• Kapitel 26 •
Erik und Arne hoben Franziska vorsichtig vom Fuhrwerk. Sie war immer noch ohne Bewusstsein und lag schwer in Arnes Armen. Der Schwede brachte die Schwerkranke mit festen Schritten zu seinem Zelt, das am Rand des Lagerplatzes stand.
Magdalena blickte ihnen hinterher und half dann ihrem Vater, vom Wagen zu steigen. Besorgt schaute sie zu Benjamin, als Erik ihre Gedanken zu ahnen schien und ihr anbot: »Bring deinen Vater zu Arne. Ich kümmere mich um den Kleinen.«
Das Mädchen nickte Gustavsson dankend zu und hakte sich bei ihrem Vater unter, da er unsicher auf den Beinen stand. Sie führte ihn langsam über den aufgeweichten Platz und merkte dabei nicht, dass die Menschen im Lager sie neugierig betrachteten.
Arne schien Magdalena und ihren Vater zu erwarten, denn kaum waren sie bei dem Zelt angekommen, rief er: »Kommt herein!«
Magdalena schob den Vorhang zur Seite und sah ihre Mutter auf einer Bettstatt liegen. Langsam führte sie ihren Vater, der heftig schnaufte, ins Zelt. Arne sah ihn besorgt an und zeigte auf einen Schemel, der neben dem Bett stand.
»Setz dich, guter Mann. Wie lautet dein Name?«, fragte er freundlich.
»Johann«, krächzte Magdalenas Vater und sah den Fremden misstrauisch an. Dann ließ er sich stöhnend auf dem Hocker nieder. Arne stellte sich ebenfalls mit Namen vor, während er die Wunde am Hals sorgfältig untersuchte. Johann nickte mit ablehnendem Blick. Als Arne mit den Fingerkuppen auf eine Stelle seines Halses drückte, stöhnte Johann schmerzerfüllt auf und stieß ihn zur Seite.
»Ich muss den Eiter aus der Wunde drücken, damit die Umschläge wirken können«, erklärte Arne und drückte erneut zu. Als kein Sekret mehr aus der Wunde lief, ging er zu einer Kiste, in der sich allerlei Flaschen, Tiegel und Töpfe befanden, und holte ein Säckchen heraus. »Ich werde dir einen Umschlag mit Schafgarbe machen. Wenn die heilenden Stoffe der Pflanze lang genug in die Wunde eingezogen sind, werde ich sie zusätzlich mit Ringelblumensalbe behandeln. Auch sie wirkt heilend und hält zudem die Wunde geschmeidig.«
Johann nickte widerstrebend.
Arne spürte die Abneigung des Mannes, was er sich aber nicht anmerken ließ. Er blickte zu Magdalena, die sein Tun aufmerksam beobachtete, nahm das Säckchen mit dem Kraut und erklärte: »Die Schafgarbe muss aufgekocht werden, damit ich sie in ein Tuch packen und deinem Vater als Wickel um den Hals legen kann. Außerdem muss ich dringend meinen Leuten den Bärlauch verabreichen, damit sie ihre Würmer loswerden. Es wird eine Weile dauern, bis ich wieder zurückkomme. In der Zwischenzeit solltest du deiner Mutter die nassen Sachen ausziehen. Ich lasse dir Schnee bringen, mit dem du ihren Körper abreiben kannst. Dadurch sollten Kälte und Fieber gedrückt werden.«
Als Arne das Zelt verlassen wollte, rief Magdalena hastig: »Was ist mit Vater?«
»Was soll mit ihm sein?«
»Er kann nicht hierbleiben, wenn ich Mutter entkleide«, erklärte sie und senkte den Blick.
Magdalena glaubte ein Schmunzeln in Arnes Blick zu erkennen, und sofort überzog eine tiefe Röte ihre Wangen. Da Arne das Mädchen aber nicht noch mehr in Verlegenheit bringen wollte, half er ihrem Vater aufzustehen.
»Komm, guter Mann!«, sagte er. »Wir werden nachsehen, ob Erik ein Wässerchen hat, das deine Wunden auch von innen heilt.«
Erleichtert, dass beide Männer fort waren, begann Magdalena ihre Mutter zu entkleiden. Da Franziska vor sich hin dämmerte, kostete es das Mädchen viel Kraft, den klammen Umhang sowie das Kleid vom Körper der Kranken zu ziehen. Sie war nass geschwitzt, als ihre Mutter entblößt vor ihr lag. Eine feine Gänsehaut überzog Franziskas Körper. Das Mädchen deckte sie mit dem Fell zu, das am Fußende des Bettes lag.
Keuchend vor Anstrengung stand Magdalena da und öffnete die Kordel ihrer Bluse, um sich den Schweiß von der Brust zu tupfen, als jemand vor dem Zelt rief: »Var hälsad!«
»Wer ist da?«, fragte sie erschrocken, woraufhin ein Junge erschien, der einige Jahre älter als Benjamin schien. Er stellte einen Trog mit Schnee vor ihre Füße und sagte grinsend: »Från Arne!« Dann verschwand er wieder.
Magdalena tauchte seufzend die Hand in den Schnee und wischte sich mit den kühlen, nassen Fingern über ihr erhitztes Gesicht. Dann ging sie zu ihrer Mutter, zog die Felldecke fort und warnte: »Es wird kalt werden.« Vorsichtig legte sie einige Hände voll Schnee auf Wangen, Hals, Brust und den Rumpf. Als der kalte Schnee Franziskas Haut berührte, glaubte Magdalena ein leichtes Zucken bei ihrer Mutter zu erkennen. Das Mädchen wartete einen Augenblick und verrieb dann den weißen Matsch, bis er zu Wasser schmolz.
Immer wieder packte das Mädchen Schnee auf seine Mutter und ertappte sich, dass es dabei unbewusst nach dem Mal Ausschau hielt, das Franziska angeblich als Hexe ausweisen sollte. Erschrocken über ihr Trachten, blickte Magdalena schuldbewusst ihre Mutter an, deren Augen geschlossen waren und die weiter im Dämmerschlaf lag.
Magdalena tupfte das Wasser vom Körper der Mutter und trocknete die Unterlage. Danach bedeckte sie sie mit dem Fell, als Schritte zu hören waren und Arne vor dem Eingang rief:
»Kann ich hereinkommen?«
Kaum bejahte das Mädchen seine Frage, betrat der Schwede das Zelt.
»Wo ist mein Vater?«, fragte Magdalena.
»Ich habe seine Wunden versorgt, und jetzt sitzt er bei Erik am Feuer.«
»Und Benjamin?«
»Er spielt mit unseren Kindern.«
Magdalena runzelte ungläubig die Stirn. »Mein Bruder versteht eure Sprache nicht. Wie will er sich mit den Kindern unterhalten?«
»Da ein Großteil unseres Nachwuchses hier in eurem Reich geboren wurde, sprechen viele unserer Kinder auch eure Sprache. Und das ist auch das Großartige an Kindern: Sie haben keine Schwierigkeiten, sich untereinander zu verständigen, selbst wenn sie die Sprache des anderen nicht verstehen. Kinder kommen ohne viele Worte miteinander zurecht. Im Gegensatz zu den Erwachsenen.«
Magdalena schaute Arne nachdenklich an, als er sagte: »Du trägst eine sehr schöne Kette.«
Hastig zog sie an den Kordeln ihres Ausschnitts, sodass er sich schloss und der Stoff die Kette verbarg.
Ob dieses Schmuckstück von einem Bräutigam oder gar von ihrem Ehemann stammt?, schoss es Arne durch den Kopf, und er spürte Widerwillen bei diesen Gedanken. Um sich abzulenken, ging er zu Franziska und befühlte ihre Stirn, die immer noch heiß war. »Ich hatte gehofft, dass die Kälte des Schnees das Fieber senken würde, aber es hat anscheinend nichts genützt.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Magdalena besorgt.
»Wäre deine Mutter wach, könnte ich ihr einen Saft aus Weidenrinde einflößen, der das Fieber sinken lässt. Auch Kreuzblumensud kann ich ihr nicht verabreichen, damit sich der Schleim von ihrer Lunge löst. Es ist zum Verrücktwerden«, schimpfte er und fragte: »Hast du noch Fichtenzweige?«
Magdalena schüttelte den Kopf. »Ich habe die meisten fallen gelassen.«
Arne nickte. »Ich habe sie auf dem Boden im Wald gesehen, wo wir dich getroffen haben. Du warst unterwegs gewesen, um für deine Mutter junge Fichtennadeln zu suchen. Deshalb warst du nicht bei deiner Familie, als die Soldateska sie überfiel. Habe ich recht?«, fragte er.
Magdalena konnte nur nicken, denn ein Kloß im Hals hinderte sie am Sprechen. Als sie sich gefangen hatte, wisperte sie: »Gibt es kein anderes Kraut, das meiner Mutter das Atmen erleichtern kann?«
Arne überlegte, und ein schwaches Lächeln zuckte über sein Gesicht. Ohne eine Erklärung ging er zu der Kiste und durchsuchte sie, bis er mit lachenden Augen eine kleine Flasche hervorzog.
»Mejram«, triumphierte er, doch Magdalena schaute fragend.
»Ich weiß nicht, wie dieses Kraut in eurer Sprache heißt«, überlegte er und streckte den Kopf zum Eingang hinaus.
»Vad heter mejram påtyska?«
Magdalena hörte Gustavsson lachen und rufen: »Manche nennen es Majoran, andere sagen Wurstkraut dazu!«
Arne blickte Magdalena grinsend an und erklärte: »Es heißt in eurem Land Wurstkraut.« Dann zeigte er ihr die kleine Flasche.
»Der Sud aus der Pflanze hilft gegen viele Krankheiten. Meistens wird er bei Bauchgrimmen oder Magenschmerzen benutzt. Deshalb ist mir nicht sofort eingefallen, dass das Öl, eingerieben in die Brust eines Kranken, auch den Schleim aus der Lunge löst.« Arne drückte Magdalena das Fläschchen in die Hand. »Reibe den Brustkorb deiner Mutter damit ein. Leider ist es das Einzige, was wir im Augenblick für sie tun können.« Er zwinkerte ihr zu und ging hinaus.
Er stiefelte über den Platz zu Gustvasson, der mit Johann am Lagerfeuer saß und in einem großen Topf rührte. Der Geruch des gekochten Bärlauchs durchzog die Luft, und Arne schluckte.
»Hast wohl Hunger?«, fragte Erik grinsend.
»Einen Bärenhunger!«, seufzte Arne und setzte sich neben Johann.
Kaum hatte der Schwede auf dem Schaffell Platz genommen, fragte Magdalenas Vater leise: »Franziska?«
Arne ahnte, was er wissen wollte, und gab ihm über den Zustand seiner Frau Auskunft. »Im Augenblick kann ich leider nicht mehr für sie tun. Sobald sie aufwacht, werde ich ihr Weidenrindensaft verabreichen und Kreuzblumensud zu trinken geben.«
»Danke«, flüsterte Johann. Er kämpfte mit seinen Gefühlen und versuchte mühsam sich zu beruhigen. »Ich war der Überzeugung, dass ich an alles gedacht habe, denn ich hatte die Reise sorgsam geplant. Aber Überfall und Krankheit habe ich in meinen Plan nicht mit einbezogen«, murmelte er und blickte ins Feuer. Mit einem tiefen Seufzer fügte er hinzu: »Und das hätte meiner Familie beinahe den Tod gebracht.« Johann sah Arne und Erik mit feuchten Augen an und flüsterte: »Danke, dass ihr sie gerettet habt!«
Die beiden Schweden nickten. Gustavsson füllte kleine Tonbecher mit einem fahlgelben Schnaps. »Wir wollen auf das Leben anstoßen«, sagte er und kippte das Gesöff in einem Zug hinunter. »Es geht doch nichts über einen Anisschnaps«, lachte er und nahm sich einen zweiten.
Es dämmerte, als sich Magdalena zu den Männern ans Feuer gesellte. Erik verteilte die Bärlauchsuppe und reichte ihr eine Schüssel. Das Mädchen setzte sich mit der dampfenden Suppe neben seinen Vater. Suchend schaute sie sich nach ihrem Bruder um, als Gustvasson in eine Richtung wies und sagte:
»Benjamin ist mit unseren Kindern in diesem Zelt, wo sie zusammen essen und ihr Nachtlager haben.«
»Ihr – du und deine Eltern – könnt in meinem Zelt schlafen. Ich hoffe, dass ich bei Erik Unterschlupf finde«, sagte Arne und blickte den alten Mann neckend an.
»Wage nicht zu schnarchen, denn sonst kannst du im Freien nächtigen«, lachte Erik.
»In meinem Zelt wäre auch noch Platz für dich!«, sagte eine sinnliche Stimme auf Schwedisch.
Magdalena hob neugierig den Blick. Sie traute ihren Augen nicht. Vor ihr stand eine der schönsten Frauen, die sie je gesehen hatte. Das Mädchen konnte nicht anders, als die unbekannte Schöne anzustarren, deren schlanke Statur von einem blutroten Kleid verhüllt wurde. Ihre dunklen Haare reichten ihr bis zum Gesäß und waren zu einem armdicken Zopf geflochten. Augen, die das gleiche Blau wie Kornblumen hatten, blickten selbstbewusst in die Runde.
»Danke, Brigitta! Aber ich habe Erik bereits zugesagt«, erklärte Arne in seiner Sprache und vermied es, sie anzusehen.
»Möchtest du uns Gesellschaft leisten?«, fragte Gustavsson auf Deutsch, damit Johann und Magdalena es verstanden. »Ich habe noch Bärlauchsuppe für dich«, erklärte er und musste sich auf die Lippe beißen, um nicht laut aufzulachen, als er Arnes vorwurfsvolle Blicke sah.
»Nein danke«, lehnte Brigitta freundlich ab, die ebenfalls mühelos die Sprache wechselte. »Aber ich setze mich gerne zu euch, denn ich bin neugierig, wer euer Besuch ist.« Ihr Blick haftete auf Magdalena, als sie sagte: »Da meine Freunde Deutsch mit euch sprechen, nehme ich an, dass ihr aus dem Reich stammt.« Mit leichtem Spott im Blick musterte die Marketenderin das Mädchen.
Obwohl Magdalena die Frau verstanden hatte, war sie zu gehemmt, um zu antworten. Das selbstbewusste Auftreten der Unbekannten schüchterte das Mädchen ein, sodass sie sich hässlich und unbedeutend vorkam. Hilfesuchend schaute Magdalena zu ihrem Vater und dann zu Arne, der erklärte: »Marodierende Söldner hatten Magdalenas Mutter und ihren kleinen Bruder in der Gewalt. Johann war bereits an einem Ast aufgehängt, der zum Glück brach. Durch eine List konnten wir die Söldner überwältigen und die Familie befreien.«
»Das klingt dramatisch«, meinte Brigitta ungerührt. Doch dann kniff sie leicht die Augen zusammen und blickte Magdalena durchdringend an. »Vater, Mutter, Bruder … Wo warst du gewesen, schönes Kind?«
Magdalena schluckte und stammelte: »Ich war … Ich wollte … Mutter …«
Erik half ihr und erzählte die ganze Geschichte. Ohne Magdalena aus dem Blick zu lassen, hörte Brigitta aufmerksam zu. Als sie von dem Kampf erfuhr, wandte sie sich Arne zu und sagte mit einem rauchigen Ton in der Stimme: »Unser starker Arne ist dafür bekannt, dass er es mit einer Meute Männer aufnehmen kann.« Sie sah ihn durchdringend an, wobei sie die Lippen leicht öffnete und ihre weißen Zähne aufleuchten ließ.
Magdalena konnte nicht anders, als diese Frau anzustarren. Das Mädchen war in ihrem jungen Leben weder mit der Liebe noch mit der Kunst des Verführens vertraut gemacht worden. Aber sie konnte an den Blicken der Männer erkennen, dass Brigitta etwas Besonderes war. Verwirrt starrte Magdalena in die Flammen des Feuers.
Brigitta sah, dass sie das fremde Mädchen verunsichert hatte. Spöttisch fragte sie Arne in ihrer Landessprache: »Wie wird es mit den Fremden weitergehen? Schließlich sind sie unsere Feinde.«
Arne war über ihre Unverschämtheit verärgert, während Erik sich seelenruhig eine Pfeife stopfte und auf Schwedisch antwortete: »Sie werden bei uns bleiben, bis es ihnen besser geht.«
»Du weißt, dass wir Ende der Woche unserem Tross folgen müssen, sonst werden wir ihn nicht mehr einholen können.«
Erik nickte und sah die Marketenderin durch den Qualm des Krauts nachdenklich an. »Ja, Brigitta. Wir müssen bald weiterziehen. Arne hat unseren Kranken Heilkräuter gegeben und meint, dass sie bereits in zwei Tagen wieder wohlauf sind. Deshalb werden wir uns an den Plan halten und in drei Tagen aufbrechen. Aber was hat das mit den Fremden zu tun? Sie stören uns nicht. Oder?«
»Wenn jemand aus dem Heer erfährt, dass wir Deutschen helfen, könnten wir in Schwierigkeiten geraten«, erklärte Brigitta aufgebracht und blickte Erik wütend an. Sie wusste, dass Gustavsson sie durchschaut hatte und den wahren Grund ahnte, warum sie die Fremden schnellstmöglich loswerden wollte.
»Beruhige dich, Brigitta. Die Frau ist schwer krank, der Mann nur knapp dem Tod entkommen, und ihre Kinder werden uns sicher nicht nach dem Leben trachten«, erklärte Erik und sog mehrmals an der Pfeife. Er hoffte, dass der Qualm seinen Blick verhüllte, denn er konnte nicht anders, als die Frau spöttisch anzusehen.
Johann blickte erst zu der fremden Frau und dann zu den beiden Männern. Er hatte nicht ein Wort verstanden, aber ihre Augen verrieten mehr als Worte. Mühsam krächzte er: »Wir wollen euch keine Schwierigkeiten machen.«
Erik sah Brigitta streng an und wandte sich dann mit freundlicher Miene Johann und Magdalena zu. Nachdem er den Rauch in tiefen Zügen eingeatmet und langsam wieder aus seiner Lunge gelassen hatte, sagte er: »Schwierigkeiten hatten wir, als wir euretwegen mit den Söldnern kämpften. Das hier ist nichts als Weibergeschwätz.«
Brigitta schnappte bei diesen Worten empört nach Luft. Ihre kornblumenblauen Augen wurden eine Spur dunkler. Mit trotzigem Blick forderte sie Arne auf, etwas zu sagen, doch der streckte die Füße weit von sich und stützte sich auf seinen Ellbogen ab. Teilnahmslos lag er da und starrte in die Flammen. Wütend stand Brigitta auf und wollte noch etwas zu ihren beiden Landsleuten sagen, doch sie schloss den Mund und stapfte über den Platz in ihr Zelt.
Magdalena, die das Gespräch kaum verstanden, wohl aber den hitzigen Ton wahrgenommen hatte, ängstigte sich, dass die Schweden wegen ihrer Familie in Streit geraten sein könnten. Was würde geschehen, wenn sich der Zwist verschärfte und man sie gefangen nahm? Schließlich waren diese Menschen nicht nur ihre Retter, sondern auch ihre Feinde. Sie spürte, wie ihr Herz zu rasen begann, und wäre am liebsten davongelaufen. Sie wagte weder Erik noch Arne ins Gesicht zu sehen. Langsam stand sie auf, sah zu ihrem Vater und murmelte: »Ich werde nach Mutter sehen.«
Arne war zornig über Brigitta und hätte sie am liebsten zurechtgewiesen. Sie stellte Erik und ihn als verantwortungslose Trottel dar und tat, als ob allein sie den Weitblick hätte.
Erik sah ihn grinsend an und zwinkerte ihm zu. »Es gibt nichts Schlimmeres als eifersüchtige Frauen. Nicht wahr, Johann?«, fragte er ihn und füllte die Becher mit Anisschnaps auf.
Johann sah Arne an. »Ich kann deine Frau beruhigen. Sobald es Franziska besser geht, werden wir euch verlassen, und ihr werdet uns nie wiedersehen«, erklärte er, und sein Blick unterstrich seine Worte.
Arne wollte ihm gerade erklären, dass Brigitta weder Frau noch Freundin war, als ein Schrei die Stille der Nacht zerriss und Magdalena weinend aus dem Zelt stürmte.