• Kapitel 22 •
»Ich friere mir den Arsch ab«, knurrte Kurt und sah zum Himmel. Er musste blinzeln, da Schneeflocken an seinen Wimpern hängen blieben und schmolzen. Frierend schlug er die Arme um seinen Oberkörper, als sein Blick auf den milchgesichtigen Burschen fiel. »Peter, du Dummkopf! Such Feuerholz!«, befahl er und schaute dabei auf die Frau herab, die aus der Bewusstlosigkeit erwacht war und nun zitternd am Boden kauerte.
Franziska erwiderte bang den Blick des Söldners, während ihr Sohn sich hinter ihrem Rücken versteckte und weinte.
»Hör auf zu flennen«, schnauzte Kurt den Kleinen an, den er kurz zuvor zur Mutter gelassen hatte. Als Benjamin weiterheulte, stieß er ihm mit der Stiefelspitze genervt in die Rippen, sodass der Junge aufschrie.
»Halt die Klappe!«, fauchte er nun den Knaben an, der sich aber nicht beruhigte. Kurt kniete nieder und fasste der Frau in den Schopf, um ihr Gesicht dicht an das seine zu ziehen. »Mach, dass der Balg Ruhe gibt, sonst setzt es für euch beide Prügel.« Angewidert betrachtete er ihr gerötetes und geschwollenes Gesicht und stieß sie zurück auf den Boden. »Bei dem Geschrei, dem Wetter und deinem Aussehen vergeht mir jede Lust«, maulte er und sah mürrisch dem Burschen entgegen, der auf ihn zugerannt kam.
»Ich kann kein trockenes Holz finden«, rief Peter atemlos und blieb in sicherem Abstand stehen.
»Geht heute alles schief?«, brüllte Kurt und schüttelte den Kopf, sodass seine Locken hin und her flogen. Stöhnend fasste er sich in die Haare. »Mein Schädel brummt noch immer!«, klagte er mit leidender Miene. »Daran ist Albert schuld. Ich habe ihm gesagt, dass wir einen Tag rasten sollen. Wo ist er jetzt? Nur, weil seine Schindmähre lahmt, müssen wir hier auf ihn warten. Hoffentlich bringt er Essen. Jetzt besorg Feuerholz, sonst mache ich dich einen Kopf kürzer«, schnaubte er den Burschen mit funkelnden Augen an.
Franziska versuchte ihren Sohn zu beruhigen und presste seinen bebenden Körper an sich. »Benjamin, sei still. Du hast gehört, was der böse Mann gesagt hat«, krächzte sie an sein Ohr. Ihre Wange und ihr Schlund brannten, und bei jedem Atemzug glaubte sie, dass Nadeln ihre Lunge durchstachen. Ihr Körper glühte, und in ihrem Kopf pochte der Schmerz. Die aufgeplatzte Lippe schmerzte ebenso, und sie schmeckte Blut. Mühsam streichelte sie dem Jungen über den Scheitel, bis er langsam ruhig wurde.
Warum hat Johann nicht auf mich gehört? Wir hätten in Wellingen bleiben sollen, dachte sie und schaute vorsichtig zu den Bäumen hinüber, wohin die Soldaten ihren Mann gezerrt hatten. Das hast du von deiner Sturheit, aufs Eichsfeld zu wollen, weinte sie lautlos. Jetzt müssen wir alle sterben.
Sie blickte in Richtung Wald und glaubte zu sehen, dass sich in der vorderen Baumreihe mehrere Zweige heftig bewegten. Da nichts weiter geschah, atmete sie erleichtert auf. Hoffentlich bleibt Magdalena verschont, betete sie in Gedanken.
»Ich habe trockenes Holz gefunden!«, rief der Bursche Peter und blinzelte die Schneeflocken fort. Lachend wies er zum Fuhrwerk, und Kurts Blick folgte dem ausgestreckten Finger. Gemeinsam gingen sie in den Stall und besahen sich die Ladefläche.
»Fritz, Heinrich, Matthis, Gustav«, brüllte Kurt und winkte die vier Soldaten zu sich, die bei den Pferden standen. »Helft Peter, den Wagen nach draußen zu schieben, damit im Stall mehr Platz ist«, befahl er. »Dann haut ihr das Ersatzrad und die Stühle in Stücke und entfacht im Stall ein großes Feuer. Anschließend nehmt ihr euch die Kommode vor. Beeilt euch! Bevor mir der Schwanz festfriert.«
Die Männer eilten herbei und zogen das Fuhrwerk vor die Stalltür. Dort nahmen sie unter Kurts grimmigen Blicken die Stühle und das Rad vom Wagen. Während sie damit beschäftigt waren, die Gegenstände zu zerhacken, fiel Kurts Blick auf eine Holzkiste, die zwischen den Stühlen versteckt stand und die bis jetzt niemand bemerkt hatte. »Was haben wir hier?«, murmelte er und hob das Tuch, das über dem Kasten lag. Als er den Inhalt sah, weiteten sich seine Augen erfreut, und er schaute rasch um sich, ob er beobachtet wurde. Doch die Männer waren mit dem Feuermachen beschäftigt und froh, im Trockenen zu sitzen.
Kurt leckte sich über die Lippen, denn in der Kiste lagen Speck, Schinken, Grauwurst, mehrere kleine Käselaibe und Äpfel. Argwöhnisch schaute Kurt sich nach seinen Männern um, doch sie schienen von dem essbaren Schatz nichts zu ahnen. Als Peter auf ihn zukam, blaffte er hastig: »Was willst du? Sieh zu, dass die Flammen hochschlagen, damit sie mich wärmen.«
Kaum hatte der Bursche sich umgedreht, deckte Kurt die Lebensmittel wieder zu. Er griff die Kiste und versteckte sie außerhalb der Scheune unter einem Busch. »Wenn alle schlafen, werde ich mir ein Festmahl gönnen«, nahm er sich vor.
Kaum stand Kurt wieder am Fuhrwerk, kamen Fritz und Heinrich, um die Kommode vom Wagen zu heben. Fritz hielt seine Nase in die Höhe und grummelte: »Ich bin so ausgehungert, dass ich mir einbilde, geräucherten Speck zu riechen.«
»Das kenne ich«, lachte Kurt gequält auf und klopfte ihm auf die Schulter, sodass Fritz ihn fragend ansah. »Albert wird sicherlich etwas zu essen mitbringen«, lenkte er ab.
Mittlerweile hatte dichtes Schneetreiben eingesetzt, sodass Franziska und Benjamin vor Kälte und Nässe zitternd auf dem Boden saßen.
»Mich friert es, aber ich will nicht zu den bösen Männern«, flüsterte Benjamin und sah seine Mutter aus rotgeränderten Augen flehend an. Sein Gesicht war kreidebleich und seine Lippen blau verfärbt. Franziska wusste nichts Tröstliches zu sagen und blickte ängstlich hinüber zum Stall. »Hab keine Angst, mein Kind. Uns wird nichts geschehen. Aber wir müssen ins Trockene, sonst wirst auch du wieder krank«, flüsterte sie unter starken Halsschmerzen. Sie versuchte sich zu erheben und kam wankend zum Stehen, wobei sie das Gefühl hatte, als ob ihr Kreuz brechen würde. Franziska biss die Zähne zusammen und zerrte Benjamin in die Höhe. Unbemerkt von den Soldaten verkrochen sich Mutter und Sohn dicht neben dem Eingang an der Bretterwand des Stalls. Obwohl es dort windig war und die Wärme des Feuers sie kaum erreichte, blieben sie dort. Denn dieser Platz lag so, dass sie schnell nach draußen fliehen konnten.
Franziska zog ihren Sohn dicht an sich. Bibbernd legte Benjamin den Kopf auf ihre Brust und schlief ein. Obwohl auch ihren Körper eine bleierne Müdigkeit überfiel, wagte sie nicht, die Augen zu schließen, denn sie hatte Angst, der Soldat mit dem stechenden Blick würde im Schlaf über sie beide herfallen. Mühsam versuchte sie, wach zu bleiben, und ließ ihren Blick über die Wiese vor dem Stall zu der Obstbaumreihe schweifen. Ihre Augen wurden feucht. Auch wenn ich Johann verfluche, weil er uns zu der Reise gezwungen hat – solch ein Ende hat er nicht verdient, dachte sie und versteckte ihr Gesicht in den Haaren ihres Kindes. Fast ohnmächtig vom Schlag des Söldners, hatte sie nur verschwommen gesehen, wie die Halunken ihrem Mann eine Schlinge um den Hals legten und ihn zu den Bäumen zerrten. Als sie ihn grölend an einem Ast hochzogen, war es schwarz um Franziska geworden. Seitdem hatte sie von Johann nichts gehört und nichts gesehen.
Franziska blinzelte zum Himmel. »Gott, warum strafst du uns so sehr?«, fragte sie flüsternd und zog die Knie dicht an den Körper. Zwar hatte es aufgehört zu schneien, doch die Kälte war geblieben. Sie schreckte hoch, als zwei Soldaten laut zu streiten begannen. Schützend legte sie ihre Hand über Benjamins Kopf.
»Gib sofort den Beutel her! Ich habe ihn gefunden, und er gehört mir«, brüllte Matthis und sprang auf.
»Mach die Augen zu! Was du dann siehst, gehört dir«, sagte der kleine Dicke mit den Haarstoppeln und hielt sein Messer Matthis vor die Nase. Erst als der sich wieder hinsetzte, legte Heinrich das Messer zur Seite und kramte in dem Beutel. Triumphierend zog er ein Stück Wurst hervor.
»Mehr ist nicht drin?«, fragte Gustav enttäuscht.
Heinrich schüttelte den Kopf.
»Das will ich sehen«, rief Matthis ungläubig und sprang erneut auf.
»Schau selbst, du Depp!«, sagte der Dicke und warf ihm den Leinenbeutel zu.
Matthis stülpte den Stoff von innen nach außen, und ein verschrumpelter Apfel kullerte heraus. »Verdammt! Dieser Wurstzipfel reicht nicht mal für zwei hungrige Mäuler«, schimpfte er.
»Deshalb esse ich ihn allein«, sagte Heinrich und steckte sich grinsend das Wurststück in den Mund.
»Du verdammter Hurensohn!«, ereiferten sich nun auch die anderen.
»Ich würde für ein Stück trockenes Brot morden«, schrie Gustav und wollte sich auf Heinrich stürzen.
Als Kurt nicht eingriff, fragte Fritz überrascht: »Warum sagst du nichts? Schließlich hat er auch dir nichts abgegeben.«
Kurt zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Macht, was ihr wollt. Von mir aus könnt ihr euch die Köpfe einhauen«, erklärte er und streckte sich am Feuer aus. Seelenruhig verschränkte er die Arme hinter dem Kopf.
Verdutzt blickten sich die Soldaten an, als ihnen plötzlich eine fremde Stimme zurief: »Ich grüße euch!«
Franziska hatte die Stimme ebenfalls gehört und guckte um die Ecke der Stallwand. Was sie sah, ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen, und sie schloss entsetzt die Lider. Doch im nächsten Augenblick riss sie die Augen wieder auf, da sie hoffte, sich getäuscht zu haben. Aber es war wahr!
Ein fremder Mann zog Magdalena an einem Strick hinter sich her, der dem Mädchen um die Hände gebunden war. Als Franziska das kreidebleiche und tränenüberströmte Gesicht ihrer Tochter sah, wünschte sie sich, wieder in Ohnmacht fallen zu können. Magdalena schaute voller Angst zwischen ihrer Mutter und den Söldnern hin und her, sodass Franziska den Drang spürte, sich auf den Fremden zu stürzen. Aber sie wusste, dass sie gegen ihn und die Soldaten machtlos war, und setzte sich wieder hin. Außerdem lag etwas im Blick ihrer Tochter, das sie zurückhielt. Sie glaubte sogar zu sehen, dass Magdalena fast unmerklich den Kopf schüttelte. Als Benjamin erwachte und seine Schwester sah, wollte er sofort zu ihr hinlaufen, doch Franziska raunte ihm zu, liegen zu bleiben und keinen Laut von sich zu geben. Da kniete sich der Junge mit dem Gesicht auf dem Boden hin und hielt sich die Ohren zu. Franziska strich ihm über den Rücken und schaute angewidert die Söldner an, die beim Anblick ihrer Tochter grienten.
Kurt schwang sich auf die Füße und trat vor seine Männer. »Welch schönes Kind bringst du uns, Fremder?«, fragte er und fasste sich an den Latz.
»Wieso sollte ich euch meine Beute geben?«, fragte der Fremde mit unbeweglicher Miene.
»Warum nicht? Wir sind zu sechst, und du bist allein«, grinste Kurt und schaute seine Männer an. Die verstanden den Blick, erhoben sich einer nach dem anderen und nahmen ihre Waffen auf, die sie neben das Feuer gelegt hatten. Mit regungslosen Mienen stellten sie sich neben ihren Anführer.
»Außerdem bist du alt und unbewaffnet«, erklärte Peter abfällig. Man konnte dem Burschen ansehen, dass er nur darauf wartete zu kämpfen. Er hatte die Spitze seines Schwerts in den aufgeweichten Boden zwischen seinen Füßen gebohrt und hielt den Knauf mit beiden Händen umschlungen, um sofort zuschlagen zu können.
»Woher kommst du? Du bist keiner von uns«, stellte Heinrich fest und zückte langsam sein Messer.
»Willst du mich bedrohen?«, fragte der Fremde.
»Wo denkst du hin?«, lachte Heinrich auf. »Es juckt mich«, erklärte er und fuhr sich mit der stumpfen Seite des Messers mehrmals über den Schädel.
»Was willst du?«, fragte Kurt ungehalten und ging einen Schritt auf den Mann zu. Er hatte keine Angst vor dem grauhaarigen Fremden, um dessen Augen feine Falten lagen. Käme es zum Kampf, würde ein einziger Schwerthieb die hagere Statur des Alten zu Fall bringen.
An seiner Aussprache konnte man hören, dass er nicht aus dem Reich kam, sondern Kroate oder Schwede war, wie Kurt vermutete. Vielleicht ist er des Kämpfens müde und zieht deshalb allein durchs Land, dachte er und sah das Mädchen an, das den Blick ängstlich gesenkt hielt. Schon lange hatte er nicht mehr ein so junges und unschuldiges Wesen berührt.
»Was willst du für sie haben?«, fragte Kurt, als er spürte, wie sein Glied in der Hose steif wurde.
»Was kannst du mir bieten?«
»Im Grunde nichts, denn du wirst sie uns umsonst überlassen müssen«, sagte Kurt grinsend und gab seinen Männern ein Zeichen, die Waffen zu erheben.
»Nicht so schnell. Ich will kein Blutvergießen, denn sie ist es nicht wert«, sagte der Fremde und stieß Magdalena ein Stück vorwärts, sodass sie wimmerte. »Gib mir Essen, und sie gehört dir.«
»Wir haben nichts zu essen«, rief Peter. »Mir knurrt selbst der Magen«, sagte er mit Leidensmiene und griff sich an den Bauch.
»Unser Hauptmann ist auf dem Weg hierher und wird uns Essen mitbringen«, erklärte Gustav.
»Bist du von Sinnen?«, schrie Heinrich und hielt ihm das Messer unter die Nase. »Warum verrätst du das? Willst du etwa mit dem Alten teilen?«
Der Blick des Fremden haftete spöttisch auf Kurt. »Das verstehe ich nicht! Hast du nicht eine Kiste voller Köstlichkeiten unter den Strauch dort drüben gestellt?«, fragte er und wies mit der Hand zum Gebüsch.
Kurt zuckte merklich zusammen und sah zu dem besagten Strauch. Die Blicke seiner Kameraden folgten seinem Blick.
»Was soll da sein?«, fragte Heinrich misstrauisch.
»Nichts«, rief Kurt hastig.
Doch der Alte forderte Heinrich auf: »Sieh nach!«
Zögerlich ging der Söldner zu dem Busch und bückte sich. »Das glaube ich nicht«, rief Heinrich aufgeregt und zog mit beiden Händen die Kiste hervor, die er zu seinen Kameraden brachte. »Seht nur!«, sagte er und hob den Speck in die Höhe.
»Woher wusstest du davon?«, fragte Peter und schaute zwischen Kurt und dem Fremden hin und her.
»Ich beobachtete euren Kameraden, wie er die Kiste dort versteckte, während ihr die Möbel zerschlagen habt«, erklärte der Mann lächelnd.
Peter runzelte die Stirn. »Und wo hast du gestanden?«
Der Alte zeigte mit dem Daumen hinter sich zum Wald.
»Wie willst du von dort in die Kiste schauen können?«
»Das war nicht ich«, lachte der Alte, »sondern er!«, und zeigte auf einen großen blonden Mann, der aus dem Schatten der Scheune hervortrat und sich neben ihn stellte. »Somit wären wir jetzt zwei gegen sechs!«
»Immer noch zu wenig«, erklärte Peter spöttisch und hob sein Schwert.
»Du bist ein verdammter Lügner! Wir schlagen dich tot«, schrie Kurt und wollte seine Kameraden aufhetzen, sich auf den Alten zu stürzen, als Fritz sein Schwert gegen ihn richtete und »Halt!« brüllte.
Überrascht blieben alle stehen und blickten ihn an.
»Ich will wissen, woher diese Kiste kam und wer sie unter dem Busch versteckt hat«, zischte er.
»Die beiden waren es! Sie haben die Kiste dort hingebracht, weil sie Zwietracht unter uns stiften wollen«, brüllte Kurt zurück, doch seine Männer sahen ihn zweifelnd an.
»Aus welchem Grund?«, fragte Fritz.
»Das geht mir am Arsch vorbei! Ich will das Mädchen, und ihr bekommt die Kiste«, rief Kurt und hoffte, seine Männer besänftigen zu können. Doch sie blieben stehen, und sogar Peter sah ihn argwöhnisch an.
»Euer Mann hat sie dort versteckt, denn er will das Essen nicht mit euch teilen«, erklärte der Alte und fügte lächelnd hinzu: »Ihr wisst doch, in Zeiten der Not ist jeder sich selbst der Nächste!«
»Ich glaube nicht, dass unser Anführer uns hintergehen würde. Er weiß, dass wir seit Tagen kaum etwas zu beißen hatten und dass wir für Essen töten würden. Ihr beide aber seid unsere Feinde, die so sprechen wie unsere Gegner«, erklärte Peter mit einfältigem Blick und hob sein Schwert zum zweiten Mal.
Doch erneut war es Fritz, der ihn bremste. Missmutig schüttelte der Söldner sein strähniges Haar. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht!«, überlegte er so laut, dass alle ihn verstanden. Er wandte sich zu Heinrich um und fragte ihn: »Als wir die Kommode vom Wagen hoben, was sagte ich da?«
Heinrich überlegte angestrengt und kratzte sich dabei mit dem Messer über die Wange. »Ich glaube, du sagtest, dass du Speck riechen konntest.«
Fritz nickte und zog die Speckseite ein Stück aus der Kiste heraus. Nachdem er sie zurückgelegt hatte, schaute er Kurt eindringlich an.
»Was glotzt du so unverschämt? Ich bin euer Anführer und nicht euer Feind. Außerdem … woher sollte ich das Essen haben?«
Fragend blickten sich die Männer an und drehten sich dann herausfordernd den beiden Fremden zu.
»Jetzt haben wir den Beweis! Die beiden Feinde lügen!«, schrie Peter, als plötzlich hinter ihnen eine Frauenstimme krächzte: »Mein Mann hatte die Kiste auf dem Fuhrwerk zwischen den Stühlen und der Kommode versteckt. Nur wer die Möbel wegräumte, konnte sie finden.«
Kaum hatte Franziska zu Ende gesprochen, begannen die Männer aufeinander einzuprügeln.
»Du verdammter Hurensohn«, schrie Fritz und stürzte sich auf Heinrich. »Du und Kurt, ihr steckt unter einer Decke! Ich habe gesehen, wie ihr getuschelt habt.«
»Ich habe tagelang nichts zu essen gehabt, und ihr wollt alles allein fressen«, schrie Peter und fuchtelte mit seinem Schwert herum, bis Matthis schreiend zusammenbrach.
In dem Augenblick, als Kurt sich auf den grauhaarigen Alten stürzen wollte, stieß der Fremde Magdalena zur Seite und griff sich in den Nacken, um mit einer fließenden Bewegung ein Schwert aus seinem Umhang zu ziehen. Noch bevor der Söldner merkte, was geschah, wurde er zu Boden gestreckt.
Magdalena war auf beide Knie gestürzt. Rasch löste sie ihre Fesseln und krabbelte auf allen vieren zwischen den Beinen der Männer hindurch zu Franziska, die keuchend am Boden lag. »Mutter«, wisperte das Mädchen und hob Franziskas Kopf an.
Als Franziska die Stimme ihrer Tochter hörte, flimmerten ihre Lider, und sie flüsterte: »Kümmere dich um deinen Bruder!«
Dann wurde sie bewusstlos.