ich glaube schon.«
Laurel seufzte und rieb sich das Gesicht. Ein
Glitzerregen fiel zu Boden. »Mist, das habe ich ganz
vergessen.«
David lachte und sah auf die Uhr. »Es ist
Mitternacht. Verlierst du gleich auch noch einen Schuh?«
Laurel verdrehte die Augen. »Total unlustig.«
David steckte die Hände in die Taschen und grinste
nur.
»Wie sieht das aus?«, fragte Laurel und drehte ihm
den Rücken zu.
»Kann ich nicht sagen, mit dem Rauschgold.«
»Gut.«
Sie sagte eine Weile nichts und betrachtete die
vielen Blütenblätter. Mit trockener Kehle fragte sie David: »Es
stimmt, nicht wahr?«
»Was?«
Sie zuckte schweigend die Achseln, zwang sich dann
aber doch zu sagen: »Ich bin wirklich eine Elfe, oder?«
David lächelte nur und nickte.
Aus irgendeinem Grund fühlte Laurel sich besser.
Sie kicherte. »Whoa.«
Als seine Mutter wenige Minuten später vorfuhr,
rutschten sie hinten durch. »Oh, die Flügel sind
auseinandergefallen«, sagte sie. »Gut, dass ich vorher schon Fotos
gemacht habe.«
Laurel drehte sich schweigend um und hob zwei
weitere Blütenblätter auf. Sie legte sie zu dem großen
Haufen.
Kurz darauf fuhren sie bei Laurel vor, und David
half
Laurel, die den Arm voller Blätter hatte, aus dem Auto. »Es sind
nur noch fünf übrig.« Er musterte ihren Rücken. »Die fallen
wahrscheinlich aus, wenn du schläfst.«
»Ha! Wenn sie es bis dahin schaffen.«
David sah sie an. »Bist du erleichtert?«
Laurel dachte darüber nach. »Schon irgendwie. Ich
bin froh dass ich nichts mehr verbergen muss, außer vielleicht der
Stelle, wo der Knubbel war. Ich freue mich darauf, wieder Tanktops
zu tragen. Aber …« Sie zögerte und sammelte sich. »Heute Nacht hat
sich etwas verändert, David. In den letzten Stunden hatte ich die
Blume gern. Ich mochte sie wirklich sehr. Sie fühlte sich besonders
und magisch an.« Sie lächelte. »Das war ein Geschenk von dir. Und
ich … ich bin echt froh.«
»Aber du weißt, dass sie nächstes Jahr wiederkommt.
Das hat Tamani gesagt, richtig?«
Sie runzelte die Stirn, als sie seinen Namen
hörte.
»Wir könnten eine Tradition draus machen. Du kommst
aus deinem Versteck und bist einmal im Jahr eine Elfe, die alle
sehen können.«
Sie nickte. Die Vorstellung gefiel ihr besser, als
sie es vor diesem Abend gedacht hätte. »Die anderen Mädchen werden
neidisch sein«, warnte sie ihn. »Die wollen dann auch alle, dass du
ihnen Flügel machst.«
»Dann muss ich ihnen wohl sagen, dass nur Laurel
Flügel von mir bekommt. Wenn sie wüssten, wie wahr das ist.«
»Und du glaubst nicht, dass irgendwer
dahinterkommt?«
»Könnte sein. Es gibt immer welche, die heimlich an
Märchen und Sagen glauben, oder zumindest teilweise. Das sind aber
Leute, die hinter die Oberfläche schauen und in dieser Welt Dinge
sehen, die wahrhaftig wunderbar sind.« Er hob die Schultern. »Aber
die sagen dann auch nichts, selbst wenn sie Bescheid wissen. Denn
wir anderen, die die Welt unter logischen und wissenschaftlichen
Gesichtspunkten betrachten, würden die Wahrheit nicht mal sehen,
wenn sie an der Tafel stände. Ich bin echt froh, dass du sie mir
brutal aufgedrängt hast – sonst hätte ich dich nie so gesehen, wie
du wirklich bist.«
»Ich bin einfach nur ich, David.«
»Und das ist das Schönste daran.«
Bevor sie etwas sagen konnte, beugte er sich vor
und küsste sie sanft auf die Stirn. Dann murmelte er »Gute Nacht«
und ging zum Wagen.