4. Kapitel
Selbst aus einer Höhe von tausend Metern wirkte die Jedi-Akademie auf Ossus riesengroß. Die Anlage erstreckte sich über einen grünen Landstrich zwischen einem üppig bewachsenen Berghang und einem von Düsternis beherrschten Grabenbruch; die ordentlich gestutzten, durch gewundene graue Pflastersteinwege miteinander verbundenen Rasenflächen waren von knospenden Laubbüschen umgeben. Zu Jainas Überraschung zeigten sich inmitten der funkelnden Turmspitzen und eleganten Hallen keine winzigen Punkte; wären die im Innern der Gebäude zu spürenden Machtpräsenzen nicht gewesen, hätte sie den Ort für verlassen gehalten.
Möglicherweise hatten die Solusars im Hinblick auf Maras Bestattung eine Meditationswoche ausgerufen. Vermutlich bedauerten sie ebenso sehr wie Jaina, nicht dabei gewesen zu sein, und die Kinder brauchten ein Ritual, das ihnen dabei half, mit dem Verlust einer so bedeutenden Jedi-Meisterin fertig zu werden.
Jaina wünschte bloß, dass sie und Zekk und Jag die Zeit hätten erübrigen können, sich der Meditation anzuschließen. Sie litt auf eine Weise, wie sie es seit dem Krieg gegen die Yuuzhan Vong nicht mehr getan hatte, als sie Anakin und Chewbacca sowie hundert andere treue Kameraden verlor. Es kostete sie all ihre Kraft, sich einfach in ihre Trauer zu fügen und sich nicht wie während des Krieges in sich selbst zurückzuziehen.
Jagged Fels forsche Stimme drang über die Sprechanlage des StarDrive-Daktyls, den das Alema-Jagdteam diese Woche flog. »Registrierst du irgendetwas?«
»Negativ«, antwortete Zekk einige Meter hinter Jaina. Er saß auf der gegenüberliegenden Seite des Raumschiffrumpfs und schaute durch eine Sichtkuppel, ähnlich der, die Jaina vor sich hatte. »Vielleicht sollten wir uns nicht zu sehr auf Vektormessungen verlassen. Wir wissen nicht das Mindeste über dieses neue Schiff, in dem sie unterwegs ist … Und warum sollte sie überhaupt hierherkommen?«
»Weil sie Alema Rar ist«, entgegnete Jaina. »Und wenn wir unsere Zeit mit dem Versuch vergeuden dahinterzukommen, warum sie irgendetwas tut, sind wir noch verrückter als sie.«
Jag schmunzelte – wie er es meistens machte, wenn Jaina anderer Ansicht war als Zekk –, dann sagte er: »Kann schon sein … Also, bedeutet das jetzt, dass du etwas wahrnimmst, oder nicht?«
»Gib mir eine Sekunde«, erwiderte Jaina. »Wir sind gerade erst hierhergekommen.«
»Wir brauchen etwas Zeit, um uns auf die lokalen Machtströme einzustellen«, erklärte Zekk. »Es ist ja nicht so, als wäre ihr neues Schiff so was wie ein Leuchtfeuer der Dunklen Seite. Es strahlt lediglich eine geringe Aura aus.«
»Dann wollt ihr damit sagen, dass wir noch mal drüberfliegen müssen?«, fragte Jag.
»Und vermutlich auch noch ein drittes und ein siebentes Mal«, antwortete Jaina. »Es wird vielleicht einige Mühe kosten, sie zu finden, aber ich verwette mein Hemd darauf, dass Alema hier ist.«
Jag sagte im selben Moment: »Abgemacht!«, wie Zekk meinte: »Bin dabei!«
Jaina runzelte die Stirn, verwirrt vom Enthusiasmus der beiden. »Was ist?«
»Deine Wette.« Zekk schielte über die Armaturen. »Ich bin dabei.«
»Hey, ich war Erster!« Wie gewöhnlich ließ sich aus Jags Tonfall unmöglich schließen, ob er scherzte oder nicht, doch Jaina ging davon aus, dass das vermutlich der Fall war. Die einzigen Glücksspiele, an denen er ihres Wissens nach je beteiligt gewesen war, drehten sich um Sternenjäger und verschwindend geringe Überlebenschancen. »Sie hat mit mir gewettet.«
»Haha, sehr lustig«, sagte Jaina. »Welchen Teil von Danke, kein Interesse habt ihr beiden eigentlich nicht verstanden?«
Jaina gab sich keine Mühe, die Verärgerung aus ihrer Stimme herauszuhalten. Bereits vor Maras Ermordung war sie des Konkurrenzkampfs zwischen Jag und Zekk überdrüssig gewesen, und nun machte es sie einfach wütend. Abgesehen davon gab es nicht einmal einen Grund für eine solche Rivalität. Damals auf Terephon hatte Zekk behauptet, er sei über sie hinweg. Und als Jag wieder aufgetaucht war, war er angesichts ihrer Taten im Zuge der Dunkles-Nest-Krise so aufgebracht gewesen, dass eine Romanze ausgeschlossen schien.
Natürlich hatte dieser segensreiche Zustand ungefähr so lange Bestand wie eine Seifenblase in einer geöffneten Luftschleuse. Sobald den beiden Männern erst bewusst geworden war, dass sich der jeweils andere gerade Hoffnung auf einen Platz im Familienholo machte, fingen sie an, ihre Köpfe gegeneinanderzudonnern wie Rontobullen. Nach Maras Tod war Jaina es schließlich leid gewesen, und sie hatte beiden gesagt, sie sollten sie gefälligst in Ruhe lassen.
Unversehens glitt der Eingang zum Hangar der Akademie unter dem Daktyl vorüber, dann füllte sich Jainas Sichtkuppel mit Himmel, als Jag das Schiff auf die Seite rollen ließ und herumschwang, um das Gebiet erneut zu überfliegen. Der Daktyl war um einiges weniger manövrierfähig als der YT-2400, den sie bis vor einigen Tagen als Mutterschiff benutzt hatten, doch Jag bestand darauf, regelmäßig das Gefährt zu wechseln in der Annahme, dass es Alema so schwerer fallen würde, sie zu entdecken, wenn sie anrückten. Zumindest verfügte der Daktyl über eine eigene Koje für jeden und genügend Platz für die StealthX-Jäger.
Sobald Jag das Schiff gewendet hatte, entfernte er sich in einem weiten Bogen vom Akademiegelände und begann, im Tiefflug langsam den angrenzenden Berghang abzusuchen. Jaina hielt den Grabenbruch für ein besseres Versteck – doch dann rief sie sich in Erinnerung, wie lange Jag Alema bereits jagte, und schwieg. Halb verkrüppelt, wie die Twi’lek war, schien es unwahrscheinlich, dass sie ihr Schiff irgendwo verbergen würde, wo sie gezwungen war, eine zweitausend Meter hohe Felswand zu erklimmen.
»Gut möglich, dass das hier unser letzter Durchgang ist«, sagte Jag über das Kom. »Die Flugkontrolle der Akademie fängt an, Fragen zu stellen.«
»Die Überflüge machen sie nervös«, mutmaßte Zekk. »Sag ihnen, dass wir eine Sicherheitsüberprüfung durchführen.«
»Hab’ ich schon«, sagte Jag. »Und der Leiter der Flugkontrolle wollte wissen, was mit ihrer Überprüfung nicht in Ordnung war.«
Jaina schmunzelte. »Sag ihnen, dass wir Vögel beobachten.«
Jag schwieg einen Moment lang, dann berichtete er: »Die Flugkontrolle wünscht uns viel Glück; in den Baumwipfeln gebe es einige prächtige Gokobs zu sehen.«
Jaina und Zekk brachen gleichzeitig in Gelächter aus.
»Was ist daran so lustig?«, fragte Jag.
»Du wirst schon sehen«, sagte Jaina. Gokobs waren haarlose Nagetiere, die den Großteil ihrer Zeit damit zubrachten, die Küchen der Akademie nach Futter zu durchstöbern – harmlos, aber berüchtigt für ihre Angewohnheit, stinkende Sekrete zu versprühen, wenn man sie aufschreckte. »Aber falls du in den Wipfeln tatsächlich irgendetwas Großes und Glänzendes entdeckst, geh nicht runter, um einen näheren Blick darauf zu werfen.«
»Kein Gokob?«, fragte Jag.
»Kein Gokob«, bestätigte Zekk. »Es gibt auf Ossus einige ziemlich große Baumfrösche. Man sagt ihnen nach, sie hätten schon T-65-Ausbildungsjäger vom Himmel geholt.«
»Sind ihre Zungen so stark?« Jag holte tief Luft.
»So klebrig«, korrigierte Jaina. »Wenn ein großer Klumpen von den Viechern an deiner Hülle baumelt, verlierst du eine Menge Auftrieb.«
Der Daktyl flog noch einen halben Kilometer weiter den Berghang entlang, bevor Jaina eine kleine Mulde im Baldachin des Waldes entdeckte, ungefähr einen Kilometer bergauf. In der Macht war keine dunkle Energie wahrnehmbar, die darauf hingedeutet hätte, dass sie Alemas sonderbares Raumschiff gefunden hatten, doch der Einschnitt im Blätterdach hatte in etwa die richtige Form und Größe.
»Markieren«, sagte sie.
»Markiert«, sagte Jag und bestätigte damit, dass er ihre exakte Position im Navigationssystem gespeichert hatte. »Hast du etwas registriert?«
»Irgendwie schon.« Jaina erklärte, was sie gesehen hatte, dann sagte sie: »Vermutlich ist es nichts …«
»Aber wir sollten es besser überprüfen«, brachte Zekk ihren Gedanken zu Ende. »Zumindest, wenn wir nicht vorher noch auf etwas anderes stoßen.«
Jag schwieg, und aus Richtung des Flugdecks ging ein Frösteln durch die Macht. Obgleich sich das Band zwischen Jaina und Zekk, das sie als Neunister miteinander verband, schon vor langer Zeit aufgelöst hatte, schienen sie – wie alle guten Missionspartner – gelegentlich die Gedanken des anderen zu lesen – und Jags Abneigung gegen Killiks war nach wie vor so ausgeprägt, dass ihm jeder Anflug von Gemeinschaftsdenken Angst machte. Jaina gelangte zu dem Schluss, dass sie Zekk lediglich auf die Schulter zu klopfen brauchte, falls sie einmal Jags Annäherungsversuche unterbinden müsste.
Natürlich bestand die Gefahr, dass dadurch Zekk auf falsche Ideen kam …
Sie brachten den Durchlauf zu Ende, ohne irgendwelche anderen Hinweise auf Alema oder ihr sonderbares Schiff zu entdecken, dann kehrten sie zu der Mulde im Blätterdach zurück, die Jaina aufgefallen war. So weit unten am Berghang handelte es sich bei den Bäumen größtenteils um majestätische Königsriesen mit hohen, geraden Stämmen und ausgedehnten Kronen voller gigantischer, herzförmiger Blätter. Nahezu sämtliche Äste innerhalb des betreffenden Kreises waren ausgedörrter als die am Rand, und man sah mehrere Lücken, wo große Äste abgerissen worden und runtergefallen waren.
Durch die Lücken konnte Jaina flüchtige Blicke auf gelbweiße Splitter und kantige Knickstellen erhaschen, wo Zweige nur teilweise abgebrochen waren, um dann wieder halb in ihre ursprüngliche Position zurückzuschnellen. Diese Zweige sackten ein bisschen nach unten, um die kleine, beckenförmige Senke zu bilden, die überhaupt erst ihre Aufmerksamkeit erregt hatte.
»Hier ist definitiv irgendetwas runtergegangen«, stellte Jaina fest.
»Und nicht sehr schnell«, stimmte Zekk zu. »Das war eine Landung, kein Einschlag.«
»Dann haben wir es also gefunden?«, fragte Jag.
»Möglicherweise«, sagte Zekk.
Jaina nahm ihr Elektrofernglas, aktivierte den Restlichtverstärker und spähte in den Wald hinab. Größtenteils sah sie bloß Äste und Zweige, aber als sie schließlich einen Blick auf den Boden erhaschte, stellte sie fest, dass Unterholz und Blattwerk komplett tot waren. Gleichzeitig streckte sie ihre Machtfühler aus auf der Suche nach der geringsten Spur dunkler Energie. Da war keine. Tatsächlich war das ganze Gebiet auffallend ruhig, nahezu bar jeglicher Form von Machtpräsenz.
Sie senkte das Elektrofernglas und drehte sich dann um, um sich Zekks dunklen Augen gegenüberzusehen, der sie über den Mittelgang hinweg anschaute; er wirkte gleichermaßen überrascht wie besorgt.
»Hast du das gespürt?«, fragte er. »Ich meine: Hast du das Nichts gespürt?«
Jaina nickte. »Es versteckt sich vor uns.«
»Also ist es da unten?« Jag klang verwirrt. »Seid ihr sicher?«
»Irgendetwas ist dort unten«, sagte Jaina. »Und es will nicht gefunden werden. Es verschleiert seine Präsenz in der Macht.«
»Das Schiff verschleiert seine Präsenz?«, fragte Jag. »Können Raumschiffe so was?«
»Dieses schon«, entgegnete Jaina.
Zekk löste sein Sicherheitsgeschirr. »Halte uns ruhig. Ich lasse mich durch die Bauchluke runter und lege das Schiff lahm.«
Anstatt Zekks Aufforderung nachzukommen, drehte Jag bei und entfernte sich von dem Versteck, um ihr ursprüngliches Suchmuster wieder aufzunehmen.
»Äh, Jag, hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«, fragte Zekk. »Ich sagte, ich will Alemas Schiff lahmlegen.«
»Ich habe dich verstanden«, sagte Jag. »Aber ich bin dafür, dass wir die Finger davon lassen. Wir wissen einfach zu wenig über dieses Schiff, und falls es Alema irgendwie warnen kann, dass wir es gefunden haben, wird sie verschwinden, ehe wir die Chance haben, sie uns zu schnappen.«
»Gut«, sagte Jaina. »Je eher wir sie verjagen, desto besser. Was auch immer sie hier treibt, ich will nicht, dass sie das Jungvolk in der Akademie da mit reinzieht.«
»Was lässt dich glauben, dass wir sie verjagen können?«, konterte Jag. »Wir sprechen hier von Alema Rar. Würde sie so einfach aufgeben, hätte sie auf Tenupe niemals überlebt.«
»Das ist nicht von der Hand zu weisen«, sagte Zekk. »Vermutlich würden wir sie bloß anstacheln. Das könnte uns jede Menge grundlos hingeschlachteter Kinder einbringen.«
Jaina seufzte, weil sie wusste, dass sie recht hatten. Diesmal waren sie erst auf Alemas Fährte gestoßen, als sie von dem Chaos erfuhren, das sie beim Roqoo-Depot angerichtet hatte, einer Versorgungsbasis im Randgebiet des Hapes-Konsortiums. Offenbar hatte irgendein Frachterkapitän den Fehler begangen, eine Bemerkung über ihre Entstellungen zu machen, was sie ihm damit vergolten hatte, dass sie ihm ebensolche Verletzungen beibrachte – und zwar nicht bloß ihm, sondern seiner gesamten Besatzung. Die Überlebenden waren außerstande gewesen, sich an viel von dem Kampf oder ihrer Angreiferin zu erinnern, doch Zekk war es gelungen, ein Überwachungsholo aufzuspüren, das Alema als Verantwortliche für das Blutbad überführte.
Jag schien Jainas Zögern als Unstimmigkeit zu deuten. »So eine Chance bietet sich uns nie wieder«, sagte er. »Wenn wir Alema jetzt entkommen lassen, wen wird sie dann als Nächstes ins Visier nehmen? Deinen Vater? Deine Mutter?«
»Meinen Bruder?«, schlug Jaina hoffnungsvoll vor. Als Jag und Zekk bloß mit nervösem Schweigen reagierten, rollte sie mit den Augen und sagte: »Keine Sorge – so viel Glück haben wir nicht.«
»Dann sind wir uns also einig«, sagte Jag. Es war nicht unbedingt ein Befehl – obwohl er als offizieller Anführer ihres Teams einen hätte geben können –, lediglich eine Rückversicherung, dass sie zu einer Einigung gelangt waren. »Wir werden versuchen, Alema in die Falle zu locken und es hier zu beenden.«
»Solange wir die Jünglinge dabei nicht in Gefahr bringen«, sagte Jaina. »Falls wir vor die Wahl gestellt werden …«
»… müssen wir sie gehen lassen«, stimmte Jag zu. »Aber diese Wahl wird sie uns nicht lassen – nicht Alema Rar.«
Er flog um den Berg herum, um das Felsmassiv zwischen ihren Daktyl und die Akademie zu bringen.
»Zekk, nimm deinen StealthX und setz dich über dieses Schiff.« Jetzt machte Jags Tonfall es deutlich: Das war ein Befehl. »Falls Jaina und ich sie nicht finden, können wir sie vielleicht in einen Hinterhalt treiben.«
Zekk machte keine Anstalten, nach achtern zu gehen. »Du bewachst das Schiff.« Seine Stimme klang höflich, aber bestimmt. »Ich werde mit Jaina gehen. Ich kenne die Akademie um einiges besser als du.«
»Und ich kenne Alema.« Jags Ton gewann eine gewisse Schärfe. »Abgesehen davon bin ich der Kommandant dieser Mission, also tust du, was ich …«
»Ich tue, was Sinn ergibt«, sträubte sich Zekk. »Ich bin ein Jedi-Ritter, nicht irgendein geistig vernagelter Soldat, den du …«
»Jungs!« Beide widerten Jaina an. Es war, als hätten sie ihr überhaupt nicht zugehört. Dabei hatte sie ihnen doch erklärt, wie Maras Tod ihr vor Augen geführt hat, dass sie sich im Augenblick zuerst und vor allem darauf konzentrieren musste, eine gute Jedi zu sein. »Worum auch immer ihr euch tatsächlich streitet – ich weiß, dass es dabei nicht um mich gehen kann. Das würdet ihr nicht tun – nicht ausgerechnet jetzt.«
Zekks Gesicht färbte sich blitzartig rot vor Scham, und Jag strahlte Verlegenheit in die Macht aus.
»Vielleicht sollte Jaina beim Schiff bleiben«, schlug Jag vor. »Sie ist ohnehin die bessere Pilotin, und wir beide sind am Boden genauso effektiv.«
»Nein, dass Jaina und du – dass ihr euch in der Akademie umschaut, ergibt für Alema vielleicht mehr Sinn, als wenn wir beide das machen«, sagte Zekk und setzte sich nach achtern in Bewegung. »Wenn sie uns zusammen sieht, wird sie als Erstes Ausschau nach Jaina halten.«
»Natürlich hast du recht«, sagte Jag. »Vielen Dank.«
»Nicht der Rede wert.«
Zekk verschwand durch die Luke im Heckfrachtraum, und einige Minuten später fühlte Jaina, wie er sich dem Kampfgeflecht öffnete, das Jedi nutzten, um beim Fliegen von StealthX-Jägern miteinander zu kommunizieren. Ein leichtes Zittern lief durch den Daktyl, als die hinteren Frachttüren aufglitten und sich das Atmosphärenflugprofil des Schiffs veränderte. Sie wandte sich wieder ihrer Sichtkuppel zu, und einen Moment darauf sah sie, wie Zekks StealthX hinter ihnen nach unten sackte.
Jaina wünschte ihm durch die Macht gute Jagd, dann löste sie ihr Sicherheitsgeschirr und ging nach achtern, um die Frachtraumtür zu schließen und den Daktyl auf die Landung vorzubereiten. Als sie damit fertig war, flog Jag bereits durch die Öffnung in der ausgehöhlten Felswand, die als Zugang zum Haupthangar der Akademie diente.
Ein Hauch von Gefahr ließ die Haut zwischen Jainas Schulterblättern kribbeln, und sie ging nach vorn, um sich zu Jag auf dem Flugdeck zu gesellen.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Natürlich.« Jag saß in lehrbuchmäßiger Haltung auf dem Pilotensitz, der Rücken gerade, beide Augen nach vorn gerichtet und beide Hände am Steuerknüppel. Er steuerte den plumpen Daktyl zu der von grünen Lichtern auf dem Boden umrissenen Landezone und schaute nicht zu ihr herüber, bis das Raumschiff auf seinen Landestützen ruhte. »Warum fragst du?«
Jaina spähte durch das vordere Sichtfenster. »Irgendetwas stimmt nicht.«
Jag runzelte die Stirn, was die Narbe an seiner Augenbraue wie einen Blitz aussehen ließ. »In welcher Hinsicht?«
Jaina zuckte bloß die Schultern und studierte weiter den Hangarboden. Genau wie der Rest der Akademie war die Halle sonderbar verwaist, doch obwohl sich im Hangar Transporter, Skiffs und Übungsschiffe drängten, fehlten – abgesehen von einigen Droiden, die in annähernder Dunkelheit ihren Aufgaben nachgingen – die Wartungsarbeiter, die für gewöhnlich dafür sorgten, dass an solchen Orten stets rege Betriebsamkeit herrschte. Jaina streckte ihre Machtsinne in die hinteren Ecken des Hangars aus und nahm in der riesigen Höhle keinerlei empfindungsfähige Präsenzen wahr.
Schließlich sagte sie: »Hier ist nichts. Ist dir je ein so ruhiger Hangar untergekommen?«
»Zumindest kein aktiver.« Jag löste das Gurtgeschirr, dann erhob er sich und schnallte sein Blasterhalfter am Gürtel fest. »Glaubst du, Alema könnte bereits irgendetwas angerichtet haben?«
Natürlich war alles möglich. Doch Jaina hatte keine offenkundigen Anzeichen von Gewalt bemerkt, und sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie eine einzige Machtnutzerin – selbst eine so verrückte wie Alema – die Kontrolle über die gesamte Jedi-Akademie übernehmen sollte.
Ihre Grübeleien wurden von einem Knacken der Cockpitlautsprecher unterbrochen.
»Wie lange beabsichtigt Ihr, da unten noch nach Gokobs zu suchen?«, fragte eine raue Frauenstimme. »Ich würde gern wissen, ob Ihr bei Eurer Sicherheitsüberprüfung etwas gefunden habt.«
Jag sah mit erhobener Braue fragend in Jainas Richtung.
»Ich schätze, es gibt bloß einen Weg, das rauszufinden.« Sie beugte sich nach unten und öffnete einen Kanal, um zu antworten. »Tut uns leid, Flugkontrolle. Wir kommen sofort hoch.«
»Nun denn«, entgegnete die Kommandantin der Flugkontrolle, eine Duros-Frau namens Orame. »Nehmt Euch bloß vor den Gokobs in Acht – der Gestank hier oben ist schon schlimm genug.«
»Machen wir.« Jaina unterbrach die Verbindung und runzelte dann verwirrt die Stirn. »Was hat sie heute nur ständig mit diesen Gokobs?«
»Was sind Gokobs?«, fragte Jag.
»Das erkläre ich dir unterwegs.« Jaina wandte sich ab, um dem Flugdeck den Rücken zu kehren.
Bis sie den Daktyl verlassen und den Aufzug erreicht hatten, der sie zum Flugkontrollbunker bringen würde, hatte Jag mehr über Gokobs gehört, als ihm lieb war.
»Also will Orame uns damit sagen, dass wir uns vor allzu aufdringlichem Ungeziefer vorsehen sollen?«, fragte Jag.
»Im Grunde schon.« Jaina löste das Lichtschwert vom Gürtel und trat in den Lift, ehe sie Jag bedeutete, ihr zu folgen. »Kommst du?«
»Natürlich.« Er legte den Sicherheitsbügel seines Blasters um und fragte dann: »Betäuben oder Töten?«
»Lass uns bei Betäuben bleiben, bis wir wissen, was hier vor sich geht«, erwiderte Jaina. »Wenn Alema dahintersteckt, können wir immer noch auf Töten umschalten und sie erledigen, nachdem sie zu Boden gegangen ist.«
Jag sah sie aus dem Augenwinkel heraus an. »Du machst Witze, oder?«
Jaina schüttelte den Kopf. »Nicht wenn sie dem Jungvolk irgendetwas angetan hat.« Sie legte den Daumen auf ein Tastenfeld der Kontrolltafel. »Bereit?«
Jag nickte, und einige Sekunden später spie der Turbolift sie in der Flugkontrollebene wieder aus. Jaina konnte nichts spüren, das im Korridor auf sie lauerte – aber falls Alema tatsächlich da draußen war, würde sie das ohnehin nicht. Sie rollte sich geschickt aus dem Aufzug und kam mit dem Lichtschwert in Kampfposition hoch, bereit, die Klinge zu aktivieren.
Der Einzige, dem sie sich gegenübersah, war Jag, der seinen Blaster in beiden Händen hielt und gelinde amüsiert wirkte.
»Gokobs?«, fragte er.
»Sehr witzig.«
Jaina übernahm die Spitze und führte sie den Korridor entlang zum Bunker der Flugkontrolle. Im Innern konnte sie das übliche Dutzend Machtpräsenzen wahrnehmen, alle ruhig und scheinbar auf die vor ihnen liegende Aufgabe konzentriert. Dennoch hielt sie ihr Lichtschwert einsatzbereit, als die Tür zur Seite zischte und eine gewaltige, von verschiedenen Kontrollstationen umringte Holoanzeige enthüllte. Über dem Display schwebte ein Abbild des Planeten Ossus und seiner Monde, zusammen mit Ziffern, die für Dutzende künstlicher Satelliten standen.
Eine groß gewachsene Duros-Frau – die Flugkontrollkommandantin Orame – winkte Jaina von der anderen Seite der Holoanzeige zu sich. »Kommt herein. Es gibt da etwas, das ich …«
Jainas Rückgrat prickelte vor Gefahr, und sie sprang in die Höhe, um einen weiten, kraftvollen Machtsalto zu vollführen, der sie mitten ins Herz des Planetenhologramms katapultierte. Mehrere der Flugkontrolleure schrien alarmiert auf und sprangen auf die Füße; ihre Hände tauchten mit Blastern aus den Schößen auf, die zu ziehen ihnen keine Zeit geblieben war. Jaina aktivierte ihr Lichtschwert und hieb ein halbes Dutzend Betäubungssalven zu den Männern zurück, die sie abgefeuert hatten, ehe sie neben Orame landete.
»Jaina, nein!«, rief Orame. »Ihr versteht nicht!«
»Ich verstehe …« Jaina brach ab, um einen Betäubungsschuss in die Brust eines »Flugkontrolleurs« zu befördern. »… dass die auf mich schießen!«
Auf der anderen Seite der Holoanzeige stürzten zwei Männer zuckend zu Boden; dort, wo Jags Betäubungssalven sie in den Rücken getroffen hatten, qualmten ihre Uniformen. Jaina riss einem der Angreifer mithilfe der Macht die Füße weg, dann wies sie mit der Hand auf einen anderen und schleuderte ihn mit einem Machtstoß über zwei Kontrollstationen hinweg gegen den letzten Mann mit einer Waffe.
Sie richtete die Spitze ihres Lichtschwerts auf diese letzten beiden Angreifer und befahl: »Keine Bewegung.«
Sie verharrten reglos, ebenso wie alle anderen in der Kammer, mit Ausnahme von Jag, der die Tür hinter sich sicherte und sich daranmachte, Waffen einzusammeln. Jaina ließ ihr Lichtschwert eingeschaltet, um die drohende Gefahr zu verdeutlichen, falls jemand vorhätte, Dummheiten zu begehen, und half Jag, indem sie mithilfe der Macht die Blasterpistolen von ein paar halb bewusstlosen Angreifern wegschlittern ließ.
Ohne den Blick von den Männern abzuwenden – wer auch immer sie waren –, neigte Jaina den Kopf in Orames Richtung und fragte: »Gokobs?«
»So könnte man sagen«, entgegnete sie. »Ich habe versucht, Euch zu sagen, dass die Situation stinkt, sie aber Verbündete sind.«
»Auf mich wirken sie nicht wie Verbündete«, sagte Jag. Er drückte einem der betäubten Männer ein Knie in den Rücken und fesselte dem Kerl die Hände, während er gleichzeitig sicherstellte, dass sein Gefangener ihn nicht attackieren konnte. »Verbündete feuern nicht mit Blastern auf einen.«
Mehrere Meter zur Rechten ertönte eine tiefe Stimme, fast hinter Jaina. »Das waren Betäubungsschüsse – und Jedi Solos Auftritt war ziemlich beunruhigend.«
Jaina sah dorthin, von wo die Stimme kam, und sah einen groß gewachsenen Menschen, der gebückt durch die Tür von Orames Privatbüro schritt. Er besaß ein längliches Gesicht mit eingesunkenen Augen und eine scharf geschnittene Nase, und er trug die schwarze Uniform eines GGA-Majors. Einen Schritt vor dem Büro blieb er stehen und breitete die Hände aus, die Handflächen nach außen, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war.
»Jetzt würde ich es begrüßen, wenn Sie meinen Männern gestatteten, ihre Pflichten wiederaufzunehmen.«
Jaina hielt ihr Lichtschwert weiterhin in Verteidigungsposition. »Ich glaube nicht.« Sie sah zu Orame hinüber. »Warum erzählt Ihr mir nicht, was hier vorgeht?«
Orame winkte mit einer blauen, langfingrigen Hand in Richtung des Majors. »Erlaubt mir, Euch Major Serpa vorzustellen«, sagte sie. »Augenscheinlich ist er hier, um uns zu beschützen.«
Serpa ließ ein Lächeln aufblitzen, gegen das Eis warm wirkte. »Man weiß nie, wo diese Terroristen als Nächstes zuschlagen.«
Ein dunkler Sturm toste durch Jainas Adern, und sie konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, den selbstgefälligen Major mit einem Machtstoß durch die nächste Durastahlwand zu schleudern. »Jacen hält die Akademie als Geisel?«
Serpa grinste sie weiter an. »Es gibt keinen Grund, es so zu sehen.« Er streckte eine Hand nach ihrem Lichtschwert aus. »Es wäre allerdings klug, Ihre Waffen abzugeben, bevor es noch weitere … Missverständnisse gibt.«
»Dazu wird es nicht kommen«, sagte Jaina. »Im Übrigen gebe ich Ihnen eine Stunde Zeit, sich Ihre Männer zu schnappen und von hier zu verschwinden.«
Serpas Lächeln schwand. »Ich fürchte, auch dazu wird es nicht kommen. Der Colonel hat die Sicherheit dieser Anlage und aller darin meinem Bataillon anvertraut, und ich werde meine Pflicht nicht vernachlässigen – ganz gleich wer dabei ins Kreuzfeuer gerät.«
Jag kniff die Augen mit derselben Empörung zusammen, die auch Jaina so mühsam zu unterdrücken versuchte. Er ging gegenüber von Jaina um die Holoanzeige herum und auf Serpa zu, sodass ihre Beute in der Falle saß, ohne ein Wort zu sagen.
Serpa verfolgte lediglich, wie er näher kam; seine Machtpräsenz verriet mehr Aufregung als Furcht, und mit einem Mal wurde Jaina bewusst, warum ihr Bruder ausgerechnet den Major für diese spezielle Aufgabe ausgewählt hatte.
»Warte, Jag«, sagte sie. »Ich glaube, der Major ist nicht ganz richtig im Kopf.«
Serpas Augen verdunkelten sich, und mit einer Miene der Enttäuschung wandte er sich an Jaina. »Das hängt davon ab, wie man richtig definiert, aber falls Sie damit andeuten wollten, dass es mir Vergnügen bereiten würde, diese Anlage lieber zu zerstören, anstatt sie in, ähm, bedenkliche Hände fallen zu lassen …«
Er streckte den Arm in Richtung des Mannes aus, den Jag gefesselt hatte. Ein Miniblaster schnellte aus dem Ärmel in seine Hand, und er feuerte dem Mann mitten ins Gesicht. Orame und mehrere GGA-Truppler schrien geschockt auf. Serpa sah bloß wieder Jaina an und lächelte.
»Sie haben vollkommen recht«, sagte er. »Ich würde mit Freuden jeden hier töten.«
Jag starrte Serpa an wie einen Käfer, den man zerquetschen musste, doch Jaina deaktivierte ihr Lichtschwert und bedeutete Jag, seinen Blaster zu senken. Das Ungestüm in Serpas Macht-aura verriet ihr, dass er ohne zu zögern bereit war, die Zerstörung der Akademie anzuordnen – dass er tatsächlich sogar hoffte, dass sie ihm einen Vorwand dafür liefern würden.
»Ich weiß nicht, was in meinen Bruder gefahren ist«, sagte Jaina, »dass er sich auf Ihresgleichen verlässt.«
»Sie wissen doch, wie man sagt … ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen und all das.« Serpa winkelte den Arm an, und der Miniblaster verschwand wieder in seinem Ärmel. »Wären Sie jetzt vielleicht so freundlich, Ihre Waffen niederzulegen?«
»Eigentlich nicht«, sagte Jaina, die vor dem Gedanken zurückschreckte, mit einem Soziopathen zusammenzuarbeiten, um Alema dingfest zu machen. »Und ich bezweifle, dass Sie das wirklich wollen, wenn Sie erst mal wissen, warum wir hier sind.«
Serpa runzelte die Stirn. »Das müssen Sie schon mir überlassen.«
»In Ordnung«, sagte Jag. »Wissen Sie, wer Alema Rar ist?«
»Natürlich – eine verrückt gewordene Jedi-Ritterin.« Serpa grinste wieder. »Das muss man sich mal vorstellen.«
»So was kommt vor«, sagte Jaina wütend. »Und sie ist hier irgendwo. Wir wissen nicht, was sie im Schilde führt, aber Sie können darauf wetten, dass es nichts Gutes ist.«
Serpa runzelte argwöhnisch die Stirn. »Seit wann?«
»Vermutlich seit letzter Nacht«, sagte Jag. »Wir arbeiten eine Reihe von Vektorflächen ab, die bis ins Hapes-Konsortium zurückgehen. Deshalb sind wir uns ziemlich sicher …«
»Sie kommt aus dem Konsortium?«, unterbrach Orame. »Von wo aus dem Konsortium?«
»Aus dem Terephon-Gebiet, gleich außerhalb der Vergänglichen Nebel«, antwortete Jaina. »Vom Roqoo-Depot. Warum?«
Die Winkel von Orames dünnlippigem Mund sackten nach unten. »Ich frage mich, ob das Roqoo-Depot irgendwo zwischen hier und Kavan liegt?«
Ein mulmiges Gefühl beschlich Jaina. Sie war mit der hapanischen Astrometrie nicht gut genug vertraut, um darüber Auskunft geben zu können, doch sie hatte gehört, dass Maras Leiche auf Kavan gefunden worden war.
»Die Antwort auf diese Frage wüsste ich auch gern«, sagte Jaina.
Bevor Serpa etwas dagegen einwenden konnte, tippte Orame eine Reihe von Befehlen in eine Kontrollkonsole. Das Bild über dem Holofeld verwandelte sich in eine Karte des Hapes-Konsortiums. Am Randbereich der Karte war die ungefähre Position des Roqoo-Depots verzeichnet, auf der Seite des Konsortiums, die Ossus am nächsten war. Einige Dutzend Lichtjahre entfernt – im selben System wie Hapes –, befand sich der Planet Kavan am anderen Ende einer Hyperraumroute, die geradewegs am Roqoo-Depot vorbeiführte.
»Eine gerade Linie!«, keuchte Jaina.
»Den Astrometriedaten zufolge, ja«, entgegnete Orame. »Und wenn Alema Rar beim Roqoo-Depot war …«
»Das kann kein Zufall sein«, stimmte Jaina zu. »Wenn sie es nicht selbst getan hat, war sie zumindest daran beteiligt.«
»Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen«, warnte Jag. »Vergiss nicht, dass Alema diese Frachterbesatzung erst aufgemischt hat, als Mara schon tot war. Hätte sie so kurz nach dem Mord tatsächlich solche Aufmerksamkeit auf sich gezogen?«
Jaina warf ihm einen Sei-nicht-dämlich-Blick zu und sagte nichts.
»In Ordnung.« Jag seufzte. »Wir können davon ausgehen, dass sie irgendetwas weiß.«
»Wenigstens«, sagte Jaina. Da sie sich von Sekunde zu Sekunde größere Sorgen um die Schüler machte, wandte sie sich an Serpa. »Wollen Sie jetzt immer noch, dass wir unsere Waffen niederlegen?«
»Um ehrlich zu sein, ja«, entgegnete Serpa. »Ihre kleine Aufführung gerade war sehr überzeugend, aber Alema Rar ist nicht auf Ossus. Mein Team hat den Kontrollraum bereits vor …«
»Hätten Sie sie in einem StealthX landen sehen?«, fragte Jaina.
Sie machte sich nicht die Mühe zu erklären, dass Alema etwas anderes flog, ein Raumschiff, von dem sie immer noch nicht recht wussten, worum es sich dabei eigentlich genau handelte, das jedoch nichtsdestotrotz ebenso schwer zu registrieren war wie ein StealthX-Jäger.
Serpa dachte einen Moment darüber nach, dann zog er ein Komlink aus der Ärmeltasche und öffnete einen Kanal. »Captain Tong, ich will eine Statusüberprüfung aller Stationen. Melden Sie mir alles Ungewöhnliche – jede Kleinigkeit.«
»Wie Sie wünschen, Sir«, erwiderte eine Frauenstimme deutlich. »Ich werde Ihnen in Kürze Bericht erstatten.«
Anstatt auf das Piepsen der eingehenden Statusmeldungen zu warten, streckte Serpa den Arm aus und starrte das Komlink an, um jedes Mal zu lächeln und zu nicken, wenn eine Station meldete, dass alles normal war. Jaina wurde klar, dass sie und Jag sehr darauf bedacht sein mussten, wie sie mit dem Major umgingen, damit sie ihn nicht dazu veranlassten, irgendetwas Überstürztes zu tun.
Während Serpa weiter den Berichten lauschte, senkte Jaina ihre Stimme zu einem Flüstern und fragte Orame: »Was ist mit den Ausbildern? Warum haben sie nicht versucht, ihn aufzuhalten?«
Orame schüttelte den Kopf. »Die einzigen Jedi hier sind die Meister Solusar und ein halbes Dutzend unerfahrener Jedi-Ritter auf Patrouille«, sagte sie. »Alle anderen sind zur Bestattung nach Coruscant gereist.«
»Das muss man sich mal vorstellen«, sagte Serpa und schaute von seinem Komlink auf. »Da steht die Akademie plötzlich ohne ihre Jedi da, während Terroristen überall in der Galaxis für Chaos sorgen. Ein Glück, dass wir rechtzeitig hier eingetroffen sind.«
Orames blaues Gesicht verdunkelte sich zu Lila. »Der einzige Grund, warum Ihr Shuttle es in einem Stück bis runter zum Boden geschafft hat, ist, dass Sie einen Notfall vorgetäuscht und um medizinische Unterstützung gebeten haben.«
»Unter den gegebenen Umständen schien ein Bombardement zu extrem«, sagte Serpa liebenswürdig. »Immerhin stehen die Jedi und die Garde der Galaktischen Allianz auf derselben Seite.«
»Zumindest sollten wir das.« Obwohl das Ausmaß von Jacens Verrat Jaina nicht wirklich überraschte, versetzte die Erkenntnis ihr doch einen Stich. Als Jugendlicher war er eine so sanftmütige Seele gewesen – ein so fürsorglicher Bruder –, dass sie sich niemals hätte vorstellen können, was als Erwachsener aus ihm werden würde, dass er ihr und dem gesamten Jedi-Orden jemals derart schaden würde. »Offen gestanden, fange ich an, da so meine Zweifel zu haben.«
»Sehen Sie?«, sagte Serpa. »Aus diesem Grund hat der Colonel mich hergeschickt – um dafür zu sorgen, dass wir alle Freunde bleiben.«
»Jacens Vorstellung von Freundschaft war mir schon immer suspekt«, sagte Jag. »Was haben Sie über Alema rausgefunden?«
»Sie wissen doch längst, was ich rausgefunden habe.« Serpa bedachte ihn mit einem durchtriebenen Grinsen. »Dass sie, wo immer sie auch sein mag, nicht hier ist.«
»Das können Sie nicht wissen«, sagte Jaina. »Bloß, weil keine Ihrer Sicherheitsstationen irgendetwas Ungewöhnliches gemeldet hat …«
»Wir haben eine Menge Sicherheitsstationen«, unterbrach Serpa. »Ich kann Ihnen sogar sagen, wie viele Gokobs gerade Potam aus den Küchen stibitzen.«
»Alema ist kein Gokob«, sagte Jaina. »Sie könnte geradewegs an einer Ihrer Wachen vorbeispazieren, und er würde sich nicht einmal daran erinnern, sie gesehen zu haben.«
»Meine Wachen würden sich nicht daran erinnern, sie gesehen zu haben.« Serpa ahmte den monotonen Tonfall nach, den die Zielpersonen von Machtsuggestion häufig an den Tag legten – dann rollte er mit den Augen. »Oh, biiiitte! Colonel Solo hat uns gut gegen eure Jedi-Gedankentricks immun gemacht.«
»Das ist kein Trick«, sagte Jag. »Alema Rar besitzt die Fähigkeit, die Erinnerung daran, sie gesehen zu haben, selbst aus dem Bewusstsein von Jedi zu löschen. Es wäre ihr ein Leichtes, die einfältigen Skulags unter Ihrem Kommando zu täuschen.«
»Einfältige Skulags?« Serpa schien einen Moment lang über die Bezeichnung nachzudenken, dann nickte er und streckte Jaina die Hand entgegen. »Vermutlich haben Sie recht. Ich fürchte, ich muss Ihnen jetzt Ihre Waffen und Komlinks abnehmen – meine Skulags könnten Sie versehentlich für den Feind halten und dafür mit ihrem Leben bezahlen.«
»Keine Chance«, sagte Jaina. Sie bedeutete Jag mit einem Nicken, sich zur Tür zu begeben, ehe sie selbst um die große Holoanzeige herumzugehen begann. »Wir machen uns auf die Suche nach Alema Rar. Sagen Sie Ihren Leuten, dass sie uns nicht in die Quere kommen sollen.«
»Tut mir leid – das kann ich nicht zulassen«, sagte Serpa hinter ihnen. »Wie ich schon sagte, werde ich diese Anlage keinerlei Gefahr aussetzen, indem ich unautorisierten Personen gestatte, mit Waffen herumzulaufen – ganz gleich, wer dabei ins Kreuzfeuer gerät.«
Keine Vorahnung drohender Gefahr ließ Jainas Rückgrat kribbeln, doch in Serpas Stimme lag etwas Kaltes, das sie dazu veranlasste, stehen zu bleiben und sich umzudrehen. »Ich hoffe, das soll keine Drohung gegen die Jünglinge sein.«
»Ich weise bloß auf das Risiko hin, dem Sie die jungen Leute aussetzen«, sagte Serpa gelassen. »Die Regeln dienen dazu, jedermanns Sicherheit zu gewährleisten. Ich muss wirklich darauf bestehen, dass Sie mir jetzt Ihre Waffen und Komlinks aushändigen … falls Sie die Absicht haben, sich weiterhin auf dem Gelände der Akademie aufzuhalten.«
Jaina runzelte die Stirn. »Falls wir die Absicht haben zu bleiben?« Sie hatte nicht ernsthaft erwartet, dass Serpa sie einfach gehen lassen würde, aber verglichen mit ihren Jüngsten waren sie und Jag relativ wertlose Geiseln. »Sie würden uns gehen lassen?«
»Colonel Solo will, dass diese Operation unter strengster Geheimhaltung durchgeführt wird, aber …« Serpa winkte mit einer Hand in Richtung der übel zugerichteten Soldaten, die sich immer noch mühten, sich vom Boden aufzurappeln. »… sieht das so aus, als könnte ich Sie aufhalten? Wenn Sie die Meister Tionne und Solusar hier mit nur einer Handvoll unerfahrener Jedi-Ritter zurücklassen wollen, um, ähm, zwischen meinem Bataillon von Skulags und all diesen Jedi-Jünglingen zu vermitteln … nun, dann bin ich Realist genug, um mir darüber im Klaren zu sein, dass die Entscheidung ganz bei Ihnen liegt.«
Mit einem Mal breitete sich in Jainas Magen eine gewisse Übelkeit aus. Zwar drohte Serpa dem Jedi-Nachwuchs nicht direkt, doch er wies sehr wohl darauf hin, in welcher Gefahr sie schwebten, falls sich die Situation zwischen Jacen und den Jedi noch weiter verschlechterte. Acht Jedi würden nicht genügen, um Hunderte von Kindern vor einem ganzen GGA-Bataillon zu beschützen – vor allem dann nicht, wenn sechs davon nahezu unerfahren waren.
Jag erreichte den Ausgang und streckte die Hand nach der Kontrolltafel aus, um die Tür zu entriegeln, die er vorhin gesichert hatte.
Jaina bedeutete ihm innezuhalten. »Jag, warte.« Sie konnte nicht glauben, dass ihr Bruder Serpa tatsächlich befehlen würde, den Akademieschülern ein Leid zuzufügen – doch andererseits hatte Jacen in letzter Zeit eine Menge Dinge getan, die sie nicht glauben konnte. »Ich denke, wir sollten ihnen lieber unsere Waffen aushändigen.«
Jag blickte sie so finster an, als wäre sie psychisch genauso aus dem Gleichgewicht wie Serpa. »Warum, bei allen sechs Novä, sollten wir das tun?«
»Aus demselben Grund, aus dem die Meister Tionne und Solusar es getan haben.« Während Jaina sprach, streckte sie ihre Machtfühler nach Zekk aus, öffnete sich dem Kampfgeflecht und drängte ihn, Alema zu vergessen, sich weiterhin verborgen zu halten und zu warten, bis er gebraucht wurde. »Weil wir kein gesamtes GGA-Bataillon außer Gefecht setzen können, ohne dass dabei viele Kinder ums Leben kommen würden, und weil die Lage momentan noch nicht so verzweifelt ist.«
Serpa lächelte. »Ich wusste, dass Sie die Angelegenheit letztlich genauso sehen würden wie ich.«
»Sie können sehr überzeugend sein.« Jaina öffnete ihr Lichtschwert und entfernte den Fokussierkristall. »Ich bin mir sicher, dass mein Bruder Sie deshalb mit dieser Mission betraut hat.«
»Das ist einer von mehreren Gründen.« Serpa kam um die Holoanzeige herum und nahm Lichtschwert und Blasterpistole von ihr entgegen, dann wandte er sich Jag zu. »Fel?«
Jag nahm die Energiezellen aus seinem Blaster und der Vibroklinge, dann kehrte er an Jainas Seite zurück und hielt Serpa die Waffen gerade außer Reichweite hin.
»Ich will unsere Suche fortsetzen«, sagte Jag. »Ob es Ihnen und Ihren Männern nun bewusst ist oder nicht, Alema Rar ist hier.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Serpa wartete, bis Jag ihm die Waffen in die Hände legte, dann sagte er: »Und lassen Sie es mich wissen, falls Sie sie tatsächlich finden. Dann schicke ich jemanden, der die Sauerei wegmacht.«