23
Ich bin
auf Hochzeitsreise, aber wenn Sie mich brauchen …
Neulich schickte mich Jai zum Einkaufen. Nachdem
ich die Liste abgehakt hatte, beschloss ich, die Selbstscannerkasse
zu nehmen, um schneller aus dem Laden zu kommen. Ich schob meine
Kreditkarte in die Maschine, folgte den Anweisungen und scannte
meine Einkäufe. Die Maschine zwitscherte und piepste und sagte, ich
schulde ihr 16,55 Dollar, spuckte aber keine Rechnung aus. Also
schob ich meine Kreditkarte nochmals rein und begann von
vorne.
Dann spuckte sie zwei Rechnungen aus. Die
Maschine hatte mein Konto doppelt belastet.
An diesem Punkt hatte ich eine Entscheidung zu
treffen. Ich hätte nach dem Manager suchen können, der sich meine
Geschichte angehört hätte, ein Formular ausgefüllt und meine
Kreditkarte zu seiner Registrierkasse gebracht hätte, um eine der
beiden 16,55-Dollar-Abbuchungen zu stornieren. Dieses ganze
langweilige Verfahren hätte sich über zehn oder sogar fünfzehn
Minuten erstreckt, und für mich wäre null Spaß dabei
herausgekommen.
Ich hatte nur einen kurzen Weg nach Hause.
Wollte ich diese kostbaren zusätzlichen Minuten daheim wirklich für
eine Rückerstattung vergeuden? Nein, wollte ich nicht.
Konnte ich es mir leisten, 16,55 Dollar zu viel zu bezahlen? Ja,
konnte ich. Also verließ ich den Laden, wesentlich glücklicher mit
fünfzehn gewonnenen Minuten als mit sechzehn erstatteten
Dollar.
Ich war mir mein Leben lang bewusst, dass Zeit
endlich ist. Ich gebe zu, dass ich viele Dinge viel zu logisch
angehe, bin aber der festen Überzeugung, dass meine fixe Idee von
einem guten Zeitmanagement zu den besseren meiner Marotten zählt.
Ich pflegte über Studenten mit schlechtem Zeitmanagement zu lästern
und ganze Vorlesungen über dieses Thema zu halten. Und weil ich
dabei selbst immer besser wurde, gelang es mir wirklich, eine ganze
Menge Leben in die Lebensspanne zu packen, die mir nun so verkürzt
wurde.
Hier, was ich darüber weiß:
Zeit muss verwaltet werden, nicht anders als
Geld. Meine Studenten verdrehten manchmal die Augen, wenn sie
wieder einmal eine Lektion in »Pauschismus« bekamen, wie sie es
nannten. Aber ich stehe dazu. Immer wenn ich Studenten davon
überzeugen wollte, keine Zeit an irrelevante Details zu
verschwenden, erklärte ich ihnen: »Es spielt nicht die geringste
Rolle, wie gut ihr die Unterseite des Treppengeländers poliert
habt.«
Ein Plan lässt sich ändern, jederzeit, aber nur,
wenn du überhaupt einen hast. Ich bin ein großer Anhänger von
To-do-Listen. Sie helfen uns, das Leben in überschaubare Abschnitte
einzuteilen. Einmal setzte ich »ordentliche Professur besorgen« auf
meine Liste. Klar war das naiv.
Die nützlichste Liste bricht anstehende Aufgaben
in
überschaubare Schritte auf. Wenn ich Logan ermuntere, sein Zimmer
aufzuräumen, und er dabei immer einen Gegenstand nach dem anderen
aufklaubt, tut er nichts anderes.
Frage dich einmal selbst: Verbringst du deine
Zeit mit den richtigen Dingen? Wahrscheinlich hast du Ziele und
Interessen entwickelt. Aber sind sie es überhaupt wert, verfolgt zu
werden? Bist du dir über Ursachen und Zusammenhänge im Klaren? Ich
habe lange einen Ausschnitt aus einer Zeitung von Roanoke in
Virginia aufbewahrt. Es ist das Foto einer Schwangeren, die gegen
eine Baustelle im Ort protestiert. Sie war besorgt, dass der Lärm
der Presslufthämmer ihrem ungeborenen Kind schaden könnte. Zwischen
den Fingern hält sie eine Zigarette. Wenn sie sich Sorgen um ihr
ungeborenes Kind machte, hätte sie die Zeit, die sie mit ihrem
Protest gegen Presslufthämmer verbrachte, gewiss besser genutzt,
wenn sie die Zigarette ausgemacht hätte.
Denke dir ein gutes Ablagesystem aus. Als ich Jai
sagte, dass ich einen Platz im Haus möchte, an dem wir alles in
alphabetischer Ordnung ablegen können, war das für ihren Geschmack
mächtig zwanghaft. Ich erklärte ihr: »Etwas in alphabetischer
Ordnung abzulegen ist wesentlich besser, als im ganzen Haus
herumzurennen und zu sagen: ›Ich weiß, es war blau, und ich weiß,
ich habe gerade etwas gegessen, als ich es in der Hand
hatte.‹«
Oder überdenke einfach mal die Zeit, die du am
Telefon vergeudest. In unserer Kultur verbringt man eine Menge Zeit
in Warteschleifen und lauscht der Stimme, die einem
erklärt: »Ihr Anruf ist sehr wichtig für uns.« Aha. Das ist wie
der Typ, der das Mädchen beim ersten Date ins Gesicht schlägt und
sagt: »Ich liebe dich wirklich.« Aber so funktioniert der moderne
Dienst am Kunden. Und das missfällt mir ungemein. Deshalb sorge ich
dafür, dass ich niemals mit einem Hörer ans Ohr gepresst dasitze
und warte. Ich stelle immer auf Lauthören und habe meine Hände
frei, um anderes zu tun.
Im Laufe der Zeit sammelte ich auch diverse
Techniken, mit denen sich unnötige Telefonate abkürzen lassen. Wenn
ich beim Telefonieren auf einem Stuhl sitze, lege ich nie meine
Füße hoch. Am besten ist es, wenn man im Stehen telefoniert, da
neigt man am ehesten dazu, die Dinge zu beschleunigen. Ich habe
auch gerne etwas auf dem Schreibtisch vor Augen, das ich noch
erledigen muss, damit es mich drängt, mich dem Anrufer gegenüber
kurz zu fassen.
Ich habe noch andere Telefoniertipps
aufgegriffen. Willst du einen Akquisiteur schnell loswerden? Hänge
auf, während du sprichst und er zuhört. Denn dann glaubt er, die
Verbindung sei unterbrochen worden, und es lohnt sich für ihn
nicht, noch einmal anzurufen. Willst du nur ein ganz kurzes
Gespräch führen? Rufe um 11:55 Uhr an, wenn du weißt, die
Mittagspause beginnt um 12 Uhr. Du wirst sehen, wie schnell es dann
geht. Du hältst dich vielleicht für interessant, aber interessanter
als die Mittagspause bist du nicht.
Delegiere. Als Professor lernte ich frühzeitig,
dass ich intelligenten neunzehnjährigen Studenten problemlos die
Schlüssel zu meinem Allerheiligsten anvertrauen konnte. Ihr
Verantwortungssinn war in den meisten Fällen beeindruckend.
Es ist nie zu früh, mit dem Delegieren anzufangen. Meine Tochter
Chloe ist erst achtzehn Monate alt. Auf zwei meiner Lieblingsfotos
liegt sie in meinen Armen. Auf dem ersten gebe ich ihr die Flasche.
Auf dem zweiten habe ich diese Aufgabe an sie delegiert. Sie sieht
zufrieden aus. Ich auch.

Nimm dir eine Auszeit. Es ist keine wirkliche
Freizeit, wenn du E-Mails liest oder deinen Anrufbeantworter
abhörst. Als Jai und ich auf Hochzeitsreise fuhren, wollten wir in
Ruhe gelassen werden. Mein Chef fand jedoch, dass ich zur Verfügung
stehen müsse, falls mich jemand dringend sprechen wollte. Also
sprach ich die perfekte Ansage auf Band:
»Hi, hier spricht Randy. Ich habe bis
neununddreißig gewartet, um zu heiraten, deshalb sind meine Frau
und ich nun für einen Monat weg. Ich hoffe, Sie haben damit kein
Problem. Allerdings hat mein Chef eines. Offenbar muss ich
erreichbar bleiben.« Dann gab ich die Namen von Jais Eltern und die
Stadt an, in der sie leben. »Wenn Sie die Auskunft anrufen,
bekommen Sie ihre Nummer. Und
wenn Sie meine neuen Schwiegereltern dann überzeugen können, dass
Ihre Notlage eine Unterbrechung der Hochzeitsreise ihrer einzigen
Tochter rechtfertigt, dann werden sie wissen, wo wir zu erreichen
sind.«
Niemand rief an.
Natürlich sind einige meiner Zeitmanagementtipps
todernst und andere eher ironisch gemeint. Aber ich finde sie in
jedem Fall einer Überlegung wert.
Zeit ist alles, was du hast. Du könntest eines
Tages herausfinden, dass du weniger davon hast, als du
denkst.