Es war Frühsommer 1918, als Helena und die O’Breifnes in Wilna eintrafen. Minsk, Medeksa, St. Petersburg, Helenas Vater – zahllose Städte und Übernachtungen – lagen hinter ihnen. Sie hatten nichts mitgebracht. Sie waren Flüchtlinge wie alle anderen. Sie waren Flüchtlinge seit jenem Tag 1915, als Helena die prämierten Pferde ihrer Großmutter die Mała Pohulanka hatte herauftraben sehen, auf der Flucht vor den Deutschen. Das war in Wilna gewesen. Der Kreis hatte sich geschlossen.
Aber noch immer war nichts entschieden. Die Bolschewisten waren im Anzug, und die Deutschen zeigten Zeichen von Schwäche. Zwischen beiden hatte sich ein Streifen nichtbesetzten und halbbesetzten Gebiets aufgetan. Wilna lag in diesem Gebiet.
Sie waren gerade erst ein paar Tage in Wilna, als Helenas Mutter verkündete, sie würden abreisen: auf den dwór einer Großtante – ein Haus mit pompösen weinroten Zimmern und einem Garten so trostlos wie Schnee. Nach einer Woche kehrten sie nach Wilna zurück; es war die Rede von Warschau, von Krakau, doch am Ende fuhren sie wieder auf den dwór der Tante, wo, wie Helena schreibt, ihre Mutter »den ganzen Tag in dieser Gruft von Salon saß und rauchte«.
Ein paar Wochen danach fing Helena zunehmend häufiger den Namen Platków auf – das war das Haus ihrer Großeltern, in dem sie aufgewachsen war, und mit dem Namen kam die Erinnerung an all ihre entschwundenen Vorkriegsgewißheiten.
Eine Woche später brachen sie nach Platków auf. Die Fahrt – auf Karren – dauerte fünf Stunden. Das Haus selbst war sehr heruntergekommen. Helenas Großeltern hatten es 1915 verlassen. Von den Wänden blätterte die Farbe, und an Dutzenden von Stellen trat das Mauerwerk zutage. Szymon, Platkóws Verwalter seit Menschengedenken, war tot. Tot war auch sein Hund Zółtaik. Die Ställe waren leer. Die Zuchtpferde in Rußland verloren. Nur Ewa stand auf der Treppe, um sie zu begrüßen – Ewa, die Wirtschafterin, die den Krieg über dageblieben und nun verwitwet war wie alle anderen. Sie stand da und winkte mit beiden Händen. Neben ihr standen drei deutsche Offiziere.
Platków war von den Verpflegungsoffizieren requiriert worden, die für den Nachschub an Milch, Eiern und Getreide aus den Dörfern zur Versorgung ihrer Truppen verantwortlich waren. Sie waren nicht erfreut, die Fuhrwerke zu sehen.
Helena fegte an ihnen vorbei und ging hinein, wanderte von einem Zimmer zum anderen. Die Wertgegenstände waren fort – 1915 nach Rußland gerettet und jetzt in bolschewistischer Hand. Die Zimmer, viele davon mit geschlossenen Läden, sahen wie Kasernenräume aus und rochen nach ungewaschenen Männern. Sie ging in den Garten hinaus. Der Wind pfiff in den Birken, und sie fragte sich, ob es wohl irgendwo irgend etwas gab, das vom Krieg unberührt war.
An dem Abend kam ein Mann auf einem Braunen die Allee entlanggeritten. Er stieg ab, übergab die Zügel einem seiner Offiziere und verbeugte sich. Er stellte sich Helenas Mutter vor als Freiherr von Sanden, Bezirkskommandeur.
»Selbstverständlich, Gräfin. Sie müssen Ihr Haus zurückfordern. Ich sehe zu, daß meine Leute ausquartiert werden.«
Und mit einem Zusammenschlagen der Hacken war Herr von Sanden fort. Von seinen Offizieren gehorsam eskortiert, trabte er unter den Kastanien davon.
In Platków gewannen die Tage bald ihren eigenen Rhythmus. Helena, ihre Mutter und Schwester, Panna Konstancja und Tekla – die fünf, die während der vergangenen drei Jahre zusammengeblieben waren – hatten in gewisser Weise das Gefühl, heimgekehrt zu sein.
Aber sie waren sehr isoliert. Sie lebten in einem Land, das überhaupt keines war. Niemand war für irgend etwas zuständig. Die Deutschen ließen Züge und Post nur ihren Bedürfnissen gemäß verkehren, mehr nicht.
»Wie Fische«, sagte Helenas Mutter. »Wir sind wie blinde Fische, die in einem Netz schwimmen.«
Sie teilte ihnen allen ihre täglichen Aufgaben zu. Helena mußte jeden Morgen von den Dorfhütten Milch holen, dann in alten Kesseln Lauge aufkochen, um Seife herzustellen; mit Tekla fabrizierte sie Weizenstärke. Ihre Mutter hatte ein paar Streifen Kautschuk in den Ställen aufgestöbert und machte sich daran, allen die Schuhe neu zu besohlen. Sie saß da, umgeben von Kleistertöpfen und Kaffeetassen und schlangenähnlichen Gummistücken, und schon bald humpelten alle durchs Haus, unentwegt über ihre nagelneuen Gummisohlen stolpernd.
Helena hatte ein Zimmer im Erdgeschoß – einen dunklen getäfelten Raum, der auf den Park hinausging. Dort, sagt sie, verbrachte sie ihre Nachmittage mit Lernen, die Ellbogen auf einen der Bände einer polnischen Geschichte Europas gestützt oder auf Macaulays History of England oder Bongands Le christianisme et les temps présents. Sie las stetig und mit Gewinn; die Bücher, das Zimmer und diese Monate der Ungewißheit blieben für sie auf immer miteinander verknüpft als ständige Mahnung an die Wirren Europas.
Helenas Mutter hatte eine alte Wilnaer Freundin wiederaufgetan – Tante Anna. Tante Anna war einst sehr schön gewesen. Ihre smaragdgrünen Augen und ihr langer Hals hatten Helena immer fasziniert, und als Mädchen hatte sie sich gewünscht, so zu sein wie sie.
Doch nun mit beinahe fünfzig war ihr Gesicht verbittert und ihr Haar zu einer starren ondulierten Krone frisiert. Nachdem ihr Mann ein paar Jahre zuvor in Petersburg gestorben war, hatte sie einen zehn Jahre jüngeren geheiratet. Jetzt haßte sie es, mit ihren Kindern gesehen zu werden, die jedermann daran erinnerten, wie alt sie war. Sie waren alle in Wilna, ihr jetziger Ehemann war im Krieg, und Helenas Mutter und sie saßen plaudernd und rauchend beieinander, spielten Karten und tranken endlos viele Tassen türkischen Mokka.
Mitte Juni kam Helena zur Mittagessenszeit vom Stall. Ein schwacher Apfelblütenduft hing in der Diele. Ihre Mutter saß mit Tante Anna auf der Terrasse, sie hielt einen Brief in Händen.
»Dein Dr. Medeksa ist in Wilna.«
»Laß mich sehen, Mama.«
Der Brief war auf dickem, schlechtem Papier geschrieben, und die Tinte war ein wenig in die Fasern eingesickert, so daß die Buchstaben zerlaufen waren. Ganz oben standen Zeilen von Keats, auf englisch. Der Brief schloß:
. . . Ich bleibe noch eine Woche in Wilna, bis zum 27. Juni. Komm also vorher, Helena, ich warte. Laß mich deine Antwort wissen.
Medeksa.
Tante Anna wedelte abschätzig mit ihrer Zigarette. »Laß sie ihn heiraten! Du hast genug Ärger mit ihr gehabt. Laß sie in irgendeiner scheußlichen Stadtwohnung hocken, während er geschlechtskranke Juden behandelt.«
Helena nahm den Brief mit. Sie ging durch den Garten, an den Sträuchern vorbei und zur Holzbrücke dahinter; sie lehnte sich an das Geländer. Sie las den Brief noch einmal; er ließ sie kalt. Sie konnte Medeksa nicht heiraten, jetzt nicht. Alles geschah zu schnell. Sie hatte ihn hinter sich gelassen.
In Platków hatte Tante Anna fast die ganze Zeit Abendkleider an. Sie besaß keine Sommerkleider. Ihre Aufgabe war es, die Rosenstöcke wieder in Form zu bringen, und so wanderte sie, rauchend wie ein Schlot, in einem blauen Ballkleid mit Puffärmeln im Garten herum. Panna Konstancja, die für Tante Anna keine Zeit hatte, sagte, sie sehe aus wie eine überzählige Kurtisane.
Niemand hatte irgend etwas anzuziehen. Helenas sämtliche Kleider waren verlorengegangen. Sie war aus Minsk geflohen mit nichts als ihrem anthrazitgrauen Trauerkleid.
Einmal war Bezirkskommandeur von Sanden bei ihnen vorbeigekommen und hatte ihr einen Ballen sandfarbenes Leinen verehrt, wie man es zum Einwickeln von Brot und Käse verwendete. Panna Konstancja hatte es zugeschnitten, plissiert und einen Rock daraus gemacht, dazu eine lange lose Bluse mit Matrosenkragen. Der Dorfschuhmacher nähte ihr ein paar Leinenstiefel, die durch ein Dutzend Ösen mit einem Hanfseil geschnürt wurden. Als die deutschen Offiziere sie so sahen, tauften sie sie »Mädel im Hafersack«. Tante Anna murmelte etwas von »Aufzug für Warschauer Schankmädchen«.
Freiherr von Sanden kam in dem Sommer regelmäßig nach Platków. Er überragte alle Männer, die Helena je gesehen hatte, um Haupteslänge; er war sicher über zwei Meter groß. Saß er auf seinem ebenso riesigen Braunen, streiften die Kastanienzweige sein Teutonenhaupt, wenn er aus der Allee herausritt. Wenn er die Damen begrüßte, brachte seine tiefe Verbeugung seinen Blick auf eine Höhe mit ihrem.
Im Juli hatte von Sanden Helena einen jungen Fuchs geschenkt, den sie Lisek nannte. Er schlief, zu einem rostfarbenen Ball zusammengerollt, auf ihrem Bett. Helena gegenüber war er so anhänglich wie ein Hund. Aber außer ihr ließ er niemanden an sich heran. Wenn sich irgend jemand ihrem Zimmer näherte, sprang er aus dem Fenster.
Doch als es Oktober wurde, hatte Lisek angefangen sich herumzutreiben. Er drangsalierte die Katzen und jagte die Gänse. Nachts schlich er um die Gehöfte. Als er anfing, Hühner und Jungkatzen zu töten, sagte Helenas Mutter, er müsse fort.
Helena fuhr mit ihm und Panna Konstancja auf einem Karren tief in den Wald hinein und setzte ihn dort aus; sie scheuchten ihn weg, und er verdrückte sich. In der Nacht weinte Helena um ihn.
Am nächsten Morgen zog sie ihre Vorhänge auf, und da stand er japsend vor dem Fenster. Sie versuchte ihn im Stall einzuschließen (er bellte die ganze Nacht). Sie legte ihn an eine lange Kette (er bellte wieder). Sie baute ihm ein Drahtgehege (er grub sich hinaus).
Zwei Tage versteckte er sich unter der Veranda, in einem Kellerschacht. Helena verkündete, er wäre wieder in die Wildnis zurück, und brachte ihm heimlich Möhren und Buchweizen aus der Küche. Dann wurde eine von Ewas Gänsen tot aufgefunden.
»Um Himmels willen«, sagte Tante Anna. »Erschießt das elende Biest!«
Aber Helenas Mutter ergriff ihre Partei. Sie fuhren erneut in den Wald, in die puszcza hinein. Sie fuhren mehrere Stunden und hielten an einem kleinen See. Das Wasser war blaugrau, und ringsum stand das grüne Band des Waldes. Ihre Mutter blieb im Karren sitzen, während Helena Lisek nahm und ihn am Wasser absetzte. Er schlabberte ein bißchen, hob den Kopf und rannte dann ohne einen Blick zurück zwischen den Bäumen davon.
Vom Dorf sickerten Gerüchte über Grausamkeiten durch. Im ersten Besatzungsjahr hatten die Deutschen vier Männer auf dem Dorfplatz erschossen, weil sie Proviant entwendet hatten. Ewa sagte, die Diebe seien deutsche Soldaten gewesen und die Dorfwohner seien unschuldig. Andere, die die Schande der Besetzung nicht ertragen konnten, waren im Wald untergetaucht und griffen gelegentlich Versorgungskonvois an. Zur Vergeltung waren mehrere Häuser niedergebrannt worden.
Dann war da die Geschichte mit Maria. Helena erinnerte sich an Maria als ein strahlendes Mädchen mit rosigen Wangen und dunklem Zigeunerhaar, das immer Äpfel aß. Sie war in Platków Küchenmädchen gewesen. Im Sommer 1916 hatte sie angefangen, regelmäßig zum Wodalkasee hinunterzugehen, wo sich die deutschen Soldaten an den langen Abenden trafen. Einmal hatte Ewa sie geschlagen; sie hatte sie nachdrücklich gebeten, nicht zu gehen. Maria tat es trotzdem, und eines Tages fand man ihre Leiche irgendwo im Schilf. Man hatte sie mit ihrem eigenen Haarband erdrosselt.
Doch für Helena ließ sich all das schwer in Einklang mit der Gestalt Herrn von Sandens bringen. In seiner Gegenwart schien der Krieg weit weg zu sein. Manchmal kam er an späten Sommernachmittagen, führte ein zweites Reitpferd am Zügel mit, und sie ritten aus – über die niedrigen Hügel jenseits des Sees, über die Felder und in die puszcza hinein. Er sang mit einer Baßstimme, die zwischen den Bäumen aufstieg. Er sang von seinem Schloß am Rhein und den schwarzen Vögeln, die um dessen Türme kreisten.
Den ganzen August und September hindurch holte von Sanden Helena einmal in der Woche zu einem Ausritt ab. An einem Abend, erinnert sie sich, hatten sie den Rückweg am Fluß entlang genommen. Sie waren abgestiegen, hatten die Pferde getränkt und sich ans Ufer gesetzt. »Der Winter kommt, Helena«, hatte er gesagt. »Wir brechen bald auf.« Dann hatte er sich ihr zugewandt und geflüstert: »Kommen Sie mit mir auf mein Schloß am Rhein mit den schwarzen Vögeln und dem Nebel. Heiraten Sie mich, Helena.«
Sie war zu überrascht gewesen, um zu antworten.
»Was sagen Sie dazu, Helena?«
Sie hatte gesagt, nein, sie könne ihn nicht heiraten. Sie liebe ihn nicht. Sie mochte ihn, aber sie liebte ihn nicht. Sie wußte inzwischen, was Liebe war, wirkliche Liebe, weil sie seit mehreren Wochen in einen Mann namens Józef verliebt war.
Zu der Zeit war Józef ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Teils litauischer, teils tatarischer Abstammung, hatte er eine flache v-förmige Stirn und einen dunklen Teint. Er besaß zwei Güter beiderseits von Platków und verbrachte seine Zeit damit, in einer grünlackierten bryczka zwischen beiden hin und her zu reisen. Wenn er an Platków vorbeikam, stattete er jedesmal einen Besuch ab.
Alles, was von einer langen Folge hochgezüchteten Adels übriggeblieben war, waren Józef und seine Mutter, die in Wilna lebte. Laut Helena galt sie als die »bestangezogene Frau der Kresy« – obwohl sie, seit ihr Mann vor fünfzehn Jahren gestorben war, das Bett nicht mehr verlassen hatte.
Józef hatte ihre Eleganz geerbt. Da er zu Hause keine Familie hatte, pflegte er, wenn er sich langweilte, einen Nankinggehrock anzulegen, in seine bryczka zu springen und »auf Tour« zu gehen – ein Ausdruck, den er selbst für sein unangemeldetes Auftauchen auf einem beliebigen Nachbargut gebrauchte. Da er unverheiratet war und ein fabelhafter Erzähler, war er gewöhnlich willkommen. Doch jetzt, da die dwóry großenteils verlassen waren, waren seine »Touren« auf Platków beschränkt.
Ende August war eine Hitzeperiode. Zwischen den aufgeheizten Tagen lagen aufgeheizte Nächte. In Platków versammelte sich die Hausgemeinschaft am Abend in gereiztem Schweigen auf der Veranda. An dem zweiten dieser Abende ratterte Józefs bryczka im bleiernen Dämmerlicht aus der Allee.
»Vollmond und eine warme Nacht!« rief er, als er die Stufen zur Terrasse hinaufstieg. »Sie wissen, was das bedeutet?«
»Liebe . . .« seufzte Tante Anna.
»Krebse!«
Józef bat Tekla, ein paar Kartoffeln einzupacken, und führte sie alle, mit drei Eimern beladen, hinunter zum Wodalkasee.
Der Mond hing dick und reglos am Horizont. Schilf stand dünnbeinig am Ufersaum. Dazwischen, zwischen diesem schmächtigen Röhricht, hielten unzählige Frösche ihre schleppenden Debatten ab.
Schnell flammte das Feuer auf. Aus den Birkenscheiten sandte es Funken empor, die einen kurzen Augenblick vor den Sternen glühten. Tekla schnitt Stecken für ein Gestell und hängte zwei Henkeltöpfe mit Wasser über die Flammen. Tante Anna saß daneben mit Helenas Mutter, einer Feldflasche mit schwarzem Kaffee und zwei Schachteln türkischen Zigaretten.
Józef ging mit Helena und ihrer Schwester ans Wasser, wies sie an, unmittelbar am Uferrand auf und nieder zu springen, legte sich selbst flach hin und ließ die bloßen Arme im Wasser schleifen. Die Krebse krochen vom Uferrand weg, und er fischte sie heraus.
Józef war ein glänzender Imitator, und als sie später im Schein des Feuers die warmen Schalen aufknackten, ließ er die Wilnaer Gesellschaft mit so viel Kunstfertigkeit wiedererstehen, daß es schien, als habe es nie einen Krieg gegeben. Die Nacht hallte wider von Tante Annas Lachen.
Es war schon nach Mitternacht, als Józef Helena allein am See entdeckte. Er ergriff ihre Hand. »Hela, ich liebe dich. Ich liebe dein Seidenhaar und deine dünnen Arme und die Sommersprossen auf deiner Nase. Ich liebe deinen fernen Blick und die Sterne in deinen Augen. Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich.«
Und damit hatte es sich. Am nächsten Tag fuhr er weg. Helena wurde nicht klug daraus. Wann immer er nach Platków kam, passierte genau dasselbe: er benahm sich ihr gegenüber völlig normal, bis sie zufällig allein waren. Dann ergriff er ihre Hände und erzählte ihr von seiner Herzensqual und seiner tiefen Liebe. Aber nicht ein einziges Mal bat er sie, ihn zu heiraten.
Es bedurfte des Kutschers Stefan, um zu merken, was vorging. »Dieser Graf Józef kommt zu oft hierher. Was soll daraus werden, Panna Helena?«
»Nichts Gutes, das sage ich Ihnen. Er sollte mehr Zeit damit zubringen, seine undichten Dächer zu richten, als Sie hier zu belästigen.«
»Aber wenn ich ihn nun heiraten würde, Stefan? Du könntest kommen und für uns arbeiten und deine Zeit zwischen hier und dort aufteilen!«
»Ihn heiraten? Den bankrotten alten Tataren? Den sollen die Enten treten! Er hat Schulden, die er nie los werden wird.«
Das ist es also, dachte Helena. Darum hat er mich noch nicht gebeten, ihn zu heiraten – seine Schulden! Und für dieses noble Opfer, das ihr eine so tiefe wie blinde Bewunderung einflößte, begann sie Józef nur noch mehr zu lieben.