31
„Du bist dir ganz sicher, dass es Balthazar war?“, fragte Grace.
Ich war nach Hause gerast und hatte den brennenden Körper sich selbst überlassen. Zwar hätte ich Grace auch vom Wagen aus anrufen und auf sie warten können, aber die Vorstellung, auf dieser einsamen, dunklen Straße festzusitzen, während mich Gott weiß was vom Wald aus beobachtete, war unerträglich gewesen.
„Vertrau mir, Grace, ich habe den Mann oft genug gesehen, um seine Augen selbst im Gesicht eines Wolfs wiederzuerkennen.“
„Immerhin haben wir damit eine vermisste Person weniger.“ Ich hörte, dass sie in den Streifenwagen stieg. „Und du einen Feind weniger.“
„Hey!“, protestierte ich. „So etwas würde ich niemandem wünschen.“
„Ich weiß. Trotzdem finde ich es nach wie vor auffällig, dass sich all die Toten und Untoten auf deiner Hassliste finden.“
„Nicht alle. Ich bin Ryan Freestone nie begegnet.“
„Punkt für dich. Also haben wir es mit wenigstens zwei Werwölfen zu tun. Es sei denn …“ Ihre Stimme verklang. Ich konnte nur noch das leise Schnarren ihrer Reifen auf der Straße hören.
„Es sei denn?“
„Es sei denn, Balthazar war der Original-Werwolf. Er war schrecklich behaart und ein unglaublicher Mistkerl.“
„Du hältst das für denkbar?“
„Es würde die Sache auf jeden Fall sauberer machen.“ Sie seufzte. „Also stimmt es vermutlich nicht. Das Leben ist nie so einfach.“
Ich hörte, wie sie anhielt; eine Wagentür ging auf, dann das Knirschen von Kies unter Schuhen. „Ich richte gerade eine große Taschenlampe genau auf die Stelle, von der du gesprochen hast. Hier brennt nichts, aber …“ Knirsch. Knirsch. „Ein paar Aschereste. Schleifspuren auf dem Untergrund. Jemand war hier.“
„Ganz offensichtlich, Grace. Ich habe ihn nämlich nicht erschossen.“
„Ich fahre meinen Wagen von der Straße. Dann werde ich versuchen, den Kerl aufzuspüren. Ich melde mich später.“
„Warte. Wer auch immer Balthazar erschossen hat, könnte genauso irre sein wie … na ja, jemand, der irre ist.“
„Mir kommt er ziemlich vernünftig vor. Er erschießt einen Werwolf mit einer Silberkugel. Kawumm. Ich wünschte, ich hätte es getan.“
„Sei vorsichtig. Wenn er einer von den Guten ist, warum hat er dann nicht auf seine Heldenmedaille gewartet?“
„Keinen Schimmer. Bleib im Haus, und falls du irgendetwas Verdächtiges hörst oder siehst, alarmierst du die Polizei.“
„Damit einer deiner Jungs Wolfsfutter werden kann?“, fragte ich, aber sie war schon weg.
Ich war nach Hause gefahren, weil ich mich dort sicherer geglaubt hatte als im Auto, nicht zuletzt auch wegen der zerbrochenen Windschutzscheibe. Aber als ich jetzt in meiner Küche stand und die Glasschiebetür beäugte, fühlte ich mich plötzlich gar nicht mehr so sicher.
Aber wohin sollte ich gehen? Ich glaubte nicht, dass es irgendeinen Ort gab, der Schutz vor dem bot, was sich dort draußen herumtrieb.
Ich überprüfte sämtliche Türen und Fenster – nicht, dass ein Schloss viel nützen würde, aber es konnte auch nicht schaden. Dann machte ich mich an die Arbeit.
Im Internet stieß ich auf alle möglichen seltsamen Informationen. Wie Grace schon gesagt hatte, gab es auf der ganzen Welt Legenden über Gestaltwandler. Schamanen berichteten davon, dass sie sich in ihren Schutztiergeist verwandelt haben. Manche trugen Talismane mit sich herum, die die Essenz ihrer zweiten Natur in sich beherbergten. Erneut wünschte ich mir, die Rune nicht verloren zu haben.
Selbst bei den Cherokee existierte solch eine Transformationslegende, auch wenn es bei ihr um einen Panther ging. Die Ojibwa warteten mit Geschichten über den Wendigo, einen Werwolf-Kannibalen, und über Hexenwölfe auf – unsichtbare Wölfe, die die letzten Ruhestätten von Kriegern bewachten.
Die Navajo glaubten an Hautwandler, eine Kombination aus Hexe und Werwolf, die sich nur das Fell eines Tieres umlegen mussten, um selbst zu einem zu werden.
Auf Haiti gab es die Legende vom lougaro, einem des Gestaltwandelns mächtigen Zauberer, der nachts sein Unwesen trieb, indem er das Blut von Kindern trank. Man erzählte sich dort auch Geschichten über die Egbo, eine Leopardengesellschaft aus dem tiefsten Afrika, deren Mitglieder die Aufgabe hatten, die Sklaven unter Kontrolle zu halten, indem sie sich gelegentlich selbst in Leoparden verwandelten.
Als ich nach Fällen wundersamer Heilung stöberte, fand ich jede Menge religiöser Websites. Was Sinn machte.
Ich stieß auch auf eine Seite mit Verschwörungstheorien, die wundersame Heilungen als Beweis für Außerirdische, für die Existenz Satans und für verwickelte Intrigen der Regierung verkaufte.
Als ich nach Sichtungen von Wölfen in Gebieten, in denen keine Wölfe vorkommen sollten, suchte, gelangte ich auf eine Website über exotische Haustiere. Hier lautete die Theorie, dass manche Menschen Wölfe großzogen und später aussetzten, wenn sie nicht mehr zu beherrschen waren.
Schließlich landete ich auf einer Seite über Kryptozoologie, eine Wissenschaft, die sich mit legendären Geschöpfen wie dem Bigfoot befasste. Ihre Anhänger glaubten, dass es auf der Erde von Werwölfen nur so wimmelte.
Als Nächstes gab ich Zigeuner in die Suchmaschine ein. Ich wurde mit einer ganzen Tonne von Seiten belohnt.
Ich hangelte mich weiter zu der vielversprechenden Website einer Anthropologin aus Kalifornien, die gerade an einem Buch über die Legenden und Volksmärchen der Roma arbeitete. Sie bat darum, dass man mögliche neue Geschichten über ihre angegebene E-Mail-Adresse an sie weiterleitete. Das Inhaltsverzeichnis ihres Buches führte die Überschriften der Kapitel, die sie bereits fertiggestellt hatte, auf.
Eine davon – „Strigoi de lup“ –, interessierte mich besonders, denn loupe bedeutete in irgendeiner Sprache „Wolf“, woraus ich folgerte, dass lup dasselbe auf Romani heißen könnte. Zu fragen kostete schließlich nichts.
Ich klickte auf den E-Mail-Link, formulierte meine Frage und schickte sie ab. Ein Knarren auf der Treppe veranlasste mich, den Kopf zu wenden und wie gebannt zu lauschen.
Zwar bezweifelte ich, dass ein Werwolf leise meine Treppe hochschleichen würde – ich hatte am eigenen Leib erlebt, dass ein Werwolf einfach durch das Fenster brechen würde –, trotzdem war ich nervös.
Ich schnappte mir das Telefon, stopfte es in meine Tasche, dann schaute ich mich in meinem Büro nach einer potenziellen Waffe um.
„Wo ist der silberne Kerzenleuchter, wenn man ihn gerade braucht?“, murmelte ich. Wozu man so ein Ding je brauchen könnte, hatte ich nie ganz verstanden; jetzt wusste ich es.
Ich begnügte mich mit einem Kristallbriefbeschwerer. In der Not frisst der Teufel Fliegen. Während ich in die Diele schlich, verwünschte ich die Sparsamkeit meines Vaters. Nach seinem jahrelangen Genörgel konnte ich inzwischen kein Zimmer mehr verlassen, ohne das Licht auszuschalten, mit dem Erfolg, dass das Treppenhaus nun genauso finster war wie das darunterliegende Erdgeschoss. Schatten tanzten an den Wänden. Für mich sahen sie alle aus wie Wölfe.
Ich war wieder auf dem Rückweg in mein Büro, als ein weiteres Knarren ertönte und ich meine Schritte beschleunigte, wobei ich mich so nah wie möglich an der Wand hielt; ich hoffte, dass sie mich nicht sahen, wenn ich sie nicht sehen konnte.
Klar, so was funktionierte immer.
Ich erreichte den Treppenabsatz und spähte nach unten.
Auf den Stufen war niemand.
Ein Kratzen aus der anderen Richtung ließ mich herumfahren.
Oprah saß mitten auf dem Teppich und blickte mich mit ernster Miene an.
Puh. Nur die Katze. Wie konnte ich sie vergessen haben? Aber zu meiner Verteidigung musste gesagt werden, dass ich hundert andere Dinge im Kopf hatte.
Plötzlich glitt Oprahs Blick an mir vorbei; sie fauchte und raste davon. Ich hatte das wirklich scheußliche Gefühl, dass irgendetwas diese Treppe hochkam. Etwas, das ich vielleicht nicht sehen konnte, das Oprah aber witterte.
Am liebsten wäre ich der Katze gefolgt, egal zu welchem Versteck sie gerade rannte, aber ich hatte mich von meiner Angst aus Atlanta vertreiben lassen. Ich würde ihr nicht erlauben, hier wieder die Oberhand zu gewinnen.
Als ich mich umdrehte, entdeckte ich Malachi auf halbem Weg die Treppe hinauf. Ich ließ die Luft, die ich angehalten hatte, mit einem geräuschvollen Keuchen entweichen.
Meine Erleichterung darüber, keinem geifernden, knurrenden Wolfsmenschen gegenüberzustehen, verwandelte sich in Empörung.
„Bist du verrückt geworden?“ Ich hielt den Briefbeschwerer hoch und fuchtelte damit herum. „Ich hätte dich umbringen können.“
Malachi kam vorsichtig näher. „Ich glaube nicht, dass mich der getötet hätte.“
„Falsch gedacht.“
Mein Adrenalinspiegel war in diesem Moment so hoch, dass ich das Gefühl hatte, fliegen zu können. Ich hätte definitiv einen Schaden angerichtet, hätte ich diese Energie in meinen Wurfarm fließen lassen.
„Wie bist du reingekommen?“
„Dachtest du, ein Schloss könnte mich aufhalten?“
„Du konntest nicht klopfen oder klingeln?“
„Ich wollte dich nicht wecken.“
„Du wolltest mich lieber halb zu Tode erschrecken?“ Der Briefbeschwerer fiel aus meinen plötzlich tauben Fingern, und ich schwankte.
„Claire!“ Er rannte die restlichen Stufen hinauf, legte die Hände um meine Taille und zog mich vom Treppenabsatz weg.
„Ich bin okay.“
„Nein, das bist du nicht. Was ist geschehen?“
„Abgesehen davon, dass du in mein Haus eingebrochen bist und mir einen Mordsschrecken eingejagt hast?“
„Ja.“ Er schaute mir forschend ins Gesicht. „Abgesehen davon.“
Woran erkannte er es? Las er meine Gedanken? Oder war er vorhin mit einer Schusswaffe im Wald gewesen?
Nein. Hätte Malachi Balthazar erschossen, würde er es mir sagen. Er wusste, welchen Verdacht Grace gegen ihn hegte, und es hatte ihn nicht erschüttert. Also erzählte ich ihm alles.
Als ich fertig war, trug er mich in mein Schlafzimmer und trat mit dem Fuß die Tür zu. Er ließ mich behutsam aufs Bett sinken, dimmte das Licht der Nachttischlampe und legte sich neben mich.
„Ich hätte dich verlieren können“, wisperte er.
„Du glaubst mir?“
„Ich habe so viele Dinge gesehen, a stor, so viele. Ein Mensch, der sich in ein Tier verwandelt?“ Malachi zuckte mit den Schultern. „Ich bin sicher, dass so etwas möglich ist.“ Er zog mich in seine Arme. „Ich hätte dich nie aus den Augen lassen dürfen.“
Es war seltsam, aber sein Bedürfnis, mich zu beschützen, hatte nicht zur Folge, dass ich schreiend davonstürzen wollte, so wie ich es bei meinem Vater getan hatte. Weil ich mich verändert hatte? Oder weil ich mich in die große, böse Welt hinausgewagt und entdeckt hatte, dass ich tatsächlich Schutz brauchte? Vielleicht war es passiert, als ich heimgekommen war, um in Sicherheit zu sein, und feststellen musste, dass ich es nicht war.
„Du kannst nicht jede Minute bei mir sein“, sagte ich. Bald schon würde er gar nicht mehr hier sein.
Der Gedanke schnürte mir die Kehle zu. Oh Junge. Ich hatte mich doch nicht am Ende in ihn verliebt? Das wäre zu dumm. Aber natürlich war in Sachen Männer „dumm“ das Wort, das mich am besten charakterisierte.
Malachis dunkle Augen blickten in meine, als erriete er meine Gedanken. Ich wollte nur, dass er mich küsste und mir Vergessen schenkte.
Drängte ich mich ihm entgegen? Spitzte ich die Lippen? Jedenfalls nahm er mein Gesicht zwischen seine großen, harten Hände und legte den Mund auf meinen.
Er kostete von mir, wie er es nie zuvor getan hatte, indem er zärtlich an mir knabberte, meine Unterlippe in seinen Mund saugte und mit der Zunge über meine Zähne leckte. Er flocht die Finger in mein Haar; ich flocht meine in seins. Mein Daumen strich über seinen Ohrring, der vor- und zurückschaukelte, dabei das Licht der Lampe einfing und Funken wie Sternschnuppen an die Zimmerdecke warf.
Ich zupfte an seinem bauschigen weißen Hemd, bis es aus seiner schwarzen Hose rutschte, dann fuhr ich mit den Händen über seine warme, seidenweiche Haut. Vielleicht hatte mich mein fast tödliches Erlebnis kühn gemacht, vielleicht lag es an ihm, jedenfalls fasste ich nach seiner Erektion, umschloss sie und rieb mit dem Daumen darüber, bis er mein Handgelenk festhielt. „Wenn du so weitermachst, werden wir fertig sein, bevor wir angefangen haben.“
Er löste sich von mir, um seine Stiefel, seine Hose und die Socken abzustreifen, dann blieb er zögernd am Bettende stehen. „Darf ich dich ausziehen, a chroi?“
Seine Stimme war ganz ruhig, und er senkte den Blick, als rechnete er damit, dass ich Nein sagen und meinen Körper weiter vor ihm verbergen würde, als schämte ich mich. Aber ich wollte mich nie wieder schämen.
„Ja“, flüsterte ich.
Er sah auf, und in seinen Augen mischte sich Hoffnung mit Skepsis. „Bist du sicher?“
„Absolut.“
Er sank aufs Bett, griff nach den Knöpfen meiner Bluse und öffnete sie so langsam, dass ich ihm am liebsten zu Hilfe gekommen wäre. Nun, da ich zugestimmt hatte, Sex im Hellen zu haben, wollte ich, dass es auch geschah. Nichts sollte dazwischenkommen, vor allem keine Panikattacke in letzter Sekunde.
Als der letzte Knopf aufsprang und die Bluse auseinanderglitt, empfand ich das Feuer in seinem Blick wie ein Streicheln. Er ließ einen Finger zu meinem Bauch wandern, bevor er ihn in den Bund meiner Hose hakte und den einzelnen Knopf öffnete. Er zog den Reißverschluss auf, und das Geräusch klang überlaut in der angespannten Stille.
Meine Hose glitt nach unten, und das Reiben von Stoff an meiner Haut ließ mich vor lustvoller Erwartung erschaudern. Malachi beugte seinen dunklen Kopf nach unten und küsste mich heiß und gierig durch das dünne Nylon meines Slips.
Ich wölbte mich ihm entgegen, und sein Mund wurde immer verlangender; das Kratzen seiner Bartstoppeln intensivierte die Empfindungen an meinem intimsten Körperteil. Als ich mich zu verkrampfen begann, löste er sich von mir, zog mir das Höschen aus und warf es zu unseren übrigen Klamotten auf den Boden.
Das einzig verbliebene Kleidungsstück war mein weißer, vorne verschließbarer Baumwollbüstenhalter. Kurz wünschte ich mir, sexy Unterwäsche angezogen zu haben, aber es war ein dummer Wunsch, denn ich besaß gar keine. Ich war nie der Typ dafür gewesen. Doch mit ihm könnte ich es vielleicht werden.
Ich vermutete, dass er den Verschluss öffnen, meine Brüste befreien und sich noch ein wenig dem Vorspiel widmen würde. Da mein Körper durch den gemächlichen, sinnlichen Angriff seiner Hände und seines Munds bereits vor Erregung pochte, war alles, was er als Nächstes tun wollte, für mich in Ordnung.
Deshalb seufzte ich nur, als er seinen Körper auf meinen legte und sanft in mich eindrang, und hieß ihn willkommen.
Die Lampe zauberte goldenes Licht auf seine samtweiche Haut; seine Pupillen weiteten sich und verschmolzen mit dem Schwarz seiner Iriden. Er wirkte beinahe außerweltlich. Ich hätte mich fürchten müssen, nur dass dies Malachi war, ein Mann, der nie anders als ehrlich und freundlich mit mir umgegangen war. Er hatte mich aus dem kalten, beängstigenden Verlies befreit, das mein Leben gewesen war, und trotz all der grotesken Dinge, die um uns herum geschahen, fühlte ich mich dank ihm stärker, geistig gesünder und glücklicher.
Er verlangsamte das Tempo, als wollte er, dass diese Sache ewig fortdauerte. Ich gab meinem Verlangen nach, ihn zu berühren, fuhr mit den Fingern durch seine Haare, über sein Gesicht, dann streichelte ich mit den Handflächen über seine Brust, seine Schultern und seinen langen, muskulösen Rücken. Ich zeigte ihm einen besseren Rhythmus, ein wenig schneller, ein wenig tiefer, und bald darauf wanden wir uns stöhnend am Rand der Welt.
„Claire.“ Er küsste meine Brüste und schien nun zum ersten Mal zu registrieren, dass ich immer noch meinen BH trug.
Er verlagerte sein Gewicht und ließ mit einer Hand den Verschluss zwischen den Körbchen aufschnappen. Als der Büstenhalter aufsprang, kratzte das Plastik über meine Haut – eine scharfe Empfindung, die er linderte, indem er meine Brüste streichelte und fast ehrfurchtsvoll die Hände, deren Bronzetönung einen starken Kontrast zu meiner mondhellen Haut bildete, um sie wölbte.
Sein Finger streifte mein Geburtsmal, und er neigte seinen Kopf zur Seite, sodass das Licht sich in seinen Augen spiegelte und in ihrem Innersten ein Leuchten wie von einer Fackel erzeugte.
Er senkte den Mund, legte die Lippen auf das Mal und wisperte: „Du bist es.“
Obwohl gedämpft von meiner Haut, klang seine Stimme qualvoll, aber noch bevor ich fragen konnte, was nicht stimmte, stieß er wieder zu, und der Orgasmus riss uns beide mit sich fort.
Doch es war nicht schnell vorbei; denn er drang wieder und wieder in mich ein, das Gesicht nun an meinem Hals vergraben. Seine Haare fielen kaskadenförmig auf meine Schultern, und der Duft von Wasser und Erde, der ihm anhaftete, erfüllte meine Sinne.
Er brachte mich ein weiteres Mal an die Schwelle, bevor er seine Hand zwischen uns schob und mich durch das Zusammenspiel seiner Finger, Lippen und seiner Zunge darüber hinwegkatapultierte. Ich kam ein zweites Mal und rief dabei seinen Namen; als die Zuckungen verebbten, registrierte ich kaum, wie er das Licht ausknipste und mich unter der Decke an seine Brust zog, bevor ich einschlief.
Ich erwachte lange vor der Sonne, trotzdem war Malachi schon weg, und für einen Sekundenbruchteil fragte ich mich, ob er überhaupt da gewesen war. Aber ich konnte seinen Duft im Zimmer, auf den Laken, an mir riechen.
Ich streckte meinen Körper, der sich ein bisschen wund anfühlte, wenn auch auf eine Weise, die ich wieder und wieder erleben wollte.
Obwohl ich gern noch eine Weile vor mich hin geträumt hätte, trieb mich ein Anflug von Sorge aus dem Bett.
Grace hatte sich nicht gemeldet, deshalb rief ich, kaum dass ich angezogen war, trotz der frühen Stunde bei ihr an.
Sie nahm nicht ab. Ich versuchte es auf ihrem Handy und in ihrem Büro – das gleiche Ergebnis. Was würde ich tun, wenn ihr etwas zugestoßen wäre?
Ich schnappte mir ein Paar Schuhe, die für einen Marsch durch den Wald geeignet waren, sollte dies nötig werden, aber als ich gerade zur Treppe ging, machte mich mein Computer mit einem leisen Signalton auf eine eingehende Nachricht aufmerksam.
Ich zögerte, dann kam mir in den Sinn, dass sie von Grace sein könnte, die mich per E-Mail über die jüngsten Entwicklungen informierte, um mich nicht zu wecken. Als ich die Maus bewegte, erwachte der Bildschirm zum Leben, und ich wurde enttäuscht.
Sie war nicht von Grace, sondern von der Anthropologin, die auf meine E-Mail geantwortet hatte.
Sehr geehrte Ms Kennedy,
ich freue mich über Ihr Interesse an meinem Buch. Exemplare sind für 29,99 Dollar über meine Website zu beziehen. Um auf Ihre Frage einzugehen: Strigoi de lup bezeichnet einen rumänischen Zauberer. In der Regel handelt es sich dabei um eine hübsche junge Frau in einem weißen Kleid, der man nachsagt, die Wölfe anzuführen. Manchen Legenden zufolge geschieht dies, indem sie sich im Mondschein selbst in einen verwandelt. Sie schützt ihre Identität und tötet jeden, der sie in dieser Gestalt sieht und darüber spricht.
Eine interessante Legende, nur gab es in unseren Gefilden schon seit … einer Ewigkeit keine rumänischen Zauberer mehr.
Ich druckte die E-Mail aus, steckte sie ein und hetzte zur Tür hinaus.