20.

Weihnachten 1921, als der Schnee gegen die Ufer des Njemen wehte, mußte der Wiederaufbau in Mantuski unterbrochen werden. Adam kehrte nach Druków zurück. Er übernahm in der Dorfversammlung den Posten eines Richters. Im Frühjahr behielt er ihn bei und übertrug Bartek die Arbeiten in Mantuski.

Adam und Helena verbrachten weitere zwei Winter in der oficyna. Es waren strahlend helle, aber karge Jahre. Polen zog sich in dieser Zeit aus dem Sumpf von Krieg und Revolution und fand zu einer harmloseren Routine politischen Gezänks. In Druków nahm kaum jemand wahr, was außerhalb des Dorfs geschah.

In Mantuski kam man schubweise voran. Die Ziegelei war wieder in Betrieb, ebenso die Sägewerke. Aber manchmal lag die Baustelle wochenlang brach, wenn sie auf Zement warteten, auf einen Eimer, eine Schachtel Nägel, oder alle verzogen sich, um zu pflanzen oder zu pflügen und dem wichtigeren Geschäft, die eigene Versorgung zu sichern, nachzugehen.

Adam und Helena fügten sich in den langsamen Genesungsrhythmus des Landes. Nur eines beeinträchtigte den Erholungsprozeß, und das war Helenas Gesundheit. Im Frühjahr 1922 holte sie sich eine Rippenfellentzündung, im Sommer hatte sie eine Blutung in einem Lungenflügel. Adam vertraute Zofia Panna Konstancja und der Ziegenmilch an und brachte Helena in ein Sanatorium in Südpolen. Die Ärzte sagten, sie müsse ein halbes Jahr bleiben.

Das Rabka-Sanatorium war ein alter dwór mit hohen Decken und langen hallenden Korridoren. Über Helenas Bett hing ein Ölbild von Krakau, und die Läden am Schiebefenster waren kaputt. Die Tage waren trübselig und bedrückend, und Helena fühlte sich wie in einer Falle – in der Falle ihrer eigenen Anfälligkeit, eingesperrt von den fernen Bergen, von den frischgesichtigen Krankenschwestern. Sie sehnte sich nach den Wäldern und nach Druków und Mantuski; sie sehnte sich nach Adam, nach Zofia und nach den Tieren. Sie schrieb Briefe:

 

Rabka-Sanatorium, 19. Mai.

Adam, Liebster,

es kommt mir vor, als wäre ich schon hundert Jahre hier, jeder Tag ist genau wie der Tag davor. Ich gehe zu den Mahlzeiten. Ich gehe in mein Zimmer zurück. Ich lese, bis mir die Augen vom Lesen weh tun. Ich fühle mich besser, obwohl ich nachmittags so schrecklich müde werde . . .

Adam, ich habe Dich im Stich gelassen. Was für eine Mutter werde ich abgeben, immer krank und weit weg von meinem Kind? Schreib mir, was es Neues gibt, bitte. Ich denke jeden Augenblick an Dich und meine süße Zofia und Haust und an alle in Druków. Gib ihnen allen einen Kuß von mir.

Helena.

 

***

Druków, 27. Mai.

Wundertätige Helena! Dein Brief kam heute, und ich habe ihn mit hinausgenommen und im Wind geschwenkt. Sei nicht hart mit Dir, kochana, sieh Dich nicht so scheel an . . . Denk Dir, heute nachmittag hatte ich einen zottelhaarigen Räuber im Gerichtssaal. Er hatte versucht, das Pferd des Pfarrers zu stehlen. Während er aussagte und eine rührende Geschichte auftischte von den Ställen des Pfarrers und von seiner gerade verstorbenen Mutter, merkte ich plötzlich, daß ich überhaupt nicht zuhörte, sondern an Dich dachte! Du standest in Deinem Pelzmantel vor der oficyna, und Deine Wangen glühten im Schnee. »Helutka!« murmelte ich. »Helutka!« Der arme Räuber dachte, ich wäre verrückt! Ich mußte ihn laufen lassen . . . Haust hat ein sehr trauriges Gesicht und vermißt Dich sehr . . .«

 

***

 

Rabka-Sanatorium, 1. Juni.

. . . Heute habe ich den Nachmittag auf der Terrasse zugebracht. Die Bienen waren unermüdlich – was für einen Lärm sie gemacht haben! Ich habe eine Menge gelesen. Es gibt sonst nichts zu tun. Einige dieser polnischen Schriftsteller mit ihrer unentwegten Parteinahme sind es wirklich nicht wert, aber ich liebe die Skandinavier. Ich habe Ibsen gelesen. Ich habe eine liebe Frau aus Wilna kennengelernt, die irgendwelche fürchterlichen Verschleißerscheinungen hat, aber wir heitern einander mit Gesprächen über Wilna und Mickiewicz auf. Wie geht es den Pferden?

***

 

Druków, 11. Juni.

. . . Ich habe versucht, Gniadka einzuspannen, sie hat einen Schwingstock zerbrochen und sich dann geweigert zu pflügen, aber Siwka hat sich wie ein Engel anschirren lassen. Ich habe heute acht Hennen nach Mantuski geschickt! Der Pfarrer ist sehr wütend wegen des Räubers, aber ich konnte es ihm doch nicht erklären! Haust geht es gut. Dem Baby geht es gut. Aber wir alle fragen – wo bist Du? O meine Liebste! Mein Zugvogel! Wir denken alle an Dich. Die Welt ist herrlich, wenn ich bei Dir bin. Wohin ich meine Augen wende – überall sehen sie Dich! Ich werde jetzt auf die Felder gehen und im Buchweizen, zwischen den Kiefern, auf den Lichtungen im Wald nach Deinem Gesicht Ausschau halten. Ich küsse Deine Lippen, mein Liebling. Meine Lippen schmerzen richtig vom Küssen . . .

***

Rabka, 20. Juni.

Adam, Liebster, alles ist fast genauso wie zuvor. Ich sehe aus dem Fenster. Ich beobachte die Wolken über den Hügeln. Was für eine Qual das alles ist! Ich muß unbedingt von hier fort. Ich denke an Zofias weißes Gesichtchen und frage mich, warum Gott mir ihre ersten Monate verweigert hat. Heute ist hier ein junger Soldat gestorben, an einer Beinwunde, die er sich im Kampf gegen die Bolschewisten zugezogen hat. Er sah wie siebzehn aus. Es wurde eine Messe für ihn in der Kapelle gehalten . . .«

***

 

Druków, 1. Juli.

Liebste Helena, ich bin in unserem Schlafzimmer in der oficyna. Es ist mitten in der Nacht. Ich habe einen Schlafrock von vor dem Krieg gefunden. Die Stille summt in meinen Ohren. Zofia schläft. Vor zwei Tagen bin ich in Mantuski gewesen, das Dach ist fast fertig! Eine Henne ist gestorben, aber die anderen legen gut. Morgen muß ich einer Autopsie beiwohnen. Die Ärzte werden den Leichnam aufschneiden, und ich werde Fragen stellen. Uff!

. . . Gute Nacht, meine Hela, die Hähne fangen an zu krähen. Überall sind Mäuse. Wir müssen Mausefallen kaufen. Ich bin sehr müde, und meine Hand wird immer langsamer. Gute Nacht, meine teure Liebste, Adam.

***

 

Rabka, 16. Juli.

. . . Ich habe beschlossen, nach Hause zu kommen, Adam. Der Arzt wird mich noch einmal untersuchen, aber er hat gesagt: »Ich kann Sie nicht zwingen zu bleiben.« Ich lege das so aus, daß ich nach Hause kann. Ich lasse Dich wissen, wann ich komme . . .

***

Als Adam schließlich begriff, daß sie nach Hause kommen wollte, reiste er zum Sanatorium. Er trug einen neuen Mantel und blankgeputzte schwarze Schuhe. Er sah schmaler aus. Sie saßen lange auf Helenas Bett und redeten zu viel und zu schnell. Dann gingen sie zum Arzt.

Der Arzt trug halbrunde Brillengläser. Er sah sie beide an, nahm dann die Brille ab. Er deutete auf zwei Korbstühle. »Bitte, nehmen Sie Platz . . . Pani Brońska, Ihre Lunge ist jetzt ausgeheilt. Ich würde Sie gern noch ein paar Wochen hierbehalten, aber wenn Sie darauf bestehen zu fahren, was kann ich dann tun?«

»Danke, Doktor.«

»Aber ich muß Sie warnen, daß es sehr riskant für Sie wäre, weitere Kinder zu bekommen.«

Daheim in Druków konsultierten sie Onkel Bischof. Der konsultierte Rom. Monate vergingen, und Helena kam, für sich selbst zumindest, zu dem Schluß, daß es gerechtfertigt war, Empfängnisverhütung zu praktizieren: weil sie dadurch gerettet und in den Stand gesetzt würde, Zofia eine Mutter zu sein.

Doch die Antwort aus Rom war unmißverständlich: »Der Soldat stirbt auf dem Schlachtfeld, die Frau im Kindbett.« Und binnen weniger Monate erwartete sie wieder ein Baby.

Dieser zweite Winter in der oficyna war kalt und düster und sehr lang. Helena lag tagelang unter ihrer Steppdecke. Sie sah die schwarzen Buchenzweige den Himmel streifen. Halbfertige Kissenbezüge stapelten sich neben ihr. Zofia, in Windeln, lag im Kinderbett in der Ecke, Haust zusammengerollt in seinem halbmondförmigen Körbchen vor dem Feuer; der Wind zerrte an den Dachrinnen.

Helena wartete. Sie wartete während der langen Vormittage und der gelben Dämmerungen; sie wurde träge vor lauter Warten; in ihren dunkleren Augenblicken, allein in der hölzernen Festung des Hauses, war sie überzeugt, daß ihr ganzes Leben so gewesen war: eine Verurteilung, ein Warten auf Erlösung.

Im März wurde ihr Erlösung gewährt. Sie brachte, ohne jegliche Komplikationen, einen Sohn zur Welt; eine Woche später stand eine dreijährige Stute, das Geschenk von Adams Vater, im Drukówer Hof.

 

Helenas Bericht über ihre frühen Jahre endet etwa um diese Zeit. Bilder der zwanziger und frühen dreißiger Jahre – der ersten zehn Jahre in Mantuski – steigen aus ihren Unterlagen von damals auf: aus Briefen, Geschichten, Tagebuchfetzen, all jenen Teilen und Stücken, die die Flucht überlebt haben. Bestimmte wichtige Ereignisse beschloß sie, im Detail aufzuschreiben, und eines davon war der Umzug nach Mantuski. Sie hatte dafür die Seiten eines kleinen, in grünes Leder gebundenen Notizbuchs gewählt. In Braganza hatte Zofia mir diese Passage einmal vorgelesen, wobei sie im Lesen übersetzte.

Ich rief sie an und fragte, ob wir sie noch einmal durchgehen könnten. Zofia sagte, sie werde das Notizbuch ausgraben und mich zurückrufen.

Ich hörte nichts von ihr, weder am Nachmittag noch am Abend. Am Morgen rief sie an und sagte: »Phiilip, ich verstehe es einfach nicht. Ich habe gesucht und gesucht und gesucht!«

Ich sagte ihr, sie solle sich keine Sorgen machen.

»Nein, ich bin wie ein Hund mit einem Knochen, wenn ich in diesen Zustand gerate – ich muß immerzu darauf herumkauen.« Sie lachte in sich hinein. »Ich habe sogar gebetet, einmal zu Mama, einmal zum Heiligen Antonius! Ich habe fünf Pfund für die Armen versprochen, falls es wieder auftaucht. Bist du sicher, daß du es nicht hast?«

Ich sagte, ich würde nachsehen, aber ich wußte, daß ich es nicht hatte. Am nächsten Tag rief sie wieder an. »Gut gemacht!«

»Was?«

»Du hast doch das Buch gefunden, oder? Es lag hier, als ich zurückkam . . .«

Das Buch war auf dem Stuhl in ihrem Zimmer aufgetaucht. Während ihrer zweitägigen Suche hatte sie oft auf diesem Stuhl gesessen. Ob es nun Helena war, die das Buch dort hingelegt hatte, oder der Heilige Antonius, konnten wir nicht entscheiden. Aber wer auch immer, jedenfalls waren er oder sie eindeutig dafür, daß die Geschichte erzählt wurde. Und die Armen bekamen ihre fünf Pfund.

 

Es war der 8. November 1923, ein schneidend kalter Herbsttag. Zwei Ackerkarren und eine bryczka standen unter den Drukówer Linden bereit.

Auf dem ersten Wagen stapelten sich Matratzen, Schrankkoffer, Gefäße mit Eingemachtem und landwirtschaftliches Gerät; dazwischen stand Helenas versiegelter Bienenkorb; an einer Karrenseite war ein Paar Holländerkühe angebunden. Die Zügel der bryczka lagen in Adams Händen; zu seinen Füßen lagerte die Retrieverhündin Elta mit ihren vier Wochen alten Jungen.

Der zweite Karren, dem Siwka und Gniadka vorgespannt waren – die zwei Pferde, die ihre Hochzeitskutsche gezogen hatten –, war innen mit Kissen und Teppichen ausgelegt. In ihm saßen Tekla und die Kinder – Zofia in einen Wieselpelzumhang gewickelt, ihr Bruder im Schoß seiner Amme.

Und neben ihnen allen her ritt Helena auf der neuen Stute: ». . . vierundzwanzig Jahre alt, ernsthaft, aufgeregt, pflichtbewußt . . . Ich trabte neben den Karren auf und ab, als sie anfuhren, redete auf Adam ein, mahnte die Mädchen, die Kinder vor dem Wind zu schützen . . .«

Den ganzen Morgen fuhren sie durch Wald. Im Lauf des Nachmittags lichteten sich die Bäume, und zwischen ihnen tauchte das glitzernde Band des Njemen auf. Sie überquerten den Fluß und fuhren auf das Haus zu.

Helena ritt vorneweg. Das neue Haus hatte zu jeder Seite der Vortreppe fünf Fenster und an einem Ende einen dreistöckigen Turm. Sie saß ab und ging hinein. Die Luft war kühl und feucht; es roch nach Kalk und frischer Farbe. Alles war so sauber und weiß wie in einem Krankenhaus. Die Zimmer waren leer, und die tiefstehende Sonne schien ungehindert auf die nackten Dielenbretter. »Wir müssen seine Seele finden«, erinnert sie sich, gedacht zu haben, »wir müssen die Seele des Hauses finden und es mit Stimmen füllen . . .«

Draußen hatte sich eine kleine Gruppe von Dorfbewohnern versammelt, um die Ankunft der Brońskis zu beobachten. Mit steinernen Mienen ließen sie ihre Augen über den Inhalt der Karren wandern.

Adam sprang von der bryczka und begrüßte sie.

»Na, Panoczek«, sagte einer von ihnen und lachte, »da haben wir ja wieder was zum Plündern.«

Helena schrieb, wie es sie bei diesen Worten kalt überlief, und schloß ihren Bericht mit dem Gedanken:

 

In den ersten Jahren in Mantuski lebten wir wie in einem brodelnden Kessel – umgeben von Bauern, Deutschen, Bolschewisten . . . wohin treibst du, Polen, wohin?

 

Diesen Winter machten sie zwei oder drei Zimmer auf der Flußseite des Hauses bewohnbar. Adam und Bartek zimmerten ein paar Bettstellen aus Birkenbrettern, einen Tisch und einen Waschtisch aus Birke. Helena schrieb: »Wir führten den ersten Winter ein Kosakenleben, aber es gab nur wenig, das uns Sorge machte . . .«

Einen Abend hielt Helena in ihrem Notizbuch fest. Es war Mitte Dezember, und Adam und sie saßen in ihrem provisorischen Eßzimmer. An einer Wand hing ein Wolfsfell. Der Tisch war von Abendbrotresten übersät – ein paar Äpfel, Käse, eine Schüssel Salzheringe, ein Brocken Schwarzbrot.

Adam erzählte, was er den Tag über getan hatte, daß er den Schnee vom neuen Scheunendach geräumt hatte, erzählte von seinen Plänen, im Frühling den Obstgarten einzuzäunen, und von der Jagd im Moryner Wald.

»Und der neue Schlitten«, fragte Helena, »hast du die Kufen gewachst?«

»Längst erledigt, kochana

Der Samowar gurrte in der Ecke; das Holz knisterte im Herd; Haust lag ausgestreckt davor.

Helena stand auf und ging zum Fenster hinüber. Sie zog die Vorhänge zurück. Der Mond war beinahe voll. Sie legte eine Hand auf das Glas und sagte: »Adam, warum probieren wir diesen neuen Schlitten nicht aus?«

Sie tranken jeder einen großen Aufmunterungsschluck, dann verließen sie das Haus. Sie gingen über die Einfahrt zum halbfertigen neuen Stall. Die Nachtluft prickelte auf ihren Wangen, aber es war windstill. Über den südlichen Himmel zog sich die lange Kartusche einer Wolke, die am oberen Rand silbrig im Mondlicht schimmerte.

Der Schnee war funkelnd weiß. Der Fluß sah aus wie ein langes, mit Zuckerbröseln bestreutes Tischtuch; und hier, nur Zentimeter oberhalb des Njemen, probierten sie den neuen Schlitten in jeder Gangart aus.

Helena lenkte. Sie fuhr flußaufwärts Richtung Osten, auf die russische Grenze zu. Der Mond stand wenige Grad südlich von ihrem Kurs, doch als der Fluß eine Biegung machte, schwenkte das Licht über ihren Pfad und löste sich vom Schnee, um ihnen in die Augen zu scheinen.

Adam rief lachend über den Fahrtwind hinweg: »Schneller, Helutka!«

Sie schnalzte mit den Zügeln, und die Pferde steigerten ihr Tempo noch einmal. Die Kufen durchschnitten den Schnee; die Pferde zogen mit wehenden Mähnen die Spur. Ihre Hufe trommelten unisono auf dem Schnee, und ihre Bewegungen spiegelten sich ineinander.

»Ai-ai!« rief Adam. »Die beiden laufen zusammen, als wären sie elektrisch geladen!«

Der Fluß führte an schneebedeckten Auwiesen vorbei. Eiswülste hingen über das Ufer, darunter hatten sich Hohlräume gebildet. Der Schlitten stürmte voran – zwischen dunklen Feldern, zwischen Kieferngruppen, die den Sternenhimmel zackten, zwischen geistergrauen Birken, zwischen dem Weiß des Flusses und dem Schwarz des Waldes.

Dann tat sich eine Lücke zwischen den Bäumen auf. Der gefrorene Njemen lief hindurch, und sie befanden sich auf einer weiten Ebene. Der Himmel zog sich bis auf einen schmalen Streifen am Horizont zurück. Irgendwo fern im Norden glühte orangefarben ein winziges Feuer, ein Farbedelstein in der farblosen Nacht.

Helena holte Atem. Sie zog ruckartig an den Zügeln. Die Pferde wurden langsamer, liefen eine Weile im Trab weiter. Dann verengte sich die Ebene, und der Wald drängte an die Ufer heran. Sie zog wieder an den Zügeln, und der Schlitten hielt.

Stille. Zwei Atemwölkchen hingen über dem Schlitten. Siwka warf den Kopf in den Nacken und wieherte, und Bäume und Schnee nahmen den Laut in sich auf.

Adam sagte: »Wenn wir weiterfahren, sind wir morgen früh in Rußland!«

»Ich weiß.«

Adam zog die Wolldecke über Helenas Schultern. Lange Zeit lagen sie so da, atmeten flach und schwiegen, bis die Kälte zwischen ihnen aufstieg und sie den Schlitten wendeten und heimwärts fuhren.