Kapitel 14 – Hält, was er verspricht

Deniz schüttelte energisch den Kopf. Er war genervt, denn das Layout der Plakate auf dem Tisch vor ihnen gefiel ihm nicht. Er erklärte Julia, warum sie nicht nach seinem Geschmack waren: „Wir machen Werbung für eine altmodische Firma aus Russland, die plötzlich auf die Idee gekommen ist, BHs und Höschen in Deutschland zu verticken. So etwas Modernes können wir nicht bringen.“

Er knallte seinen Marker auf den Tisch und ließ sich wieder in seinem Stuhl fallen. Julia zog die Augenbrauen hoch. Sie war verblüfft. So kannte sie Deniz gar nicht, aber sein Eifer gefiel ihr.

Abgesehen davon war sie jedoch anderer Meinung – zumindest was die Plakate anging. Sie erwiderte ruhig: „Also, ich finde, du übertreibst. Wir haben freie Hand, was das Design angeht. Wir müssen uns nicht an das biedere Image halten, wenn wir das nicht wollen. Am Telefon warst du außerdem noch total begeistert, immerhin sind es doch deine eigenen Ideen.“

Deniz hing kraftlos in seinem Stuhl und schaute ins Leere. Julia bemerkte, dass etwas nicht in Ordnung war. Sie war sich außerdem ziemlich sicher, dass seine miese Laune nichts mit ihrem Projekt zu tun hatte. Die Gestaltung von Plakaten im Großformat war schließlich sein Spezialgebiet.

Julia nahm sich vor, ihn nach seinem wirklichen Problem zu fragen, falls es sie bei ihrer aktuellen Arbeit weiterhin belastete. Jetzt war erst einmal Zeit für ein paar lobende Worte, wie sie fand.

„Hör mal, Deniz. Ich finde deine Idee wirklich klasse. Warum machst du dich bloß so verrückt?“, fragte sie und schob einige der losen Elemente auf dem betroffenen Plakat herum, bis es wieder dem Layout entsprach, das Deniz ursprünglich vorgeschlagen hatte.

Sie sagte: „Lass es uns doch so versuchen. Wir variieren jetzt erst einmal nur die verschiedenen Slogans und schauen dann, was am besten passt, okay?“

Deniz nickte matt und seufzte. Julia war mit sich zufrieden. Für die nächsten ein, zwei Stunden würde Deniz sich vermutlich noch zusammenreißen können, aber danach musste sie ihm eindeutig auf den Zahn fühlen.

Julia, die Leiterin der Softlift-Kampagne und Deniz, der Chef der Grafikabteilung, werkelten weiter an den Plakaten herum und probierten dutzende Ausdrucke flotter Sprüche aus, um ein ansprechendes Ergebnis zu erzielen.

Als sie fast alle Kombinationen ausprobiert hatten und kurz davor waren, in der Abteilung der Copywriter anzurufen, damit diese sich noch weitere Slogans aus den Fingern saugten, klopfte es an der Milchglastür und nach einem einstimmigen „Herein!“ trat Sarah ein.

Julia erkannte ihre Chance und ließ das Mädchen vom Empfang gar nicht erst zu Wort kommen. Sie hatte nämlich eine fabelhafte Idee.

„Sarah, schau dir bitte mal diese Plakate an und sag uns, welches dir am besten gefällt“, sagte sie freundlich und führte Sarah mit einer einladenden Geste an den riesigen Tisch im Konferenzraum.

Deniz runzelte die Stirn, denn er wusste nicht, wie Sarah ihnen bei ihrem Problem helfen könnte. Aber er ließ Julia einfach machen. Er vertraute ihr. Ihm war schon am Morgen aufgefallen, dass Julia endlich wieder die Alte war.

An diesem Morgen hatte er sich auf die Zunge gebissen und sich eine Bemerkung erspart, aber er war sich sicher, dass Julia ein fabelhaftes Wochenende gehabt haben müsse. Er wusste nicht, dass Julias gesteigertes Selbstbewusstsein mit ihrem Besuch in Jack's Werkstatt zu tun hatte, denn am Vortag hatte Deniz sich freigenommen.

Er beobachtete nun gespannt, wie sich die schüchterne Sarah im Raum bewegte und die Plakate mit ihren schmalen Fingern mal anhob, mal verschob.

Sarah wusste es zu schätzen, dass sie nach ihrer Meinung gefragt wurde. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass so etwas schon einmal vorgekommen wäre, daher wollte sie sich besonders viel Mühe geben.

Sie las die vier verbliebenen Slogans leise vor und ersetzte sie entsprechend auf den einzelnen Plakatvorlagen.

Am besten gefiel ihr das Plakat, auf dem eine hübsche Frau um die 30 mit verschränkten Beinen in einem Büro saß und auf ihrem Stift kaute und offenbar einem Tagtraum nachhing. Dazu passte jedoch keiner der Sprüche, die von den Copywritern im Eilverfahren hergestellt worden waren.

Ein anderes Plakat, das sie ebenfalls sehr ansprechend fand, war ein wenig subtiler. Eine etwas jüngere Frau stand auf einer Wiese und ein gut aussehender Mann hält ihr mit seinen Händen die Augen zu. Auf dem Bild wirkte sie überrascht, jedoch auch erfreut.

Sarah kramte in den Vorlagen und fand den ihrer Meinung nach am besten geeigneten Slogan rasch wieder.

„Hält, was er verspricht“, las Sarah vor, diesmal lauter.

Julia hatte ebenfalls gespannt zugeschaut, wie Sarah – vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben – die Arbeit eines Werbeteams übernahm.

Sarah blickte verlegen auf und meinte: „Das hier finde ich gut.“ Deniz erhob sich endlich aus seinem Stuhl, um einem besseren Gesamteindruck vom Plakat zu bekommen.

Julia lächelte. Deniz lächelte. In knapp einer Stunde waren sie nicht auf die Idee gekommen, die zwei Elemente so zu verbinden, dass sie Sinn machten.

Sarah stand nun eingeengt zwischen zwei gut gelaunten Werbeprofis und wusste nicht, ob sie den Test bestanden hatte.

Julia ergriff das Wort: „Fällt dir sonst noch etwas dazu ein? Vielleicht ein passender Markenname? Falls ja: Behalte ihn bitte für dich, sonst sind wir hier bald unseren Job los.“ Sie lachte und Deniz fotografierte das Plakat, wie Sarah es zusammengefügt hatte, damit sie es nicht mehr vergessen konnten. Sarah war verwirrt und wusste nicht, ob Julia einen Scherz machte oder ob sie es ernst meinte.

„Ich, äh, ich weiß nicht. So wie ich das hier verstehe, geht es um Pushup-BHs, richtig? Wenn ich mir einen BH kaufen würde, der meinen, äh, Busen größer machen soll, dann, äh -“, begann Sarah unsicher. Julia nickte ihr aufmunternd zu, denn sie hatte das Gefühl, dass Sarah in ihrem Element war und ihnen bei ihrer Kampagne wirklich weiterhelfen konnte.

Sarah fuhr fort, diesmal mit festerer Stimme: „Naja, ich möchte nicht auf den ersten Blick sehen, dass ich einen Pushup-BH kaufe. Ich will mir an der Kasse nicht eingestehen, dass meine Brüste zu klein sind. Und ich will nicht, dass andere das von mir denken. Ich meine, dass ich, äh, kleine Brüste habe.“

Julia nickte langsam, konnte sich jedoch eine Anspielung auf Sarahs üppiges Dekolleté nicht verkneifen: „Na, darum brauchst du dir ja ohnehin keine Sorgen zu machen!“ Sie grinste und Sarah lachte leise. Sie spürte, dass sie den Test bestanden hatte. Und irgendetwas sagte ihr, dass es gar kein Test war, sondern dass Julia ihre Meinung wirklich schätzte.

Deniz war ebenfalls beeindruckt. Er hielt Sarah bisher eher für einfältig und er kam sich nun ein wenig blöd vor, weil er ihr gegenüber solche Vorurteile hatte.

Julia fiel ein, dass Sarah nicht einfach so in den Konferenzraum geplatzt war und fragte nach: „Du wolltest uns doch etwas sagen, nicht wahr?“

„Ja, stimmt“, erwiderte Sarah, nun wieder aufgeregt. „Frau Gromow hat angerufen. Sie hat mitgeteilt, dass sie in dieser Woche doch nicht mehr vorbeikommen wird. Ich soll ausrichten, dass sie dir, äh, ich meine, Ihnen, voll und ganz vertraut“, setzte sie hinzu und wurde rot. Sie war sich sicher, dass sie eine Grenze überschritten hatte, weil sie Julia geduzt hatte.

„Sarah, wir duzen uns hier alle und ich finde, es wird Zeit, dass du dich daran gewöhnst. Nur bei Peer solltest du dich noch etwas gedulden. Er ist in solchen Sachen ein wenig altmodischer als wir“, beschwichtigte sie Julia.

Sie bedankte sich außerdem noch bei Sarah für ihren außergewöhnlichen Dienst, den sie Deniz und ihr erwiesen hatte: „Du hast uns wirklich weitergeholfen. Von mir aus darfst du gern öfter hereinschneien.“

Sarah nickte und als sie die Glastüre hinter sich schloss, strahlte sie so sehr wie noch nie seit ihrer Einstellung bei der FemediaX GmbH.

„Nicht schlecht, oder?“, fragte Julia. Deniz nickte und meinte: „Das war genial. Sarah hat uns wirklich weitergeholfen.“ Er übertrug die Fotos auf seinen Laptop, um später daran weiterzuarbeiten.

Julia fand, dass es Zeit für eine kleine Pause war und außerdem wollte sie endlich wissen, was mit Deniz los war. Sie konnte es nicht ertragen, dass jemand in ihrer Gegenwart schlechte Laune hatte. Vor allem nicht, nachdem sie bei ihrem Tätowierer eine so riesige Portion Selbstvertrauen getankt hatte.

„Sag mal, Deniz, was ist eigentlich los? Du hast dir gestern sogar frei genommen. Das ist doch gar nicht deine Art, wenn so wichtige Projekte anstehen“, stellte Julia neutral fest. Deniz wusste, dass sie ihn nicht kritisierte und war froh, dass sie ihn nach seinem Wohlbefinden fragte.

„Ach, ich habe wieder jemanden kennengelernt, aber -“, begann er trübselig. Julia unterbrach ihn sofort: „Das ist doch klasse. Dann kannst du den anderen Spinner endlich abschreiben, oder nicht?“

„Naja, es ist nicht so toll, wie ich mir das vorgestellt habe. Wir haben uns am Wochenende im Club getroffen“, fuhr Deniz fort. Julia dachte selbstzufrieden, dass sie ihn vor ein paar Tagen völlig richtig eingeschätzt hatte und nickte, um zu bestätigen, dass sie zuhörte.

„Wir sind auch rasch zur Sache gekommen. Er hat eine tolle Wohnung und wir haben uns prima verstanden. Aber in punkto Sex sind wir vermutlich nicht auf einer Wellenlänge. Er mags gern etwas härter, weißt du. Mit Fesseln und Peitschen und Lack und Leder. Wie kann man so etwas mögen? Mit Liebe hat das doch überhaupt nichts mehr zu tun, oder?“

Julia schaute Deniz verblüfft an; sie hätte nicht damit gerechnet, dass er ihr gegenüber so offenherzig von seinem Beziehungsleben berichten würde. Sie überlegte, dass er sich vermutlich hervorragend mit Verena verstehen würde. Julia konnte sich nicht erklären, warum sie die beiden einander noch nicht vorgestellt hatte.

Das, was Deniz da andeutete, war genau nach Julias Geschmack. Das hatte sie vor knapp einer Woche im Excelsior realisiert – und sie hatte es geliebt.

Julia beschloss jedoch nicht allzu viel von ihren eigenen Vorlieben preiszugeben, da sie mit dieser Art von Offenheit bei Verena schon die eine oder andere schlechte Erfahrung gemacht hatte.

„Tja, jeder Jeck ist anders. Das ist doch das Kölner Motto schlechthin, oder?“, fragte Julia und hatte Schwierigkeiten, sich ein Grinsen zu verkneifen.

„Ja, stimmt schon. Es war ja auch irgendwie schön. Aber ich glaube, dass er – er heißt übrigens Felix und sieht wirklich blendend aus – in Zukunft immer verrücktere Sachen machen will. Und ich bin mir sicher, dass ich das nicht will. Du hättest seinen Werkzeugkasten sehen sollen“, erwiderte Deniz und klickte aggressiver als vorher auf seiner Maus herum, um die Bilder der Plakate am Computer nachzubearbeiten.

„Werkzeugkasten? Ich wusste gar nicht, dass es schwule Handwerker gibt“, witzelte Julia, um Deniz auf positivere Gedanken zu bringen.

„Haha, sehr witzig. Er nennt es so. In dem Kasten ist kein Hammer oder so etwas. Da sind Handschellen, komisch geformte Dildos und so ein Zeug drin. Definitiv nichts für mich“, schloss er grimmig.

Julia fand es schwierig, sich auf Deniz' Beziehungsproblem zu konzentrieren, da seine Beschreibungen der so genannten Werkzeuge sie überraschend stark erregten.

Sie konnte das nächste Treffen mit Alexej kaum erwarten und sie hoffte im Gegensatz zu Deniz inständig, dass sie beim nächsten Mal einen Schritt weiter gehen würden.

Julia musste einige Zeit verträumt ins Leere geguckt haben, denn Deniz schaute zu ihr auf und bemerkte stirnrunzelnd: „Dir scheint das sogar zu gefallen. Gut zu wissen, dann weiß ich ja, was ich dir zu Weihnachten schenke.“

Diesmal grinste er. Julia wollte das Gespräch nun lieber wieder in harmlosere Gefilde manövrieren, denn sie war wirklich nicht daran interessiert, dass Deniz von ihren geheimen Vorlieben Wind bekam. Er sollte von ihr aus weiterhin denken, dass sie auf Blümchensex stand.

Julia und Deniz unterhielten sich also weiter über die Kampagne. Sie waren sich jedoch einig, dass sie für einen Tag schon sehr viel erreicht hatten und räumten den zum Bastelstudio umfunktionierten Konferenzraum endlich, um ihn wieder von dem Chaos zu befreien, das sie bei ihrem Brainstorming verursacht hatten.

Als sie zurück in ihr Büro ging, war Julia immer noch sehr gut gelaunt und sie nahm sich vor, Alexej selbst anzurufen, damit sie sich am Wochenende endlich wieder sehen konnten.

Sie beschloss, erst einmal den angefallenen Papierkram zu erledigen und dann den wohl wichtigsten Anruf der gesamten Woche zu machen.

Wenige Minuten später klingelte ihr Handy. Alexej kam ihr zuvor und Julia fiel aus allen Wolken, als sie seine Stimme erkannte.

„Hallo Julia“, begann er freundlich, „vielen Dank für dein Geschenk. Ich hätte mich schon früher gemeldet, aber ich habe die winzige Schachtel erst bemerkt, als ich das Jackett in die Reinigung geben wollte. Und deine private Nummer hatte ich ja vorher nicht.“

Julia strahlte und es war ihr egal, dass er ihr kleines Präsent offenbar vergessen hatte und es beinahe hatte mitwaschen lassen. Immerhin war es eine Riesenparty, da erinnert man sich nicht unbedingt an jedes kleine Geschenk, redete sie sich tapfer ein.

Alexej fuhr fort: „Wie wäre es, wenn wir uns am Wochenende bei mir treffen. Wir könnten zusammen essen und, naja, dann machen wir, was du willst.“ Julia hoffte zu wissen, worauf er hinauswollte und sie stimmte zu: „Ja, gerne.“ Schweigen, dann ein ruppiges „Okay! Mein Fahrer holt dich dann um sechs Uhr ab.“ Alexej räusperte sich und seine Stimme klang wieder freundlicher.

Julia war nicht dumm; sie bemerkte, dass Alexej mit sich kämpfte. Julia erinnerte sich nur zu gut an das Gespräch, das sie mit Alexejs ziemlich betrunkener Ex-Frau geführt hatte.

Sie hoffte, dass alles, was mit dem komischen Ring zu tun hatte, nichts als Einbildung war.

Julia nickte und bemerkte nach zwei, drei Sekunden, dass Alexej ihr Nicken durch das Telefon nicht sehen konnte. Sie sagte: „Gut. Ich werde dann bereit sein.“

Julia hatte sich das Gespräch ein wenig romantischer vorgestellt, aber sie war es mittlerweile gewohnt, dass Alexej sehr launisch war.

„Gut. Ich freue mich auf dich.“ Es klang gezwungen, aber Julia wusste, dass Alexej es ernst meinte.

Sie wollte sich gerade verabschieden, als ihr einfiel, dass er ihr noch gar nicht den Tag mitgeteilt hatte, an dem sie abgeholt werden sollte.

„Äh, wann kommst du denn, äh, ich meine, dein Fahrer? Das Wochenende hat so weit ich weiß zwei Tage“, meinte Julia und versuchte es mit einem möglichst ungezwungenen Lachen.

Alexej stimmt mit ein und entschuldigte sich für seinen Fehler: „Ich dachte an Samstag. Und am Sonntag wirst du wieder zu Hause abgesetzt. Ich hoffe, du verzeihst mir meine egoistische Planung?“

Nun lachten beide und Julia war erleichtert, dass sich der freundlichere der beiden Alexejs in ihm durchgesetzt hatte. „Ja, das ist in Ordnung. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig beleidigt gewesen wäre, wenn du mich ausschließlich zum Essen eingeladen hättest“, sagte Julia und biss sich auf die Unterlippe.

Das Flirten am Telefon machte ihr Spaß, aber sie wollte ihr Glück nicht herausfordern, da Peer immer noch nicht allzu gut auf sie zu sprechen war. Sie musste bald auflegen, so viel war klar.

Alexej schien ihre Gedanken zu lesen, denn er meinte verständnisvoll, dass Julia besser nicht zu viele Privatgespräche während ihrer Arbeitszeit führen sollte. Offenbar war er über Peer und seine Laune von Katarina informiert worden.

Sie verabschiedeten sich und als Julia ihr Handy auf ihren Schreibtisch legte, fühlte sie sich großartig. Sie hatte ein Date mit dem Mann, vor dem sie sich selbst noch vor wenigen Jahren gewarnt hätte.

Seit die öde Beziehung mit Thomas hinter ihr lag, war ihr Leben erfüllt von Abenteuern und das gefiel ihr.

Julia dachte an das simple Geschenk, mit dem sie Alexej scheinbar wirklich eine Freude gemacht hatte. Sie war zwei Tage vor seiner Geburtstagsparty nochmal in das Hotel gegangen, in dem er sie so gekonnt ans Bett gefesselt hatte.

Sie musste eines der Zimmermädchen bestechen, um sich in eines der unbewohnten Zimmer schleichen zu können. Dort klaute sie eines der Seideneinstecktücher, die vergesslichen Businessleuten und sonstigen Anzugträgern zur Verfügung standen, wenn sie eines benötigten.

Auf das Tuch hatte sie ihre private Handynummer geschrieben und anhand des Monogramms des Hotels konnte Alexej Eins und Eins zusammenzählen.

Insgesamt war es doch eine fabelhafte Idee gewesen, fand Julia und lächelte zufrieden. Sie freute sich zu sehr auf das kommende Wochenende, um jetzt noch großartig in Arbeitslaune zu kommen. Sie ging also wieder einmal viel zu früh in die Mittagspause.

Während sie durch die matschige Fußgängerzone schlenderte und an ihrem obligatorischen Kaffee nippte, telefonierte sie mit einer ziemlich aufgeregten Verena.

Julia erzählte ihr von den Ereignissen der letzten Tage und musste sich im Gegenzug alle Einzelheiten von Verenas letzter intimer Eskapade mit ihrem Partner und ihrem Lieblingsspielzeug anhören (diesmal waren es Liebeskugeln).

Als sie das Handy in ihrer Handtasche verschwinden ließ, dachte sie erneut, dass sie Verena und Deniz unbedingt zusammenbringen musste. Sie überlegte, ob die beiden sie dann mit ihren Klatschgeschichten verschonen würden, wenn sie sie sich gegenseitig unter die Nase reiben konnten.

Da sie bloß ihre unbequeme Ersatzjacke trug, die nicht annähernd so kuschelig war wie ihr Lieblingsmantel, den sie in Alexejs Jaguar hatte liegen lassen, fror sie, aber das konnte auch nichts an ihrer guten Laune ändern.