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Wie man
Optimist bleiben kann
Nachdem ich erfuhr, dass ich Krebs habe, gab mir
einer meiner Ärzte den Rat: »Es ist wichtig, dass Sie sich so
verhalten, als würden Sie noch eine Weile da sein.«
Da war ich ihm längst voraus.
»Doc«, erklärte ich, »ich habe mir gerade ein
neues Cabrio gekauft und eine Vasektomie machen lassen. Was wollen
Sie noch von mir?«
Schaut, ich verdränge meine Situation nicht. Ich
bewahre mir den klaren Blick auf das Unvermeidliche. Ich lebe wie
ein Sterbender. Doch gleichzeitig lebe ich sehr deutlich wie einer,
der noch lebt.
Bei manchen Onkologen bekommen Patienten feste
Termine für die nächsten sechs Monate. Sie empfinden das als ein
optimistisches Signal ihrer Ärzte. Es gibt Todkranke, die auf ihre
Terminkarten blicken und sich sagen: »Bis dahin schaffe ich es. Und
wenn ich da angelangt bin, wird es gute Nachrichten für mich
geben.«
Herbert Zeh, mein Pittsburgher Chirurg, sagte
mir einmal, dass er sich Sorgen mache über Patienten, die
unangemessen optimistisch oder schlecht informiert seien. Aber
wirklich ärgerlich werde er, wenn seinen Patienten
von Freunden und Bekannten erklärt würde, dass sie optimistisch
sein müssten, weil ihre Behandlungen sonst nicht anschlagen würden.
Denn es schmerze ihn, wenn er Patienten erlebe, die einen vom
medizinischen Standpunkt her grauenvollen Tag hätten und dann
glaubten, es liege nur daran, dass sie nicht positiv genug
dächten.
Meine persönliche Einstellung zum Optimismus
ist, dass es sich um einen Geisteszustand handelt, der es dir
ermöglicht, konkrete Dinge zu tun, um deinen körperlichen Zustand
zu verbessern. Wenn du optimistisch bist, kannst du die brutale
Chemotherapie besser ertragen und bist besser in der Lage, weiter
nach brandaktuellen medizinischen Therapien zu forschen.
Dr. Zeh nennt mich sein männliches
Aushängeschild für ein »gesundes Gleichgewicht zwischen Optimismus
und Realismus«. Er erkennt, dass ich versuche, meinen Krebs als
eine weitere Lebenserfahrung zu verstehen.
Aber ich liebe den Doppeleffekt meiner
Vasektomie: eine angemessene Geburtenkontrolle und eine
optimistische Geste hinsichtlich meiner Zukunft. Ich liebe es, in
meinem neuen Cabrio herumzufahren. Ich liebe es, mir vorzustellen,
dass ich eine Möglichkeit finden könnte, der Typ unter Millionen zu
werden, der einen Krebs im Endstadium besiegte. Denn selbst wenn
ich eine solche Möglichkeit nicht finde, verhilft mir diese
Vorstellung zu einer geistigen Haltung, die mich besser durch jeden
Tag bringt.