Epilog mit dem Lamm

Kalt.

Und hell.

Es stach in den Augen. Augen? Augen! Die Augen waren oben. Im Kopf. Der Kopf konnte auch atmen und riechen, tausend Dinge, süß und scharf und warm und blau. Alles durcheinander. Und hören: ein Rauschen draußen und ein Pochen drinnen. Früher hatte es kein Draußen gegeben. Jetzt schon. Frieren konnte man überall, auch weiter unten, wo kein Kopf mehr war.

Das Lamm zitterte. Es wollte weg. Weg bedeutete erst einmal weg von unten, wo es am kältesten war. Das Lamm streckte Dinge - Beine? -, und tatsächlich: die Bodenkälte entfernte sich. Dann ging etwas schief, und schon war der Boden wieder da, kalt und besonders hart. Noch einmal! Zuerst hinten. Hinten war, wo der Kopf nicht war. Hinten war einfacher. Dann vorne. Alles schwankte, aber der Boden blieb, wo er hingehörte: unten.

Das Hell floss in Kreisen zusammen. In Kreisen und Farben. Neben ihm stand etwas, dunkler als das Oben, aber nicht sehr dunkel, und roch gut. Und gab tiefe, beruhigende Laute von sich, die das Zittern verjagten. Näher! Näher an das gute Ding, mit dem Kopf voran!

Dann roch auf einmal etwas anders als vorher. Heiß und stechend.

Das Zittern war zurück.

Die Laute des guten Dings waren schriller geworden und nicht mehr so schön beruhigend. Auch der Geruch hatte sich verändert. Das bedeutete etwas. Es gab etwas zu tun! Das Lamm riss die Augen auf und versuchte, mehr zu sehen. Da! Etwas Rotes züngelte durch das Grau. Vorher hatte es nur Grau gegeben, hell und dunkel, bläulich und rosig. Viele Graus.

Das Rot war neu. Das Rot war anders. Schneller. Verstohlener. Gefährlich.

Das Lamm gab einen Laut von sich. Der Laut erschreckte das Lamm. Es versuchte, näher an das gute Ding zu kommen.

Das gute Ding bewegte sich.

Das Rot flackerte.

Kreiste.

Peitschte nach vorne und floss zurück ins Grau. Das gute Ding blökte.

Dann war das Rot auf einmal direkt vor ihm, mit gelben Augen und Weiß im Maul. Das Lamm schrie. Und dann flog das Rot durch die Luft, weg von ihm. Das gute Ding hinterher, mit Tritten und Stößen und Wut.

Bevor das Lamm auch nur anfangen konnte zu zittern, war das gute Ding schon wieder da, und es war kein Ding, sondern warm, warm, warm und beweglich, mit einem schwarzen Gesicht und Hörnern und dem besten Geruch und der schönsten Stimme.

Und einem Versprechen.

Plötzlich hatte das Lamm ein Maul, und das Maul hatte etwas vor. Entlang an warmem Fell, zu einer geheimen Kuhle, tief hinein. Und saugen saugen saugen.

Das Leben war süß. Und warm.

Und es schmeckte.

Zora war zufrieden mit ihrem Winterlamm.