Gruppeninterview
Mit den Star Wars: Wächter der Macht-Autoren Aaron Allston (Intrigen, Exil, Zorn), Karen Traviss (Blutlinien, Opfer, Enthüllungen) und Troy Denning (Sturmfront, Inferno, Sieg).
FRAGE: In Ordnung, kommen wir gleich zur Sache: dem Tod von Mara Jade durch die Hand von Jacen Solo. Wer hatte diesen Einfall, und wie wurde diese Idee von den anderen bei den ursprünglichen Storykonferenzen aufgenommen?
TROY DENNING: Das ist Ihre erste Frage? Bei Ihnen klingt das so, als wären wir ein Killerkommando.
AARON ALLSTON: Die Idee kam bei unserem Treffen gegen Ende 2004 auf der Big Rock Ranch auf, aber ich weigere mich zu sagen, wer den Einfall als Erstes hatte. Dazu lasse ich mich nicht herab.
KAREN TRAVISS: Ich fürchte, ich war es, die vorgeschlagen hat, dass Jacen jemanden töten müsse, den er liebt. Aber ich bin ja hier die Britin. Wir sind immer die Bösen.
AA: Wenn ich mich recht entsinne, rief die Idee gemischte Gefühle hervor. Jeder erkannte die dramatischen Möglichkeiten, die Maras Tod mit sich brachte. Aber nicht alle waren glücklich über den Gedanken, sie gehen zu sehen.
TD: Trotzdem gab es keine Faustkämpfe, nichts im Sinne einer vollkommen verfahrenen Geschworenengruppe. Wir wussten, dass die Handlung eine Krise erforderte, die Ben bis ins Mark erschüttern und ihn wirklich dazu bringen würde, darüber nachzudenken, wozu er gerade wurde. Niemand hatte vor, Mara einfach nur so zum Spaß umzubringen.
KT: Ich brachte einen Versuch zur Sprache, den die deutsche SS (oder vielleicht war es auch die Gestapo) durchgeführt hat: Sie gaben jedem Rekruten einen Welpen – einen deutschen Schäferhund, glaube ich – und ermutigten ihn dazu, eine Bindung zu dem Hund aufzubauen, ihn gegen die Hunde anderer Kadetten antreten zu lassen und ihm allgemeine Zuneigung entgegenzubringen. Dann, sobald sie dem Hund wirklich zugetan waren, befahl man ihnen, das Tier zu erwürgen. Wenn sie dem Befehl nicht Folge leisten konnten, waren sie draußen. Ich sagte, das wäre ein typischer Sith-Test – dass man dem Sith-Ideal so treu ergeben ist, dass man jeden Befehl befolgen und jemanden töten würde, den man liebt, um zu beweisen, dass man imstande ist, den Job vor alles andere zu stellen. In Opfer gibt es sogar eine Anspielung darauf, als Jacen über die Nosito-Welpen nachdenkt.
FRAGE: Habt ihr in Anbetracht der Fan-Reaktionen auf den Tod von Chewbacca und Anakin Bedenken gehabt, einen weiteren beliebten Charakter zu meucheln?
AA: Definitiv. Aus diesem und anderen Gründen ist das das Ereignis, auf das ich mich an der gesamten Reihe am wenigsten gefreut habe.
KT: Nun, niemand lebt ewig. In Romanen ist es oft besser, dass sie umgeben von Glorienschein abtreten, als inkontinent und senil im Altersheim von Coruscant. Die Leser sind traurig darüber, beliebte Charaktere sterben zu sehen – wir würden unseren Job nicht richtig machen, wenn diese Tode sie nicht berühren würden –, doch nur wenige Fans gehen deswegen zu Drohungen und Beschimpfungen über.
TD: In guten Geschichten spielt die Tragödie eine ebenso große Rolle wie der Triumph. Beim Schreiben ist mir stets am allerwichtigsten, eine Geschichte zu konzipieren, die sowohl spannend als auch logisch ist (weshalb ich niemals einen Charakter willkürlich auslöschen würde). Alles in allem waren die Reaktionen, die ich erhielt, nachdem ich Anakins Tod geschrieben hatte, in Ordnung. Die Leute waren traurig (genau wie ich) – und ein paar waren verärgert –, aber die meisten Leser waren sich darin einig, dass Anakins Tod das war, was »Das Erbe der Jedi-Ritter« zu einer starken und einnehmenden Geschichte gemacht hat.
KT: Fiktion sollte uns starke Emotionen durchleben lassen. Das versetzt uns als Leser in die Lage, schwierige emotionale Ereignisse in einer sicheren Umgebung zu »proben«, deshalb haben fiktive Tode in der menschlichen Psychologie eine wichtige Funktion. Und, ehrlich gesagt, ist der Gedanke, dass die Helden nicht sterben können, keine gute Art, Geschichten zu erzählen, soweit es mich betrifft. Wenn der Leser weiß, dass ihnen nie etwas zustoßen kann, wo bleibt dann das Drama, das Risiko?
FRAGE: Ein Einwand, den ich gegen den Tod von beliebten Charakteren gehört habe, ist, dass die Leser, wenn sie Realismus wollen, ein Buch von Updike zur Hand nehmen. Inwiefern nehmt ihr euch das zu Herzen?
AA: Viele Fans sind dieser Meinung und viele andere nicht. Das ist keine universelle Angelegenheit. Die, die den Toden ablehnend gegenüberstehen, neigen dazu, sich lautstärker Gehör zu verschaffen.
TD: Du würdest doch nicht versuchen, eine Kontroverse vom Zaun zu brechen, oder?
AA: Ich erinnere mich lebhaft daran, wie ich als Kind einen Roman über Robin Hood las, in dem er starb. Ich war schockiert. »Robin Hood kann nicht sterben. Die Geschichte kann nicht zu Ende sein.« Doch die Wahrheit ist, Charaktere in Gefahr zu bringen und dann niemals einen davon umkommen zu lassen – oder zumindest keinen von den wichtigen – raubt einer Reihe jegliche Spannung. Oh, liebe Güte, Luke schwebt mal wieder in Lebensgefahr, soso.
Und sicher, wir könnten Spannung erzeugen, indem wir drohen, Charaktere unglücklich zu machen, ohne sie tatsächlich umzubringen. Man beachte aber bitte, dass ich sagte »sie in Gefahr zu bringen«. Körperliche Gefahr, die Gefahr des bevorstehenden Todes, ist seit Eine neue Hoffnung ein fester Bestandteil der Star Wars-Reihe. Also haben wir entweder Charaktere in Gefahr und sorgen dafür, dass diese Bedrohung bedeutungsvoll ist, oder wir haben überhaupt keine Gefahr, was eine gewaltige Veränderung für die Art und Weise mit sich bringen würde, wie das Universum dargestellt wird.
KT: Star Wars verfügt über eine große Bandbreite, und es gibt da draußen bereits jede Menge realitätsfernes Material, das die Leute sehen können, wenn sie wollen, aber es gibt ebenfalls viele, viele Leser, die etwas möchten, in dem die Probleme nachhallen, denen sie sich im wahren Leben gegenübersehen. Wie Aaron schon sagte, man gelangt an einen Punkt, an dem die Geschichte ausgelutscht wirkt, wenn die Protagonisten keinen echten Bedrohungen und Risiken ausgesetzt sind.
FRAGE: Wie steht ihr zu dem Online-Wettbewerb, mit dem Jacens Sith-Name gesucht wurde?
TD: Ich denke, der Wettbewerb war eine gute Idee, ein spaßiger Kniff. Natürlich werden wir abwarten müssen, wie den Fans der »Gewinnername« gefällt, für den sie sich entschieden haben.
FRAGE: Luke ist schon früher auf die Dunkle Seite übergewechselt. Wird Maras Tod ihn erneut in diese Richtung stoßen?
TD: Wie Sie wissen, können wir darauf keine Antwort geben.
FRAGE: Hey, einen Versuch war es wert! Wo wir gerade davon sprechen: Han ist mit Chewbaccas Tod auch nicht sonderlich gut zurechtgekommen. Zu wissen, dass sich sein Sohn der Dunklen Seite zugewandt hat und für die Ermordung der Frau seines besten Freundes verantwortlich ist – nach alldem kann man sich gut vorzustellen, dass selbst Leia nicht in der Lage wäre, Han im Zaum zu halten …
AA: Um ehrlich zu sein, ist das eine ziemlich eigenartige Sichtweise. Das ist die Sichtweise von jemandem, für den Luke – ein Übercharakter, der seinen Ursprung in den Filmen hat – wesentlich wichtiger ist als Jacen, ein Charakter aus dem Erweiterten Universum. Doch aus Hans Perspektive ergibt das keinen Sinn. Luke ist sein bester Freund. Jacen ist sein Sohn. Er liebt sie beide und wäre am Boden zerstört, auch nur einen von ihnen zu verlieren. Anstatt sein Blasterhalfter anzulegen und loszustürmen, um seinen Jungen zu erschießen, würde er viel eher in einem schrecklichen emotionalen Zwiespalt stecken.
FRAGE: Ist Jacens Wechsel auf die Dunkle Seite etwas, das allein für diese Reihe beschlossen wurde, oder ist das eine Handlungsentwicklung, die uns noch einige Zeit erhalten bleiben wird? Anders ausgedrückt: Gibt es in dieser Hinsicht so eine Art »Überplot«, der sich weit in die Zukunft erstreckt?
AA: Soweit ich mich entsinne, hat man sich lediglich für diese Reihe darauf festgelegt, auch wenn diese Entscheidung frühzeitig genug getroffen wurde, dass Troy in der Lage war, dafür zu sorgen, dass das Ganze in der Dunkles Nest-Trilogie bereits seinen Schatten vorauswirft.
TD: Ja, die Grundidee kam mir, während ich diese Trilogie schrieb und mir darüber klar zu werden versuchte, was Jacen auf seiner Reise, mehr über die Macht zu erfahren, entdeckt. Als ich davon erfuhr, dass die Redakteure bei Lucasfilm und Del Rey nach Einfällen für die neuen Reihen suchten, erzählte ich ihnen, was mir durch den Kopf gegangen war, und das wurde dann der Keim für Wächter der Macht.
AA: Über irgendeinen »Überplot« ist mir trotzdem nichts bekannt. Wir haben uns bezüglich der Dunkles Nest- und Wächter-Reihen ein wenig miteinander abgesprochen, um die Einheitlichkeit zu wahren, aber wir legen in unserer Reihe nicht den Grundstein für deren Handlungsstränge.
FRAGE: Hat irgendetwas am Erziehungsstil von Han und Leia dazu beigetragen, dass Jacen den dunklen Pfad eingeschlagen hat? Sind sie in irgendeiner Form dafür verantwortlich?
KT: Ich frage mich, ob überhaupt jemals irgendeins der Skywalker/Solo-Kinder eine anständige Erziehung genossen hat? Gäbe es auf Coruscant ein vernünftiges Jugendamt, hätten die sie allesamt in ihre Obhut genommen, glaube ich – die Risiken, denen sie schon von klein auf ausgesetzt sind, sind schockierend. Ben hat seinen eigenen Weg gefunden – was nicht leicht für ihn ist. Die Nachkommenschaft der ersten Garde neigt dazu, ziemlich schnell durchzudrehen, wenn sie versucht, ihren legendären Eltern nachzueifern, wie wir aus dem wahren Leben wissen.
AA: Das ist der Generationskonflikt, nur mit Lichtschwert.
TD: Jacen wurde von den Yuuzhan Vong gefangen genommen und von Vergere einer Gehirnwäsche unterzogen, also hat er eine Menge durchgemacht, das nicht das Werk seiner Eltern war. Doch letzten Endes ist die einzige Person, die die Verantwortung dafür trägt, wozu Jacen geworden ist, er selbst.
KT: Richtig. Ich stimme zu, dass seine Erfahrungen mit den Vong und Vergere ihn geprägt und seine Sichtweise in Bezug auf seine eigene Fehlbarkeit verzerrt haben. Doch unterm Strich ist Jacen lediglich ein sehr kluger Bursche mit einer übersteigert hohen Meinung von sich selbst. Wie so viele andere an der Macht – vor allem von den Fähigsten –, nähert er sich dem Bösen Schritt für Schritt, und alles lässt sich viel zu einfach regeln, alles lässt sich viel zu einfach vor sich selbst rechtfertigen. Er ist nicht von Anfang an psychisch labil, doch Macht korrumpiert nun mal und verändert einen auch, und es gibt keinen Zweifel daran, dass Macht Leute ernsthaft aus dem Gleichgewicht bringen kann. Allerdings ist nichts davon unvermeidlich: Viele, viele Menschen, die schreckliche Traumata erleiden und ein alptraumhaftes Familienleben haben, enden nicht als hinterhältige Killer, und manchmal bringen die anständigsten, verantwortungsvollsten Eltern trotz ihrer besten Bemühungen fürchterliche Gören hervor. Letzten Endes sind die Einzigen, die für das verantwortlich sind, was wir tun, wir selbst.
FRAGE: Wie habt ihr die Reihenfolge festgelegt, in der ihr die Romane der Wächter-Reihe schreiben würdet?
AA: Das haben unsere Redakteurinnen, Shelly Shapiro von Del Rey und Sue Rostoni von Lucas Licensing, entschieden.
FRAGE: Wie stark sind Sue und Shelly involviert? Und inwiefern unterscheiden sich die Rollen dieser beiden Redakteurinnen voneinander?
AA: Sie sind wirklich überaus involviert und wissen bestens über alles Bescheid, was in der Reihe vorgeht. Und ihre Rollen unterscheiden sich tatsächlich. Shelly ist eher auf die schreiberischen Aspekte der Romane bedacht, auf die Koordination zwischen den Autoren, die innere Logik der Handlung außerhalb des Kontextes des Erweiterten Universums. Sue hingegen ist ein wenig mehr auf die Kontinuität konzentriert, auf die Anforderungen von Lucasfilm, darauf, die Erwartungen der Fans zu erfüllen und den Charakteren treu zu bleiben. Aber falls sie sich im Hinblick auf diese unterschiedlichen Verantwortlichkeiten jemals in die Haare gekriegt haben, nun, dann habe ich davon jedenfalls noch nie etwas mitbekommen.
KT: Es spielt keine Rolle, wie detailliert man plant (wir fertigen vierzig Seiten lange Exposés für jeden Roman an) und wie viel man mit seinen Mitautoren redet, man kann unmöglich über alles Bescheid wissen, was die anderen gerade machen. Aus diesem Grund brauchen wir Sue und Shelly. Es ist von größter Wichtigkeit, zwei Leute mit einem objektiveren Blick zu haben, die die Romane nicht schreiben und deshalb imstande sind, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen.
TD: Sie sind das Schmiermittel, das die Dinge in Bewegung hält, und der Leim, der alles zusammenhält. Sie sind vermutlich diejenigen, die am härtesten arbeiten, um sicherzustellen, dass all die Interpretationsunterschiede unserer ursprünglichen Storynotizen ausgebügelt werden. Man kann ihre Bedeutung für diese Reihe nicht genug betonen.
FRAGE: Wie oft unterhaltet ihr drei euch miteinander? Und kommuniziert ihr größtenteils übers Telefon? Oder über E-Mail?
KT: Über E-Mail. In Großbritannien befinde ich mich in einer vollkommen anderen Zeitzone, weshalb Telefonanrufe nicht unbedingt praktisch sind, und ich ziehe es ohnehin vor, die Dinge in einem wiederauffindbaren, überprüfbaren Format vorliegen zu haben. Wir haben stoßweisen Kontakt und hören dann wochenlang nichts voneinander. Immerhin müssen die Bücher auch geschrieben werden.
FRAGE: Was tut ihr, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten kommt?
TD: Zum Glück teilen wir uns alle ein Gehirn, deshalb sind wir immer alle einer Meinung. Aber mal im Ernst: Das war noch nie ein Problem.
KT: Jeder konzentriert sich auf das, was für die Reihe am besten ist, nicht auf persönliche Interessen.
FRAGE: Wie hat sich euer Verständnis der hellen und der dunklen Seite der Macht während des Schreibens dieser Bücher verändert?
KT: Nicht so sehr das Verständnis für die Macht, aber für die Natur von Macht-Nutzern. Mittlerweile wirkt das Ganze mehr und mehr sektiererisch auf mich. Boba sagt, dass innerhalb einer winzigen, nicht gewählten Elite ein kleiner religiöser Abspaltungskrieg tobt, in den Billionen andere mit hineingezogen werden. Die Leser sehen das Gros von Star Wars offensichtlich aus einem sehr Jedi-orientierten Blickwinkel, aber ich würde darauf wetten, dass der durchschnittliche galaktische Bürger nicht mehr über den Jedi-Rat und wozu er in der Lage ist weiß als die meisten Bürger im wahren Leben über die Weltbank wissen.
TD: Ich hatte immer das Gefühl, dass Yoda, als er Luke von der Hellen und der Dunklen Seite erzählt hat, über die hellen und dunklen Seiten in uns selbst sprach, nicht in der Macht als solcher.
FRAGE: Die Jedi aus Yodas Tagen glaubten, dass romantische und familiäre Beziehungen zwischen Jedi bloß zu einer Katastrophe führen konnten. Wurde diese Ansicht durch die Geschichte Darth Vaders und seiner Kinder und Enkelkinder nicht ziemlich nachdrücklich bestätigt?
AA: Ich denke, dass die Jedi der Republik-Ära der Ansicht sind, dass es eher zutrifft, dass Verbundenheit allgemein zur Katastrophe führt, aber ich hoffe, wir werden zeigen, dass nicht alle Liebe gleichbedeutend mit dieser Art von Verbundenheit ist. Ich glaube, dass beliebig viele Jedi heiraten und Kinder haben könnten, ohne dadurch irgendwelche Tragödien heraufzubeschwören. Ich denke, ein Teil des Problems ist, dass die Familie Skywalker für Star Wars genauso wichtig ist wie das Haus Atreus in der griechischen Mythologie – und dass sie genauso viel »Glück« hat. Sprich: Sie sind sehr wichtig … aber sonderlich viel Glück ist ihnen nicht beschieden.
KT: Nein, ich tendiere dazu zu glauben dass Yoda recht hat. Es sollte Jedi nicht erlaubt sein, Familie zu haben. Diese Leute sind Superwaffen, und sobald sie ihre Fähigkeit verlieren, objektiv zu sein – wie viel moralischen Verfall ihnen diese sogenannte Distanziertheit auch immer gegen Ende der Republik eingebracht hat –, so führen diese Familienfehden doch letztlich dazu, dass die gesamte Galaxis da mit hineingezogen wird. Die Wächter der Macht-Saga dreht sich im Grunde um einen Familienknatsch, an dem ein oder zwei Expartner beteiligt sind, die einen galaktischen Krieg verursachen. Erkennen sie die Ironie daran? Ich weiß es nicht. Aber wie alle Menschen mit gewaltiger Macht und einem Sinn für dynastischen Anspruch verlieren sie den Ball aus den Augen und treffen Entscheidungen, die darauf basieren, was sie für die Leute für richtig halten, die sie lieben, und nicht für den Großteil der Bevölkerung – ganz gleich, was sie auch glauben mögen, dass sie es tun. Sie sind bloß Menschen. Das Problem dabei ist, dass das auf ihre Kräfte und ihren Einfluss nicht zutrifft …
TD: Lasst uns nicht vergessen, dass der Ahnenlinie von Anakin Skywalker viel Gutes entsprungen ist: Luke, Leia, Anakin Solo, Jaina … Was aus Ben wird, muss man abwarten, aber selbst Jacen war dafür verantwortlich, dass der Yuuzhan-Vong-Krieg ein Ende gefunden hat.
FRAGE: Jeder von euch ist dafür bekannt, einen bestimmten Charakter kreiert oder weiterentwickelt zu haben: Allston – Wedge Antilles; Traviss – Boba Fett; Denning – Alema Rar. Es muss ein Riesenspaß sein, all diese Figuren in die sich über mehrere Bücher erstreckende Komplexität der Wächter-Reihe einzuweben! Sind das die Charaktere, über die ihr am liebsten schreibt?
TD: Ich habe beim Schreiben der meisten Charaktere Spaß. Wenn ich in ihr Denken eindringen und wirklich verstehen kann, was sie wollen und was sie bereit sind zu tun, um das zu bekommen, dann fühle ich mich auf einer unterbewussten Ebene mit ihnen verbunden, und sie erwachen in meinem Kopf einfach zum Leben. Wenn das geschieht, wird jeder Charakter zu meiner Lieblingsfigur, ganz gleich über wen ich in diesem Augenblick gerade schreibe.
AA: Wedge ist mein Lieblingscharakter, das stimmt. Ich habe in anderen Interviews gesagt, dass er mich deshalb derart interessiert, weil er ein moralischer Mörder ist. Der Mörderteil ist nicht so interessant – von diesem Standpunkt aus betrachtet ist er ein Mann, der immer ein Ziel, ein Motiv und eine Möglichkeit hat. Nein, es ist die Moral, die mich hier interessiert, sein Bemühen, die richtige Entscheidung zu treffen, wen zu töten »in Ordnung« ist, damit diese seine Entscheidung diejenigen, die er befehligt oder inspiriert, nicht irgendeinen holprigen Pfad entlangführt. Wie den, dem Jacen folgt, zum Beispiel.
Doch ich habe Spaß am Schreiben vieler Charaktere, und es fällt mir gruselig leicht, in Jacens Denkweise zu schlüpfen, wenn ich über ihn schreibe. Wir sind gar nicht so verschieden, er und ich. Abgesehen davon, dass er besser aussieht und Superkräfte hat und sogar noch böser ist.
KT: Ich liebe es, über Boba zu schreiben, und mehr über seine schrecklich dysfunktionale Familie und seine vollkommene Entfremdung von seiner eigenen Kultur zu erzählen, war genau mein Ding. (Und zwangsläufig – ich finde es erstaunlich, dass dieser Mann immer noch klaren Verstandes ist, wenn man bedenkt, wie er aufgewachsen ist.) Er ist unglaublich vielschichtig, und das bedeutet, dass es jede Menge Geschichten über ihn zu erzählen gibt. Auch ich hatte viel Spaß mit der verrückten Alema und Lumiya – es war faszinierend, ihre gemeinsame Szene in Opfer zu schreiben, besonders im Hinblick darauf, wie unterschiedlich sie mit ihren Verunstaltungen umgehen. Ich mag die Herausforderung, mich in Charaktere hineinzuversetzen, die ich nicht allzu gut kenne. Ich denke, die Figur, über die zu schreiben ich am meisten genossen habe, war allerdings Admiralin Niathal – keine Ahnung, warum, aber als die »militaristische« Mon-Cal-Admiralin in Aarons Exposé zu Intrigen erwähnt wurde, nahm mich die Vorstellung einfach gefangen, und sie füllte einfach so Seite um Seite.
Und so verrückt das auch klingen mag, ich mochte es, über Jacen zu schreiben. Vielleicht, weil ich mich mit dem Wissen besser fühle, dass all diese Jahre, die ich damit zugebracht habe, mit Politikern zu arbeiten, am Ende tatsächlich einen Nutzen hatten.
FRAGE: Lumiya hatte ihren ersten Auftritt in den Star Wars-Comics und ist dann rüber in die Romane gesprungen. Wessen Idee war es, sie für diese Reihe zurückzuholen? Wie genau integriert in das offizielle Star Wars-Universum ist das ganze alte Comic-Material? Ich habe den Eindruck, dass damals wesentlich weniger Wert auf Zeitlinienkontinuität und dergleichen gelegt wurde als heutzutage.
AA: Bevor man sich für Lumiya entschied, hatten wir einen Charakter, Jacens Sith-Mentor, der lediglich »der Zauberer« genannt wurde. Irgendwann hatte jemand den Einfall, Lumiya zum Zauberer zu machen, und sie passte wirklich gut in die Rolle.
KT: Ich glaube, das war tatsächlich Sue Rostonis Idee.
AA: Lumiyas Gegenwart bedeutet allerdings nicht, dass jedes Ereignis aus den Comics als Bestandteil der gegenwärtigen Kontinuität des Erweiterten Universums betrachtet werden kann. Dann passt einfach nicht alles nahtlos zusammen.
KT: Bei einem dreißig Jahre alten Franchise ist die Kontinuität stets eine Herausforderung, aber solange die Leute in dieser Hinsicht vernünftig bleiben, die Beschränkungen anerkennen und sich darüber im Klaren sind, dass niemals alles perfekt passen wird, wie auch, dass die Handlung fiktiv und keine Religion ist, können wir alle unseren Spaß haben. Sobald die Kontinuität wichtiger wird als die Geschichten und Themen, ist die Saga vorbei.
FRAGE: Ich weiß, dass ihr keine Spoiler verraten dürft, aber vielleicht ja irgendwelche Hinweise darauf, was in den übrigen Büchern der Wächter-Reihe auf uns wartet?
AA: Hinweise ohne Spoiler? Das ist knifflig. Wie wär’s damit: »Es wird Seiten geben. Jede Menge Seiten. Auf den meisten davon werden Buchstaben zu finden sein, und der Großteil dieser Buchstaben wird dem römischen Alphabet entstammen.«
Aah. Jetzt fühle ich mich besser.
TD: Man wird definitiv einige gewaltige Raumschlachten und klassische Lichtschwertduelle geboten bekommen.
KT: Boba entwickelt nicht unversehens ein Herz aus Gold … Das kann ich euch versichern.
FRAGE: Abgesehen von Star Wars hat jeder von euch noch seine eigenen Projekte. Wie haltet ihr da das Gleichgewicht?
AA: Indem ich immerzu arbeite!
KT: Ich teile meine Zeit je zur Hälfte zwischen meinen eigenen Romanen und solchen zu anderen Lizenzthemen auf. Was das betrifft, bin ich ziemlich langweilig – ich betreibe ein Geschäft und arbeite nach Terminkalender.
TD: Ich neige dazu, wie verrückt an einem Projekt zu arbeiten, um dann ein bisschen Luft zu schnappen und in das nächste einzutauchen. Ich habe von Autoren gehört, die an zwei – oder sogar drei – Romanen gleichzeitig arbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, warum – wenn ich mitten in einem Projekt stecke, fällt es mir schwer, an irgendetwas anderes zu denken. Ich gehe nicht ans Telefon, die Mails stapeln sich, mein Haar wird lang …
FRAGE: Troy, langes Haar steht Ihnen gut! Dankeschön an euch drei, dass ihr euch die Zeit genommen habt, meine Fragen mit so viel Geduld und Humor zu beantworten – möge die Macht auch weiterhin mit euch sein!
(Aus dem Englischen übertragen von Andreas Kasprzak)