Bibulus auf Corcyra war gegen Caesar weitaus erfolgreicher als der ängstliche Pompeius. Daß Caesar seine Blockade durchbrochen hatte, hatte ihn schwer getroffen. Wie typisch für Caesar, einen gefangenen pompeianischen Legaten zu ihm zu schicken, um ihm das mitzuteilen. Ätsch, Bibulus, reingefallen! Nichts auf der Welt hätte Bibulus mehr anspornen können als Caesars Spott. Seit Vibullius’ Besuch trieb er sich selbst und seine Legaten noch erbarmungsloser an.

Jedes Schiff, dessen er habhaft werden konnte, setzte er für die Blockade auf dem Adriatischen Meer ein. Caesar sollte verrotten und verschimmeln, bevor er den Rest seiner Armee wiedersah! Bibulus selbst konnte dreißig Schiffe abfangen, die Caesar für die Überfahrt eingesetzt hatte. Er verbrannte sie. So! Dreißig Schiffe weniger für Antonius und Calenus!

Denn Bibulus wollte verhindern, daß Antonius und Fufius Calenus in Brundisium genügend Schiffe zusammenbekamen, um acht weitere Legionen und tausend germanische Reiter nach Epirus zu transportieren. Zu diesem Zweck schickte er Marcus Octavius auf die italische Seite des Adriatischen Meeres; er sollte nördlich von Brundisium das Meer bewachen. Scribonius Libo sollte mit seinen Schiffen direkt vor Brundisium in Stellung gehen, Gnaeus Pompeius die griechischen Gewässer vor Palaestae sichern. Wo immer Antonius und Calenus versuchen würden, Schiffe aufzutreiben, sie würden keine bekommen!

Bibulus’ zweites Ziel war, Caesar vollkommen von der Versorgung über See abzuschneiden, auch der durch den Golf von Korinth oder um die Südspitze des Peloponnes.

Er hörte von einer abenteuerlichen Geschichte, der zufolge Caesar versucht hatte, in einem kleinen Boot nach Brundisium zurückzukehren, von einem schrecklichen Sturm aber gezwungen wurde, umzukehren. Ob sie stimmte, wußte er nicht, doch bestärkte sie ihn in seinem Tun. Als die Herbststürme es unmöglich machten, von Brundisium auszulaufen, hätte er sich eine verdiente Pause gönnen können, aber da niemand für die Überwachung der epirotischen Küste zwischen Corcyra und der Insel Sasonae frei war, übernahm er diese Aufgabe. So war er bei jedem Wetter auf See, wo es immer kalt und naß war und so unbequem, daß er nur wenig Schlaf fand.

Im März erkältete er sich. Er weigerte sich allerdings, nach Corcyra zurückzukehren, bis ihm die Entscheidung aus der Hand genommen wurde. Mit fieberheißem Kopf, eiskalten Händen und Füßen und rasselndem Atem brach er auf seinem Flaggschiff zusammen, und sein Stellvertreter Lucretius Vespillo beorderte die Flotte an die Küste zurück.

Als Bibulus’ Zustand sich nicht besserte, traf Lucretius Vespillo eine weitere Entscheidung: Er schickte nach Cato in Dyrrhachium. Dieser machte sich sofort auf den Weg, gequält von der Angst, er könnte wieder zu spät zum Sterbebett eines lieben Freundes kommen.

Doch als Cato das Zimmer betrat, in dem Bibulus lag, verriet ihm ein schweres Röcheln, daß dieser noch lebte. Wie klein Bibulus war! Wie hatte er das vergessen können? Verloren lag der Admiral in dem viel zu großen Bett, die silbergrauen Haare und Brauen von der fahlen Haut kaum zu unterscheiden. Nur die grauen Augen, die tief in ihren Höhlen lagen, zeigten noch Leben; sie füllten sich mit Tränen, als sie Cato erblickten. Unter der Bettdecke kam eine schwache Hand hervor und schob sich zwischen die Hände Catos, der auf der Bettkante Platz genommen hatte.

Cato beugte sich vor und küßte Bibulus’ Stirn, die so heiß war, daß er unwillkürlich zusammenzuckte. Bibulus glühte, brannte, und seine kranke Brust hob und senkte sich mühsam.

»Danke, daß du gekommen bist«, sagte er.

»Ich bleibe, solange du willst, Bibulus.«

»Ich wollte zuviel — Caesar durfte nicht gewinnen!«

»Das wird er auch nicht, und wenn wir es mit unserem Tod bezahlen müssen.«

»Er will die Republik zerstören. Das darf nicht sein.«

»Das wissen wir beide.«

»Den anderen ist es egal, außer vielleicht Ahenobarbus.«

»Tja, wieder mal wir drei.«

»Pompeius ist ein aufgeblasener Trottel.«

»Und Labienus ein Ungeheuer, ich weiß. Denk nicht dran.«

»Kümmere dich um Porcia und den kleinen Lucius, den einzigen Sohn, der mir geblieben ist.«

»Natürlich. Aber zuerst kümmere ich mich um Caesar.«

»Auf jeden Fall. Er hat mehr Leben als eine Katze.«

»Weißt du noch, Bibulus, als du Konsul warst und dich in deinem Haus eingeschlossen hast, um den Himmel zu beobachten? Wie wütend Caesar darüber war! Wir haben ihm sein Konsulat ruiniert und ihn auch noch gezwungen, sich gegen die Verfassung zu stellen. Wenn das hier erst vorbei ist, wird er sich für Hochverrat verantworten müssen... «

So wiegte Cato mit seiner von Natur eher lauten, unmelodischen Stimme Bibulus sanft und zärtlich, ja fast heiter in seinen letzten Schlaf. Catos Stimme zauberte ein entrücktes Lächeln auf Bibulus’ Gesicht, der Admiral wirkte wie ein Kind, das eine schöne Geschichte erzählt bekommt, und schlief friedlich ein, die Augen unverwandt auf Cato gerichtet.

»Wir werden Caesar Einhalt gebieten«, waren seine letzten Worte.

Es war anders als damals bei Caepios Tod. Cato wurde nicht von Schmerz überwältigt und versuchte nicht verzweifelt, Bibulus’ Tod zu leugnen. Als das letzte Röcheln verklungen war, stand er auf, faltete Bibulus’ Hände über dessen Brust und drückte ihm die Lider zu. Cato hatte schon in Dyrrhachium gewußt, was ihn erwartete, und hatte den Golddenar mitgebracht. Er schob ihn Bibulus in den Mund, der immer noch verzerrt war von der Anspannung, die ihn sein letzter Atemzug gekostet hatte.

»Vale, Marcus Calpurnius Bibulus!« sagte er leise. »Ich weiß zwar nicht, ob wir Caesar besiegen können, aber uns wird er nicht besiegen.«

Vor der Tür warteten Scribonius Libo, Vespillo, Torquatus und einige andere.

»Bibulus ist tot!« sagte Cato.

Libo seufzte. »Das erschwert uns unsere Aufgabe ganz beträchtlich.« Er zeigte auf eine Karaffe. »Wein?«

»Gerne. Und bitte unverdünnt.«

Cato trank in großen Schlucken, essen wollte er allerdings nichts. »Meinst du, wir können trotz des Sturmes einen Scheiterhaufen errichten?«

»Ich werde das veranlassen.«

»Wie ich höre, soll Bibulus Caesar zu einem Gespräch nach Oricum gebeten haben. Caesar soll gekommen sein.«

»Das stimmt. Allerdings wollte Bibulus nicht selbst mit Caesar zusammentreffen. Ich mußte Caesar bestellen, er fürchte, die Beherrschung zu verlieren, wenn er Caesar gegenüberstehe. Wir hatten gehofft, Caesar dazu bringen zu können, die Wachen entlang der Küste zu verringern. Sie erschweren uns die Versorgung der Schiffe mit Proviant.«

»Aber Caesar wollte nicht«, vermutete Cato und füllte seinen Becher aufs neue.

Libo zog eine Grimasse und streckte hilflos die Hände aus. »Ich habe manchmal wirklich den Eindruck, daß er kein Sterblicher ist, Cato. Er hat mich nur ausgelacht und ist gegangen.«

»Caesar ist ein Sterblicher«, sagte Cato, »und eines Tages wird auch er sterben.«

Libo hob seinen Becher und schüttete ein paar Tropfen Wein auf den Boden. »Ein Trankopfer an die Götter — auf daß ich den Tag, an dem Caesar sterben wird, noch erlebe!«

Aber Cato schüttelte nur lächelnd den Kopf. »Ich bringe kein Trankopfer dar. Ich spüre, daß ich vor Caesar sterben werde.«

Die Entfernung von Apollonia nach Brundisium über das Adriatische Meer betrug achtzig Meilen. Am zweiten Tag des April übergab Caesar bei Sonnenaufgang dem Führer einer Pinasse einen Brief. Das Meer hatte sich beruhigt, der Wind, der von Süden her wehte, war nur noch eine leichte Brise, und auf dem Meer waren keine Schiffe zu sehen, von einer pompeianischen Flotte ganz zu schweigen.

Der Brief erreichte nach einer raschen Überfahrt ohne Zwischenfälle schon bei Sonnenuntergang desselben Tages Marcus Antonius, seinen Adressaten in Brundisium. Da Caesar den Brief selbst geschrieben hatte, war er einfacher zu lesen als viele andere Briefe. Caesars Schrift war gut leserlich, außerdem war jeder Wortanfang mit einem Punkt auf dem ersten Buchstaben markiert.

Den Herbststürmen ist die Luft ausgegangen, Antonius. Der Winter ist gekommen und mit ihm die übliche Windstille. Das läßt uns zumindest auf zwei, drei ruhige Wochen hoffen, bevor die Stürme erneut anfangen.

Darf ich Dich deshalb bitten, Dich in Bewegung zu setzen und mir den Rest meiner Armee zu bringen? Jetzt gleich. Zuerst die Veteranen und die Reiter, dann die Rekrutenlegionen. Wen Du nicht in Deinen Transportschiffen unterbringst, läßt Du zurück.

Mache Dich auf den Weg, Antonius. Ich habe das Warten satt.

»Ganz schön gereizt, der alte Knabe«, sagte Antonius zu Fufius Calenus. »Laß die Hörner blasen! In acht Tagen laufen wir aus.«

»Für die Veteranen und die Reiter haben wir genügend Schiffe. Die Vierzehnte ist inzwischen auch aus Gallien eingetroffen. Dann hat er neun Legionen.«

»Er hat schon stärkere Gegner mit weniger Legionen bezwungen«, sagte Antonius. »Wir brauchen auch noch eine Flotte vor Brundisium, um Libo abzuwehren.«

Zuerst wurden die Wagen und die Geschütze verladen. Viertausend Maultiere und über tausend Pferde zu verfrachten, war der schwierigste Teil des Unternehmens und erforderte sieben Tage und sieben fackelerleuchtete Nächte bestens organisierter Schwerstarbeit. Brundisium hatte zum Glück einen großen Hafen mit verschiedenen geschützten Becken; so konnten die Schiffe einzeln am Kai beladen werden und weiter draußen ankern. Zusammen mit den Pferden und Maultieren kamen Stallburschen, Knechte und Maultiertreiber und die germanischen Reiter an Bord. Das Einschiffen der Legionäre war vergleichsweise einfach und ging zügig vonstatten.

Im Morgengrauen des zehnten April lief die Flotte aus. Es blies ein steifer Wind aus Südwest, deshalb wurden die Segel gehißt, um die Ruderer zu unterstützen.

»Der Wind wird uns so schnell hinüberblasen, daß Libo nicht nachkommt«, sagte Antonius lachend.

»Hoffentlich bleiben die Schiffe zusammen!« knurrte Calenus.

Doch Caesars Glück war ihnen hold — das glaubten jedenfalls die Männer der Sechsten, Achten, Elften, Dreizehnten und Vierzehnten Legion, als sie mit vollen Segeln Kurs auf die griechische Küste nahmen. Der Himmel wurde von keiner Wolke getrübt, und auch von Libos Schiffen war nichts zu sehen.

Auf der Höhe der Insel Sasonae wurden sie allerdings von einer anderen pompeianischen Flotte entdeckt, die unverzüglich die Verfolgung aufnahm, denselben Wind im Rücken, der Caesars Schiffe immer weiter nach Norden abtrieb.

»Bei den Göttern! Der bläst uns ja nach Tergeste!« schrie Antonius, als sie an dem Vorgebirge jenseits von Dyrrhachium vorbeiflogen. Doch kaum hatte er das gesagt, flaute wie auf Geheiß der Götter der Wind ab.

»Halte auf die Küste zu, solange wir können!« befahl er dem Kapitän. Der Kapitän nickte den beiden Steuermännern zu, die sich gegen die riesigen Ruderpinnen stemmten.

»Hinter uns kommt Coponius mit seiner Flotte!« rief Calenus. »Er wird uns einholen!«

»Nicht bevor wir die Schiffe auf den Strand setzen, wenn wir das müssen!«

Um die Angriffsfläche zu verkleinern, ließ Antonius die Schiffe bei Lissus, fünfunddreißig Meilen nördlich von Dyrrhachium, so wenden, daß sie Coponius’ Kriegsgaleeren mit ihren Rammspornen den Bug zuwandten. Die gegnerischen Schiffe waren auf eine knappe Meile an sie herangekommen und beschleunigten bereits auf Rammgeschwindigkeit.

Da drehte plötzlich der Wind und blies heftig von Norden. Triumphierend sahen Antonius und seine Männer zu, wie die Schiffe des Pompeius nach Süden abgetrieben wurden und schließlich am Horizont verschwanden.

Die Einwohnerschaft von ganz Lissus und den anderen Orten an der Küste war auf den Beinen, um Caesars Armee willkommen zu heißen, und half eifrig, Tausende von Tieren an Land zu bringen; der Hafen von Lissus war nicht annähernd so gut mit Kais ausgestattet wie Brundisium.

Antonius war sehr zufrieden. Er rastete nur so lange, wie seine Männer und Tiere brauchten, um etwas zu essen und wieder sicher auf den Beinen zu stehen. Dann brachten die Tribunen, Zenturionen und Reiterpräfekten die Männer in Marschordnung und brachen nach Süden zu Caesar auf.

»Oder zu Pompeius«, sagte Calenus.

Antonius schlug sich empört auf den Schenkel. »Du solltest es eigentlich besser wissen, Calenus! Glaubst du wirklich, wir könnten zuerst einer Schlafmütze wie Pompeius begegnen?«

Caesar stand auf der höchsten Anhöhe in der Umgebung seines Lagers am Apsus und hielt Ausschau. Als er seine Flotte aus der Ferne nahen sah, entfuhr ihm ein Seufzer der Erleichterung. Dann aber mußte er hilflos mit ansehen, wie seine Schiffe vom Wind nach Norden abgetrieben wurden.

»Lager abbrechen! Wir marschieren.«

»Pompeius macht sich auch marschbereit«, bemerkte Vatinius. »Er wird vor uns dort sein.«

»Pompeius geht als Feldherr immer auf Nummer sicher, Vatinius. Er will sich aussuchen, wo die Schlacht stattfindet, und er wird sich nicht von Dyrrhachium in Richtung Norden wagen, weil er die örtlichen Gegebenheiten dort nicht gut genug kennt. Ich schätze, er geht am Genusus in der Nähe von Asparagium in Stellung, südlich von Dyrrhachium an der Via Egnatia. Pompeius marschiert nicht gern auf schlechten Straßen. Und er muß verhindern, daß ich zu Antonius stoße. Er wird also an einem Punkt warten, von dem er sicher annimmt, daß meine Armee ihn passieren muß.«

»Was hast du also vor?« fragte Vatinius.

»Ich werde an ihm vorbeimarschieren, ohne daß er es merkt. Ich überquere den Genusus zehn Meilen weiter landeinwärts, auf der Landstraße, die unsere Kundschafter entdeckt haben.«

Antonius war auf einer kleineren Straße einige Meilen westlich von Dyrrhachium schnell vorangekommen und hatte immer wieder Späher ausgesandt. Gegen Sonnenuntergang des elften Junitages meldeten sie ihm, sie hätten von Einheimischen erfahren, daß Pompeius ihnen nördlich des Genusus auflauere. Antonius ließ sofort anhalten und ein Lager errichten. Dann wartete er auf Caesar.

Die beiden Armeen Caesars vereinten sich am zwölften Tag des Juni — ein Freudenfest für die Veteranen.

Auch Antonius war bester Laune. Kaum war Caesar angekommen, sagte er zu ihm: »Ich habe eine große Überraschung für dich!«

»Hoffentlich eine angenehme!«

Antonius hob beschwörend die Hände wie einer der Zauberer, die er so gerne auf seine wilden Streifzüge durch Kampanien mitgenommen hatte. Daraufhin traten seine Legaten, die in einer Reihe nebeneinander standen, auseinander und gaben den Blick frei auf einen großen, gutaussehenden Mann Mitte vierzig mit blonden Haaren und grauen Augen.

»Gnaeus Domitius Calvinus!« rief Caesar. »Das ist wirklich eine Überraschung!« Er ging zu Calvinus und drückte ihm die Hände. »Was machst du denn hier in solch verrufener Gesellschaft! Ich war mir sicher, du würdest auf Pompeius’ Seite stehen.«

»Ich doch nicht!« sagte Calvinus fest. »Ich war zwar jahrelang ein überzeugtes Mitglied der boni, aber damit war im März letzten Jahres Schluß.« Sein Blick wurde hart. »Ich kann doch nicht einer Gruppe von jämmerlichen Feiglingen angehören, die ihr Land im Stich lassen! Daß Pompeius und sein Hofstaat Italia verlassen haben, hat mir das Herz gebrochen. Du aber hast Rom und Italia vernünftig behandelt, hast vernünftige Gesetze erlassen und eine vernünftige Regierung eingesetzt. Ich bin dein Mann — bis in den Tod.«

»Du hättest gerne in Rom bleiben können, meinen Segen hättest du gehabt.«

»Was soll ich in Rom? Ich bin ein guter Soldat und will mich nützlich machen. Außerdem will ich dabei sein, wenn Pompeius und seine Anhänger sich ergeben, denn das werden sie auf alle Fälle!«

Bei einem einfachen Mahl aus Brot, Öl und Käse traf Caesar seine Vorkehrungen. Anwesend waren Vatinius, Calvinus, Antonius, Calenus, Lucius Cassius, Lucius Munatius Plancus und Gaius Calvisius Sabinus.

»Ich habe neun Legionen und tausend germanische Reiter«, sagte er, »zu viele, um sie hier im Westen durch den Winter zu füttern. Pompeius wird uns in dieser Gegend nicht angreifen, erst recht nicht bei diesem Wetter. Er wird im Frühjahr nach Makedonien oder Thessalien marschieren. Sollte es zur Schlacht kommen, dann dort. Ich muß also Griechenland wegen der Versorgung und anderer Hilfe für mich gewinnen. Aus diesem Grund werde ich meine Armee teilen. Lucius Cassius und Sabinus, ihr geht mit der Siebten nach Westgriechenland — nach Amphilochia, Acarnania und Ätolien; behandelt die Bevölkerung gut! Calenus, du gehst mit den ersten fünf Kohorten der Vierzehnten und der Hälfte der Reiter nach Mittelgriechenland, nach Böotien, und überzeugst die Leute dort, daß sie mit mir auf der sicheren Seite stehen. Konzentriere dich auf Theben und vergeude deine Kraft nicht mit Athen, das lohnt sich nicht.«

»Aber damit bist du Pompeius zahlenmäßig unterlegen, Caesar«, gab Plancus stirnrunzelnd zu bedenken.

»Ich glaube, ich kann Pompeius mit nur zwei Legionen überlisten«, entgegnete Caesar gelassen. »Solange er nicht Metellus mit den beiden syrischen Legionen hat, wird er nicht angreifen.«

»Aber wenn er angreift«, sagte Calenus, »hast du keine Chance.«

»Ich weiß, Calenus, aber ich sage dir, er wird nicht angreifen.«

»Hoffentlich behältst du recht.«

»Für dich, Calvinus, habe ich einen Sonderauftrag«, sagte Caesar.

»Ich werde alles tun, was ich kann.«

»Gut! Nimm die Elfte und die Zwölfte, marschiere Metellus und den beiden syrischen Legionen entgegen und verhindere, daß sie zu Pompeius stoßen.«

»Ich soll also nach Thessalien und Makedonien marschieren.«

»Genau. Nimm auch eine Schwadron meiner gallischen Reiter mit, sie können dir als Kundschafter dienen.«

»Aber dann hast du nur noch eine Schwadron gallischer Reiter und fünfhundert Germanen!« gab Calvinus zu bedenken. »Pompeius hat Tausende von Reitern.«

»Tausende, die ihm die Haare vom Kopf fressen, ja.« Caesar wandte sich an Antonius. »Was ist mit den drei Legionen, die du in Brundisium gelassen hast?«

»Ich habe sie nach Gallia Cisalpina geschickt.« Antonius schob schmatzend ein großes Stück ölgetränktes Brot in den Mund. »Ich dachte, vielleicht brauchst du Soldaten für Illyricum, deshalb habe ich die Fünfzehnte und die Sechzehnte nach Aquileia marschieren lassen und die andere nach Placentia.«

»Du bist wirklich unbezahlbar, mein lieber Antonius! Das war genau richtig. Vatinius, hiermit übertrage ich dir den Befehl über Illyricum. Nimm den Landweg, das ist von hier aus schneller.« Caesars Augen ruhten mit Zuneigung auf Antonius. »Mache dir keine Sorgen wegen deines Bruders, Antonius. Wie ich höre, wird er gut behandelt.«

»Dann ist es ja gut«, sagte Antonius schroff. »Er ist zwar ein Dummkopf, aber immerhin mein Bruder.«

»Wirklich schade, daß du so vielen deiner großartigen Legaten aus Gallien gestattet hast, dieses Jahr in Rom zu bleiben«, sagte Calvinus.

»Sie haben es sich verdient«, erwiderte Caesar ruhig. »Natürlich wäre es besser, sie wären jetzt hier, aber sie müssen sich auch um ihr eigenes Fortkommen kümmern. Um Konsul zu werden, muß man schließlich zuerst Prätor sein.« Er seufzte. »Aulus Hirtius vermisse ich allerdings sehr — es gibt keinen besseren Sekretär als ihn.«

Nach dem Essen blieben nur noch Vatinius und Calvinus, um Caesar Gesellschaft zu leisten. Caesar wollte hören, was es in Rom und Italia Neues gab.

»Was ist eigentlich mit Caelius los?« fragte er Calvinus.

»Schulden«, erwiderte Calvinus kurz. »Er hatte daraufgesetzt, daß du einen allgemeinen Schuldenerlaß verkünden würdest, und als das nicht geschah, war er ruiniert. In mancher Hinsicht ein vielversprechender Bursche — Cicero hat viel von ihm gehalten. Er war ein guter Ädil und hat einige dringend notwendige Reformen durchgeführt.«

»Ich kann mit diesem Amt nichts anfangen«, sagte Caesar. »Die Ädilen — und ich war auch einmal Ädil und nehme mich da nicht aus — vergeuden Geld, das sie nicht haben, für glänzende Spiele und kommen nie wieder aus den Schulden heraus.«

»Du schon!« sagte Vatinius lächelnd.

»Weil ich Caesar bin. Aber erzähle weiter, Calvinus! Da Pompeius die Meere beherrscht, bekomme ich nur wenig Post aus Rom.«

»Nun, Caelius hat wohl gedacht, als praetor peregrinus könne er tun, was ihm beliebt. Er hat sogar versucht, von der Volksversammlung einen privaten Schuldenerlaß zu bekommen.«

»Ich weiß. Und Trebonius versuchte, das zu verhindern.«

»Ja, aber ohne Erfolg. Bei der Versammlung ging es ziemlich gewalttätig zu. Alle, die einen Schuldenerlaß brauchten, waren da und wollten ihn auf Biegen und Brechen durchdrücken.«

»Daraufhin hat Trebonius sicher Vatia Isauricus aufgesucht«, vermutete Caesar.

»Richtig, du kennst diese Männer besser als ich. Vatia hat sofort ein senatus consultum ultimum erlassen. Als zwei Volkstribunen dagegen ihr Veto einlegen wollten, hat er sie unter Berufung auf den Senatsbeschluß hinausgeworfen, völlig zu Recht, wie ich finde.«

»Und danach«, sagte Caesar, »ist Caelius aus Rom geflohen und hat versucht, in Kampanien, vor allem in der Umgebung von Capua, Unterstützung zu bekommen und Truppen zusammenzutrommeln. Das ist das letzte, was ich gehört habe.«

»Dein Neffe Quintus Pedius zog damals als Prätor mit der Vierzehnten Legion nach Brundisium und war zufällig in Kampanien, als Caelius dort mit keinem Geringeren als Milo zusammenkam, der aus dem Exil in Massilia zurückgekehrt war.«

»Aha«, sagte Caesar langsam. »Milo wollte also auf eigene Faust einen Umsturz anzetteln. Denn ich nehme nicht an, daß der Senat unter Vatia und Trebonius ihm erlaubt hat, das Land zu betreten.«

»Nein, er landete heimlich in Surrentum. Milo und Caelius kamen überein, ihre Truppen zusammenzulegen. Caelius kann drei Kohorten hochverschuldeter Soldaten des Pompeius’ aufbieten, die alle dem Wein und ihren großen Ideen verfallen sind, Milo bot an, weitere Truppen zusammenzukratzen.« Calvinus seufzte. »Vatia und Trebonius haben Quintus Pedius befohlen, in Kampanien nach Vorgabe des senatus consultum ultimum für Ruhe und Ordnung zu sorgen.«

»Anders gesagt, sie haben meinen Neffen ermächtigt, Krieg zu führen.«

»Ja. Pedius hat die beiden in der Nähe von Nola mit seiner Legion gestellt. Es kam zur Schlacht. Milo fiel, Caelius konnte sich zunächst aus dem Staub machen, Quintus Pedius hat ihn jedoch verfolgt und schließlich getötet. Das ist das Ende der Geschichte.«

»Ein guter Mann, mein Neffe. Sehr zuverlässig!«

»Aber ich hoffe, daß es in Italia dieses Jahr keine weiteren Schwierigkeiten gibt«, sagte Vatinius.

»Das hoffe ich allerdings auch! Zumindest weißt du nun, warum ich so viele Legaten in Rom zurückgelassen habe, Calvinus. Nur sie sind imstande, dort für Ordnung zu sorgen!«

Pompeius beschloß, für längere Zeit in Asparagium am Genusus zu bleiben, beruhigt darüber, daß Caesars Hauptquartier immer noch im Süden lag und Dyrrhachium sicher war. Wie um ihn Lügen zu strafen, zog Caesar am Südufer des Genusus auf und ließ seine Armee täglich in Schlachtordnung antreten. Pompeius fand das äußerst lästig. Daß Caesar seine Reiter geteilt und mindestens drei Legionen auf Proviantsuche nach Griechenland geschickt hatte, wußte er zwar, doch daß Calvinus nach Thessalien vorrückte, um Metellus abzufangen, wußte er nicht.

»Bei diesem Schneeregen und dieser Kälte kann ich keine gute Leistung von meinen Soldaten erwarten«, sagte er. »Ich kämpfe erst, wenn Scipio hier ist.«

Caesar erfuhr davon. »Dann werden wir seinen Truppen eben ein bißchen einheizen«, sagte er zu Antonius.

Mit seiner gewohnten verblüffenden Schnelligkeit ließ er das Lager abbrechen und verschwand. Pompeius glaubte zuerst, er hätte sich wegen Proviantmangels nach Süden zurückgezogen, doch seine Späher meldeten ihm, Caesar habe ein paar Meilen weiter landeinwärts den Genusus überquert und stoße über einen Gebirgspaß nach Dyrrhachium vor. Entsetzt erkannte Pompeius, daß Caesar ihn von seinem Stützpunkt und seinen Lebensmittelvorräten abzuschneiden drohte. Wenigstens konnte er auf der Via Egnatia marschieren, während Caesars Armee sich Späherberichten zufolge durch unwegsames Gelände kämpfen mußte. Er würde vor Caesar in Dyrrhachium sein!

Doch noch am Abend desselben Tages ging Caesars Armee zwei Meilen vor Dyrrhachium auf einer Anhöhe östlich der Via Egnatia in Stellung. Caesar befahl, das Lager mit Wällen und Gräben zu befestigen.

»Warum beziehen wir nicht die Hügel da drüben, die die Einheimischen Petra nennen?« Antonius deutete nach Süden. »Sie sind höher.«

»Die lassen wir Pompeius übrig.«

»Aber das Gelände ist besser geeignet!« beharrte Antonius.

»Es liegt zu nah am Meer. Wir wären die meiste Zeit damit beschäftigt, Pompeius’ Flotte abzuwehren. Nein, Pompeius soll ruhig Petra besetzen.«

Was Pompeius auch tat. Als er am nächsten Morgen auf der Via Egnatia heranmarschierte und Caesar zwischen sich und Dyrrhachium sah, besetzte er die Hügel von Petra und errichtete dort ein uneinnehmbares Lager.

»Caesar hätte sein Lager hier errichten sollen«, sagte er zu Labienus. »Die Lage ist viel besser, außerdem bin ich hier nicht von Dyrrhachium abgeschnitten, weil ich ja das Meer beherrsche.« Er wandte sich an seinen Schwiegersohn Faustus Sulla. »Faustus, befehle meinen Admiralen, den Proviant in Zukunft hierherzubringen. Außerdem sollen sie alles, was noch in Dyrrhachium lagert, sofort hierher verfrachten.« Er machte eine Grimasse. »Das letzte, was ich jetzt brauchen kann, ist ein Lentulus Crus, der sich darüber beklagt, daß es keine Wachteln gibt oder kein garum, ohne das seine Köche keine Wunder vollbringen können.«

»Trotzdem sitzen wir hier fest«, sagte Labienus finster. »Caesar will uns doch nur zeigen, daß er uns einschließen kann.«

Eine prophetische Bemerkung, wie sich herausstellen sollte. Während der folgenden Tage mußten Pompeius und seine Legaten in Petra zusehen, wie Caesar eine Reihe von Hügeln im Süden seines Lagers befestigte. Anschließend ließ er die beiden Lager durch Wälle und Gräben verbinden.

Labienus spuckte verächtlich aus. »Dieser Drecksack! Er schließt uns ein! Er will uns vom Land abschneiden und damit verhindern, daß wir genügend Weideland für unsere Pferde und Maultiere haben! «

Caesar hatte seine Armee antreten lassen.

»Da stehen wir nun, tausend und mehr Meilen von Gallia Comata entfernt, wo wir bisher gekämpft haben!« rief er, und seine Stimme verströmte wie immer Zuversicht und Selbstvertrauen. »Das vergangene Jahr muß euch komisch vorgekommen sein. Wir sind mehr marschiert, als daß wir Schanzgräben ausgehoben haben, wir haben selten gehungert, wir haben selten gefroren. Auch die Frauen kamen nicht zu kurz! Die Kassen der Legionen waren gefüllt, und dann durftet ihr euch auch noch auf Schiffen den Wind um die Nase wehen lassen. Wenn es so weitergeht, werdet ihr noch zu Weichlingen. Aber das darf nicht sein, Männer, oder?«

»Nein!« brüllten die Soldaten vergnügt.

»Dachte ich mir doch! Es ist an der Zeit, sagte ich mir, daß diese Faulenzer endlich wieder tun, was sie am besten können. Was könnt ihr am besten, Männer?«

»Schanzen!« brüllten die Soldaten lachend.

»Genau! Vielleicht entschließt sich Pompeius im Lauf der Jahre ja doch noch zum Kampf, und wir wollen doch nicht, daß ihr kämpfen müßt, ohne vorher ein paar Millionen Körbe voller Erde bewegt zu haben, oder?«

»Nein!« brüllten die Soldaten ausgelassen.

»Auch das dachte ich mir! Also, Männer, wir tun, was wir am besten können: schanzen, schanzen und noch mal schanzen! Alesia soll im Vergleich dazu wie ein Urlaub wirken! Ich will Pompeius an der Küste einschließen. Seid ihr dabei, Männer? Werdet ihr für Caesar graben?«

»Ja!« brüllten sie und schwenkten ihre Halstücher.

»Alesia«, sagte Antonius später nachdenklich. »Wie könnte man es jemals vergessen? Aber warum hier Gräben ausheben und Wälle aufschichten, Caesar?«

»Damit Pompeius ein wenig mehr Respekt vor mir bekommt«, sagte Caesar in einem Ton, an dem man nicht ablesen konnte, ob er es ernst meinte oder nur scherzte. »Er muß über siebentausend Pferde und neuntausend Maultiere füttern. Das ist hier, wo es im Winter eher regnet als schneit, keine Kunst, denn das Gras welkt nicht, es wächst weiter. Wenn ich ihn aber einschließe und er seine Tiere nicht mehr auf die Weide treiben kann, sieht es für ihn schon viel schlechter aus. Mit den Wällen nehmen wir nämlich auch seiner Reiterei die Bewegungsfreiheit und schalten sie aus.«

»Du hast mich überzeugt.«

»Das ist aber noch nicht alles«, fuhr Caesar fort. »Ich will Pompeius vor den Augen seiner Verbündeten und der Könige, die seine Klienten sind, demütigen. Leute wie Deiotarus und Ariobarzanes sollen Zweifel daran bekommen, ob Pompeius je den Mut aufbringen wird, anzugreifen. Er ist doppelt so stark wie ich und wagt den Kampf trotzdem nicht. Wenn das noch lange so weitergeht, werden seine Verbündeten ihre Truppen zurückbeordern. Schließlich bezahlen sie ihn, und wer zahlt, hat das Recht, irgendwann einmal ein Ergebnis zu sehen.«

»Ja, ja, du hast mich schon überzeugt!« rief Antonius mit erhobenen Händen.

»Außerdem möchte ich Pompeius beweisen, was fünfeinhalb Legionen eines Caesar ausrichten können«, fuhr Caesar ungerührt fort. »Er weiß genau, daß ich meine Veteranen aus Gallien hier habe und daß sie im letzten Jahr zweitausend Meilen marschiert sind. Und jetzt bitte ich sie auch noch, für mich zu graben und zu schanzen, obwohl sie wahrscheinlich wissen, daß ich pleite bin und daß nur noch wenig Proviant da ist. Pompeius’ Schiffe fahren übrigens immer noch pausenlos vor den Küsten auf und ab. Ich habe nicht den Eindruck, daß sie seit Bibulus’ Tod in ihrem Eifer nachgelassen hätten.«

»Seltsam, daß er tot ist.«

»Bibulus wußte nie, wann es genug war, Antonius.« Caesar seufzte. »Obwohl ich ihn offen gesagt vermisse. Er ist der erste meiner alten Gegner, der jetzt weg ist. Der Senat wird ohne ihn nicht mehr derselbe sein.«

»Der Senat kann dadurch nur gewinnen.«

»Die Atmosphäre wird entspannter sein, ja. Aber ich verliere dadurch einen Gegner, gegen den ich mich behaupten mußte. Wenn ich etwas wirklich fürchte, Antonius, dann die Aussicht, nach diesem unseligen Krieg keine Gegner mehr zu haben. Das wäre nicht gut für mich.«

»Manchmal verstehe ich dich wirklich nicht, Caesar. Du wirst dir doch nicht die Schwierigkeiten zurückwünschen, die Bibulus dir immer gemacht hat. Du kannst jetzt endlich tun, was zum Wohle Roms getan werden muß und was Männer wie Cato und Bibulus immer verhindert haben. Ohne sie bist du besser dran. Deine Gegner nehmen ihre Verantwortung nicht ernst und messen dein Verhalten und ihr eigenes mit zweierlei Maßstäben. Sei mir nicht böse, aber ich freue mich darüber, daß Bibulus weg ist, fast genauso, wie ich mich einmal über Catos Tod freuen werde.«

»Du hast offenbar mehr Vertrauen in meine Integrität als ich selbst. Allein zu herrschen kann gefährlich sein. Ich glaube nicht, daß es einen Menschen gibt, der der Versuchung widerstehen kann, die Macht an sich zu reißen, wenn er keine Gegner hat.« Caesar zuckte mit den Achseln. »Aber das macht Bibulus nicht mehr lebendig.«

»Pompeius’ Sohn könnte uns mit seinen ägyptischen Quinqueremen noch viel gefährlicher werden. Er hat unseren Seestützpunkt in Oricum gestürmt und in Lissus dreißig meiner Frachtschiffe niedergebrannt.«

»Pah!« schnaubte Caesar voller Verachtung. »Er ist ein Nichts, genau wie sein Vater! Eines sage ich dir, Antonius: Ich bringe meine Armee nach Brundisium zurück, und zwar auf Pompeius’ Schiffen! Und was ist schon Oricum — dann muß ich eben ohne die Kriegsschiffe auskommen, die dort stationiert waren! Pompeius begreift nicht, daß ich ihn nie in Ruhe lassen werde. Wohin er geht, überall werde ich schon sein und ihm das Leben zur Qual machen!«

Im Mai regnete es ununterbrochen. Währenddessen begann ein eigenartiger Wettlauf. Beide Seiten hoben wie besessen Schanzgräben aus — Caesar, um Pompeius einzuschließen, Pompeius, um dies zu verhindern und sein Gebiet auszuweiten. Caesars Legionäre wurden in ihrer Arbeit erheblich durch den ständigen Beschuß mit Pfeilen, Steinen und Felsbrocken behindert, Pompeius hatte Schwierigkeiten, weil seine Männer das Graben verabscheuten und entsprechend zögerlich ans Werk gingen. Sie arbeiteten nur aus Angst vor Labienus, der sie antrieb, weil er die Leistungsfähigkeit Caesars und seiner Männer auch unter widrigen Bedingungen kannte. Pompeius verfügte zwar über doppelt soviel Männer wie Caesar, brachte aber nicht mehr zuwege, als seine Stellung zu halten — von einem Durchbruch nach Osten konnte keine Rede sein.

Gelegentlich kam es auch zu kleineren Gefechten, aber Pompeius war verzweifelt bemüht, eine größere Auseinandersetzung zu vermeiden. Allmählich dämmerte ihm auch ein anderes Problem: Er befand sich im Westen eines Landes, dessen viele Flüsse alle nach Westen flossen. Caesar hielt die Quellen besetzt und kontrollierte somit die Wasserversorgung seiner Gegner.

Was Pompeius vor allem tröstete, waren die Versorgungsschwierigkeiten Caesars. Die pompeianische Flotte kontrollierte die gesamte Küste, deshalb mußte der Proviant von Westgriechenland über Land herangeschafft werden, durch ein zerklüftetes Gebiet und auf ungepflasterten, schlammbedeckten Straßen.

Eines Tages jedoch brachte ihm Labienus ein paar gräuliche Brocken einer klebrigen, faserigen Masse.

»Was ist denn das?« fragte Pompeius überrascht.

»Das, Pompeius, sind Caesars Vorräte. Davon ernähren er und seine Männer sich, von den zermahlenen Wurzeln einer einheimischen Pflanze, die mit Milch vermischt und gebacken wird. Sie nennen es >Brot<.«

Pompeius zog an der zähen Masse, bis er ein kleines Stück abgerissen hatte. Er steckte es in den Mund, spuckte es aber sofort wieder aus.

»Du willst mir doch nicht weismachen, daß sie das essen, Labienus? Unmöglich!«

»Sie essen es.«

»Nimm dieses Zeug weg!« rief Pompeius schaudernd. »Verbrenne es! Und kein Sterbenswörtchen darüber zu den Soldaten oder meinen Legaten! Wenn die wüßten, was Caesars Soldaten freiwillig essen, nur um mich einzuschließen, würden sie den Mut verlieren und sich ergeben!«

»Keine Sorge, ich verbrenne es. Von mir erfährt keiner etwas. Falls es dich interessiert, wie ich an das Zeug gekommen bin — Caesar hat es mir mit den besten Empfehlungen schicken lassen. Das Maul nimmt er ja immer gern voll, egal, wie seine Chancen stehen.«

Ende Mai wurde das Weideland für Pompeius’ Pferde knapp. Er ließ deshalb Frachtschiffe kommen und ein paar tausend Tiere zu guten Weiden nördlich von Dyrrhachium verschiffen. Das Städtchen lag an der Spitze einer kleinen Halbinsel, die eine halbe Meile östlich des Hafens fast das Festland berührte; die Via Egnatia führte an dieser Stelle über eine Brücke. Die Einwohner von Dyrrhachium betrachteten die Ankunft der Tiere mit Mißfallen, denn sie brauchten die kostbaren Weiden selbst. Nur die Angst vor Labienus machte sie gefügig.

Der Wettlauf zwischen Caesar und Pompeius ging auch den Juni über unvermindert weiter. Die in Pompeius’ Lager gebliebenen Pferde und Maultiere wurden immer schwächer und kränker, und Ende Juni starben sie in solchen Mengen, daß Pompeius, dessen Soldaten immer noch wie besessen gruben, nicht genügend Männer abstellen konnte, um die Kadaver zu beseitigen. So hing der Gestank verwesenden Fleisches wie eine Glocke über dem Lager.

Lentulus Crus beschwerte sich natürlich als erster. »Pompeius, du kannst von uns nicht erwarten, daß wir diesen schrecklichen Gestank aushalten!«

»Man kann doch nicht dauernd die Luft anhalten, um den Gestank nicht einatmen zu müssen!« klagte Lentulus Spinther und hielt sich ein Taschentuch vor die Nase.

Pompeius lächelte boshaft. »Dann kann ich euch nur empfehlen, eure Sachen zu packen und nach Rom zurückzukehren.«

Zu Pompeius’ Leidwesen zogen es die beiden Lentuli jedoch vor, zu bleiben und sich weiter zu beschweren.

Der Gestank war für Pompeius nur ein kleineres Problem. Caesar war dabei, alle Bäche aufzustauen und Pompeius’ Lager von der Wasserversorgung abzuschneiden. Außerdem war Caesars Wall inzwischen siebzehn Meilen lang, der des Pompeius dagegen nur fünfzehn. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr. Pompeius war eingeschlossen, seine Lage verzweifelt.

Mit Labienus’ Hilfe konnte er einige Einwohner von Dyrrhachium dazu überreden, Caesar zum Schein die Übergabe der Stadt anzubieten. Caesar war diesem Angebot nicht abgeneigt, war doch das Wetter mit Beginn des Frühjahrs nicht viel besser geworden; außerdem hatten Caesars Männer das aus Wurzeln gebackene »Brot« satt. Pompeius’ Vorräte in Dyrrhachium waren also Gold wert.

Am achten Tag des Quinctilis griff Caesar Dyrrhachium an. Während er vor den Stadttoren lag, griff Pompeius die Befestigungen in der Mitte der gegnerischen Wallanlagen von drei Seiten aus an. Die beiden Kastelle, die den Hauptstoß abfangen mußten, waren mit vier Kohorten der Zehnten Legion unter dem Kommando von Lucius Minucius Basilus und Gaius Volcatius Tullus bemannt. Die Verteidigung war hervorragend organisiert und hielt fünf pompeianischen Legionen stand, bis Publius Sulla Unterstützung aus Caesars Hauptlager brachte und verhinderte, daß sich Pompeius’ Soldaten hinter ihre eigenen Linien zurückziehen konnten. Gestrandet im Niemandsland zwischen den beiden Wällen, waren sie fünf Tage lang den Speeren und Steinen ihrer Gegner ausgesetzt. Als Pompeius sie schließlich herausholen konnte, hatte er zweitausend Mann verloren.

Für Caesar war es nur ein unbedeutender Sieg; daß er überrumpelt worden war, nagte bitter an ihm. Er ließ die vier Kohorten der Zehnten antreten und heftete ihnen weitere Auszeichnungen an die schon schwer behängten Standarten. Als er den Schild seines Zenturios Cassius Scaeva sah, der wie ein Seeigel mit hundertzwanzig Pfeilen gespickt war, beschenkte er den Mann mit zweihunderttausend Sesterzen und beförderte ihn zum primus pilus.

Dyrrhachium erging es weniger gut. Caesar ließ die Stadt mit Wällen einschließen und begann sie auszuhungern.

Am dreizehnten Tag des Quinctilis wurde Caesar zweiundfünfzig. Zwei Tage danach erkannte Pompeius, daß er den Durchbruch wagen mußte, wenn er nicht aufgrund von Wassermangel und ausbrechenden Seuchen zugrunde gehen wollte. Aber wie? So sehr er sich auch das Gehirn zermarterte, es fiel ihm kein Plan ein, der nicht zugleich die offene Feldschlacht mit Caesar bedeutet hätte.

Ein Zufall brachte die Lösung in Gestalt zweier Haeduer aus Caesars Reiterschwadron, die Caesar hauptsächlich zur Beförderung von Botschaften entlang seiner Wälle einsetzte. Die beiden Offiziere hatten das Geld ihrer Schwadron unterschlagen. Obwohl keine Römer, wirtschafteten die Haeduer nach römischem Vorbild mit verschiedenen Kassen für Ersparnisse, Bestattungen und Besoldungen; im Unterschied zu den römischen Legionen aber, die für die Verwaltung dieser Gelder eigens bestellte Buchhalter hatten, die regelmäßig und genauestens überprüft wurden, wurden die finanziellen Angelegenheiten der Gallier von zwei für diese Aufgabe gewählten Offizieren geregelt. Zufällig war ans Licht gekommen, daß diese beiden Offiziere seit dem Abmarsch aus Gallien Geld unterschlagen hatten, und deshalb waren sie zu Pompeius geflohen.

Sie gaben ihm genauestens Auskunft über die Verteilung von Caesars Truppen und wiesen ihn auf Caesars größte Schwachstelle am südlichen Ende seines Walls hin, dort, wo der Wall nach Westen bog und auf die Küste zulief. An dieser Stelle war der zweite Wall vor dem Hauptwall noch nicht fertiggestellt; er war noch nicht bemannt und wie der Hauptwall von der Küste her leicht anzugreifen.

Am Morgen des siebzehnten Quinctilis griff Pompeius an. Alle sechs seiner römischen Legionen griffen von vorn an, während die Schleuderer, die Bogenschützen und einige Abteilungen kappadokischer Leichtbewaffneter heimlich um den nicht verteidigten Wall marschierten und Caesars Neunte von hinten überraschten. Auch die unter Lentulus Marcellinus vom nächstgelegenen Kastell herbeieilende kleine Einheit konnte nichts mehr ausrichten. Die Neunte wurde in die Flucht geschlagen.

Erst als Caesar und Antonius mit genügend Unterstützung anrückten, wendete sich das Blatt, doch Pompeius hatte die Zwischenzeit gut genutzt. Mit fünf seiner sechs Legionen errichtete er sofort ein Lager auf der anderen Seite von Caesars Doppelwall, mit der sechsten besetzte er ein kleines aufgelassenes Lager in der Nähe. Caesar schickte sofort dreiunddreißig Kohorten aus, um diese Legion aus ihrer Stellung zu werfen, die Soldaten kamen aber nicht durch, weil ihr Angriff durch andere Befestigungsanlagen behindert wurde. Pompeius stieß sofort nach und schickte alle verfügbaren Reiter gegen Caesar. Caesar zog sich so unglaublich schnell zurück, daß Pompeius atemlos zurückblieb. Anstatt Caesar mit seinen Reitern zu verfolgen, zog er sich seinerseits zurück, froh, vorerst die Oberhand gewonnen zu haben.

»Was für ein Narr Pompeius doch ist!« brummte Caesar, an Antonius gewandt, als seine Armee wieder innerhalb der Wälle seines Hauptlagers versammelt war. »Wenn er uns mit seinen Reitern auf den Fersen geblieben wäre, hätte er den Krieg hier und jetzt gewonnen. Aber nein — mein Glück besteht darin, daß ich gegen einen Narren kämpfe!«

»Bleiben wir?«

»Nein! Dyrrhachium nützt uns jetzt nichts mehr. Wir brechen das Lager ab und marschieren noch in der Nacht!«

Pompeius war tatsächlich mit Blindheit geschlagen. Triumphierend kehrte er nach Petra zurück und übersah dabei ganz, daß Caesar seine Armee marschbereit machte.

Erst am Morgen verrieten ihm die Stille hinter den Wällen und das Fehlen von Rauch, daß Caesar abgezogen war.

Sofort schickte er einige Reiter nach Süden, um Caesar an der Überquerung des Genusus zu hindern, doch trafen sie zu spät am Fluß ein. Durch den Erfolg vom Vortag leichtsinnig geworden, überquerten sie den Fluß und fielen auf der anderen Seite Caesars germanischen Reitern in die Hände. Diese fügten ihnen mit der Unterstützung einiger Kohorten von Legionären schwere Verluste zu und trieben sie zurück.

Auf dem Rückweg trafen sie auf Pompeius, der ihnen auf der Via Egnatia gefolgt war. Die Nacht verbrachten die beiden Armeen an den gegenüberliegenden Ufern des Genusus.

In den Mittagstunden des darauffolgenden Tages marschierte Caesar weiter nach Süden. Pompeius dagegen blieb. Einige seiner Soldaten waren ungeachtet des Marschbefehls nach Petra zurückgekehrt, um noch Teile der dort zurückgelassenen Ausrüstung zu holen, und da Pompeius unbedingt jeden Mann dabeihaben wollte, mußte er wohl oder übel warten. Er sollte Caesar nicht mehr einholen. Caesar verschwand südlich von Apollonia und war wie vom Erdboden verschluckt.

Am zweiundzwanzigsten Tag des Quinctilis kehrte Pompeius mit seiner Armee nach Petra zurück, um ein großes Siegesfest zu feiern und Rom und Italia auf dem schnellsten Weg von seinem Sieg zu unterrichten. Caesar sei geschlagen, habe Hals über Kopf den Rückzug angetreten! Wer bezweifelte, ob Caesar, der nur tausend Mann verloren hatte, wirklich geschlagen war, behielt diese Zweifel für sich.

Auch die Soldaten feierten, aber niemand feierte ausschweifender als Titus Labienus. In Anwesenheit von Pompeius, Cato, Cicero, Lentulus Spinther, Lentulus Crus, Faustus Sulla, Marcus Favonius und vielen anderen ließ er seiner unbändigen Grausamkeit freien Lauf. Er ließ einige hundert Legionäre der Neunten antreten, die er während der Schlacht gefangengenommen hatte, verhöhnte und beleidigte sie und folterte sie mit glühenden Eisen, scharfen Messern, Zangen und der Hakenpeitsche. Dann wurden ihnen die Augen ausgebrannt, die Zungen herausgerissen und die Genitalien abgeschnitten, anschließend ließ er sie auspeitschen, bis sie nur noch blutiger Brei waren, und köpfen.

Pompeius sah wie gelähmt zu. So schockiert war er, daß er ganz vergaß, Labienus Einhalt zu gebieten. Er tat und sagte nichts, auch danach nicht, als er ganz benommen durch Petra stolperte.

»Dieser Mann ist ein Ungeheuer!« rief Cato, der ihm nachgelaufen war. »Was ist mit dir los, Pompeius? Warum erlaubst du so etwas? Fast hätten wir Caesar besiegt, und jetzt bekommt man den Eindruck, daß du deine eigenen Legaten nicht unter Kontrolle hast!«

»Schweig!« sagte Pompeius mit tränenerstickter Stimme. »Was erwartest du denn von mir, Cato? Ich bin kein wirklicher Feldherr, ich bin nur eine Marionette, an deren Fäden jeder zieht, wie er will. Labienus in seine Schranken weisen? Hast du es denn versucht? Wie soll ich ein Erdbeben in seine Schranken weisen, Cato?«

»Ich kann so nicht weitermachen«, sagte Cato fest, »ich kann nicht länger in einer Armee dienen, die von Leuten wie einem Titus Labienus befehligt wird! Wenn du ihn nicht rauswirfst, Pompeius, gehe ich!«

»Gut! Dann geh doch! Mir soll es recht sein!«

Cato entfernte sich schweigend, und Pompeius schrie ihm noch nach: »Du Narr! Begreifst du denn nicht? Keiner von euch kann kämpfen, keiner von euch kann Truppen führen! Labienus aber kann das!«

Als Pompeius zu seinem Haus zurückkehrte, wartete dort schon Lentulus Crus auf ihn. Wie er ihn verwünschte!

»Was für ein schreckliches Massaker!« Lentulus Crus rümpfte die Nase. »Mein lieber Pompeius, bist du auf Tiere wie Labienus angewiesen? Mußt du denn alles falsch machen? Du brüstest dich mit einem Sieg über Caesar, dabei hast du nichts getan, um ihn wirklich zu besiegen! Caesar ist entkommen. Warum bist du noch hier im Lager?«

»Ich wollte, ich könnte euch entkommen!« sagte Pompeius wütend. »Wenn du keine konstruktiven Vorschläge hast, Crus, schlage ich vor, daß du in dein Quartier zurückkehrst und packst. Wir marschieren!«

Am vierundzwanzigsten Tag des Quinctilis brach Pompeius auf. Fünfzehn Kohorten Verwundeter ließ er unter Cato in Dyrrhachium zurück.

»Ich würde auch gerne hierbleiben, wenn es dir nichts ausmacht, Magnus«, bat Cicero fast flehentlich. »Ich fürchte, in einem Krieg bin ich nicht von Nutzen, aber vielleicht kann ich mich hier in Dyrrhachium nützlich machen. Wenn doch nur mein Bruder Quintus zu dir stoßen würde! Er ist ein guter Soldat.«

»Bleibe ruhig«, sagte Pompeius müde. »Hier bist du nicht in Gefahr. Caesar ist nach Griechenland unterwegs.«

»Woher willst du das wissen? Was ist, wenn er in Oricum in Stellung geht, um deine Rückkehr nach Italia zu verhindern?«

»Caesar doch nicht! Caesar ist eine Klette, der läßt nicht locker.«

»Afranius ist dafür, daß du den Feldzug abbrichst, Caesar ziehen läßt und nach Italia zurückkehrst.«

»Ja, ich weiß! Und dann soll ich nach Westen eilen und Spanien zurückerobern. Ein schöner Traum, Cicero, nicht mehr. Wenn wir Caesar ungehindert nach Griechenland oder Makedonien ziehen lassen, wäre das unser Ende. Ich würde nämlich alle meine Truppen aus dem Osten und die Unterstützung meiner Klienten verlieren.« Pompeius tätschelte Cicero die Schulter. »Mach dir um mich keine Sorgen! Ich weiß schon, was ich tue. Die Vernunft sagt mir, daß ich Caesar weiter hinhalten muß. Keine offene Schlacht, auch wenn die anderen das nicht so sehen. Selbst wenn Caesar schnell marschiert, hat er noch einen langen Weg vor sich. Bis dahin hole ich ihn lässig ein, und ich werde noch meine Pferde und Maultiere durch Tiere ersetzen können, die ich von den Dakern und Dardanen gekauft habe und die in Herakleia auf mich warten. Bestimmt keine tollen Pferde, aber besser als nichts.« Pompeius lächelte. »Und Scipio müßte mit den syrischen Legionen jetzt in Larissa sein.«

Cicero sagte nichts. Er hatte einen Brief von Dolabella erhalten, der ihn dringend aufforderte, nach Italia zurückzukehren, und wenn er ehrlich war, wollte er nichts lieber als das. Wenn er in Dyrrhachium blieb, trennte ihn wenigstens nur das Adriatische Meer von der geliebten Heimat.

»Ich beneide dich, Cicero«, sagte Pompeius zum Abschied. »Hier ist es mild, und auch die Sonne wird jetzt gelegentlich wieder scheinen. Dein einziges Problem wird Cato sein. Cato hat mir übrigens mitgeteilt, Favonius werde mich begleiten, damit ich >rein< bleibe — seine Worte, nicht meine. Ich muß mich weiter mit Leuten wie Labienus, Lentulus Spinther und Crus herumschlagen, und dann muß ich mich ja auch noch um Frau und Sohn kümmern. Aber mit einem Bruchteil von Caesars Glück überstehe ich das auch noch.«

Cicero sah auf. »Frau und Sohn?«

»Ja. Cornelia Metella war es in Rom zu einsam, sie wollte unbedingt bei ihrem Vater und bei mir sein. Und der kleine Sextus ließ ihr keine Ruhe. Er ist verrückt darauf, mein contubernalis zu werden. Sie wollen in Thessalonike zu mir stoßen.«

»In Thessalonike? Du willst bis dahin marschieren?«

»Nein. Ich habe ihr geschrieben, sie soll mit Sextus nach Mytilene gehen. Auf Lesbos sind sie sicher.« Pompeius streckte Cicero in einer anrührenden Geste die Hände entgegen. »Versuche doch, mich zu verstehen, Cicero! Ich kann nicht nach Westen zurückkehren! Damit würde ich meinen Schwiegervater und zwei gute Legionen Caesars berühmter Milde überlassen! Caesar würde den ganzen Osten beherrschen, und meine Frau und mein Sohn wären in seiner Gewalt. Die Entscheidung muß irgendwo in Thessalien fallen.«

Pompeius wandte sich zum Gehen, und Cicero starrte ihm hinterher. Ein Tränenschleier lag auf seinen Augen. Armer Magnus! Wie alt er plötzlich wirkte!

In Herakleia, wo die Via Egnatia in die sanfte Landschaft um Pella, die Heimatstadt Alexanders des Großen, hinunterführte, stießen die Männer wieder zu Pompeius, die inzwischen anderen Aufgaben nachgegangen waren, darunter Brutus, der bis nach Thessalonike geritten war, und Lucius Domitius Ahenobarbus.

Pompeius nahm in Herakleia mehrere tausend gute Pferde und Maultiere in Empfang, die seine Verluste ausglichen. Mit ihnen war der Dakerkönig Burebistas höchstpersönlich gekommen, der vom Sieg über Caesar bei Dyrrhachium gehört hatte und nun einen Freundschaftsvertrag mit dem gewaltigen Feldherrn und Bezwinger des mächtigen Gaius Julius Caesar, des Mithridates und des Tigranes schließen wollte. König Burebistas wollte vor seinen Untertanen zu Hause damit angeben können, daß er mit dem sagenhaften Pompeius Magnus, jenem wahrhaft großen Mann, Wein getrunken habe!

Sein Eintreffen munterte Pompeius auf, und genauso die Nachricht, daß der lang ersehnte Metellus Scipio und seine syrischen Legionen in Beroea lagerten, bereit, nach Süden nach Larissa zu marschieren, sobald Pompeius dies befahl.

Daß sich Gnaeus Domitius Calvinus an der Spitze der Elften und Zwölften Legion Caesars auf der Suche nach Caesar Herakleia näherte, wußte Pompeius allerdings nicht. Calvinus hatte Metellus Scipio am Haliakmon gegenübergestanden und alles getan, ihn zum Kampf herauszufordern. Aber Scipio war nicht darauf eingegangen, und Calvinus hatte aufgrund von Verpflegungsschwierigkeiten beschlossen, zur Via Egnatia weiterzumarschieren, auf der er Caesar vermutete. Die Nachricht von Pompeius’ Sieg von Dyrrhachium hatte sich in Windeseile in ganz Griechenland und Makedonien verbreitet, Calvinus nahm deshalb an, Caesar befinde sich auf dem Rückzug vor Pompeius. Er war darüber zwar bitter enttäuscht, blieb Caesar aber treu. Die Legionäre ihrerseits wollten nicht an Caesars Niederlage glauben und sobald wie möglich zu ihrem Feldherrn stoßen. Sobald Caesar alle seine gallischen Veteranenlegionen habe, sagten sie, würde er Pompeius und die ganze Welt besiegen.

Calvinus hatte eine Schwadron haeduischer Reiter dabei, die er als Kundschafter einsetzte. Zusammen mit zwei Haeduern ritt er an der Spitze seines Zuges; er wußte, daß Herakleia nur noch vier Stunden entfernt war und hielt deshalb verstärkt Ausschau nach Anzeichen von Caesars Armee. Plötzlich bemerkte er zwei andere haeduische Reiter, die ihm über eine Anhöhe entgegenkamen. Die Haeduer neben ihm ließen beim Anblick der rotblau gestreiften Umhänge einen Freudenschrei los, traten ihre Pferde in die Flanken und stürmten im Galopp auf die Ankömmlinge zu.

Die Haeduer begrüßten sich überschwenglich und unterhielten sich eine Weile in ihrer Sprache, dann kehrten Calvinus’ Begleiter zu ihm zurück, während die anderen beiden in Richtung Herakleia davontrabten.

»Wie weit ist Caesar weg?« fragte er Caragdus, der Lateinisch sprach.

»Caesar ist nicht in Makedonien«, antwortete Caragdus finster, »aber stell dir vor, diese beiden Schurken sind mit dem Geld ihrer Schwadron zu Pompeius übergelaufen! Und das fanden sie so witzig, daß sie es uns unbedingt gleich erzählen mußten! Veredorix und ich sagten nichts dazu; dafür haben wir sie ausgefragt.«

»Der Ratschluß der Götter ist manchmal unergründlich«, sagte Calvinus nachdenklich. »Was wußten sie?«

»In Dyrrhachium kam es zur Schlacht. Pompeius gewann, aber es war kein glänzender Sieg. Die Narren ließen Caesar mit seiner gesamten Armee ziehen. Caesar verlor ungefähr tausend Mann; die, die lebend gefangengenommen wurden, wurden anschließend von Labienus gefoltert und hingerichtet.« Der Haeduer erschauerte. »Caesar ist nach Süden gezogen. Die beiden meinten, er sei auf dem Weg nach Gomphi, wo immer das ist.«

»Im Süden Thessaliens«, sagte Calvinus.

»Aha. Jedenfalls gehört die Armee, die in Herakleia lagert, Pompeius. Er trifft sich dort gerade mit dem Dakerkönig Burebistas. Trotzdem wäre es am besten, wir verschwinden schleunigst von hier. Die beiden Halunken haben Caesars Marschroute an den Feind verraten. Wir überlegten, ob wir sie töten sollen, ließen sie dann aber ziehen.«

»Was habt ihr ihnen über uns erzählt?«

»Daß wir Kundschafter eines Plünderungstrupps seien und nur wenige Kohorten stark.«

»Gut gemacht!« Calvinus riß an den Zügeln seines Pferdes. »Dann los, Männer, auf nach Süden zu Caesar!«

Caesar hatte es vorgezogen, statt auf der längeren und besseren Strecke über die Berge im Westen Griechenlands und Makedoniens am Aous entlangzumarschieren. Er marschierte in seinem gewohnten Tempo von dreißig bis fünfunddreißig Meilen am Tag. Die schlechte Straße — die allerdings den Vorteil hatte, daß man auf ihr außer Schafen und Hirten niemandem begegnete — führte ins Thymphe-Gebirge, über einen Paß und dann am Oberlauf des Peneus entlang nach Thessalien, das Caesar nördlich von Gomphi, nahe der Stadt Aeginium, erreichte.

Thessalien hatte sich für Pompeius erklärt. Die thessalischen Städte waren wie andere griechische Städte zu einem Bund zusammengeschlossen, und der Führer des thessalischen Bundes, Androsthenes von Gomphi, hatte nach Pompeius’ Sieg bei Dyrrhachium angeordnet, daß alle Städte Pompeius zu unterstützen hätten.

Wie gelähmt mußten die Bewohner von Aeginium jetzt mitansehen, wie eine disziplinierte, schlagkräftige Armee ihre Stadt stürmte. Verzweifelt benachrichtigten sie die anderen Städte des Bundes, daß ein keineswegs besiegt wirkender Caesar im Anmarsch sei. Tricca fiel als nächste Stadt, dann Gomphi. Die Eilbotschaft des Androsthenes, daß Caesar viel früher eingetroffen sei als erwartet, erreichte Pompeius zu spät.

Laut Kalender hatte bereits der Sextilis angefangen, doch die Jahreszeit war immer noch Frühling. Das Getreide war noch nicht reif, und im Osten der Berge hatte es nur spärlich geregnet; damit drohte die Versorgung knapp zu werden. Caesar hatte deshalb Westthessalien unterworfen, wo es ausreichend Lebensmittelvorräte gab. Dort wartete er auf den Rest seiner Armee — die Siebte, Vierzehnte, Elfte und Zwölfte Legion.

Nachdem Lucius Cassius, Sabinus, Calenus und Domitius Calvinus schließlich zu ihm gestoßen waren, rückte er nach Osten zu den besseren Straßen vor, die nach Larissa und nach Tempe führten, dem Übergang nach Makedonien. Am Enipeus entlang marschierte er in Richtung Scotussa, wo er nach Norden nach Larissa abbiegen wollte.

Als er jedoch erfuhr, daß Pompeius im Anmarsch war, errichtete er knapp zehn Meilen vor Scotussa nördlich des Enipeus auf der Ebene von Pharsalus ein stark befestigtes Lager. Das Gelände war gut als Schlachtfeld geeignet; eine Reihe von Hügeln im Norden fielen auf eine kleine, etwa zwei Meilen breite Ebene ab, dann kamen die sumpfigen Auen des Enipeus. Ja, Pharsalus war genau richtig!